Wirtschaft, Politik, Forschung, Gesellschaft

  • Im Hinblick auf die Top 5 der Metropolregionen bleibt es sicher stabil. Da die Wirtschaft Berlins aber seit langer Zeit überdurchschnittlich wächst, sehe ich die weiteren Plätze nicht als in Stein gemeißelt an, da wird es noch zu Verschiebungen kommen. Übrigens sehe ich als skeptischer Leser der FAZ keine ausgewiesene Anti-Berlin-Stimmung. Es ist eher eine klassisch westdeutsche Perspektive die da, auch unbewusst, bedient wird. Muss man sich beim Lesen eben vergegenwärtigen. Als ebenso regelmäßiger Zeit-Leser finde ich deren Berichterstattung in dieser Frage ausgewogener. Bei der FAZ geht gerade jeden Tag Deutschland unter, nicht nur Berlin. Nichts für Misanthropen und schlechtes Wetter :)

  • Auch kurz vor dem Jahresende kommen wieder gute wie auch schlechte Nachrichten zusammen.

    Fangen wir doch erstmal mit den schlechten Nachrichten an...


    Solaris Bank streicht über 200 Jobs

    Die Berliner Bank schrieb zuletzt 180 Mio Verlust und entlässt daher nun etwa 240 oder über ein Drittel seiner rund 700 Mitarbeiter. Dabei wird wohl vor allem die 2021 übernommene Tochter Contis betroffen sein, welche die Verluste primär verschuldet hatte und wo nun knapp 160 von 170 Angestellten gehen müssen.

    Quelle chip.de


    DRK streicht 400 befristete Stellen in Flüchtlingsunterkunft

    Demnach sollen die Prozesse künftig anders aufgestellt werden, da das alte Versorgungskonzept rechtlich wie organisatorisch aufgrund neuer Vorgaben nicht mehr tragfähig sei. Ein Teil der Stellen wird also sicher "nur" neu verteilt, es soll sich aber wohl zugleich um eine deutliche Reduktion im Aufgabenumfang handeln und das angeblich ohne dass die Betroffenen etwas davon bemerken werden. Also ich vermute mal, entweder wurde da bisher unseriös gewirtschaftet oder aber die künftige Situation wird hier deutlich beschönigt. Vielleicht liegt die Wahrheit aber auch eher in der Mitte.


    Bayer eröffnet Biotech-Inkubator Co.Lab

    Damit erhält Berlin den vierten globalen Ableger nach den kürzlich eröffneten Standorten in Cambridge/Boston, Shanghai und Kobe in Japan. In Berlin werden 900m² Fläche mit Laboren, Büros etc an ca. 6 vielversprechende Biotech-Startups vermietet werden (die bezahlbare Mieten und direkten Kontakt zur in Berlin angesiedelten Zentrale der Bayer-Pharma-Sparte erhalten).

    Der erste Mieter ist ein kleines Stammzellen- und Gentherapie-Startup (hier konkret: Arbeit mit Muskelstammzellen zur Muskelregeneration), das erst vor 2 Jahren als Ausgründung aus Charité und Max-Delbrück-Institut der Helmholtz-Gesellschaft entstanden war. Wem diese beiden Namen in dieser Kombination bekannt vorkommen, hat sich übrigens komplett richtig erinnert. Die beiden entwickeln gemeinsam ein Translationszentrum - und das ab 2025 sowie bis 2028 als zehnstöckiges Hochhaus auf 18.000qm genau gegenüber vom gerade eingeweihten Biotech-Inkubator. Auch das Co.Lab soll dann mit umziehen und offenbar auf 15-20 Startups anwachsen. Bayer Pharma ist also ebenfalls an diesem ambitionierten Projekt beteiligt, was ich so nicht (mehr) auf dem Schirm hatte.

    Kurz nach Bayers 130-Mio Investition in eine neue Hightech-Produktionsanlage soll dies ein weiteres klares Bekenntnis zum Berliner Pharma-Sektor darstellen, der bei allen sonstigen Problemen des Konzerns wohl sehr profitabel arbeitet.

    Gemeinsam wird auch hier der Traum von "Boston an der Spree" geträumt (passenderweise hatte Herr Wegner erst kürzlich den Bostoner Ableger von Bayers Co.Lab besucht und durfte nun kurz darauf den in Berlin mit einweihen). Nun haben wir also immerhin schon mal etwas Bayer an der Spree...

    Quelle Tagesspiegel

    Quelle Morgenpost


    Wachstumsimpulse und Wirtschaftsförderung trotz Krisenzeiten

    ...und ich finde, man sieht hier schon wieder das bekannte Muster, dass gerade die großen Konzernen trotz Krisenstimmung und eigenen Baustellen weiter in Berlin investieren und expandieren. Bayer nun parallel zu Investments in Asien und den USA; ASML hatte ja sogar erst kürzlich eine Hightech-Produktionsanlage aus den USA hierher geholt und auch bspw. der neue Siemens Campus sollte nach großen Teilen der Führung eigentlich nach Asien wandern. Aber auch Siemens Energy, SAP, Amazon oder auch Tesla im Umland haben in den letzten Jahren kräftig expandiert oder sind noch in dem Prozess, oder auch die Deutsche Bahn und Co am Euref-Campus. Und oftmals sind darunter gerade auch (große) Entwicklungsabteilungen durch die sich diese Großkonzerne neu im globalen Wettbewerb positionieren wollen.


    Spannend wird allerdings, wie sich der Berliner Senat in Zeiten leerer Kassen in Sachen Wirtschaftsförderung aufstellt. Es gibt ja diverse Boom-Branchen und auch mehrere neu zu entwickelnde Standorte - u.a. Tegel und Cleantech-Park/Marzahn träumen ja auch noch eher ihren Dornröschenschlaf als dass da die Träume und Visionen schon ausgelebt würden. Und nun kommen nochmals gut 220 Hektar Entwicklungsfläche in Buchholz hinzu. Umgekehrt hat u.a. die KI-Branche Bedarf an einem Leuchtturmprojekt angemeldet. Da sind zumindest vorerst wohl weit mehr Potentiale zu heben als Gelder abrufbar. Realistisch betrachtet wäre es daher schon gut und wichtig, wenn der Senat und die betreffenden Bezirke so wenig wie möglich unnötig im Weg stehen - und da gibt es ja schon Ansätze wie die Verwaltungsreform, die von der Wirtschaft sehr wohlwollend verfolgt werden.


    Arbeitslosenzahlen sinken leicht - jedoch noch immer über 200.000 sowie nahe 10%

    Im November wird die Arbeitslosigkeit offenbar leicht sinken und voraussichtlich noch 9,7% (-0,1%) betragen. Da es zum Januar aber üblicherweise immer erstmal rauf geht, könnten wir zumindest phasenweise nach einigen Jahren auch wieder einmal zweistellige Werte erleben. Auch hier zeigt sich wiederum ein gängiges Muster, wenngleich kein so positives: Die Schere zwischen Elite und Abgehängten bleibt auch in Berlin weit aufgerissen. Durch die jüngere Einwanderung wird das sicher auch erstmal nicht wirklich besser werden.

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 ()

  • Zitat Giffey im Tagesspiegel zum Gewerbegebiet Buchholz-Nord: "Und zu verhindern, dass Unternehmen abwandern nach Brandenburg." Wir reden hier über eine gemeinsame Region Berlin-Brandenburg. Brandenburg hat als Flächenland noch Reserven, was die großflächige Ansiedlung einzelner Unternehmen angeht. Ich kann mich erinnern, dass es auch im Fall Buchholz-Nord mal hieß, dort könnte ein Großinvestor bauen. Jetzt ist Tesla in Grünheide, wie auch andere Unternehemn mit großem Flächenbedarf ins Umland gehen. Derweil wäre die Fläche in Buchholz-Nord, als ehem. Rieselfeld, bestens geeignet für Wohnungsbau. Ebenso könnte UTR mehr Wohnugnen vertragen, Dornröschenschlaf ist nett ausgedrückt für das Gelände. Man denkt hier immer noch nicht das Ganze zusammen, schade.

  • Bousset Ich denke schon, dass Berlin auch eigene Entwicklungsflächen benötigt (wobei man sich nicht übernehmen darf, aber durchaus auch noch Reserveflächen in der Hinterhand behalten sollte). Aber grundsätzlich bin ich bei Dir, dass man das zusammenhängender denken und auch so kommunizieren sollte. Berlin und Brandenburg lassen sich nicht gut gegeneinander aber sehr gut miteinander entwickeln. Und gerade bei Tesla fließen vielleicht die Gewerbesteuern nicht nach Berlin. Es sind aber immerhin tausende Industriearbeitsplätze (mW zuletzt gut 60% von inzwischen 12.000 Stellen), die Berlinern Arbeit geben und so zur Einkommenssteuer beitragen (sowie durch die vielen zuvor Arbeitslosen auch Transfergelder senken). Ebenso gibt es sicherlich auch diverse Berliner Dienstleister, Baufirmen, Zulieferer etc. die dadurch direkt profitieren. Man sagt ja, dass durch jeden Industriejob gleich mehrere Jobs im Umfeld neu entstehen - und das dann in dem Fall ganz sicher nicht nur in Brandenburg.


