Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • Auf den beigefügten Bildern von der Ausstellung mein ich Klinker als Verkleidung zu erkennen. Wirkt dort auf mich wie eine Hommage an die Kirchen der späten Zwanziger bzw. frühen 30er in Berlin die ich eigentlich recht gelungen finde. Logisch, dass man einige einige Konzessionen eingehen muss wenn es allen 3 Religionen gerecht werden soll. Allein der Turm könnte höher sein, erscheint mir etwas niedrig bemessen.


    Da sind aber auf den Aufstellern noch mehr Entwürfe zu sehen die jetzt nicht unter den 6 sind oder verguck ich mich da?

  • Nach Betrachtung der anderen Wettbewerbsarbeiten muss ich sagen:


    Es hat tatsächlich der beste Entwurf gewonnen!


    Ich vermute mal das der zweite Platz ("die Kiste") funktional besser ist, aber man hat sich zum Glück doch für etwas stadtbildprägendes und v.A. auch kirchenähnliches entschieden.


    Die anderen Entwürfe sind ziemlich schwach.


    Witzig hätte ich ja auch ein "gespiegeltes" Ahornblatt gefunden. Aber nun halt der KuehnMalvezzi-Entwurf.

  • Da muss ich damar wohl zustimmen. Was soll bitte schön dieser zusammengeklappte Eierkarton aka Platz 3? Die Apsis orientiert sich immerhin am Vorgänger. Hätte man sich nicht auch beim Turm da etwas mehr mühe geben können? Also etwas filigraneres? Das erinnert eher an diese meist weißen Kirchen aus den 60ern, nur plumper. Mal abgesehen davon, halte ich die Funktion dieses Neubaus für totalen Humbug, Pseudo-Multi-Kulti-Getue a la Berlinoise...

    Einmal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Ich halte es ja für einen Anachronismus, überhaupt noch "Gotteshäuser" zu bauen, aber ich hoffe dennoch das diese Aktion die erhoffte versönliche Botschaft übermittelt.

  • Gutmenschelnde Naivität dieser Art wird ganz gewiss nicht jahrhundertealte Konflikte lösen. Aber wie auch immer - zumindest wird dort wieder gebaut, auch wenn ich mir deutlichere Reminiszenzen an diesen historischen Ort gewünscht hätte.

  • Zur Stadtentwicklung:
    Also bitte, wer erwartet denn überhaupt, dass sich alleine hieraus jahrhundertelange Konflike nachhaltig lösen lassen - welcher der Beteiligten hat das denn so "gutmenschlich naiv" formuliert oder wird das jetzt einfach mal unterstellt? Man kann sich Andersdenkende auch nach seinen eigenen Vorstellungen und Vorurteilen prägen und dann passt so ziemlich alles ins vorgefertigte Schema. Religion mag zudem für viele ohnehin out of date wirken (Ansichtssache), aber schon alleine im Zuge der Einwanderung kommen auch wieder viele neue Muslime und auch Christen nach Berlin und sogar die hiesige jüdische Gemeinde wächst langsam vor sich hin (Tatsache). Gerade in Anbetracht der jüngsten Anfeindungen gegen Juden und Anschläge auf Moscheen halte ich ein gemeinsam geschaffenes Begegnungszentrum für ein gutes Signal, ohne gleich Wunder zu erwarten. In Nordengland wo ich zwei Jahre gelebt habe, habe ich noch ganz andere Konflikte erlebt und dort schotten sich die Religionen untereinander deutlicher ab. So was will ich hier gar nicht sehen und befürworte jeden Versuch in die andere Richtung. Man kann - sicher mit einiger Berechtigung - zynisch sein und sagen es hilft ja doch alles nichts, oder man kann es zumindest versuchen und sich als naiver Gutmensch verunglimpfen lassen. In meinen Augen sind "naiver Multi-Kulti-Glaube" und völliger Zynismus die beiden Extreme eines ganzen Spektrums möglicher Herangehensweisen - ich sehe mich dazwischen, denn ich betrachte die Andersartigkeit schon als gewisse Bereicherung aber gleichzeitig durchaus als eine ernsthafte Herausforderung im menschlichen Zusammenleben. Übrigens sind Synagogen schon immer auch kulturelle Zentren gewesen, nicht nur Bethäuser und auch Moscheen haben oft angeschlossene kulturelle Einrichtungen (wenn ich mich korrekt erinnere, war das bei christlichen Kirchengebäuden und ihrem Umfeld früher auch der Fall). Kulturelle Treffpunkte (ob mit oder ohne religiöse Bedeutung) sind zumindest mir allemal lieber als neue Spielcasinos oder Einkaufszentren. Der interreligiöse Ansatz ist mE zumindest ein interessanter Versuch für eine Alternative gegenüber exklusiven Treffpunkten wo man sich gewissermaßen doch auch abschottet - egal ob bewusst oder nicht. Ob das nur ein Entwicklungsschritt hin zu einer areligiösen/ atheistischen Gemeinschaft ist, wage ich nicht zu beurteilen.


