Regierungsarchitektur in Dland
Urbanist hat es wunderbar pointiert.
Auch die Architektur folgt dem Zeitgeist, glaube keinem Architekten der für sich in Anspruch nimmt sich dem entziehen zu können.
Bei "deutscher" Regierungsarchitektur lässt sich das eben besonders gut beobachten, kaum ein westliches wohlhabendes Land hat seine Hauptstadt/städte dermaßen oft (wieder)errichtet wie die Deutschen das getan haben, seit Kaisers Zeiten. Da lässt sich wunderbar die jeweilige Mentalität mit der Architektur in Zusammenhang setzen.
Mir ist da immer Bonn am positivsten in Erinnerung, was eine unaufgeregte, betont zurückhaltende Architektur betrifft. Und entsprechend war ja auch der Zeitgeist der alten Bundesrepublik - in Reinform unter Willy Brandt. Das bonner Bundeskanzleramt war ein niedriger zurückhaltender Bau der sich in ein simpel gehaltenes grünes Gelände "geduckt" hat, dennoch kein Bunker sondern mit riesigen Fenstern rundherum - die auch oft den Hintergrund für Pressekonferenzen gaben. Damals blickte man in's Grüne hinter Helmut Schmidt, heute blickt man auf neuen Pathos mit einem übergroßem Bundesadler auf einem hellblauen Aufsteller, ein Rednerpult mit Bundesadler und eine bundesdeutsche Flagge wenn Frau Merkel im Kanzleramt vor die Presse tritt. Und ohne den Aufsteller würde man auf eine Betonwand blicken. Das neue Kanzleramt in Berlin ist zwar wesentlich höher und in hellerem Beton, erinnert mich dennoch immer an einen Bunker. Das alte bonner Kanzleramt erinnert eher an ein etwas besseres Schulgebäude aus den 60ern/70ern.
Und der Blickfang vor dem Bonner Kanzleramt war kein "Ehrenhof", mit Flaggen und einem übergroßen Stahlzaun sondern ein bronzefarbenes modernes Kunstwerk.
Ähnlich lässt es sich für die Ministerien durchdeklinieren, ja für das Bundestagsgebäude so und so (altpreußischer Imperialismus der im Reichstagsgebäude steingeworden ist Vs. altbundesrepublikanische Nüchternheit beim ehemaligen Bundestagsgebäude in Bonn).
Man sieht also auch: die Interpretation eines Architekturtrends bleibt dann dennoch Auftraggeber und Architekt überlassen! Auch "Megastrukturen, brutalistische Materialität und Texturen etc" haben die Bundeshauptstadt Bonn nicht einschüchternd oder großmannssüchtig wirken lassen, sondern bescheiden, sachlich, wohlhabend - wie eben die alte Bundesrepublik war.
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Bato