    Wenn man schon mal im Maßstab von Jahrzehnten denkt, erwarte ich aber dass auch ohne Länderfusion noch deutlich mehr Verflechtungen entstehen. Falls man wirklich erfolgreich sternförmige Infrastrukturachsen errichtet und diese dann sukzessive stärker besiedelt und bespielt, dann können beide Seiten stark davon profitieren. Schon jetzt zeichnet sich jedoch ab, dass wir beim Thema bezahlbare Mieten nicht mehr groß vorankommen werden und sich die Preise auch im (gut erschlossenen und angeschlossenen) Umland nur nach oben bewegen. Die Antwort können mE also nur bessere Bildungspolitik und Wirtschaftsförderung sein, damit die Menschen sich das auch leisten können. Und genau deshalb müssen neben deutlich mehr Wohnungen eben auch weiter Arbeitsplätze angesiedelt werden. Ebenso wie man mE nicht nur die Flächen bebauen darf, sondern auch stärker auf vertikale Verdichtung setzen muss als zuvor (wobei sich der Trend da aber schon immer mehr abzeichnet und das wird bzw. sollte mE nur der Anfang sein).

  • ^Und genau passend zu diesen Überlegungen wurde heute eine Studie des IW Köln veröffentlicht, die sich mit der realen Kaufkraft verschiedener Regionen befasst. Dabei wurde das Durchschnittseinkommen (von 2022) genommen und mit den jeweiligen Lebenshaltungskosten verrechnet. Im Ergebnis sind nahezu alle Regionen Brandenburg unterdurchschnittlich kaufstark, was erstmal nicht überraschen wird.


    Im Detail wird es dann aber durchaus interessanter, wobei ich leider nicht auf die vollständige Tabelle zugreifen kann und mich auf die bekannten Ausschnitte beschränken muss:

    - Die real höchste Kaufkraft Brandenburgs findet man nicht im näheren Berliner Umland, sondern an der Grenze zu Polen im Spree-Neiße-Landkreis (Platz 184 von 401 und damit der einzige überdurchschnittliche Rang). Hier werden zwar nominal auch "nur" 24.249 Euro verdient (Platz 271), durch stark unterdurchschnittliche Kosten (Platz 19) erhöht sich der Wert aber auf real 26.502 Euro.

    - Recht gut da steht allerdings auch noch der Landkreis Potsdam Mittelmark, wo hohe Kosten immerhin auch auf hohe Löhne treffen und in Summe eine durchschnittliche reale Kaufkraft erreicht wird (Platz 202/ 401).

    - Berlin kommt mit einem eher niedrigen Lohnniveau und sehr hohen Kosten lediglich auf Rang 373 von 401. Das ist mE auch keinesfalls überraschend.

    - Deutlich spannender fand ich dagegen, dass gerade die großen Städte Brandenburgs teilweise sogar noch schlechter abschneiden: Potsdam mit nur geringfügig höheren Löhnen aber noch höherem Preisniveau als Berlin kommt sogar erst auf Rang 380 und Frankfurt (Oder) folgt trotz ziemlich günstiger Kosten auf Rang 381.

    - Und richtig spannend wird es dann, wenn man auch mal auf andere Großstädte schaut: Frankfurt am Main liegt noch etwas hinter Frankfurt (Oder) auf Rang 389 und Offenbach sogar ganz auf dem letzten Platz 401 - deutlich besser schlägt sich das reiche Frankfurter Umland mit Rang 3! Auch die Kölner (352) und selbst die Hamburger (304) stehen nicht sehr viel besser da als die Hauptstädter. Nur leicht unterdurchschnittlich ist das Kaufkraftniveau dagegen in Stuttgart (220) und sogar überdurchschnittlich in Düsseldorf (131) vor allem aber München (33), die letzteren drei zugleich ja durchaus teure Städte.

    - Im Vergleich zu Berlin-Brandenburg ist das Stadt-Land-Gefälle in anderen Regionen deutlich krasser. Das Beispiel mit Frankfurt vs. Hochtaunuskreis (389 vs. 3) hatten wir ja schon. Etwa mit Emden vs. Nordfriesland (393 vs. 4) gibt es aber noch mehr solcher Fälle. Ganz oben in der Liste finden sich dann auch fast ausschließlich Landkreise und mit Baden-Baden nur eine einzige Stadt, während ganz unten nur noch Städte auftauchen.

    - Vielleicht auch noch spannend: Die Spitzenreiter haben überwiegend ein etwa durchschnittliches bis (teils deutlich) überdurchschnittliches Preisniveau. Bei den Schlusslichtern liegt das Preisniveau dagegen nur vereinzelt leicht über dem Schnitt, überwiegend aber darunter. In beiden Fällen sind also eher die Löhne ausschlaggebend und weniger die Preise (natürlich etwas vereinfacht gesagt, da beides ja schon immer zusammen hängt).

    Quelle IW Köln

    Quelle rbb24

    Quelle Sueddeutsche Zeitung


    Also wie oben schon thematisiert: Wir werden den Wohlstand in der Region wohl primär über Bildung und Qualifizierung der Bevölkerung erhöhen können. Die Preise bekommen wir vermutlich vorerst ohnehin nicht mehr in den Griff. Und die guten Jobs sind ja durchaus vorhanden, nur werden sie zumindest bislang noch oft durch extern Kräfte besetzt, die sich auch hohe Mieten leisten können (aber teils trotzdem nur noch schwer eine Wohnung finden).

  • Schwarz Gruppe (Lidl, Kaufland) errichtet großes Rechenzentrum in Lübbenau - Boom geht vorerst ungebremst weiter

    Die ersten Infos lesen sich analog zum erst kürzlich geteilten Maincubes-Projekt für Nauen: hier wie dort entstehen bis 2027 gleich 6 große Rechenhallen mit insgesamt jeweils enormen 200 MW, reichlich Steuereinnahmen sowie als Fernwärme nutzbare Abwärme für die beiden betroffenen Gemeinden. Allerdings zielt "Digits", die ziemlich ambitionierte IT-Tochter der Handelskette (mit einem inzwischen mittleren vierstelligen Mitarbeiterstab und gesundem Selbstbewusstsein: Wir wollen nicht unbedingt das nächste Google oder Amazon werden. Wenn es passiert, dann passiert es.), wohl auf etwas andere Kunden: Der größte Kunde ist man selbst (genau in Lübbenau betreibt man ja auch schon ein Logistikzentrum), hat inzwischen aber auch hunderte deutsche Mittelständler mit im Boot und macht bewusst Google, AWS und Co Konkurrenz.


    Und mal zur Erinnerung: Google entwickelt Brandenburg zu seiner zweiten deutschen Cloud-Region und Amazon bzw. AWS (Amazon Web Services) investiert sogar über 8 Milliarden in neue IT-Projekte um (sowie teils auch in) Berlin. Stand Mai 2024 war bereits absehbar, dass Berlin die Rechenlast bis 2027 von zuletzt knapp 100 MW auf ca. 700 MW vervielfacht. Seither kamen in gut einem halben Jahr neben den gigantischen Amazon-Plänen nun eben auch noch Maincubes und Schwarz' Digits mit kombiniert 400 MW bis 2027 hinzu, sodass man alleine bis 2027 mit bis zu 1,1 GW Rechenlast rechnen darf (pun intended), selbst wenn Amazon bis dahin nichts fertig stellt (was ich bezweifle). Und Amazons rund 8 Mia könnten da bis 2040 nochmals etwa 800 MW drauf setzen. So oder so erleben wir hier einen aberwitzigen Boom. In den ca. 6 Jahren von 2017 bis 2023/2024 hat sich die Rechenlast der Hauptstadtregion schon auf immerhin knapp 100 MW verdreifacht, aber nun explodiert sie wohl in nur rund 3 Jahren um mehr als das Zehnfache(!). Und selbst ohne AWS hätte man bis 2027 deutlich mehr Rechenlast als die aktuell führenden Standorte London, Frankfurt und Co momentan noch aufweisen (aber die wachsen natürlich parallel auch weiter).


    Neben der Energiebranche (Wind, Sonne plus Netze und Speicheranlagen) erlebt die Hauptstadtregion vor allem im Umkreis Berlins also gleich noch einen immensen Boom, der neue Infrastruktur und damit auch Wertschöpfung in die Region trägt. Wobei natürlich pro investierte Milliarde deutlich weniger Jobs direkt neu entstehen als beispielsweise bei der Tesla-Fabrik.

  • Berliner BIP wächst 2024 womöglich doch um gut 1%

    Laut Investitionsbank Berlin ist für das laufende Jahr nun doch wieder ein Jahresendspurt zu beobachten, sodass man bei ca. 1,3% Plus raus kommen könnte (geplant waren mal 2%, zwischenzeitlich sah es aber eher nach 0,X% aus). Nachdem Dienstleistungen und überraschend auch die Industrie ja schon im ersten Halbjahr ziemlich gut im Rennen lagen, erholt sich nun wohl zunehmend auch der Handel (da es mit zunehmendem Konsumklima zusammen hängt, sollte es auch bei der Gastronomie ähnlich aussehen). Zum zuletzt deutlich kriselnden (Hoch-)Bau ist aber leider nichts zu lesen. Hier wäre eine Erholung ebenfalls enorm wichtig.