    P.S.: Wer "Anachronismen" wie nach dem Krieg neugebaute christliche Kirchen interessant findet, kann sich mal mit der Liverpool Metropolitan Cathedral (architektonisch sehr abgefahrene katholische "Kathedrale": http://en.wikipedia.org/wiki/L…ol_Metropolitan_Cathedral) beschäftigen - die Stadt hat wie Gesamtengland viele katholische Iren und Polen aufgenommen und diese sind inzwischen mehr als die Anglikaner. Oder mit St Joseph du Havre (Kirchenhochhaus in Leuchtturmoptik, die sich optisch völlig in die restliche Nachkriegsbebauung einbettet und Teil des UNESCO Weltkulturerbe ist: http://fr.wikipedia.org/wiki/%…ise_Saint-Joseph_du_Havre ). Der Anbau der Gedächtniskirche in Berlin ist aber eigentlich auch so ein Fall. Und Moscheen werden ja ohnehin ständig neue gebaut.


    Zur Architektur:
    Die sagt mir persönlich nicht besonders zu. Sicher ein Fall für "form follows function" (Raumkonzept) und "form follows purpose" (keine optische Dominanz einer der drei Religionen). Herausgekommen ist mE ein relativ nichtssagender Klotz, der nicht unbedingt schlecht proportioniert aber doch sehr glatt und irgendwo leider doch auch etwas abweisend auf mich wirkt. Schade finde ich, dass man keine sichtbare Kuppel plant, denn die gibt es bei allen drei Religionen und sie machen so ein Bauwerk mE deutlich attraktiver. Weiß man schon, welche Materialien eingesetzt werden sollen? Ich hoffe ja auf strukturstarke Materialien wie Backstein und Holz in Kombination mit hellem leicht strukturiertem oder unebenen Putz, nicht aber auf glatte, einfarbige und übergangslose Oberflächen, etwa eine Dominanz aus Beton.

  • Ob man bei so wenigen und winzigen Fenstern aber vernünftig nutzbare Räume bekommt. Ohne künstliche Beleuchtung wird man da doch kaum etwas lesen können und es wird eine recht düstere Stimmung herrschen. Das mag ja fürs Beten und Gottesdienste erwünscht sein aber für andere Aktivitäten doch eher nicht.

  • Der Entwurf von KuehnMalvezzi gefällt mir vom ersten Eindruck her ganz gut. Die Fassade soll mit hellen Sichtziegeln verkleidet werden, im "Keller" werden die ausgegrabenen Fundamente zugänglich sein. Vom runden Foyer erreichen die Besucher die verschiedenen Sakralräume mit "hellen Lichtverhältnissen".


