Zukunft des Rathausforums / Marx-Engels-Forums

  • Urbanist: Der Dichte-Vergleich mit dem Ruhrgebiet und amerikanischen Städten hinkt gewaltig da es sich im ersten Falle nicht um eine Stadt handelt und im zweiten Falle um ein Negativbeispiel (Zersiedlung und Autoabhängigkeit).


    Ich denke das MEF sollte dicht bebaut werden. Die Variante Park / Freifläche ist ja der Status Quo und die Diskussion zeigt ja gerade wie unbefriedigend dieser Zustand ist. Da wird die Erweiterung der Leere erst recht keine Verbesserung bringen.
    Die große Skepsis gegenüber (jeglicher) Neubebauung von Freiflächen in Berlin resultiert möglicherweise auch aus den Negativ-Erfahrungen die mit den Bauten der letzten Jahre gemacht wurden. Es sind Gebäude wie das Alexa oder der trashige Saturn-Klotz am Alexanderplatz die die Bürger missmutig stimmen. Die Zustimmung zur Bebauung des MEF wäre mit Sicherheit größer wenn attraktive und weniger großk(l)otzige Gebäude zu erwarten wären. Das Misstrauen in die zu erwartende architektonische Qualität ist jedoch berechtigt.

  • Der aktuelle Kommentar auf WELTonline bringt es auf den Punkt:
    Die drei Vorschläge sind allesamt ungenügend und zeigen schon längst überwundene Ideen städtbaulichen Irrsinns ("Einer dieser Entwürfe zählt zum Absurdesten, was seit Jahrzehnten in Berlin von offizieller Seite vorgeschlagen wurde"). Er lässt kein gutes Haar an den beteiligten Architekten als auch an der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher.
    Der Autor befürwortet Stimmanns Idee der kleinteiligen Bebauung anhand historischer Grundrisse bzw. Straßenzügen


    http://www.welt.de/kultur/arti…t-Berlins-verleugnen.html


    Meine Meinung: Recht hat er!

  • Aber irgendwie ist es beschämend, dass alle Versuche, dort mal frei von Ideologien und vorgefassten Meinungen, ein paar Gedankenspiele zu veranstaltet, niedergebügelt werden. Die Senatsbaudirektorin hat ja ausdrücklich betont, dass die Ideen (nicht Entwürfe) nicht zur Realisierung bestimmt sind, sondern mal Möglichkeiten offerieren, in welche Richtung man gehen könnte oder über welche Elemente man mal nachdenken könnte. Dass von der "historischen" Seite auf diesen Aufruf zum Dialog nicht mal im Ansatz eingegangen wird, finde ich etwas armselig. Da scheinen einige Leute alle Antworten, die bei der langsam beginnenden öffentlichen Meinungsbildung herauskommen könnten, schon zu kennen oder der öffentlichen Meinung einzutrichtern versuchen. Ein korrekter Umgang wäre von dieser Seite gewesen, sich konstruktiv mit den Ideen auseinanderzusetzen und Vor- und Nachteile abzuwägen und Auswirkungen zu bedenken. Mit der Stimmanschen Brille erscheint mir ein solcher offener Dialog kaum möglich.


    Am Rande: Ich kann den Ideen auch nur in Details etwas abgewinnen. Aber sie sind gute Denkanstöße darüber, welche Prioritäten man setzen kann. Das große Wasserbecken ist zum Beispiel sehr radikal, kann aber zum Nachdenken darüber inspirieren, was man mit dem Gestaltungselement vielleicht anfangen kann und wie man es mit anderen Elementen verbinden kann. Ein schmaler Kanal, nicht gerade sondern kurvig, könnte beispieslweise die Wasserspiele des Fernsehturms mit der Spree verbinden, darum könnte sich eine kleinteilige Bebauung arrangieren, ohne dass die wichtige Sichtbeziehung Humboldt-Forum Fernsehturm leidet. Über solche Sachen kann man mal nachdenken und genau dafür sind die Ideen gedacht.