    Für 2025 wird übrigens mit 1,5% Wachstum gerechnet.

    Quelle rbb24


    Unternehmen können inzwischen immer mehr Dienstleistungen digital abwickeln

    Neben den beachtlichen ersten Fortschritten in der Bildungspolitik liefert der Senat nun endlich(!) auch zunehmend an einer anderen wichtigen Baustelle: Firmen können inzwischen immerhin schon gut 80 von über 300 Dienstleistungen der Verwaltung digital erledigen. Bis Ende 2025 soll das dann für sämtliche Dienstleistungen möglich sein (auch bspw. Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse, woran aktuell noch sehr viel hakt).

    Und der Bürgermeister persönlich verkündet in dem Kontext gleich noch mehr gute Nachrichten: Künftig soll zur Unterstützung einer möglichst zügigen und effizienten Antragsbearbeitung KI eingesetzt und zudem die Zahlung über PayPal schnell und einfach abgewickelt werden können. Man könnte etwas polemisch auch anmerken: Berlin kommt langsam aber sicher in der Neuzeit an.

    Außerdem arbeitet man am konsequenten Ausbau schneller Datenwege, einem weiteren Ausbau des Unterstützungsangebotes für Firmendigitalisierung und der Schaffung eines digitalen Zwillings der regionalen Wirtschaft.

    In meinen Augen sind das überfällige aber dennoch enorm wichtige Fortschritte, die man absolut nicht unterschätzen sollte. Wenn man das zunehmend auch für die Bürger der Stadt hinbekommt, muss vor allem noch die Verwaltungsreform vorankommen (wobei es da zuletzt auch dank toller parteiübergreifender Kooperation inklusive Opposition erfreuliche Fortschritte gab). Zwar wird das nur einen Teil der lähmenden Bürokratie eindämmen, es sind aber insgesamt immerhin mal einige entscheidende Schritte in die richtige Richtung.

    Quelle haufe.de

    Quelle Tagesspiegel

  • Da bleibt ja nur zu sagen: Frohe Weihnachten. Übrigens ist die starke Präsens amerikanischer Firmen im Raum Berlin-Brandenburg schon länger auffallend. Bei allem Getöse der künftigen Regierung der USA und den täglichen Meldungen unserer Presse zum Untergang Deutschlands muss es ja doch triftige Gründe für US-Investitionen in Deutschland geben und man kann annehmen, dass die Amis die Investitionssicherheit hier schätzen und ihr Business auch entsprechend verteidigen würden.

  • Das "Wunder von Neukölln" - Bezirk im Aufwind

    Neukölln hat in der Vergangenheit äußerst selten positiv auf sich aufmerksam machen können. Berühmt-berüchtigt ist der Stadtteil bundesweit ja vor allem für Rekordarbeitslosigkeit und Rütlischule sowie Parallelgesellschaften und arabische Familienclans (siehe Netflix-Serie 4 Blocks).


    Inzwischen hat sich aber besonders in Nordneukölln doch einiges getan und es scheint so eine Art Wendepunkt erreicht.

    Am auffälligsten und zugleich wichtigsten dürfte wohl das Bauprojekt Estrel-Tower sein, dass man inzwischen aus vielen Ecken der Stadt schon von weitem erblickt.

    Wenn man sich die offizielle Präsentation des Projektes auf der Webseite und auch die letzten Berichte etwas ansieht, ist hier eine durchaus ambitionierter Versuch der Höherpositionierung sowie Ergänzung/Diversifizierung der bisherigen Geschäftsfelder (Hotel, Kongresse, Events) zu erkennen. Neben gut 520 klassischen Hotelzimmern* werden in insgesamt 1.100 Räumen auch jeweils eine Reihe Serviced Apartments sowie Büros und Coworking-Spaces aber auch exklusive Tagungs- und Eventflächen sowie Spa, Fitness und sogar Gastronomie (Restaurant und Bar) mit Dachterrasse ganz oben im Turm beworben. Das Motto lautet selbstbewusst: "Der Höhepunkt Berlins" - und tatsächlich macht nun ausgerechnet Neukölln die Hauptstadt zur dritten Wolkenkratzer-Stadt Deutschlands nach Frankfurt (obviously) und Bonn (immerhin ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung gewissermaßen ein Treppenwitz der Geschichte).

    *Insgesamt liegt man dann übrigens bei weit über 1.600 Hotel-Zimmern und somit Rang 4 in Europa - nach drei Russischen Riesenhotels. Vor den Umplanungen sollten ursprünglich sogar über 700 neue Hotelzimmer entstehen, womit man gar in den Top 3 gelegen hätte.


    Im direkten Kontext mit dem Estrel sind auch die Projekte von Klingsöhr (Hohe 9, Shed) und Trockland (DOXS NKLN)am Neuköllner Schiffahrtskanal zu sehen. Kürzlich bin ich im Rahmen einer kleinen Recherche auf einen interessanten Podcast der beiden Projektentwickler gestoßen, in welchem sie die erhoffte Entwicklung etwas näher einordnen:

    - Insgesamt entwickeln beide zusammen gut 150.000 m² Nutzfläche und investieren ca. 1,5 Milliarden in ihre Areale!

    - Trockland-Mitgründer und CEO Nathaniel beschreibt übrigens u.a. wie er durch entsprechende Gegenleistungen an die Gemeinschaft inkl. bezahlbarer Mieten ca. 50% mehr Nutzflächen als ursprünglich veranschlagt heraus holen konnte.

    - Beide betonen übrigens, dass die Zusammenarbeit mit Politik, Wirtschaftsförderung in Neukölln herausragend klappt - gerade auch im Kontrast zu anderen Berliner Bezirken. Hier zögen alle an einem Strang und am Ende würden so auch alle Seiten gewinnen.

    - Daneben sei auch unglaublich wichtig, was Streletzki hier über Jahrzehnte an Vorleistungen und auch Überzeugungsarbeit geleistet habe. Das Estrel sei und bleibe daher federführend bei der gesamten Entwicklung.

    - Unter anderem die Infrastruktur sei absolut herausragend: Direkter Anleger am Schifffahrtskanal, Güterbahnanschluss, S-Bahn-Ring, demnächst Autobahnanschluss, künftig auch noch Anschluss an eine Fahrrad-Schnelltrasse. Mit Taxi und ÖPNS sei man künftig in kürzester Zeit am Flughafen oder auch am Hauptbahnhof.

    - Die Grundstückspreise und auch die Mieten seien etwa im Vergleich zum Ostkreuz noch sehr moderat, zögen nun aber etwas an.

    - Zusätzlich sei man wie gesagt auch teils auf den Bezirk zugegangen, um reizvolle Mischnutzungen zu ermöglichen:

    Klingsöhr hat neben der ersten Hochschule Neuköllns zugleich auch eine Menge an spannendem Gewerbe anlocken können. Hierzu zählen u.a. eine Berliner Zentrale von Amnesty International aber auch der Umzug der Deutschlandzentrale von Foundever aus Düsseldorf nach Neukölln, die Data Group, We.CONECT sowie das Start-Up (und inzwischen Unicorn) 1,5 Grad.

    Trockland baut neben Gewerbe/Büros und innovativer Produktion u.a. auf Gastronomie, Wellness, Galerien aber auch ein Hostel und Kitaflächen.

    - Insgesamt würden sich eine Menge Synergien bei den verschiedenen Einrichtungen und Zielgruppen ergeben, wobei auch explizit viele junge Menschen und somit viel Leben in das Areal geholt werde. Trotz vieler Büros soll das Leben hier nicht schlagartig um 18 Uhr enden.

    - Neben der Nutzung sei auch die Gestaltung der Flächen eine bewusste Entscheidung und teils Investition gewesen. Beide betonen bewusst das industrielle Erbe und Zugleich die Nähe zum Wasser und der alten (Güter-)Hafeninfrastruktur. Etwa die alten Ladekräne stehen zwar nicht unter Denkmalschutz aber alle wollten sie unbedingt erhalten und integrieren. Und auch die öffentliche Uferpromenade mit dem großen Stadtplatz inkl. Sitztreppen soll eine neue Aufenthaltsqualität ermöglichen.

    Spannend finde ich in dem Zusammenhang übrigens, dass man beim Estrel laut oben verlinktem Artikel ursprünglich mal einen reinen Hotelturm mit diversen flankierenden "Flachbauten" geplant hatte. Zum Glück ist es trotz Wegfall von Zimmern (s.o.) dann beim Turm (zzgl. Sockel) geblieben, wobei die Funktionen der geplanten Flachbauten mit integriert wurden, sodass hier ebenfalls Freiflächen für einen kleinen Uferpark gewonnen wurden.