    Auf dem einen Modellfoto meine ich zu erkennen, dass der Grundriss der früheren Kirche von 1847 auf der Straße markiert wird. Was wäre eigentlich gewesen, wenn der neue Entwurf nun in den Straßenraum hineingeragt hätte? Wäre wohl nicht realisierbar gewesen, oder?
    Jedenfalls fände ich es gut, wenn die historischen Spuren, in dem Fall ein Teil des Grundrisses, auf Gehweg und Fahrbahn markiert werden, allerdings lässt man dafür die Grundrisse der Bautenphasen zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert außen vor. Die hätten dann bis zur Straßenmitte gereicht.


    Auf den ersten Blick fand ich daher, dass der Entwurf recht artig die Blockkante einhält und auch brav Kollonaden gebaut werden, wie bei den Nachbarbauten und am Spittelmarkt. Was in den Friedrichstraße zum Einkaufen und Flanieren gut ist, finde ich an diesem Ort, den ich eher als eine Art Denkmal sehe, als Teil des kulturelles Gedächtnisses der Stadt, etwas zu praktisch und bequem.


    Von der Höhe her orientiert sich der Entwurf wohl mehr an der mittelalterlichen und barocken Kirche, der Grundriss bezieht sich dann auf die neugotische Variante aus dem 19. Jh. Der Neubau wird mit 44m doppelt so hoch, wie die Nachbarbebauung, auf 32m ist eine Aussichtsplattform vorgesehen - für die nichtreligiösen Besucher.


    Mal abgesehen von der ideellen Seite, finde ich es auch unter praktischen Gesichtspunkten schlüssig, dass das Konzept für den Sakralbau interreligiös angelegt ist, denn die evangelische Gemeinde alleine wird weder die Finanzierung hinbekommen noch die regelmäßige "Bespielung" der Einrichtung. Außerdem gewinnt das Projekt auf diese Weise an Komplexität und stärkerer Vernetzung.



    Artikel Berliner Zeitung
    Artikel Domradio

  • Bethaus

    Ich bin positiv überascht von dem Entwurf. Ich habe etwas viel kleineres erwatet Das ist ja schon ein nennenswertes Gotteshaus. Auch mich erinnert die Bauweise an Berliner Kirchen aus der klassischen Moderne.
    Z.B. diese "katholische Festung" am Humannplatz: http://binged.it/U1Z3l1. Oder auch dieses Schmuckstück am Hohenzollerndamm: http://binged.it/U1ZJXB


    Ich denke, dass bei diesem Konzept am Ende das Protestantische dominieren wird, da hier der integrative und aufgeklärte Gedanke sicher am stärksten ist. Das kan man nun überheblich als Gutmenschentum abtun oder gleich alle Gotteshäuser als unzeitgemäß erklären. Ich empfinde solche immerhin öffentlich geübten Aussagen als ziemlich kleingeistig.
    Ich glaube so ein Versuch kann durchaus zu einer lebendigen und besonderen Berliner Institution führen (wenn er schon nicht den Weltfrieden herbeiführen kann). Ich sebst bin nicht konfessionell, aber ein wenig mehr Kirchenleben kann der sozialistisch geschändeten Berliner Mitte nur gut tun.

  • Jan
    Ja, die jüd. Gemeinde wächst in der Tat. Nur wirste wohl kaum einen dort hin bekommen. Jüd. kult. Leben läuft zu 99% in Charlottenburg und Umgebung ab, auch für die meisten Zugezogenen (also junge Leute aus anderen deutschen Städten, nicht die aus der SU). I.d.R. geht man dort hin, wo man schon als Kind hingeschleppt wurde. Die Syna in der Rykestr. wird eh eher als Konzertsaal genutzt, als für ihren eigentlichen Zweck. Wie es mit der musl. Fraktion aussieht, weiß ich nicht, aber ich denke auch, dass die schon allein wissen, wo und wie sie ihre Moscheen bauen. Und ob das dort sein wird...
    Das wird höchstes eine Räumlichkeit, wo Wowi oder sein Nachfolger dem Oberrabbiner die Hand schütteln und sagen wird "Deutschland hat eine Verantwortung ggü. Israel" o.ä. Der Dialog wird doch auch nicht reger werden, schon gar nicht, wenn er erzwungen wird.

