Leipzig: Bauten von der Romanik bis zur Vorgründerzeit

  • Leipzig: Bauten von der Romanik bis zur Vorgründerzeit

    In diesem Thread würde ich gern Gebäude, insbesondere eingetragene Baudenkmale, im heutigen Stadtgebiet von Leipzig zusammenstellen, die älter sind als die tausenden Wohn- und Geschäftshäuser aus der Gründerzeit und dem Historismus, also vor den 1860er Jahren entstanden. Man bekommt ja in dem Forum fast den Eindruck, bis auf wenige jüngere Bauten bestünde Leipzig nur aus Gründerzeithäusern ;-). Neben einer Reihe von Kirchen sind ja auch nicht wenige Wohnhäuser und technische Bauten wie vor Mühlen ganz oder in Teilen erhalten geblieben, vor allem in den ehemals selbstständigen Gemeinden um das alte Leipzig herum.


    Leider werden diese oft kleinen und unscheinbaren Häuser meist weniger beachtet als die prunkvollen historistischen Fassaden und sind auch wegen der geänderten Nutzungsansprüche stärker von Verfall und Abriss bedroht. Andererseits gibt es auch viele liebevoll und aufwändig restaurierte Gebäude. Auch vor längerer und kürzerer Zeit abgebrochene Gebäude, von denen es zumindest noch Fotos und vielleicht sogar Bauaufnahmen gibt, sollten hier ihren Platz finden. Weitere Bilder aus anderen Leipziger Stadtteilen sind sehr gern gesehen, ebenso Ergänzungen zur Bau- und Nutzungsgeschichte der jeweiligen Häuser.


    Beginnen möchte ich mit Lindenau und hier wiederum mit der Lützner Straße, wo sich eine Reihe von größeren klassizistischen und kleineren Biedermeier-Häusern erhalten konnte, die fast alle in den letzten Jahren saniert wurden und (hoffentlich bald) noch werden.


    Hier noch ein alter Katasterplan von Lindenau aus der Mitte des 19. Jh.:
    http://www.lindenauerstadtteilverein.de/heimat/karte.php


    Direkt an der kleinen Luppe unweit der ehemaligen Mühle und gegenüber dem alten Gasthof „Drei Linden“ an der via regia, an dessen Stelle heute die MuKo steht das Haus Zschochersche Straße 1c, das laut Bauinschrift über dem Portal 1807 errichtet und 1891 umgebaut wurde. Ein weiteres Schild gibt an, dass sich Napoleon hier am 19.10.1813 auf dem Rückzug nach der Völkerschlacht eine kurze Zeit aufgehalten hat. Das nimmt aber meines Wissens auch die MuKo als Nachfolger der "Drei Linden" für sich in Anspruch.




    Zschochersche Straße gleich jenseits der Lützner Straße, gleich im Doppelpack. Eines wird derzeit in Eigenleistung ausgebaut, das andere sucht meines Wissens noch einen neuen Nutzer.




    Direkt dahinter zwei weitere Häuser an der Lionstraße.


    Drei Häuser haben sich an der Lützner Straße als Ensemble erhalten und wurden kürzlich bzw. werden gerade restauriert.


    Unmittelbar neben der letzten MINOL-Tankstelle in Deutschland (http://nachrichten.t-online.de…leipzig/id_15874634/index ) steht dieses klassizistische Prachtexemplar (Lützner Straße 9):


    Das Goetz-Haus in der Lützner Str. 11, ein zweigeschossiges Wohnhaus aus der Biedermeierzeit mit erhaltener Gartenanlage, besteht aus zwei Teilen: Das straßenseitig gelegene ältere Haupthaus wurde 1823 erbaut, der Anbau wurde 1860 errichtet. Heute beherbergt es ein Museum über Leben und Wirken von Dr. Ferdinand Goetz (1826-1915) und ein Restaurant: http://www.goetz-haus.de/


    Und direkt über die Straße ein ähnliches Gebäude in der Birkenstraße 2


    Eine Reihe von weiteren Häusern aus dieser Zeit, aber wohl auch ältere, die bis in die Barockzeit zurückreichten, standen an der Dreilindenstraße und wurden Anfang dieses Jahrtausends abgebrochen.


    Die Lützner Straße weiter nach Westen steht noch der heutige Sitz des HausHalten e.V. in der Nr. 39. Das zweigeschossige Wohnhaus mit Krüppelwalmdach (kein "Kuppelwalmdach" wie auf der Haushalten-Website angegeben) wurde ca. 1835 errichtet. Erhalten haben sich hier auch die alten Nebengebäude und der zugehörige Bauergarten im originalen Zuschnitt. http://www.haushalten.org/de/kompetenzzentrum_Haus.asp


    Gegenüber standen nach meiner Erinnerung auch noch einige ältere Häuser, nun klaffen da allerdings Lücken.



    Näher am eigentlichen Kern des Dorfes Lindenau um die heutige Nathanaelkirche und den Lindenauer Markt stehen die Häuser in der Angerstraße.


    Angerstraße 11 mit ungewissem Schicksal.