    Ein entsprechend betitelter Artikel zum KALLE NEUKÖLLN hat mich dann übrigens zur Überschrift animiert. Was ist nun so ein "Wunder" an dem Projekt? Nun ja: Neukölln zeigt exemplarisch, was man aus einem runter gerockten (zuletzt Ramsch-)Warenhaus noch so machen kann. Für 200 Mio wurde alles komplett umgebaut. Inzwischen sind hier schon 1.000 Büroarbeitsplätze entstanden und es hat sich u.a. die Berliner Code University angesiedelt. Daneben hat ein legendärer Britischer Plattenladen seine Kontinentaleuropäische Dependance bezogen. Daneben gibt es einen innovativen Food Market, wo Spitzenköche an Ständen ihre Gerichte anbieten. Ebenso große Konferenzräume, Sportstudios und eine Konzertlocation. Auf dem Dach gibt es einen schallgeschützten Wintergarten mit mehreren Restaurants, eine große Außenterrasse und auch ein großes Schwimmbecken.

    Wer wie ich noch das "Schnäppchenparadies" mit dem hässlichen alten Parkhaus kannte, wird sich wohl verwundert die Augen reiben.

    Und vielleicht fühlt man sich auch an das Karstadt-Projekt am Herrmannplatz erinnert. Das scheiterte bekanntlich erst an der Hinhaltetaktik des primär zuständigen Bezirks (Kreuzberg) und dann endgültig an der Pleite des Investors. Irgendwie schon symbolisch für das was Klingsöhr und Nathaniel über Neukölln und andere Bezirke schreiben. Dort blockiert, hier passiert's und wird von der Politik stolz mit gefeiert.


    Und zu guter letzt gibt es nun auch endlich Informationen zum Marlboro-Gelände (Quelle Morgenpost Print), also einem bald komplett abgewickelten Fabrikgelände, das nun unter dem symbolträchtigen Titel NLND (offenbar ein Wortspiel aus Neukölln und Neuland) neu entsteht bzw aufersteht:

    Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass Marlboro komplett raus geht und die Flächen abstößt. Weit gefehlt. Es bleibt nicht nur der Marlboro-Cowboy erhalten, sondern auch der Tabakkonzern. Die Amis wollen hier im Zuge der Konzern-Transformation hin zu Tabakerhitzer & Co neue Produkte entwickeln und auch als Prototypen produzieren.

    In 30 Gebäuden plus Gelände sollen auf insgesamt 150.000 m² Startups und Mittelständler sowie Industriepartner angesiedelt und mit einer Prototypenhalle auch wieder eine Art Produktion hochgefahren werden (und Produktion soll auch den Großteil der Flächen einnehmen, gefolgt von Lagern und Büros). Noch in diesem Jahr soll ein großes Bürogebäude neu eröffnet werden. In der höchsten Halle (18m hoch) will ein Filmstudio einziehen und auch ein Spieleentwickler will sich einmieten.

    Daneben verhandelt man offenbar auch hier mit (einem) Universitätspartner(n) und plant zudem ein Konferenzzentrum für bis zu 10.000 Menschen!

    Für die Öffentlichkeit wird u.a. mitten auf dem Gelände ein großer Marktplatz entstehen, daneben werden auch die Kantinen und ein Café öffentlich nutzbar sein. Wechselnde Märkte und auch Events wie Public Viewing sollen die Menschen anlocken.


    Fazit: Mal wieder ist ein Trend zuerst ein Stück weit an mir vorbei gezogen, nur damit er nun so voll einschlägt. Insgesamt werden hier Milliarden investiert und es werden völlig neue Unternehmen aber auch Institutionen und vielfältige öffentliche Angebote angesiedelt. Man merkt dabei mE, dass sich die (Misch-)Nutzungen ähneln. Neukölln wird noch mehr denn je zu einem führenden Tagungsstandort mit recht vielfältigen Angeboten. Aber nach der von Großkonzernen geförderten Free Coding School "Berlin 42" siedeln sich auch immer mehr Bildungsinstitutionen an, gefolgt von Startups und weiteren Unternehmen verschiedener Branchen (mit Fokus auf Tech und Kultur). Aus dem Schulischen Kontext weiß ich zudem, dass inzwischen auch Initiativen wie Maker Labs und Amazon Future Engineer gezielt in Neukölln aktiv geworden sind.


    Auch wenn es mE letztlich dennoch kein Wunder ist, sondern einfach gute Standortpolitik: Wenn Neukölln in den kommenden Jahren in den Medien auftaucht, dann vielleicht zunehmend in einem positiveren Kontext als gewohnt. Ebenso wie sich der Estrel Tower "plötzlich" in der Skyline der Stadt aufgetürmt hat. Und meine Hoffnung ist, dass diese Dynamik zum Vorbild wird und schon bald in der ganzen Stadt Schule macht.

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 ()

  • Berlin ist sehr vielfältig und das spiegelt sich im Verhalten der Bezirke wieder. Die Außenbezirke sind nach meinem Eindruck Investitionen ggü. eher aufgeschlossen, als Mitte und X-Berg/Friedelhain. Spandau, Marzahn-Hellersdorf sind auch gute Beispiele und wenn man sich anschaut, was auf dem GOWest-Areal abgeht, kann man nur staunen.

  • Bousset Da hast Du grundsätzlich völlig Recht. Ich kann mich beispielsweise noch gut erinnern wie der Spandauer Bezirksbürgermeister damals sagte: "Wenn Kreuzberg Google und BMW nicht will, nehmen wir sie sehr gerne." Allerdings ist dann nie was daraus geworden.

    Der Unterschied zwischen Nordneukölln und bspw. Marzahn-Hellersdorf oder aber Spandau ist eben, dass man hier neben erträglichen Preisen und breiter politischer Unterstützung zugleich auch einen zentrumsnahen (sowie flughafennahen) und extrem internationalen Stadtteil hat. In Schmargendorf bei GO West ist es ja etwas ähnlich, wenngleich sicher mit höheren Preisen und etwas weniger international aber dafür natürlich wirtschaftlich ungleich besser eingebunden. Spandau braucht dann eben schon einen starken Anker wie Siemens, damit man da etwas Großes raus holen kann.

    Grundsätzlich sollte es sich mE aber keiner der Bezirke leisten, gute(!) Deals mit Investoren auszuschlagen und Projekte im Zweifel zu verhindern statt gemeinsam zu gestalten.


    Aber noch ein paar aktuelle Dinge:


    Indische Einwanderer Gewinn für alle Beteiligten - Bürokratie nun auch hier zunehmend effizienter

    Entgegen einem früheren populistischen Slogans lautet die Devise zunehmend "Kinder plus Inder". Auch wenn im Bildungssektor noch immer viel Luft nach oben bleibt, gibt es weiter großen Druck in verschiedenen Branchen, besonders in den hierzulande traditionell zu wenig geliebten MINT-Fächern. Indien dagegen hat regelmäßig viel und durchaus gut ausgebildeten Nachwuchs, kämpft aber mit einer hohen Arbeitslosigkeit (und freut sich umgekehrt über Auslandsüberweisungen erfolgreicher Auswanderer, die inzwischen über 3% des BIP ausmachen). Neben den Golfstaaten und englischsprachigen Nationen wird nun zunehmend auch Deutschland interessant.

    Entsprechend hat man schon bilaterale Kooperationsprojekte gestartet. In manchen indischen Regionen wird jetzt sogar gezielt Deutsch in der Schule unterrichtet und es gibt offenbar auch eine Art "Casting", für wen sich die Auswanderung nach Deutschland lohnen könnte (noch während des Studiums oder aber mit Abschluss).

    Wer den Schritt wagt, kann offenbar durchaus mit schnellem Erfolg rechnen. Inder verdienen in Deutschland im Schnitt mehr als alle anderen Nationalitäten inklusive Deutschen aber auch bspw. Amis oder Briten (Median bei 5.390 Euro, 40% mehr als Deutsche und fast 80% mehr als bei allen ausländischen Arbeitskräften kombiniert)! Das ist übrigens in anderen Ländern wie den USA sehr ähnlich.

    Und der Bezug zu Berlin? Wie in der Vergangenheit schon geschrieben, zieht es besonders viele Inder in die multikulturelle Hauptstadt (auch, weil hier speziell im Zentrum und in der Wirtschaft sehr viel Englisch gesprochen wird). Laut Statista lagen Inder im vergangenen Jahr mit über 30.000 Menschen bereits auf Platz 8 aller ausländischen Nationalitäten - wie auch in Gesamtdeutschland mit weiter stark wachsender Tendenz (zumal neben Informatikern inzwischen auch u.a. Busfahrer, Pflegekräfte und Mechatroniker angeworben werden, was natürlich die Durchschnittslöhne entsprechend senken wird).