  • Der m.E. beste Entwurf hat gewonnen. Die Arkaden könnte man auch als eine schmale Vorhalle interpretieren. Allerdings fand ich sämtliche Entwürfe des früheren unverbindlichen Ideenwettbewerbs besser. Ist schon ein Weilchen her - die Renderings müssten in diesem Thread sein.


    Das Gutmenschargument kommt hier immer sehr knapp formuliert daher, aber es ist schon was dran. Akademische Menschen bauen für akademische Menschen, die ohnehin positiv dem Multikulturalismus gegenüberstehen ein akademisches Gebäude. Die gebildeten Schichten aller drei Religionen müssen nicht überzeugt werden. L´art pour l´art. Die vier Arschgeigen aber, die jüngst in Berlin einen Rabbiner krankenhausreif geschlagen haben, werden in ihrer Beschränktheit vermutlich nie von der Existenz dieses Gebäudes erfahren. Verzeihung, möglicherweise etwas hart formuliert: Toleranz gibts nicht geschenkt. Ohne Geld und Bildung läuft nichts. Sind arabische Stresser, glatzköpfige Superdeutsche, hohle Linksfaschisten etwa tolerant? Nein, denn sie alle sind dumm und arm und voller Frust - wo soll da bitte Toleranzerwachen durch ein Gebäude herkommen?


    Das eigentlich negative an diesem gut gemeinten Unternehmen ist, dass es Zielscheibe von Zynismus werden wird, ein Objekt, an dem man seine ganzen Frust ablädt. Nach dem platten Motto Geld für sowas aber keine Kohle für mehr Sicherheitspersonal in U-Bahnen oder Kitas oder so. Ich rieche die eklige BZ-Schlagzeile schon. Ja, das Projekt ist leider äußerst NAIV und weltfremd - es tut zugegebenerweise keinem weh, bringt aber außer der Qualität des Gebäudes auch nix.

  • Also ich möche diese interessante Debatte jetzt nicht zu sehr ausweiten, glaube aber weiterhin an die Sinnhaftigkeit dieses Projekts. Wieso wird von einem erzwungenen/ von oben herab verordneten Dialog gesprochen, wenn alle drei Gruppen klar für das Projekt waren und es nun in gemeinsamer Initiative vorantreiben, loben und propagieren? Auch in der Beschneidungsdebatte (man mag dazu stehen wie man will, das ist nicht mein Punkt), waren sich alle drei Seiten völlig einig und haben gemeinsam demonstriert (ein hochrangiger Moslem mit Kippa ist doch mal ein Anblick). Man muss das nicht überbewerten, aber es hat eine breite Akzeptanz und Beteiligung bei allen drei Gruppen gegeben. Ich wehre mich zudem gegen die nun suggerierte Aussage, dass Toleranz ein Merkmal der kleinen, gebildeten Eliten ist (es würde den Rahmen sprengen, über die Rolle von Eliten bei der Entstehung und Eskalation von Gruppenkonflikten zu diskutieren). Selbst unter den ungebildeten, unterprivilegierten Menschen jeglicher Art sind radikale Chaoten zumeist eine absolute Minderheit ohne breite Akzeptanz - auch nicht jeder arme und schlecht gebildete Moslem ist ein potentieller Schläger oder Attentäter ebenso wie gekonnte Frustrationsbewältigung durchaus von der Erziehung, nicht aber allein vom Bildungsstand abhängig ist. Leider ist die Wahrnehmung oft eine andere. Ein Gefühl der Ausgrenzung und Diskriminierung ist mE das eigentliche Problem, dass zu einer radikaleren Identitäts-Suche in der eigenen Gruppe und im Gegenzug zu einer eigenen Abschottung und auch mal gewalttätigen Abgrenzung zu andern Gruppen führt. Deshalb sind solche Gebäude mE als konkreter Treffpunkt schon sinnvoll. Wie das Angebot dann von den Massen wahrgenommen und angenommen wird, muss sich erst noch zeigen und hängt wohl auch von der Kommunikation und Meinungsbildung innerhalb der drei Gruppen ab. Es von vornerein als weltfremden, akademischen Schnickschnack abzutun halte ich bereits für etwas zynisch. Zumal die Alternative des Fatalismus kaum förderlicher sein dürfte als das hier versuchte Engagement. Eine Chance hat es mE verdient.