    Angerstraße 17 und 19
    Nachtrag: Dieser Tage erfuhr ich, dass die Angerstraße 17 ein Nachwende-Neubau ist, das Denkmal wurde abgerissen und dieses Haus in Anlehnung an das Original neu an die Stelle gesetzt.


    Die zurückgesetzte Lage des Hauses Angerstraße 19 zeigt die Entstehung vor dem Einsetzen des (nach)gründerzeitlichen Baubooms mit Häusern in Blockrandbebauung.


    Was bei den großflächigen Abrissen links und rechts der Kuhturmstraße für die Zufahrt des künftigen Einkaufszentrums/Kaufland und entlang der Henricistraße alles geopfert wurde, kann ich leider nicht genau sagen. Hat jemand Bilder von dem Zustand vor dem Jahr 2000?


    Auch die Erich-Köhn-Str. 62 fällt deutlich aus dem Rahmen

    Auf dem oben gezeigten Katasterplan sind die beiden zuletzt gezeigten Häuser natürlich noch nicht mit drauf. Zur Baugeschichte dieses Hauses kann der Bewohner und Nutzer, Zimmerermeister und Restaurator Stefan Wegner, sicherlich mehr sagen: http://www.holzbau-wegner.de/


    Nicht wirklich sicher bin ich mir bei der Apostelstraße Nr. 12.


    Fürs erste abschließend für Lindenau muss natürlich noch das sogenannte Apostelhaus in der Apostelstraße 20 gezeigt werden, dessen Zukunft mir allerdings nicht so ganz klar ist.


    2 Mal editiert, zuletzt von LE Mon. hist. () aus folgendem Grund: Mal ein Krüppelwalmdach aus dem "Kuppelwalmdach" von der Haushalten-Website gemacht.

  • Krüppelwalmdächer in Zuckelhausen, Großzschocher, Knauthain

    Weil wir gerade von schönen, sanierten oder in Sanierung befindlichen und neu genutzen Häusern mit Krüppelwalmdach in Leipzig redeten:


    Berggut Zuckelhausen
    Adresse: Zuckelhausener Ring 17, 04288 Leipzig-Holzhausen


    Beschreibung: vermutlich ältestes Bauernhaus in Holzhausen, Rest eines ehemaligen 3-Seithofes, seit 2001 durch den Verein eigenverantwortlich instandgesetzt, für Ausstellungen und als Begegnungsstätte genutzt, Urkunde der Kulturstiftung Leipzig für die denkmalgerechte Instandsetzung im Rahmen der Verleihung des Hieronymus-Lotter-Preises für Denkmalpflege


    Umgebung: Flächendenkmal Rundling, Täschners Garten, Kirche Zuckelhausen


    Website: http://www.berggut.de


    http://www.bing.com/maps/?v=2&…2017%2C%2004288%20Leipzig


    Der Text stammt aus einer ausführlichen Liste der Objekte am Tag des offenen Denkmals, in der sich noch weitere interessante Häuser in Leipzig und Umland finden lassen.
    http://tag-des-offenen-denkmals.de/pdfs/sn_programm.pdf



    Körnerhaus in Großzschocher
    Adresse: Huttenstraße 2a


    Beschreibung: 1734/35 errichtet, Dichter Theodor Körner wurde im Juni
    1813 eine Nacht im Haus versteckt, seit 2000 schrittweise Sanierung, Nutzung als Museum geplant, Veranstaltungsraum mit Kamin aus hist. Kacheln, Arrestzelle mit Wandmalereien ehem. Insassen


    Website: http://www.koernerhaus-leipzig.de
    http://www.bing.com/maps/?v=2&…%202%2C%2004249%20Leipzig



    Bürgermeister-Müller-Haus in Leipzig-Knauthain
    Ritter-Pflugk-Straße 20


    http://www.buergermeister-mueller-haus.de/
    http://www.bing.com/maps/?v=2&…2020%2C%2004249%20Leipzig


    Das Projekt wird hier ja bereits ausführlich in Wort und Bild von BauLeipzig vorgestellt: http://www.deutsches-architekt…earch.php?searchid=339168

  • Danke für das schöne Bild. Also ist das oben gezeigte Haus in der Apostelstraße doch noch alt, denn es dürfte das drei Häuser hinter dem zweigeschossigen Haus mit dem ausgebauten Dachgeschoss sein.


    Hier sieht man auf dem Luftbild von vor ca. zwei oder drei Jahren noch, wie die letzten Reste des Biedermeier-Hauses Windorfer Straße 42 in Kleinzschocher auf die Kippe wandern:
    http://www.bing.com/maps/?v=2&…2042%2C%2004229%20Leipzig


    Und so sah das Haus aus: http://141.57.17.55/projektkleinzsch/mai.htm

  • Interessantes Thema! :)



    Schillerweg 17 in Gohlis von 1858





    und ein Zwergenhaus in der Papiermühlstr. 47




    ... zu dem ich keine weiteren Informationen habe.