    Dabei hilft auch, dass Deutschland die Visa-Verfahren vereinfacht hat und in Berlin jetzt sogar die Einbürgerungen sehr viel schneller und einfacher (digital eben und zudem inzwischen zentralisiert statt in den Bezirken) funktionieren (von ca. 10.000 Einbürgerungen in 2023 auf deutlich über 20.000 in 2024 und voraussichtlich etwa 40.000 in 2025). Besonders bei den besagten Indern dauere es schon jetzt oft nur noch wenige Wochen. Allerdings müssen die Antragsteller seit 5 Jahren rechtmäßig und rechtschaffen in Deutschland leben, Deutsch sprechen, einen Test bestehen und seinen Unterhalt selbst leisten (bzw. bei sehr erfolgreicher Integration und C1 Sprachniveau reichen auch 3 Jahre).

    Was macht es mit Berlin, wenn inzwischen eine kleine Mittelstadt an überwiegend sehr gut verdienenden Indern in der Stadt lebt? Jedenfalls hilft es dabei, dass der spendenfinanzierte Sri-Ganesha Tempel, Deutschlands größter Hindutempel, in Neukölln nach langen Jahren bald eröffnen wird. Tatsächlich leben immer mehr wohlhabende Hindus in Berlin und spenden großzügig. Und vielleicht wird es am BER dann ja auch bald mal mindestens eine Direktverbindung nach Delhi oder Mumbai geben? Das wäre nicht nur für Berliner Inder oder indische Berliner reizvoll. Der Indische Markt gilt als großes Wachstumsfeld für den Tourismus.


    Tourismus im Aufwind - über 30 Mio Übernachtungen in 2024

    Apropos Tourismus: In 2024 hat Berlin erstmals wieder die Marke von 30 Mio Übernachtungen übertroffen - und das schon vor Weihnachten und Neujahr. Zuvor war das erstmals 2015 gelungen und dann bis auf den Rekord von 2019 mit gut 34 Mio Übernachtungen angestiegen. Zumindest hier sind die alten Zahlen (und damit sicher auch bald die Diskussionen über "zu viele" Touristen) also schon fast wieder erreicht. Zumindest für 2025 wird aber gerade bei internationalen Gästen nur geringes Wachstum erwartet, auch wegen der steigenden Flugpreise.

    Quelle rbb24


    Zalando schluckt About You mit Scayle

    Der Schritt war schon länger erwartet worden. Die Otto-Tochter About You war erst vor ein paar Jahren mit einer Marktkapitalisierung von rund 4 Milliarden an die Börse gegangen und hat seither trotz Wachstumskurs (aber mit fehlenden Gewinnen) deutlich an Wert verloren, sodass Zalando nun mit gut 1 Milliarde an liquiden Mitteln einen großen Wettbewerber mit teils ergänzendem Profil günstig übernehmen kann. Aber auch About You ist wohl froh über die Fusion, die nicht als feindliche Übernahme sondern einvernehmlich und strategisch abgestimmt ablaufen wird.

    Während Zalando vor allem beliebte Marken abdeckt, zielt About You auf jüngere Kunden mit Affinität zu Influencern. Ähnlich wie die aufstrebenden chinesischen Konkurrenten will man dort zudem künftig on demand Fabriken anwerfen (statt in China aber in Portugal oder der Türkei sowie hoffentlich mit etwas besserer Qualität) und so Trends bzw. Hypes bedienen.

    Auch wenn Zalando anders als About You schon seit längerem profitabel arbeitet, erwartet man sich neben einem wachsenden Umsatz auch deutliche Synergien von rund 100 Millionen pro Jahr. Bei den Umsätzen in jeweils 25-30 europäischen Märkten steht man insgesamt bei 12 Milliarden, allein im Deutschen Markt bei etwa 4 Milliarden (große Konkurrenten sind hier u.a. Otto mit 4,5 Milliarden, H&M mit rund 3 Milliarden sowie zunehmend auch Shein mit nunmehr schon 2 Milliarden).

    Außerdem haben die Hamburger mit Scayle eine interessante und sehr profitable Plattform geschaffen, über die inzwischen auch klassische Firmen wie Deichmann, Fielmann oder der Fanshop von Manchester United ihre Produkte absetzen. Diese gilt sogar als eins der potentiellen Hauptziele der Fusion und wird künftig in Zalandos eigene App integriert (oder auch umgekehrt).

    Quellen: Gründerszene, Capital, Manager Magazin, Wirtschaftswoche, Tagesschau


    Neue Satellitenfabrik in Berlin bedient mit innovativem Produkt Boommarkt

    Einen etwas kleineren und inzwischen doch kometenhaften Aufstieg erlebt das Start-Up Berlin Space Technologies (kurz BST), eine Ausgründung von TU Studenten. Die Berliner gelten als Experten für unschlagbar preiswerten aber zugleich flexiblen und vielseitigen Satellitenbau und erreichten neben verschiedenen Auszeichnungen inzwischen auch aus anderen Gründen Bekanntheit: Sie haben den ersten kommerziellen Satelliten Indiens in die Umlaufbahn gebracht und dort auch bereits eine große Kooperation inklusive Fertigungsanlage am Start.

    Inzwischen ist mit OHB jedoch auch ein großes Bremer Raumfahrtunternehmen eingestiegen, sodass die Satelliten bald in einer neuen Fabrik in modularisierten Großserien zu hunderten und irgendwann 1.000 oder mehr entstehen werden. Dafür wurde ein alter Berliner Baumarkt für 15 Millionen zu einer Produktionsanlage um- bzw. ausgebaut, die potentiell sogar bald die größte Satellitenfabrik Europas darstellen könnte. Zudem soll sich die Mitarbeiterzahl bald von 50 auf 100 verdoppeln. Die Umsätze von aktuell 5 Millionen werden sich absehbar vervielfachen.

    Quelle Handelsblatt


    Berliner Hersteller von E-Lastenrädern "Onomotion" gerettet und auf Wachstumskurs

    Gute Nachrichten gibt es auch für einen Berliner "Brot-und-Butter-Betrieb". Die insolvente Produktionsfirma von E-Lastenbikes Onomotion wird nicht nur übernommen, sondern soll nun sogar ordentlich wachsen. Daher werden auch alle Mitarbeiter übernommen. Durch die Integration in einen größeren Mobilitätsanbieter sollen die Lastenräder optimiert und neben Bestandskunden wie Hermes und Mediamarkt-Saturn zudem auch neue Kunden und Märkte erreicht werden.

    Quelle Tagesspiegel

  • Zur Info: Ich habe mich (in meiner Funktion als Moderator) entschieden, die Beiträge zum Fall Gelbhaar als eigenen Thread in den BoS zu verschieben. Edit: Nachträglich in die allgemeine Lounge.


    Das Thema ist absolut interessant und diskussionswürdig (daher kommt es auch nicht in den Papierkorb), ist für den eigentlichen Sinn dieses Threads und Forums aber doch zu sehr OT.


    Der BoS ist auch kein Verbannungsort, Pranger oder Straflager, sondern eben auch ein Platz für die verschiedensten OT Themen.

  • Irgendwie hatte ich länger nicht die Muße, die ganzen kleineren und größeren Entwicklungen zusammen zu fassen. Es wird aber gefühlt jede Woche mehr. Daher werfe ich jetzt ausnahmsweise mal nur paar Stichworte rein und spare mir auch die vielen, vielen Links dazu.


    Diverser (drohender) Abbau

    Leider gibt es im Augenblick mehr negative als positive Meldungen gerade im Bereich der Fertigung/Industrie:

    - Der Werkzeugbauer G-Elit schließt sein Berliner Werk und entlässt 250 Mitarbeiter.

    - Auch der rbb will gut 250 Stellen abbauen.

    - Der (Auto-)Zulieferer Hella verlagert 170 Jobs ins Ausland (u.a. Softwareentwicklung).

    - Fluke verlagert voraussichtlich ein profitables Werk (Temperaturmesstechnik für Industrieanlagen) mit 80 Mitarbeitern ins Ausland.

    - Siemens will wohl auch in Berlin bis zu 30 Stellen streichen (natürlich immer noch wenig im Bezug auf 6.000 Stellen weltweit und 2.800 Stellen in Deutschland).

    - Das Stadler-Werk mit 1.700 Mitarbeitern ist wohl trotz Großauftrag ziemlich in der Krise. Von Stellenabbau bis Teilschließung des Werks gibt es einige unangenehme Szenarien. Aktuell wird hinter den Kulissen mit Politik und Arbeitnehmerseite/Gewerkschaften um eine Lösung gerungen. Ausgang offen.


    In Summe sind das also schon schmerzliche Einschläge. Ich persönlich würde zudem auch noch das Tesla-Werk in Grünheide als mögliches Sorgenkind bezeichnen, auch wenn bisher noch nichts Entsprechendes zu hören oder lesen war. Aber der Absatz u.a. in Deutschland und ganz Europa bricht ja gerade krachend ein, ebenso wie der weltweite Aktienkurs und damit auch der Kapitalzugriff zuletzt deutlich abgestürzt ist. Man darf also gespannt sein, was aus dem Personalbestand oder gar den ambitionierten Ausbauplänen wird. Musk ist dafür bekannt, im Zweifel auch mal drastisch die Mitarbeiterzahl nach unten oder oben anzupassen und dann ggf. kurz darauf wieder gegenzusteuern. Da ja rund zwei Drittel der zuletzt rund 11.000 Arbeitnehmer in Berlin leben, wird es die Hauptstadt jedenfalls im Guten wie im Schlechten direkt betreffen.


