Berliner Dom

  • Aber nicht solange wie der Bau – was Du als geschlossenes Ensemble wahrnimmst, ist über elf Jahrzehnte entstandenes Stückwerk. Der Masterplan Museumsinsel wurde 1999 beschlossen. Wenn er 2030 abgeschlossen ist (das wären vier Jahre später als geplant), hätte die komplette Runderneuerung samt Wiederaufbau des Neuen Museums, neuen Eingangs- und Magazin-Gebäuden und einer unterirdischen Promenade drei Jahrzehnte gebraucht. Eine lange Zeitspanne für einen Menschen, aber 2040 schon nur noch eine Momentaufnahme in der Geschichte der Museumsinsel. Die Alte Nationalgalerie dürfte dann wieder reif sein für eine Fassadenreinigung. Ist eben so.


    Ferner muss man dankbar und glücklich sein, dass man die Gunst der Stunde genutzt hat und alles grundlegend durchsaniert hat. Das fängt bei der Philharmonie an, geht über die Museuumsinsel und den Schlosswiederaufbau und endet in Potsdams Schlössern und Gärten. Die riesigen Überschüsse in den Haushalten und die gute konjunkturelle Lage über so viele Jahre machten das erst möglich. Wenn man sich die Beträge nur mal für Berlin und Potsdam zusammen rechnet, dann wird einem bewusst, was man da die letzten Jahre rein gesteckt hat.
    Ich denke, alles was aktuell nicht begonnen oder fest geplant wird, könnte auf absehbare Zeit hinten runter fallen, denn die wirtschaftlichen Zahlen werden schlechter und Kulturprojekte sind meist die ersten, wo dann gestrichen wird. Daher seien wir, auch wenn die Baustellen stören, dankbar dafür, dass so viel kulturelles Erbe für die nächste 50 Jahre gesichert wurde. Wer weiß, wann sich ein solches Fenster erneut bietet!

  • Richtig.


    Bauen ist doch auch was schönes, wenn was schönes gebaut wird. Hier ist das eindeutig so. Zum Glück.


    Die UBahn ist in Mitte die schlimmste Baustelle und lohnt sich trotzdem.


    Was ich jedoch schon denke: man könnte während vielen Bauprojekten mehr auf eine annehmbare Umgebung achten, was zB das Wassermanagement betrifft.

  • Die riesigen Überschüsse in den Haushalten und die gute konjunkturelle Lage über so viele Jahre machten das erst möglich.


    Das ist so, bezogen auf Berlin, nicht richtig.


    Die meisten Sanierungen und Projekte stammen aus Zeiten, in denen noch deutlich weniger bis gar keine Überschüsse erwirtschaftet wurden.
    Das ist ja auch der Grund dafür, dass die Fassadenrekonstruktion des Schlosses über Spenden finanziert werden musste (obwohl diese dann wieder bis zur Hälfte über Steuerersparnisse gegenfinanziert werden konnten).


    Aus heutiger Sicht ist das oft nicht mehr nachvollziehbar, aber bis vor wenigen Jahren sah es halt anders aus.


    Gerade deswegen ist aber die Leistung die da vollbracht wurde und auch die Bereitschaft dazu, nicht hoch genung einzuschätzen.

  • Hier ist nochmal eine Auflistung des Sanierungsstaus der bisher nicht abgearbeitet wurde:


    https://www.tagesspiegel.de/be…n-verfallen/20111364.html


    Und es gibt noch mehr Beispiele: Es mögen zwar auch hier unterschiedliche Träger sein, aber von der Priorität her würde ich es trotzdem lieber sehen, dass der Glockenturm der KWGK fertig saniert wird und endlich abgerüstet werden kann, bevor man jetzt am Dom die Kuppeln neu rekonstruiert.


    Man sollte übrigens nicht unterschätzen dass der Dom auch eine wichtige Funktion als Konzerthalle hat. Für Chorkonzerte hat er eine überragende Akkustik!


    Und wie oben schon beschrieben muss man sich ab und an Bilder aus den Jahren 1989 und danach vor Augen halten (auch z.B. der U-Bahnhöfe...) , dann begreifft man, welche immense Aufbauleistung schon erreicht wurde!

  • Das ist so, bezogen auf Berlin, nicht richtig.


    Die meisten Sanierungen und Projekte stammen aus Zeiten, in denen noch deutlich weniger bis gar keine Überschüsse erwirtschaftet wurden.