    Grüße, Jan

  • Ich habe auch zunehmend den Eindruck, daß der Furor, den Lüschers visionärer Kreativraum bei konservativen Feuilletonisten auslöst damit zu tun hat, daß hier das Sakrileg begangen wird, überhaupt etwas anderes als die Wiederaufführung der "europäischen Stadt" im stimmannistischen Sinn zu denken...
    Was mich auch ärgert ist, daß Lüscher auf eine perfide Weise als inkompetent dargestellt wird, und dabei bewußt verschwiegen wird, daß diese Vorschläge als Anstoß für einen Prozeß gedacht sind, in dessen Rahmen bei einer weiteren Ausarbeitung der Realitätsabgleich schon noch folgen wird...
    Wer Lüscher bei der Bürgerwerkstatt am Donnerstag zugehört hat (war eigentlich irgendjemand aus diesem Forum sonst noch dort?), kann das eigentlich nicht überhört haben...
    Und überhaupt: Wo waren bei dieser Veranstaltung die Stimmanns, Hoffmann-Axthelms, Andre Schmitz & Co?
    Waren sie sich zu fein, dort gleichberechtigt mit Menschen, die vielleicht ganz andere Vorstellungen von Stadtentwicklung haben zu diskutieren?
    Vielleicht finden sie es ja bequemer, die Bemühungen um eine offenere und demokratischere Planungskultur durch das Aktivieren ihrer Altmännernetzwerke aus dem Hinterhalt zu sabotieren...

  • also vielleicht habe ich ja da was verpasst, aber irgendwie ging es doch wohl darum, 'Ideen zu unterschiedlichen Nutzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu entwickeln'... Die weitere Kultivierung der vorhandenen Ödnis gehört meiner Meinung nach nicht dazu. Aber genau das sind wohl offensichtlich die Vorstellungen dieser Leute. Mit Städtebau hat es jedenfalls nicht das Geringste zu tun. Und dementsprechend fällt dann auch das Echo aus.

  • Was allerdings auffällig ist, ist wie dünnhäutig bestimmte Leute auf Vorschläge reagieren. Es wirkt ja beinahe so als wäre man nicht von der Stichhaltigkeit der eigenen Meinung überzeugt und versucht anstelle dessen sämtliche Konkurrenzideen herrabzuwürdigen. Auch das Trommelfeuer an Negativberichterstattung kurz nach diesen harmlosen Ideen ist merkwürdig. Es gab z.B. in der MoPo gleich mehrere Artikel im selben Tonfall. Ich habe den Eindruck dass hier einige Leute, die es gewohnt sind über die Köpfe hinweg zu entscheiden, ihre Projekte gefährdet sehen - könnte es sogar sein, das diese Leute ein persönliches wirtschaftliches Interesse haben? Immerhin müssen Grundstücke veräußert werden, die Bauaufträge vergeben werden, etc....



    EDIT: hier ist der neueste Artikel:


    Historische Mitte
    Wie Stadtplaner die Identität Berlins verleugnen


    In diesem Artikel werden die Vorschäge pauschal diffamiert, ohne zu differenzieren oder auf darauf zu verweisen, dass es sich um Ideen handelt, nicht um konkrete Planungen. Der Autor ereifert sich sogar damit, manche Ideen mit faschistoiden Gedankengut gleichzusetzten. Auch die sonstige Wortwahl ist wenig neutral ...

    Einmal editiert, zuletzt von necrokatz ()

  • Selbstverständlich betrifft es ganz allgemein wirtschaftliche Interessen, wenn eines der zentralsten Areale der Hauptstadt des reichsten Landes Europas auf alle Zeit vernichtet werden soll (Stichwort Ausschachten und FLuten). Und ganz nebenbei geht es auch noch um kulturelle und historische Identität und wie man gedenkt damit zukünftig umzugehen.

  • Ein Blick auf die Abstimmung in diesem Artikel zeigt am 22.12.2009 51% Zustimmung zur "Historischen Rekonstruktion". Ich möchte das jetzt nicht groß deuten, Internetabstimmungen seh ich sowieso immer etwas kritisch, aber bei sieben Antwortmöglichkeiten ist das schon ein sehr eindeutiges Ergebnis. Das mag allerdings auch an der Verlagszugehörigkeit der Zeitung liegen...