    Sehr ambivalent lesen sich Meldungen, wonach auch unsere Region und Berlin selbst von der nahenden Auflockerung der Schuldenbremse inklusive enormer Investitionen in Infrastruktur aber auch Rüstung profitieren könnte. Schon jetzt wird in Berlin immer mehr Software, KI etc für Drohnen und sonstige Waffensysteme entwickelt. Es gibt auch schon Fabriken, die künftig Teilkomponenten für Militärtechnik fertigen werden (also gewissermaßen "umrüsten"). Und auch die Lobby siedelt sich immer stärker an (ob aus der deutschen Rüstungshochburg Süddeutschland oder dem Ausland).


    Ansonsten gibt es natürlich auch eine ganze Reihe an vielversprechenden Entwicklungsprojekten, über die man sich mit gutem Gewissen freuen darf (ebenso wie es auch viele gerade größere Betriebe gibt, die weiter in hoher Größenordnung einstellen). Aber die meisten dieser Themen habe ich hier schon angesprochen oder sie haben sogar schon eigene Threads. Daher werde ich das mal nicht vermischen und es mit einem doch recht pessimistischen bis zynischen Gesamteindruck belassen. Es ist längst nicht alles schlecht, gerade aktuell ist leider aber auch vieles nicht gerade gut.

  • Es ist längst nicht alles schlecht, gerade aktuell ist leider aber auch vieles nicht gerade gut.

    Da es gerade so gut passt, schließe ich hier mal nahtlos an - denn es gibt mal wieder einige relevante Zahlen für eine etwas klarere Gesamtbetrachtung:


    2024 wächst das Berliner BIP um 0,8% - Ausblick für 2025 erneut verhalten

    Hier kann man wieder vortrefflich diskutieren, ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist. Einerseits halbiert sich damit das Wachstum des vorvergangenen Jahres 2023. Andererseits gibt es überhaupt wieder ein kaufpreisbereinigtes Wachstum (wie leider erneut nicht für Gesamtdeutschland mit Minus 0,2% - übrigens erreicht Berlin durch das seit Jahren überdurchschnittliche Wachstum inzwischen fast 5% der gesamtdeutschen Wirtschaftsleistung).

    Zur Erinnerung: Die Mehrheit der Wirtschaftsbetriebe äußerte sich zuletzt überwiegend skeptisch bis pessimistisch und erwartete eher einen Rückgang im eigenen Geschäftsbereich (hier im Thread nachzulesen). Auch wenn das in vielen Fällen sicherlich auch zutrifft (siehe auch vorherigen Beitrag) gibt es zumindest in der Summe und zumindest bislang aber erneut ein (zartes) Wachstum. Das kann aber auch daran liegen, dass die Umfragen von IHK und Co eben das Gesamtstimmungsbild nach Mehrheit der befragten Betriebe abbilden und die Größe der befragten Betriebe nicht gewichtet wird (und die größten Betriebe in Berlin schlagen sich bisher überwiegend ziemlich gut).

    Was alles nichts daran ändert, dass die Stimmung auch für 2025 wieder sehr verhalten ausfällt und zumindest kein deutlich höheres Wachstum zu erwarten ist.

    Quelle Sueddeutsche Zeitung


    Arbeitslosigkeit weiter über 10% - Hoffnung auf Frühjahrsbelebung - Visionen für 400.000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Jobs in 2035

    Nachdem die Arbeitslosigkeit in Berlin im Januar erstmals seit Jahren wieder über 10% anstieg (eine Kombination auf Faktoren wie dem wie beschrieben anhaltend skeptischen bis schlechten Konjunkturklima, fortschreitender Einsortierung von Flüchtlingen und dem ganz normalen Ansprung durch auslaufende Verträge zum Jahreswechsel), lag die Quote im März nun weiterhin bei 10,2% (oder 216.373 Menschen). Die Regionaldirektion für Arbeit kann sich bei der Formulierung ihres Ausblicks auf die kommenden Monate auch noch nicht ganz zwischen verhaltenem Optimismus und zurückhaltender Skepsis entscheiden:

    "Wir setzen nun auf die anstehende, normalerweise saisonübliche Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt".


    Weit optimistischer ist dagegen ein möglicher Ausblick auf das Berlin in 10 Jahren. Statt etwa wie zuletzt vorgeschlagen einzelne Feiertage streichen zu wollen, setzt man (i.e. ein breites Bündnis aus Kammern und Verbänden) hierfür auf Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. Denn trotz über 200.000 Arbeitslosen fehlen Berlin parallel schon jetzt rund 90.000 Arbeitskräfte für nicht besetzte Stellen und neben Bürokratie, Energiepreisen und Co gilt der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften als eines der größten Wachstumshemmnisse. Die vorgeschlagenen Maßnahmen lesen sich teilweise durchaus realistisch:

    - Eben jene Arbeitslose (und hierunter vermutlich speziell die gut qualifizierten und aktiv Arbeit Suchenden) sollen durch Einsatz von KI schneller als bislang adäquat vermittelt werden. Im Durchschnitt in 8 statt wie bisher in 10 Monaten. In einigen Bereichen setzt der Senat schon jetzt zunehmend auf KI und laut Wegner soll dieser Trend hin zu mehr Digitalisierung und Automatisierung in den Behörden noch deutlich ausgeweitet werden.

    - Auch bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifizierungen wird inzwischen zunehmend Software eingesetzt und hierdurch sollen in 10 Jahren ca. 10% mehr Abschlüsse anerkannt werden können (und das hoffentlich schneller als bisher).

    - Generell soll die entsprechende Verwaltung binnen 10 Jahren vollständig digital und auch durchgehend in Englisch verfügbar sein (ich würde nach jetziger Tendenz aber sogar vermuten, dass man bei weiter anhaltendem politischen Willen auch deutlich schneller sein kann und wird).

    - Wie zum Beispiel im Falle Indiens zunehmend erfolgreich der Fall soll auch die gezielte Anwerbung (und sogar vorherige Ausbildung und Qualifizierung sowie sprachliche Schulung im Deutschen) von ausländischen Fachkräften gefördert werden. In Indien sind ja schon diverse Goethe-Institute mit genau diesem Ziel befasst und die Nachfrage bleibt anhaltend stark. Ähnliches könne nun in zwei weiteren Ländern erfolgen (die aber leider im Artikel nicht genannt werden).

    - Zudem soll der Standort auch attraktiver für Azubis werden, u.a. durch ein vergünstigtes Deutschlandticket aber auch Wohnheimplätze.

    - Die restlichen der vorgeschlagenen 18 Maßnahmen stehen nicht im Artikel. Ich bin besonders gespannt, wie man eins der größten Probleme lösen will: Den Wohnungsmangel. Denn auch und sogar gerade wenn alles Andere gut umgesetzt werden sollte, könnte das durchaus einen DER limitierenden Faktoren darstellen.

    Fazit: Ein bekannter Ausspruch unseres früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt lautete ja: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Diese Vision halte ich aber für eine sehr sinnvolle Initiative und hoffe auf konsequente Umsetzung. Interessanterweise und auch erfreulicherweise deckt sich einiges davon ja ohnehin schon mit den Zielen und Prioritäten des aktuellen Senats und wird teilweise auch schon umgesetzt bzw angeschoben.

    Quelle rbb24

    Quelle Morgenpost


    Nun sogar schon über 40.000 indische Einwohner in Berlin

    Apropos Fachkräfte und apropos Indien: Kürzlich wurden wieder mal aktuelle Zahlen zur boomenden indischen Community in der Hauptstadt veröffentlicht - und der Trend hält weiter an: Ende 2024 ermittelte die Statistik 41.472 indische Staatsangehörige in Berlin. Gegenüber 2014 entspricht das einem Wachstum von rund 1.060% oder einer Verzehnfachung. Damit leben inzwischen mehr indische Staatsangehörige in Berlin als beispielsweise Russen (rund 38.000), Vietnamesen (gut 28.000 - wobei viele Menschen mit vietnamesischem Migrationshintergrund ja längst Deutsche sind), Rumänen (30.000) oder Afghanen (gut 24.000) - aber auch kaum weniger als etwa Syrer (knapp 47.000) sowie mehr als die Hälfte der Ukrainer (rund 70.500).

    Wie der Artikel korrekt anspricht, wird über viele andere Bevölkerungsgruppen ausgiebig diskutiert und oft überwiegend das Negative betont. Die indisch-deutsche Dynamik und ökonomische Erfolgsgeschichte hat sich dagegen bislang noch immer kaum herumgesprochen.

    Vielleicht wird sich das noch ändern, wenn sich das auch im Stadtbild, an den Schulen etc immer deutlicher abbildet: Aktuell bereiten in Indien wie oben angeschnitten 6 Goethe-Institute und 4 Goethe-Zentren zuletzt alleine im letzten Jahr 200.000 Prüfungsteilnehmer auf eine erfolgreiche Berufslaufbahn in Deutschland vor. In der Vergangenheit ging ein bedeutsamer Teil dieser indischen Zuwanderer nach Berlin. Und irgendwann werden viele davon auch Familien gründen.