    Es gab allein für die Stiftung der preußischen Schlösser und Gärten zwei Sonderfinanzierungsprogramme, die es so nie gegeben hätte, wenn die konjunkturelle Lage so gewesen wäre, wie sie es um 2000 war.
    Ferner hat der Bund quer über das Land Zückerchen verteilt für kleinere und größere Projekte und wenn man ehrlich ist, keine Stadt hat von Sonderzuwendungen des Bundes in den letzten Jahren so sehr profitiert wie Berlin. Was ich sehr gut finde, aber manche Region im Westen würde sich partiell auch mal eine derartige Zuwendung wünschen!

  • Das hat aber nichts mit den ...

    ... riesigen Überschüsse in den Haushalten und die gute konjunkturelle Lage über so viele Jahre...


    ... zu tun.


    Die riesigen Überschüsse wurden erst in den letzten Jahren erwirtschaftet.
    Z.B. die HF-Planung oder die Sanierung der Museen haben damit nichts zu tun.


    Aber sei's drum. Es ist enorm viel erreicht worden. Seien wir froh und dankbar, dass wir das erleben dürfen.

  • Eine kleine, aber interessante Meldung: Laut der Liste der Bauanträge November 2019 (PDF, 108 KB) wurde am 6. November 2019 der Antrag auf "Änderung Hohenzollerngruft und Touristische Infrastruktur Berliner Dom" gestellt.


    Diese kurze und vage Beschreibung des Vorhabens und die Tatsache, dass sie von den Medien offenbar übersehen wurde (ich konnte dazu jedenfalls nichts finden), lässt der Phantasie viel Spielraum. So etwa bleibt der Zusammenhang mit den Plänen für die Sanierung der Gruft, die hier (#291) gemeldet wurden und damaligen Medienberichten zufolge 2020 beginnen sollten, (für mich) unklar, ebenso wie ein etwaiger Zusammenhang mit einem möglichen Wiederaufbau der Denkmalkirche.

  • So ein Quatsch der Wiederaufbau. Es gibt weisgott wichtigere Baustellen am Dom und außerdem kann man die Freifläche auch anderweitig nutzen und aufwerten für Alle. Berlin muss sich auf das wesentlicheZiel konzentrieren und nicht weitere Baustellen öffnen. Das ist Logik pur! Man muss nicht alles vergessene wiederauferstehen lassen, es kann auch anders gehen. Der Dom sollte seine Fassade weiter in Ordnung bringen und durch billigere Eintrittspreise und Kreativität auffallen.


    Berlins Stadtentwicklung ist oft so kreativlos und rückwärtsgewandt. Das meine ich nicht mal böse, aber viel erkenne ich nicht außer, dass man Reko fordert oder Strukturen wie vor 30 Jahren diskutiert. Wer sich kreative Metropole nennt, muss es auch leben, für alle Menschen.

  • "Änderung Hohenzollerngruft und Touristische Infrastruktur Berliner Dom"


    Diese kurze und vage Beschreibung des Vorhabens und die Tatsache, dass sie von den Medien offenbar übersehen wurde (ich konnte dazu jedenfalls nichts finden), lässt der Phantasie viel Spielraum.

    Die "Vorhaben" sind doch leidlich bekannt und werden auch auf der Website des Berliner Doms beschrieben. Mit einem Wiederaufbau der Denkmalskirche - wie ihn etwa der Berliner Dombau Verein wünscht - hat der Bauantrag nichts zu tun, sondern mit den aus unterschiedlichen Mitteln geförderten Sanierungen der Gruft sowie Herstellung der Barrierefreiheit. Beide Projekte werden von dem erfahrenen Büro BASD Schlotter umgesetzt.

    Projekt 1 (Hohenzollerngruft): https://www.berlinerdom.de/bes…ng-der-hohenzollerngruft/

    Zitat von Berliner Dom

    Die Umbauarbeiten werden zu 90 Prozent durch die Beauftragte für Kultur und Medien finanziert. 10 Prozent der Projektkosten trägt die Berliner Domgemeinde alleine.

    Projekt 2 (Touristische Infrastruktur): https://www.berlinerdom.de/bes…eiheit-und-infrastruktur/

    Zitat von Berliner Dom

    Die Barrierefreiheit und Sanierung der Hohenzollerngruft wird im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Infrastruktur" (GRW) mit bundes- und landesmitteln gefördert. 10% der Kosten trägt die Domgemeinde.


    Zu den Projektmitteln lässt sich genaueres hier erfahren:

    https://www.parlament-berlin.d…vorgang/k18-0060-38-v.pdf

    https://www.parlament-berlin.d…pt/vorgang/h18-2362-v.pdf (GRW-Förderung)

    https://www.parlament-berlin.d…pt/vorgang/h18-2172-v.pdf

  • Es gibt weisgott wichtigere Baustellen am Dom

    Gut, darüber könnte man diskutieren.