    Ben: Orthodoxe Juden mit Kippa etc. habe ich auch schon in Neukölln Süd, am Potsdamer Platz und anderswo in der Stadt getroffen. Da müsste Charlottenburg ja voll davon sein ;)


    EDIT: Ich will keine neuen Beiträge zum Thema schreiben, weil ich mE meinen Standpunkt bereits deutlich gemacht habe und es zu sehr OT wird. Aber ich kann Baukunst trotzdem nicht zustimmen und möchte das noch einmal betonen. Auf so einfache Formeln kann man das mE nicht runterbrechen (es gibt mehr als eine Dimension dieser Problematik und daher kann man mE auch nicht per se sagen, dass Streetworker die Universallösung sind) und auch die Feigenblatt-Vorwürfe teile ich in diesem konkreten Fall nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 ()

  • Es gibt ja noch "unorthodoxe", die man nicht erkennen kann. Mal abgesehen davon, dass die Orthos (wenn sie mit allem Drum und Dran rumlaufen) zu kulturellem wohl zu Chabad in die Münstersche oder sonst in die Joachimsthaler Straße gehen (und sicher nicht in eine, nennen wirs mal "öffentliche Einichtung"), selbst wenn sie in Neukölln leben sollten. Der Kudamm ist ja kein Ghetto, man darf auch woanders leben ;). Außerdem gibts ja noch Touristen ( Potsdamer Platz).


    Aber jut, OT...

  • @ Jan

    Zumal die Alternative des Fatalismus kaum förderlicher sein dürfte als das hier versuchte Engagement. Eine Chance hat es mE verdient.


    Fatalismus haben wir doch schon. So ein Gebäude ist lediglich gut fürs Gewissen, dann braucht man sich nicht weiter mit den wirklich drängenden Problemen in den Kiezen auseinanderzusetzen - ein Feigenblatt für unsere Elite. Genauso dämlich (sorry!) wie die unzähligen Konzerte/ Demos gegen rechts, die doch auch nur dazu da sind, um zu zeigen, dass man auf Seite der Guten steht. Kommts in der U-Bahn zur Stress-Situation vergräbt sich der Durchschnitts-Moralist doch sowieso hinter seiner Zeitung und sieht und hört nix... Bildung heißt natürlich nicht zwangsläufig, dass man die binomischen Formeln im Schlaf aufsagen kann. Es gibt ja auch noch die emotionale Intelligenz, was wiederum eine Erziehungssache ist, mit der man nicht früh genug anfangen kann. Wer also wirklich Interesse an einer Intergration hat, sollte zunächst mal aufhören, von Deutsch-Türken, Afro-Deutschen oder Deutsch-Tunesiern und all den anderen Migrationshintergründen zu sprechen, bei Minister Rösler würde doch keiner auf die Idee "Deutsch-Vietnamese" kommen. Wer einen deutschen Pass hat ist Deutscher mit allen Rechten und Pflichten. Punkt. Alles andere ist Stigma, obwohls "gut gemeint" ist! Im Privaten kann man sein was man will - Türke, Kroate usw. und das ausleben, solange man der Allgemeinheit nicht auf den sprichwörtlichen Sack geht... Zum anderen muss die Bildungs- und Geld-Elite bereit sein, einen Art Soli für Integration zu bezahlen. Natürlich nicht für Laberprojekte, sondern ganz konkret für die Arbeit von Streetworkern und Familienberatern, für Sprachunterricht und frühkindliche Förderung vorort. Und zwar für alle Kinder, nicht nur für Prenz´l-Zwerge...