  • Aber irgendwie ist es beschämend, ...


    Dass nun der Furor losbricht, liegt sicher auch an der Qualität der Beiträge zu diesem Ideenwettbewerb. Der Kanal, wie du ihn in deinem Posting skizziert hast, hat als Idee schon wesentlich mehr "Tiefe" als die Vorschläg die komplette Fläche in tutto zu fluten bzw. versiegeln bzw. aufzuforsten. Von den eingeladenen Büros wären wesentlich bessere Ergebnisse zu erwarten gewesen.


    Vielleicht lag es ja den Vorgaben des Wettbewerbs .... Weiß jemand ob es die Vorgabe gab keine Bebauung hinzuzufügen? Dies würde ja sinnvoll sein, wenn man zeigen wollte, was man aus dem Bereich auch ohne Verdichtung herausholen kann.


    Durch die miesen Vorschläge ging das Ansinnen aber ziemlich daneben :Nieder:

  • Interessante Meinungen!


    Ich kann jedoch nicht im Ansatz zustimmen.


    Hier handelt es sich um einen der prominentesten und historistischen Plätze unserer Hauptstadt. Dort liegen die Wurzel des alten Berlins. Den Architekten aber fällt nichts besseres ein als ein "Parkplatz" oder ein "Paddelteich".


    Auch euphemistische und intellektuelle Schönfärberei ändert nichts an der Tatsache. Das ist weder einfaltsreich noch kreativ, geschweige wird es dem städtbaulichen Anspruch einer Metropole, die sogar Hauptstadt ist, gerecht.


    Ich finde die Vorschläge nicht nur schlecht sonder empfinde diese als Beleidigung. An diesem Ort geht es doch nicht um die Umgestaltung oder Neudefinition eines Truppenübungsplatzes oder einer Industribrache am Rande einer Großstadt.


    Sorry, aber das ist fast wie ein Faustschlag in unser historisches und kulterelles Erbe. Und in der Tat erinnert mich dieser vulgär-provokante Ansatz irgendwie an andere Zeiten, in denen man bewußt das kulturelle, preußische Erbe ausradieren wollte. Berlin sollte nicht zu einer gesichtslosen Stadt werden!

    3 Mal editiert, zuletzt von PGS () aus folgendem Grund: RF

  • Hier mal ein Bild vom letzten Wochenende:



    Es ist in der Tat eine große Lücke die da im Herzen der Stadt klafft. Das Schloß wird diese in den kommenden Jahren zum Teil füllen. Wie OriginalScore schon schrieb, es sind nur Ideen auf dem Weg zu einer Lösung die noch Jahre entfernt ist. Nachdem vor ein paar Monaten die Bebauungsfraktion ihre Vorschläge machte, kam nun das krasse Gegenteil. Die Lücke wird in den Entwürfen zementiert. :rolleyes:
    Ein Mittelding wäre bspw. nur das MEF zu bebauen wie ich es in einen anderen Thread vorgeschlagen hatte. Auf die beiden Baukörper auf dem Rathausforum könnte ich auch gut verzichten. Von der Senatsverwaltung kam ja auch schon der Vorschlag die Landesbibliothek aufs MEF zu setzen. Hieße aber, es würde ein massiver Baukörper entstehen. Eine kleinteilige Bebauung die sich an der Traufhöhe vom Nikolaiviertel orientiert wäre mir dann auch lieber.