    Berlin muss sich auf das wesentliche Ziel konzentrieren und nicht weitere Baustellen öffnen. Das ist Logik pur!

    Erstens verstehe ich diese Aussage nicht und...

    zweitens kann ich dieses Nichtssagende mit keiner Logik verbinden.


    Man muss nicht alles vergessene wiederauferstehen lassen, es kann auch anders gehen.

    Ich hoffe, daß genau in diesem Fall nichts anders geht.

    Hier (wenn man die Denkmalkirche überhaupt wieder aufbauen würde) ginge es nicht darum "alles vergessene wiederauferstehen lassen", sondern um das Wiederherstellen eines historisch und kulturgeschichtlich bedeutenden Teils vom Dom und unserer Geschichte selbst.

    Schlimm ist, daß man diesen Teil unserer Geschichte überhaupt hat vorsätzlich vergessen machen wollen.


    Berlins Stadtentwicklung ist oft so kreativlos und rückwärtsgewandt. Das meine ich nicht mal böse, aber viel erkenne ich nicht außer, dass man Reko fordert oder Strukturen wie vor 30 Jahren diskutiert.

    Wenn deine Wahrnehmung sein sollte, daß die Berliner Stadtentwicklung bzw. derer Verantwortliche regelrecht nach Reko schreien, verstehe ich auch dieses nicht ansatzweise.

    Damit sind ja wohl nicht die wenigen historischen Gebäude im historischen Zentrum gemeint, die sicher nicht die Berliner Stadtentwicklung ausmachen.


    So ein Quatsch der Wiederaufbau.

    Wiederaufbau, ob generell oder in Bezug zum Dom, als Quatsch zu bezeichnen finde ich übrigens reichlich speziell.



    Gruß, Jockel

  • Ich wollte es ja eigentlich zu Jahresbeginn etwas ruhiger angehen lassen, aber wenn man Beiträge wie den von Minimalist liest, die es bemerkenswerterweise schaffen, so viele Vorurteile in einen Beitrag zu packen, dann fühle ich mich doch herausgefordert.


    1. Ein Wiederaufbau der Denkmalskirche wäre kein Quatsch, sondern eine geschichtliche Wiedergutmachung für einen mutwilligen und staatsideologisch motivierten Abriss eines integralen Bestandteils des Berliner Doms.


    2. Was sind denn wesentliche Aufgaben von Berlin? Die Bewahrung und Pflege des historischen Erbes ist integraler Bestandteil der politischen Aufgabe dieser Stadt. Dem hätte man viel früher nachkommen müssen, bei so vielen Projekten. Und nur weil es überall hakt, heißt es ja nicht, dass man notwendige Sanierungen noch weiter auf die lange Bank schiebt. Bei den Sanierungszeiten in Berlin heißt es eher früher als später anfangen.


    3. Was stellst dir denn für eine Nutzung dieser "Freifläche" hinter dem Dom vor? Einen Rummelplatz? Ne Pommesbude? Punkertreff? Was du hier als "Freifläche" bezeichnest ist der Standort der Denkmalkirche und keine Partylocation, auch wenn das aus der Sicht mancher eher zu Berlin passen würde. Aber etwas Respekt vor der christlichen Religion, die normativ noch immer die Basis unseres Landes bildet, kann man schon aufbringen. Der Dom ist ein Gotteshaus und auch das Areal drumherum sollte man würdevoll behandeln und nicht irgendwelche "Ideenwettbewerbe" dazu veranstalten, wo eh wieder nichts Sinvolles bei rum kommt.


    4. Ich bin mir sicher, dass wenn die Sanierung der Museumsinsel abgeschlossen ist und das Schloss fertig ist, die Denkmalkirche zwangsläufig auf die Tagesordnung kommt, weil anders als beim Schloss sind sämtlliche Bauteile noch vorhanden und liegen irgendwo in einem Berliner Wald. Wenn man diese nicht dort verrotten lassen will, muss man zeitnah handeln, sonst kann man sie irgendwann nicht mehr wiederverwenden. Und als Mahnmal taugt der Berliner Dom und die Denkmalkirche auch nicht, falls da wieder irgendwer drauf kommen sollte. Weder hat Hitler hier gepredigt noch wurde sie im Krieg zerstört, sie wurde einfach auf betreiben der DDR weit nach dem Krieg abgetragen.


    Fazit: Berlin braucht hier keine weitere Freifläche oder Eventlocation, sondern auf absehbare Zeit die vervollständigung des Berliner Dom. Hier geht es weder um eine Hohenzollernverehrung noch eine Verklärung ihrer Regierungszeit, sondern vielmehr eine angemessene Präsentation der Prunksärge, so wie es jede andere europäische Monarchie auch gemacht hat. Es ist ein Stück europäische Zeitgeschichte. Diese in einer würdevollen Art und Weise zu präsentieren ist das große Privileg einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft.