    Denn - um diesmal den schon oft von der Politik aufgegriffenen Schriftsteller Max Frisch wiederzugeben: Wir haben Arbeitskräfte gerufen - und Menschen sind gekommen.

    Leider erinnere ich mich aber auch noch zu gut an einen Kampfslogan, der während meiner Jugend recht verbreitet war, als man schon einmal - jedoch erfolglos - systematisch Fachkräfte vom Subkontinent anwerben wollte: "Kinder statt Inder". Ich hoffe, diese Geschichte wird sich nicht wiederholen, sondern es wird in Kinder und Inder - oder insgesamt einfach in alle Menschen investiert, mit denen man hier etwas aufbauen kann. Die Welt ist schon genug gespalten und lange können wir uns das mE gar nicht mehr leisten, wenn wir eine stabile und leistungsfähige Zukunft für unsere Nachkommen erreichen wollen.

    Quelle rbb24

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  • Und mal wieder eine Runde Gemischtes...


    Cluster 1 - Gesundheitswirtschaft:

    - Das Berlin Institute of Health erhält einen Biotech-Inkubator "Berlin Clinical Incubator" für  innovative Behandlungen: Das BIH (ein Zusammenschluss von Charité und dem Max Delbrück Centrum für Molekulare Medizin) kooperiert dabei mit dem US-Unternehmen BioLabs aus der berühmten Universitätsstadt Cambridge/ Massachusetts. In den Laboren und Co-Working Spaces sollen junge Firmen basierend auf der bereits hervorragenden Grundlagenforschung in Berlin (und Deutschland insgesamt) konkret anwendbare Arzneimittel für zielgenaue und fortschrittliche Behandlungen für die Praxis und den Markt entwickeln (i.e. Translation von Forschung zu Pharmaindustrie, bisher eher noch eine Baustelle).

    Ein halbes Jahr nach der Eröffnung des Bayer-Biotech-Inkubators (ebenfalls in Kooperation mit der Charité sowie mit sehr ähnlichem Ansatz, bald dann noch repräsentativer etabliert) ein weiteres starkes Signal für den Standort. Insgesamt gilt die Charité als immer wichtigerer Wirtschaftsfaktor und die Gesundheitsbranche als immer wichtiger für die regionale Wirtschaft. Und am Behrensufer in Oberschöneweide sollen ja in noch ganz anderen Dimensionen Laborflächen entstehen.

    - Umzug von WHO-Abteilungen nach Berlin im Gespräch: Laut WHO-Generaldirektor Ghebreyesus plant man aktuell offenbar den Umzug einzelner WHO-Abteilungen von Bern nach Berlin, wo sie dann effizienter (i.e. vor allem kosteneffizienter) arbeiten sollen.

    Bereits 2021 hatte die WHO (etwas überraschend) ihren Global Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence in Berlin angesiedelt.

    Die aktuellen Planungen basieren dagegen u.a. auf den finanziellen und politischen Verwerfungen mit der US-Regierung (die USA als bisher größter Geldgeber mit 1,28 Mia p.a. steigen bekanntlich spätestens zum Januar 2026 komplett aus der Finanzierung aus, Deutschland wird dann mit bislang 856 Mio größter Geldgeber sein - und ggf. wie andere Geldgeber etwas aufstocken).

    Die WHO würde mit einem Umzug nach Berlin also nicht nur Geld sparen, sondern zugleich auch die größere Relevanz Deutschlands würdigen.

    Generell wird mit Spannung verfolgt, wie sich der neue Kurs der USA global auswirkt. Bekanntlich wurden ja auch diverse öffentliche Einrichtungen im Gesundheitsbereich massiv degradiert und auch an den (extrem renommierten und relevanten) US-Unis ist die Stimmung u.a. auch in diesem Bereich massiv im Keller. Man sollte auch nicht vergessen, dass einige der größten und wichtigsten Pharmafirmen der Welt in den USA sitzen.


    Cluster 2 - Tech-Branche:

    - Erholung der Startup-Branche und erstes Berliner Unicorn seit 2022: Nachdem es durch Corona einen regelrechten Boom gab, von dem vor allem Berlin sehr stark profitiert hatte, waren die letzten paar Jahre deutlich durchwachsener und die Hauptstadt verliert nun auch zunehmend ihren nationalen Ausnahmestatus (an sich aber eine gute und gesunde Entwicklung). Immerhin war das Vorjahr mit bundesweit 7 Mia VC wieder etwas besser als der Einbruch in 2023 und 2025 läuft nun auch etwas hoffnungsvoller: Das KI-Startup Parloa (realitätsnahe Telefon-Bots) hat nun eine neunstellige Summe eingesammelt und ist zum Einhorn aufgestiegen. Die Firma gilt aktuell als eins der wachstumsstärksten KI-Startups Europas und konnte zuletzt auch in die USA expandieren.

    (hier übrigens mal eine kleine Übersicht über die aktuellsten deutschen Unicorns seit 2021)

    - GITEX Europe vor dem Start: In rund 2 Wochen eröffnet die erste Ausgabe der GITEX Europe, die nach Angaben des Veranstalters die größte und globalste Veranstaltung für Technologie und digitale Investitionen sein wird, die der Kontinent je erlebt hat. Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und die GITEX als größte Techmesse der Welt könnten hier demnach einen Impuls für ein stärkeres gemeinsames Engagement in der Entwicklung und Anwendung von Zukunftstechnologien setzen (was viele gerade aktuell als wichtiges Gegengewicht zur Isolationsdynamik der beiden größten Volkswirtschaften USA und China empfinden - das hat die Sprecherin wohlgemerkt so nicht ausgesprochen auch wenn es viele denken). Nicht zuletzt dürfte es auch für Berlin selbst interessante zusätzliche Verknüpfungen bedeuten.

    - N26 expandiert in den Mobilfunksektor: Auch bestehende Startups bzw. frühere Startups entwickeln sich weiter. Nun kann N26 seinen Kunden über eine Kooperation mit Vodafone auch Mobilfunk anbieten und somit einen potentiell interessanten neuen Markt erschließen. Dies gilt laut Analysten durchaus als größerer Schritt.

    - Batterie-Startup aus Adlershof erhält 15 Mio Finanzierung: Theion entwickelt schon seit Jahren eine Batterie mit Schwefelkristallen, welche Nickel und Kobalt ersetzen sollen. Die Metalle gelten als umweltschädlich und machen herkömmliche Batterien zudem dreimal schwerer und teurer als das global sehr gut verfügbare und zudem ökologisch deutlich weniger problematische Schwefel. Das relativ hohe Investment zeigt, dass diverse, durchaus renommierte Geldgeber nun offenbar ausreichend Vertrauen in Marktreife und Marktpotential des Produkts setzen.

  • Mobile.de und Kleinanzeigen ziehen von Kleinmachnow nach Charlottenburg


    Und nun zieht auch PayPal mit seiner Deutschlandzentrale von Dreilinden nach Berlin um, genauer ins gerade im Umbau begriffene Kranzler Eck. Laut B.Z. sollen rund 300 Mitarbeiter in Berlin arbeiten.

    Quelle Morgenpost

    Quelle B.Z.


    Und ich kann mich nur wiederholen: Im Interesse beider Bundesländer sollte die Vernetzung speziell im ÖPNV stark vorangetrieben werden.

  • Potsdam wird Sitz der Amazon Web Services (AWS) European Sovereign Cloud GmbH

    Amazon investiert 7,8 Milliarden Euro in Brandenburg


    Amazon baut von Potsdam aus eine EU-Cloud auf, damit wird Europa unabhängiger von Servern und

    Rechenzentren in den USA.

    Dafür investiert Amazon 7,8 Milliarden Euro in neue IT-Infrastruktur für Datenspeicher-, Cloud- und Netzwerksysteme.

    Der Investitionszeitraum liegt bei rund 25 Jahren. Es könnten ca. 2.800 Vollzeitstellen entstehen.

    Sitz der neuen Firma AWS European Sovereign Cloud, die Rechenleistungen und Speicherdienste anbietet, wird Potsdam.

    Geschäftsführerin der neuen Firma wird Kathrin Renz.


    Das teilte das Brandenburger Wirtschaftsministerium am Dienstag (03.06.25) mit.


    Es wird mindestens drei neue Großrechenzentren in Brandenburg geben.

    Aus Sicherheitsgründen werden die Standorte nicht angegeben.


    Das Cloud-Projekt von Amazon wäre eines der größten Investitionen in Brandenburg.


    https://www.aboutamazon.de/new…vereign-cloud-brandenburg

    https://www.tagesspiegel.de/po…brandenburg-13796371.html (hinter Paywall)

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  • Amazon baut von Potsdam aus eine EU-Cloud auf, damit wird Europa unabhängiger von Servern und

    Rechenzentren in den USA.