  • Ein paar Informationen zur Papiermühlstraße 47 gibt es in der Denkmalliste bei Wikipedia: "Baujahr nach 1700, Wohnhaus in offener Bebauung; Lehmbau; Fachwerk; ehemals Brunnen unterm Haus." In der Bildbeschreibung steht, dass es sich ursprünglich um ein Tabakbauernhaus handelt.


    P.S.: Warum zum Teufel ladet Ihr Eure Bilder nicht dort hoch? (hier bitte verzweifeltes Smiley vorstellen...)

  • Historische Gebäude vor 1870/71 befinden sich noch umfangreich in den alten Ortskernen:


    - Schönefeld, rund ums Schloss, wo auch nach und nach Sanierungen, Erneuerungen und Ergänzungen stattfinden, auch der romantisierende Mini-Park mit Grabpyramide der Familien Schneider / Eberstein wurde heraus geputzt. Eine Stippvisite lohnt sich (Tram 1 oder S1, S2, S4 bis Leipzig-Nord)
    - Gegenüber (Ossietzkystraße) das alte Mühlgebäude, wurde m.W. um 1850 errichtet, als Schönefeld mit russischem Geld wieder aufgebaut wurde.


    - Abtnaundorf, ebenfalls ein Kleinod mit bedeutungsvoller Geschichte


    - Hohenthekla, Cleuden usw. dürften ebenfalls noch sehr historische Bausubstanz aufweisen.


    Der Sellerhäuser Ortskern wurde stark überformt, vor knapp 20 Jahren standen noch alle Bauernhäuser, arg desolat


    der Stünzer Ortskern macht noch was her, da wird teilweise noch aktiv Landwirtschaft betrieben


    Grafisches Viertel: Lange Straße, dürfte mehr als nur ein sehr altes Gebäude aufweisen, die Nr. 14 (Druckerei Frankenstein) stammt von vor 1860.


    Scherlstraße 2, Wohnhaus des Dr. Fechner als letzten Universalgelehrten, müsste ebenfalls aus dieser Bebauungsperiode stammen.


    Die Innenstadtnahen Erweiterungen grundsätzlich alle: Peterssteinweg (und Umgebung), Grimmaischer Steinweg (überformt) Gerberstraße (überformt) Ranstädter Steinweg (überformt), wobei im Geviert dort noch einige Gebäude aus der Zeit vor 1870 stammen könnten. Baulich nahm man auf den Verbindungskanal Elster-Pleiße (mühlgraben) Rücksicht, das ist heute noch anhand der Giebelwände mit Fenstern sichtbar.


    Altsubstanz weisen sicher auch Möckern (Ostskern) und Wahren (rund um die Gnadenkirche) auf.

  • Nicht nur im DAF verfolgt man die Entwicklung des Städtebaus in Leipzig.

    Cowboy berichtet 2008 in "Leipzig - Umgang mit dem Bauerbe" von 2.500 unsanierten Altbauten in Leipzig. Wenn man dem Thread duchblättert, kann man den Sanierungsfortschritt Leipzigs schön verfolgen. Trotzdem bleiben noch genügend Gebäude, die -noch oder schon wieder- auf ihre Sanierung warten. Wie in anderen Städten auch.



    Der Wunsch mancher Foristen, in Leipzig (noch) mehr Rekonstruktionen errichten zu lassen, ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Bereits 2012 führte Dr, Harald Streck von Stadtbild Deutschland in "Neue Stadtbaukultur - Jahrbuch 2012" im Beitrag "Die Wiedergewinnung eines Stadtbilds - Restaurierung und Rekonstruktion im Altbaubestand der Stadt Leipzig" zu dem bis dahin erreichten Stand der Stadtreparatur in Leipzig aus: "Das Zusammenwirken dieser Maßnahmen (der Sanierung und Sicherung von Altbauten) schuf ein Qualitäts- und Wertbewußtsein gegenüber historischer Substanz, das in Deutschland einzigartig dasteht."


    Die Beispielfotos zu diesem Beitrag lieferten "Spacecowboy" und "Stahlbauer". Meine Fotos kann ich hier zeigen:


    Münzgasse / Riemannstraße


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    Funkenburgstraße


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    August-Bebel-Straße


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    Besonders für die Leipziger Innenstadt gibt es immer wieder völlig konträre Ansichten und Meinungsäußerungen zum Thema "Rekonstruktion". In "Wie Leipzigs Innenstadt verschwunden ist" zeigt Sebastian Ringel die VERLUSTE an Bausubstanz in der Innenstadt seit 1860 auf. Eigentlich stehen laut dem gezeigten Plan nur noch zwei Kirchen und ein paar wenige profane Gebäude aus der Zeit vor 1860 in der Innenstadt. Kann man da von "Altstadt" sprechen? Bei genauer Betrachtung des Plans zeigt sich dann auch noch, dass einige der gelb gezeichneten Gebäude (Gebäudebestand im Jahr 1860) Neubauten, also Rekonstruktionen aus den letzten Jahren sind. Offensichtlich fällt es sehr schwer, diese Rekonstruktionen als solche zu erkennen.




    Eigene Fotos.