    Nachtrag: Wer soll da konkret rein? Aleviten, Sunniten, Schiiten? Orthodoxe oder liberale Juden? Evangelisch-lutherische, calvinistische oder unierte Kirche? Wie soll überhaupt eine Weltreligion repräsentiert werden, geschweige denn gleich drei, wenn diese unter sich schon so breit gefächert und z.T. spinnefeind sind? Aber ist wohl zu kompliziert. Jude ist halt Jude, Moslem ist Moslem und Christ ist Christ. Schön simpel schwarz-weiß.

    2 Mal editiert, zuletzt von Baukunst () aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Da sieht man wieder einmal wie auch noch 2012 - mitten in Deutschland - das Thema Reliogin die Emotionen hochkochen läßt. Etwas mehr Gelassenheit auf dieser Strecke wäre doch angebracht.


    Wenn es den Initiatoren gelänge, dass Juden, Christen und Moslems (gleich welcher Denkschule und Richtung innerhalb des einzelnen Glaubens) regelmäßig unter einem Dach beteten, wäre viel gewonnen und manchem Radikalinski der Boden entzogen.


    Mehr kann aber will auch das Projekt nicht wollen, nicht den Nahost-Konflikt lösen, nicht Deutschlands und Berlin Einwandererprobleme auflösen.


    Hier im Forum wünschte ich mir mehr eine Debatte über die städtebaulichen Folgen dieses Gotteshauses, des Archäologischen Zentrums, der Ansiedlung der Stiftung Denkmalschutz im Nikolai- und der Galerie Kewenig im Galgenhaus.

  • Konstantin: Amen, kann ich da nur sagen. Das konnte ich mir jetzt in diesem Zusammenhang nicht verkneifen ;) Zurück zum Thema.


    Städtebaulich betrachtet finde ich, dass die Kirche von den vorhandenen Strukturen her schon irgendwo dorthin passt und es stand ja auch vorher mal eine dort. Architektonisch bin ich wie gesagt nicht so begeistert, da ich wie gesagt gerne eine nach außen hin sichtbare kleine Kuppel gesehen hätte und mir das Ganze zumindest auf dem Modell etwas zu langweilig vorkommt. Ich bin aber schon froh für die Ziegel, die den Wänden etwas Struktur geben werden. Und man darf natürlich so ein Modell auch nicht überbewerten, die geben ja kaum etwas wieder als die Proportionen und die groben Strukturen.

  • Ich verstehe das Projekt mehr als offenes interreligiöses Kulturprojekt. Ich nehme an, dort werden keine Liturgien durchgeführt. Es gibt zwar jeweils separate Räume, aber der Gemeinschaftsgedanke steht im Vordergrund. Ich habe nochmal nachgeschaut: Das Projekt wird von einem Förderverein getragen an dem bisher die Evangelische Kirchengemeinde Sankt Petri-Sankt Marien, die Jüdische Gemeinde und das Abraham-Geiger-Kolleg (bildet Rabbiner aus) sowie das muslimischen "Forum für Interkulturellen Dialog" (FID) beteiligt sind. Das Projekt ist aber offen, so gibt es wohl Gespräche mit der katholischen Gemeinde und weitere muslimische Gruppierungen sind eingeladen.


