Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • ^ Ja, wenn die Zeit soweit ist und die Umstände es zulassen. Und nachdenken darf man natürlich immer. In 50 oder 100 Jahren sieht die Fischerinsel wahrscheinlich völlig anders aus. Aber das werden die meisten von uns nicht mehr erleben. ;)


    An sowas wie die neue Luisenstadt dachte ich auch, Ben. Nur ist dort der Platz gewesen, hier ist er derzeit nicht in dem Maße vorhanden. Ich finde den Status Quo der Fischerinsel völlig in Ordnung. Etwas mehr Pflege und meinetwegen Aufwertung der Grünflächen und gut is'.


    Irgednwann werden die Karten sicher ganz neu gemischt, aber das wird noch dauern.

  • Ich verstehe vor allem nicht, warum man die polymorphe Stadt vor Abriss der Altbauten nicht wieder herstellen kann. Kleinteilige Altstadt errichten und Hochhäuser bis zum Nutzungsende stehen lassen:




    (C) akg

  • ... Kleinteilige Altstadt errichten und Hochhäuser bis zum Nutzungsende stehen lassen...


    Wenn es wenigstens so käme. Aber das ist auch so ein Problem. Eine "kleinteilige Altstadt" kriegt man in Berlin nicht hin. Man baut lieber so einen Schrott wie an der Grunerstraße/Fischerinsel.


    Interessante Fotos übrigens, Konstantin.

  • Ja, die Häuser werden gerade zur Sprengung vorbereitet. Fenster und Türen raus, Sprengladungen. Ein eindrucksvolles Video der Sprengung war bei der Ausstellung zur "Verlorenen Mitte" im Epgraimpalais zu sehen.

  • Die alten Häuser auf den Fotos sind doch grandios.
    Sie stehen an der richtigen Stelle und geben dem Raum um die Friedrichsgracht Halt.
    Ich könnte mir solche Fassaden gut als Vorbild für eine Uferstraßen-Bebauung vorstellen.
    Jeweils ein Stockwerk mehr würde allerdings nicht schaden! :)

  • Aus welchem Grund wurden diese Häuser denn gesprengt? Die sahen doch noch ganz solide aus.


    Ziemlich gegenwartsegozentrische Frage...


    Vielleicht weil diese Bauten ziemlich rott waren und einen Sanierungsaufwand gehabt hätten der zu dieser Zeit und in diesem gesellschaftlichen Kontext weder ökonomisch noch kulturell darstellbar waren.
    Warum hätte die DDR ihre knappen Ressourcen ausgerechnet in die aufwendige Sanierung der Slums der vorsozialistischen Stadt investieren sollen?
    Bedenke, es gab damals noch das Konzept des Fortschritts, und danach waren diese Ruinen Relikte einer überkommenen defizitären Stadt; das hätte man Ende der 60er Jahre im Westen übrigens ganz genauso gesehen, und im Sozialismus erst Recht.
    Deine Frage ist so nur als Ausdruck eines postmodernen Bewußtseinszustandes zu bewerten, aber auch diese gesellschaftliche und mentale Formation ist letztlich nur eine historische Momentaufnahme und nicht das Ende der Geschichte.


    btw: Warum wurde eigentlich das Ahornblatt gesprengt?

  • Die Wohnungen auf der Fischerinsel sind äußerst begehrt, die Mieten knackig und die Interessentenlisten lang. Eine begrenzte wirtschaftliche Nutzungsdauer gibt es schon aus diesen Gründen nicht, ganz abgesehen vom nicht vorhandenen politischen Veränderungswillen. Es dürfte in ganz Mitte nur sehr wenige andere Orte geben, deren Status quo dermaßen sicher ist.


  • Bedenke, es gab damals noch das Konzept des Fortschritts, und danach waren diese Ruinen Relikte einer überkommenen defizitären Stadt; das hätte man Ende der 60er Jahre im Westen übrigens ganz genauso gesehen, und im Sozialismus erst Recht.


    Mit dem Unterschied, dass man die Eigentümer im Westen nicht nach Gutdünken enteignen konnte, wenn es einem gerade in den Kragen passte. Wenn man sich in der DDR irgendwo zum Ziel setzte radikal abzureißen, dann gab es kaum Kontrollinstanzen, die das hätten verhindern können. Dementsprechend total ist das Ergebnis. In der bundesrepublikanischen Gesellschaft sah das naturgemäß anders aus.

  • Natürlich hatte der Sozialismus weitreichendere Möglichkeiten, den Fortschritt auch durchzusetzen, genau das habe ich ja auch geschrieben. Wenn der politische Wille vorhanden war, wurden aber auch im Westen Flächensanierungen umgesetzt, z.B. im Brunnenviertel im Wedding oder im Rollbergviertel in Neukölln.


    ^Die Antwort hast du dir selbst gegeben Urbanist.


    Eben drum, die gegenwärtige postmodern-kapitalistische Gesellschaft beseitigt auch häufig skrupellos, was als Relikt anderer Epochen nicht in ihr Betriebs- und Verwertungssystem paßt, insofern finde ich den latenten moralischen Vorwurf an die DDR-Planer der 60er Jahre unangemessen.

  • Das tut doch jede Epoche im einen oder anderen Fall. Es gab ja auch nen Dom vor dem jetzigen. Oder einen Leipziger Platz vor dem vorkrieglichen. Lieber mal über die Zukunft nachdenken, als sich immer wieder nur über das von vor 50 Jahren echauffieren. Das Ahornblatt ist eines der mMn wenigen Gebäuden dieser Zeit, deren Abriss wirklich einen Verlust darstellt, vor allem, wenn man sich anschaut, was jetzt da steht...Wie wärs mit ner Reko auf der anderen Straßenseite, statt dieser heuchlerischen Kirche? :D


  • Eben drum, die gegenwärtige postmodern-kapitalistische Gesellschaft beseitigt auch häufig skrupellos, was als Relikt anderer Epochen nicht in ihr Betriebs- und Verwertungssystem paßt, insofern finde ich den latenten moralischen Vorwurf an die DDR-Planer der 60er Jahre unangemessen.


    Das ist er deshalb natürlich ganz und garnicht. Wenn quasi ganze Innenstädte enteignet, der Bestand vernichtet und dann quer über alle gewachsenen Strukturen hinweg planiert und unmaßstäblich neu gebaut wird, dann ist das nichts anderes als Ausdruck einer tiefsitzenden Kulturlosigkeit und Geschichtsvergessenheit. Im Fall der DDR der Versuch sich durch brachiale Umformung und physische Tilgung der Spuren von der eigenen Vergangenheit reinzuwaschen. Dass solche Ideen auch im Westen populär waren, ist unbestritten und die Ergebnisse sind in vielen Städten zu bewundern - es war nur nicht ganz so einfach durchzusetzen, erst Recht nicht in einem solchen Maßstab. Als Entschuldigung taugen derlei Relativierungen schon gleich garnicht.

  • Erfreulich auch, dass es jetzt offenbar an die Sanierung des letzten noch erhaltenen Teils des ehem. Kaufhauses Rudolph Hertzog geht.
    foto von mir,gemeinfrei


    Leider wird dort nie wieder eingekauft werden, sondern nur gewohnt. Wäre gerne mal durch die Räume gestreift.

  • ^ das wird doch bestimmt nicht weiß. Ich denke, dass die Visualisierung eben wieder einmal nicht realitätsnah ist. Die gut erhaltene Steinfassade wird man wohl nicht weißeln.