  • Die Landesbibliothek auf dem Marx-Engels-Forum, finde ich bisher den besten Vorschlag für dieses Gebiet. Der Standort Tempelhof, wie es Klaus Wowereit wünscht, ist für die Landesbibliothek viel zu dezentral. Eine solche Einrichtung gehört meiner Meinung nach in die Mitte der Stadt. Außerdem wird ein Teil des Humboldt-Forums von der Landesbibliothek genutzt werden, da würde eine Bündelung der Standorte hier wirklich Sinn ergeben, sonst muss man durch die ganze Stadt fahren, wenn ein Buch an einem der Standorte nicht verfügbar ist. Städtebaulich würde ein Bau entlang der Spandauer Straße sich ebenfalls gut machen und den Platz vor dem Rathaus einfassen. Der westliche Bereich des Marx-Engels-Forums direkt an der Spree könnte eine Grünfläche bleiben und dort könnte auch das Marx-Engels-Denkmal stehen bleiben. Hier könnte eine schöne Uferpromenade mit Blick aufs Humboldt-Forum entstehen. Mit einer interessanten Architektur des Bibliotheksneubaus wäre das eine sehr gute Lösung für das Gebiet und es könnte so verhindert werden, dass an dieser zentralen Stelle irgendwelche gesichtslosen Investorenblöcke entstehen.

  • Die Nutzfläche, die für die Zentral- und Landesbibliothek vorgesehen ist, würde die gesamte Freifläche zwischen Marienkirche und Spree einnehmen. Das ist vielleicht etwas maßstabslos für diesen Ort.

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    Nunja, man könnte ja einfach etwas mehr in die Höhe bauen bzw. noch einige Untergeschosse errichten, das würde die Grundfläche verkleinern. Die Bebauung an der Karl-Liebknecht-Straße und die Rathauspassagen sind ja auch recht hoch, dann würde das doch an der Westseite des "Rathausplatzes" ebenfalls passen. Hier ist das Zentrum der Stadt, da kann die Gebäudehöhe ruhig mal die übliche Traufhöhe überschreiten. Es ist ja auch nicht gerade so, dass die Umgebungsbebauung (bis auf das Nikolaiviertel) durch besondere Kleinteiligkeit auffällt. Mit dem Humboldtforum kommt nochmal ein riesiger Baukörper hinzu. Also ich fände das an dieser Stelle ganz und gar nicht maßstabslos.

  • Vielleicht "Restitutionsansprüchen"?


    Beitrag bezieht sich auf diesen aus dem Redevco-Thread. Die weiteren Beiträge 197 - 200 habe ich ebenfalls hierher verschoben da sie thematisch hier besser aufgehoben sind.
    Bato

  • Auf der Fläche es ehem. Alt-Berlin (S-Bahnring / Spree) sind alle Restitutionsansprüche höchstrichterlich entschieden. Auch diejenigen der Jewish Claims Conference against Germany.

  • Restitutionsansprüche

    Da habe ich Zweifel:
    Zumindest die Ansprüche gegen die Grundstückszeile entlang des Schinkel-Parks sind noch strittig.
    Und die inoffizielle Begründung für die Übernahme der alten Parzellen in dem Stimmannschen Entwurf für das Marienviertel sind ebenfalls die offenen Restitutionsansprüche. So nämlich kann man sich auf die zu bebauenden Parzellen konzentrieren und die ungeklärten Nachbargrundstücke später fertigstellen.

  • Das zuständige Gericht (OLG Cottbus) sieht das anders. 100% Klärungsquote in Alt-Berlin.
    Beim Schinkelplatz aber hast Du natürlich recht. Das ist aber nicht Alt-Berlin, sondern der Friedrichswerder. Da ist noch viel offen, auch auf dem Parkplatz neben der Friedrichwerderschen Kirche (Projektname: Falkoniergasse).
    Die "inoffizielle" Begründung für die Parzellenübernahme im Marienviertel ist mir schleierhaft. Das Areal zwischen Fernsehturm und Spree gehört - mit Ausnahme der Marienkirche - zu 100 % mittel- oder unmittelbar dem Land Berlin. Berlin kann jederzeit verkaufen oder selbst bauen.

  • Nun ja, in Cottbus gibtet leider kein OLG, daß dann - aus auch eher phantastischen Gründen - für die Ansprüche gegen das Land Berlin zuständig wäre. Aber dieses "OLG Cottbus" mag mal die Prozessgrundsätze beiseite gelegt und geurteilt haben, daß Alt-Berlin "restitutionsrein" ist.


    Das nur als Markwort-Zwischenruf: "Fakten, Fakten, F..."