    Ich hatte es überlesen, also es gibt einen zentralen (runden?) Saal mit Kuppel. Wahrscheinlich auf der Ebene über der Kuppel müsste die Aussichtsplattform sein. Ich finde das Gebäude im übrigen gar nicht mal so klein, wenn es doppelt so hoch wie die Umgebungsgebäude ist. Die Brüderstraße wird dadurch deutlich vom Verkehrslärm der Gertraudenstraße abgeschirmt. Meine Meinung zu den Arkaden habe ich geändert, weil sie eine baugeschichtliche Bedeutung bei mittelalterlichen Kirchen haben (hab mal nachgeschlagen). ( Baukunst: schmale Einganghalle ist ne gute Idee) Und klar, die Gebäude können dadurch den Straßenraum enger fassen. Zur Gertraudenstraße könnte das Gebäude ziemlich wuchtig wirken ("die abgeschnittene Kirche").


    Mit dem Kirchenbau wären dann die Freiraumplanungen für den Petriplatz mehr oder weniger überflüssig.


    Konstantin:

    Hier im Forum wünschte ich mir mehr eine Debatte über die städtebaulichen Folgen dieses Gotteshauses, des Archäologischen Zentrums, der Ansiedlung der Stiftung Denkmalschutz im Nikolai- und der Galerie Kewenig im Galgenhaus.


    Das sind gute Neuigkeiten, das die Stiftung und die Galerie sich dort ansiedeln. Wie siehst du denn die städtebaulichen Folgen? Ich finde es einerseits als stadthistorisches Denkmal positiv, außerdem ergänzt es das Archäologische Zentrum (Zugänglichkeit der alten Fundamente) und ist zusammen mit diesem ein interessantes Experiment, wie Berlin mit solchen mittelalterlichen Spuren umgehn kann. Die räumliche Nähe der Stiftung Denkmalschutz wird hoffentlich auch zur Zusammenarbeit führen. Wenn der Förderverein es schafft, in der Petrikirche regelmäßig attraktive Veranstaltugen durchzuführen, trägt sie zum vielfältigen Angebot an diesem Ort bei. Mit der Straßenbahnhaltestelle vor der Tür ist die Kirche jedenfalls gut zu erreichen. ;)

  • Ist völlig an mir vorbei gegangen, dass nun doch nicht Suhrkamp ins Nicolaihaus zieht. Wo werden die denn dann ihr Quartier haben? Oder ziehen die gar nicht mehr um aus Frankfurt?
    Rein städtebaulich gesehen freue ich mich natürlich sehr über die Kimogoge, wenngleich der Turm ruhig höher und vor allem nach oben verjüngend hätte sein können. Denn auch manche Moscheen haben eckige Minarette, etwa in Marokko. Sehr gelungen scheiont mir anhand des Modells der Chor ggü vom baldigen Cölln-rathaus-Neubau. Das ganze wird ein richtiges kleines Zentrum und wird sicher auch auf die künftige (?) MEF-Bebauung ausstrahlen. Wird es im Turm eigentlich Glocken geben? Oder einen Muezzin vom Band? Wie ist das eigentlich bei Synagogen? Doof gefragt: wie ruft der Rabbi zum Gottesdienst?

  • Ich mag es sehr, wenn an diesem Platz historische Bezüge wieder sichtbar werden, eine gewisse Nachverdichtung stattfindet und die Chance auf urbanes Leben entsteht. Objektiv ist es aber so, dass sowohl die christliche als auch die jüdische Gemeinde jetzt schon mehr Flächen hat, als sie jeweils bespielen/benutzen oder bezahlen können. In den kommenden Jahren wird das für die christliche Gemeinde noch sehr viel schlimmer werden (Austritt und Geburtenrückgang). Gemeinden werden sich dritteln und vierteln. Räume en Masse werden übrig sein. So viele "Discos" und "Kunstgalerien" kann es gar nicht geben, dass man die füllen kann. Angesichts dessen noch mehr zu bauen, ist schon ein wenig fraglich. Am Ende ist es nicht mehr als eine Geste und rein symbolische Handlung. Aber auch das kann ja wichtig sein. Solange man jemand anderen findet, der die Rechnung zahlt: ok. Das Ding wird jedenfalls 23,5 von 24 Stunden täglich leer stehen. Meine Erwartung.