    2 Mal editiert, zuletzt von Odysseus ()

  • Mit dem Argument "es ist ein Stück europäischer Zeitgeschichte" könnte man aber auch die Denkmalskirche eben nicht wieder aufbauen, da ja auch der Abriss aus Staatsideologischen Gründen ein Teil eben dieser ist.

    Warum es ein Privileg ist Prunksärge einer Monarchie auszustellen verstehe ich auch nicht.

    Würde mich über eine konstruktive Diskussion über dieses Thema freuen, da ich die Argumente gerne verstehen würde.

  • StadtLandFluss


    zunächst einmal ist es ein gewaltiger Unterschied ob man künstlerisch etwas schafft oder mutwillig etwas zerstört. Man kann an den europäischen Monarchien ja einiges kritisieren, aber letztlich verdanken wir ihnen auch jene künstlerischen Spitzenwerke die heute das architektonische Zentrum jedes europäischen Staates sind. Versailles, die Hofburg, die Münchener Residenz ... die Liste ist endlos. Ein Großteil des Unesco-Welterbes geht auf Herrschaftsarchitektur in den unterschiedlichsten Ausprägungen zurück. Und ja, auch Städte wie Florenz wären ohne die Medici nicht denkbar. Wir neigen nur dazu, gerade in Deutschland, alles, was einmal war, heutigen Moralvorstellungen zu unterwerfen.


    Ich habe es schon mehrfach geschrieben, wir brauchen in Deutschland, bei aller berechtigten Sensibilität aufgrund der exorbitanten Menschheitsverbrechen in der Nazizeit, wieder einen realistischen Umgang mit anderen Teilen unserer Geschichte. Diese grundlegend ablehnende Haltung gegen alles, was vor 1945 war, ist keine gute Haltung für die Entwicklung einer positiven Identität.


    Warum es ein Privileg ist Prunksärge einer Monarchie auszustellen verstehe ich auch nicht.

    Weil eine Demokratie in der Lage ist, eine solche Ausstellung richtig zu deuten. Anders als autokratische Regime, die je nach Zeitgeschmack bestimmte Zeitschichten ausradieren oder in der Versenkung verschwinden lassen, ist es das große Privileg der Demokratie, dass man sich mit verschiedenen Zeitschichten auseinandersetzen kann und diese im öffentlichen Raum präsentieren kann, ohne sie unkritisch im Raum stehen zu lassen. Man kann also die Prunksärge ausstellen ohne sie zu instrumentalisieren oder für irgendetwas zu missbrauchen, sondern sie in den richtigen geschichtlichen Kontext rücken. Das ist ja gerade die Stärke demokratischer Ordnungen, dachte ich zumindest immer.

  • Odysseus Ich stimme dir grundsätzlich zu. Es ist nur immer schwierig zu beurteilen was der konkrete künstlerische Wert ist. Hätte nicht der PdR eher stehen bleiben sollen, da er für eine Zeitschicht wichtig ist ...

    Ich glaube letztendlich ist es immer so, dass man Argumente dafür und dagegen finden kann und auch Argumente für oder gegen diese und jene Epoche. Letztendlich spielen eben auch viele subjektive Faktoren bei der Urteilsfindung eine Rolle.

  • Man muss die Herrschaften in der Gruft ja nicht mögen, aber die Grablegen, Kenotaphe und Sarkophage zählen aus kunsthistorischer Sicht und in ihrer Vielzahl zu den bedeutendsten Europas. Allein das Grabmal der Vischers für Johann Cicero ist schon eine Schau. Das sollte man schon angemessen präsentieren.

  • Der Dom sollte durch .... billigere Eintrittspreise und Kreativität auffallen.

    Der Entrittspreis ist schon etwas happig, wird damit aber nicht auch Geld für den Erhalt und die Säuberung der Fassade generiert?


    Zur Kreativität: Es gibt sehr schöne Konzerte dort und ein Tipp wenn man Geld sparen möchte: Eine der Taizé Andachten besuchen, da gibts den Dom für Umsonst und in einer sehr schönen Atmosphäre! (wenn man auf eine Führung verzichten kann...)

  • Oh doch, die (wunderschöne) Kathedrale von Palma de Mallorca erhebt auch ein Eintrittsgeld. Wie in dieser ist der Gottesdienst im Dom frei und man wird erst zum Schluss zum Spenden aufgefordert.


    Am Wochenende werde ich übrigens die Friedrichwerdersche Kirche besichtigen - wie immer umsonst.