    Wers glaubt wird selig. Die Amerikanischen Tech-Riesen platzieren ihre dt. Dependancen gezielt in Universitätszentren um dort die Elite-Studenten abzuwerben. Egal ob Apple in München, oder IBM in BaWü. Das Ergebnis ist immer das Gleiche, die Hochqualifizierten Absolventen, wie die vom HPI, werden abgezogen und tragen zur Wertschöpfung von Bezos, Musk und Konsorten bei. In der Konsequenz wird die Abhängigkeit der Deutschen, mit Hilfe von Deutschen, gegenüber der privaten US-Tech-Macht weiter ausgebaut.

  • Das ist natürlich ein mögliches Narrativ. Allerdings eher Bauernfängerei für unbedarfte Zeitgenossen und der letzte Satz hat schon wieder diesen Anstrich von Verschwörungstheorie mit der Komponente von deutschen Vaterlandsverrätern die dem Gegner helfen uns klein zu halten. Ganz ehrlich, was soll dieses Geblubber.


    Objektiv betrachtet wollen alle vom grossen Geschäft am Cloudcomputing profitieren.

    Die amerikanischen Techriesen wissen, dass Europa immer sensibler reagiert, was mit ihren Daten passiert und wie sie gespeichert werden.

    Durch den Aufbau dieser Clouds hier und der permanenten Beteuerung von Google, Amazon & Co, diese in Europa mit den entsprechenden Datenschutzgesetzen aufzubauen, sollen diese Befürchtungen zerstreut werden und sie wollen natürlich weitere Gewinne sichern. Ob es klappt, bleibt abzuwarten. Legitim ist es allemal was sie betreiben egal wie man nun dazu steht.

    Und jeder versucht die besten Köpfe zu gewinnen, daran ist auch per se nichts anstößiges. Und nur weil man für ein ausländisches Techunternehmen mit angeblich sinistren Absichten arbeitet, ist man noch lange kein Verräter. Unser Wirtschaftssystem basiert darauf und hat nach 1945 einen nie dagewesenen Wohlstand generiert indem Deutschland erstens exportorientiert ist und Rahmenbedingungen schafft, die Investoren anlockt.


    Und wenn man zu Ende denkt, was du so unheilvoll von Dir gibst, leistet jeder seinen Beitrag diese Abhängigkeit zu stärken, der von Amazon bestellt, ein Apple Gerät kauft oder der Aktien von oder ETF's mit diesen Firmen kauft, also Millionen von Menschen, wenn man allein an den MSCI World und andere denkt.

    Denn dadurch profitieren Sie von diesen sinistren Aktivitäten und unterstützen sie letztlich.

    Die sind alle nun Helfershelfer, um uns in Abhängigkeit zu treiben oder um es Bezos/Sauron mässig auszudrücken
    sie alle zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden

  • Es ist natürlich sehr viel besser, wenn sich Global Player aus den USA oder anderen Wirtschaftsnationen irgendwo anders ansiedeln. Dann spüren die heimischen Wettbewerber mehr Luft und Freiheit und wachsen in die Höhe wie die Pilze im Wald nach einem warmen Regen...


    Ich würde mal behaupten, Amazon hätte diese 8 Milliarden ebenso gut in Polen oder Frankreich investieren können. Da hätte es sogar wie in den USA entsprechende Atomkraftwerke gegeben. Stattdessen hat Amazon/AWS ein riesiges Bürohochhaus in Berlin bezogen und stellt nun einen Haufen Rechenleistung zur Verfügung, mit der selbstverständlich auch Wertschöpfung generiert wird. Dazu steuert man sein europäisches Cloudgeschäft künftig aus Potsdam.

    Potsdam, wo der angesprochene Herr Plattner nun parallel nochmals hunderte Millionen (nach manchen Quellen potentiell sogar mehrere Milliarden) in den Ausbau von Uni Potsdam und HPI investiert. Explizit, um Deutschland im digitalen Wettbewerb stärker und souveräner aufzustellen. Ob einige Leute aus dieser Zukunftsschmiede zu irgendeinem Zeitpunkt auch mal für US-Unternehmen arbeiten, spielt mE keine entscheidende Rolle. Davor und danach werden viele davon auch bei anderen Firmen arbeiten und letztlich trägt jeder regionale Job auch zu regionaler Wertschöpfung bei. Brain Drain wäre es, wenn die Leute komplett ins Ausland gehen würden - und das wäre wahrscheinlicher, wenn Amazon in Polen etc investiert hätte oder gleich komplett in den USA bleiben würde.

    Und mal so ganz salopp eingeworfen: Ausgerechnet Herr Plattner selbst hat seine Karriere einst bei IBM Deutschland begonnen! IBM ist heute bekanntlich keine ganz so große Nummer mehr wie damals (wenngleich auch nie verschwunden und mW auch in Berlin noch nach wie vor mit Büros präsent). SAP ist geblieben, bis heute global eine Größe und hat sich zuletzt auch u.a. stark in Berlin angesiedelt.


    So wie übrigens auch zahlreiche weitere Akteure aus dem In- und Ausland Milliarden in Rechenzentren investieren, sodass in Deutschland ein zweiter bedeutsamer Internetknoten neben Frankfurt entsteht. Was als sehr wichtige Grundlage für ein leistungsfähiges und unabhängiges digitales Ökosystem für Wirtschaft, Forschung etc gilt. Und wenn es um kritisch benötigte Rechenleistung geht, interessiert es auch niemanden ob die nun von einem US-amerikanischen, einem niederländischen oder aber deutschen Konzern angeboten wird.

    Ich habe darüber in diesem Thread mehrfach geschrieben. Es ist ein absoluter Wahnsinn, was da innerhalb weniger Jahre an neuer digitaler Infrastruktur entstehen wird. Und das wo aktuell auch schon an mehreren Standorten weltweit ähnlich ambitionierte Projekte gestoppt wurden, übrigens u.a. auch von Amazon. Ich war daher zwischenzeitlich auch schon etwas skeptisch bezüglich Berlin/Brandenburg, aber zum Glück wurde das größte Projekt nun nochmals bestätigt.


    Ebenfalls Sorgen hatte ich mir ja um Tesla gemacht, die u.a. mit globalem Wettbewerb, Imageproblemen und regional nachlassender Nachfrage zu kämpfen haben. Kürzlich habe ich dann gelesen, dass Tesla nun wieder mehr Leute einstellt und in Grünheide auch weiterhin mit Wachstum bis hin zu 1 Mio Autos pro Jahr plant. Nun wurde in dem Werk das 500.000. Auto produziert, zufällig wohl auch nur kurz versetzt das 8. Millionste weltweit im Konzern. Und übrigens: Hier haben Branchenexperten wie sogar auch die deutschen Wettbewerber durchweg begrüßt und sie als wichtig für den Standort und dessen globale Wettbewerbsfähigkeit bezeichnet.


    Ich kann dieses ewige Untergangs-Gedöns irgendwann wirklich nicht mehr hören. Nein, es ist längst nicht alles gut aktuell und es wird auch nicht alles nur immer besser werden (auch wenn manche Entwicklungen langsam immerhin tatsächlich wieder etwas besser aussehen). Aber man tut ja teilweise fast so, als wenn hier in wenigen Jahren die letzten Lichter ausgehen und wir dann alle arbeitslos sind oder auf internationale Hilfsgüter warten müssen.

    Deutschland ist aber noch immer eine der größten und wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt und dazu politisch wie gesellschaftlich noch vergleichsweise liberal und zugleich stabil (eine offenbar eher immer seltener werdende Kombination, die leider auch hierzulande zunehmend bedroht scheint). Berlin und Umland sind in einigen wichtigen Wirtschaftsfeldern schon gut mit dabei und haben insbesondere eine starke Uni- und Forschungslandschaft sowie zunehmend auch eine wachsende Ballung an Präsenz und Relevanz bei den Who is Who der Weltwirtschaft von Global Playern bis hin zu kleinen aber wichtigen Firmen.

    Alleine in den letzten bzw. kommenden Jahren haben große Konzerne wie eben Amazon und Tesla aber auch Siemens, Bayer, SAP usw. hunderte Millionen bis hin zu einigen Milliarden investiert und/oder werden sie investieren. In Berlin selbst und auch im Umland gibt es dazu immer noch eine Reihe von Nachholeffekten wie eben bei Logistik und digitaler Infrastruktur.

    Von Alex über Neukölln bis Mediaspree entstanden in den letzten Jahren und entstehen in den kommenden Jahren einige der höchsten Türme der Stadt, wenn man das mal irgendwo als ein Symbol sehen möchte. Jedenfalls würde niemand diese Türme bauen, wenn das internationale Kapital Deutschland und Berlin so hoffnungslos abgehängt und dem Untergang geweiht wahrnehmen würde wie es hier teilweise geschildert wird.


    Ich sehe es wie die Bezirkspolitik in Spandau (oder ähnlich Neukölln): Ich nehme sehr gerne Siemens. Ebenso sage ich aber "Willkommen Google/ Amazon" etc. Und Weltuntergang darf dann irgendwann morgen sein - oder noch lieber übermorgen...