Camondo: Die stark ausgeprägt Regelhaftigkeit, die zumindest bisher Deutschland geprägt hat, hat eben Vor- und Nachteile. Ein Abweichen vom bis ins kleinste Detail vorgeschriebenen Regelwerk zur "Beschriftung" von Bundestrassen ist aufwendig. Auch hier ist es für eine überforderte Verwaltung einfacher, dem Standard zu folgen. Die mit heutigen Maßstäben schmalen Radwege sind auch Ausdruck dessen. Mit Sicherheit ist allen Akteuren klar, dass diese Sorte Radwege nicht mehr zu den Masstäben des Jahres 2022 passen - geschweige denn zukunftsgerecht sind. Die hiesigen Planungs- und Freigabeprozesse aus Absurdistan führen aber halt dazu, dass man eine Planung von vor 20 Jahren umsetzen muss - aus Angst davor, dass eine Anpassung an die Gegenwart eine weitere Verzögerung von 10 Jahren nach sich zieht.
Molkenmarkt, Klosterviertel - Neuplanung
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es scheint ziemlich unglaublich, dass die Stadt es mit all den Regeln und Vorschriften schafft, einen Ort zu schaffen, der noch unmenschlicher ist als der, der vor ihm lag! man muss sich fragen, welche Hoffnung es für die Zukunft der Berliner Stadträume gibt, wenn die Verantwortlichen die größten Chancen für nachhaltige Verbesserungen verpassen.
Das ganze Gebiet wird eine unangenehme Unort bleiben, auf der sich niemand aufhalten will, und die Infrastruktur für die sogenannte Verkehrswende ist erbärmlich unzureichend.
Zu schade, dass die mächtigen deutschen Bürokraten sich das Regelbuch nicht aus den Händen reißen lassen werden!
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^ Dem möchte ich voll und ganz widersprechen. Unmenschlich? - Da sollte man mal einen Gang zurück schalten.
Schon jetzt wirkt der Ort durch die neue Strassenführung und Verengung harmonischer, angenehmer als vor der Umgestaltung. Die Bebauung des Moltkemarkts wird die jetzige Weite fassen und zu einer erheblichen Aufwertung beitragen.
Ich kann dieses apokalyptischen Untergangsgewäsch in diesem Fall nicht wirklich nachvollziehen.
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^^ Es wurde an anderer Stelle schon oft genug darauf hingewiesen, dass Verkehrsanlagenplanung in Deutschland einem umfangreichen Regelwerk unterliegt. Da mögen sich politische Mehrheiten ändern und die Grundeinstellungen eines großen Teils der Bevölkerung, aber das Regelwerk ändert sich halt nicht so schnell mit. Und an dieses ist eine öffentliche Verwaltung nun mal gebunden. Und wenn eine Verkehrstechnische Untersuchung mehrere zehntausend Fahrzeuge am Tag prognostiziert, muss auch eine neue Grunerstraße eben so breit ausfallen wie zu sehen. Und so lange für Geh- und Radwege Mindestbreiten vorgegeben sind, die die meisten Menschen heutzutage als unzureichend auffassen, solange wird es der Verkehrsverwaltung schwerfallen, breitere Nebenanlagen durch die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu kriegen.
Am Beispiel Friedrichstraße zeigt sich auch, dass selbst die Klagen einzelner "Betroffener" es schaffen, den Fortschritt immer wieder zu behindern und dem Kfz-Verkehr zu seinem "angestammten Vorrecht" zu verhelfen. Ein großes Problem hierbei stellt ganz grundlegend die StVO dar, deren oberste Maxime immer noch die "Flüssigkeit des Verkehrs" ist!
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^Naja, das ist ja auch gut so. Verhältnisse wie in London, wo der Raum für IMV radikal eingeschränkt und eine unfähige Verwaltung durch fehlende Abstimmung den Verkehr oft einfach zum Erliegen bringt, sollte man sich nicht herbeiwünschen. Es macht das Leben in der Stadt nämlich teuer, Sozialwohnung hin oder her. Die Friedrichstraße steht mMn nur für mangelndes Demokratieverständnis.
Mir gefällt die Breite der Grunerstraße auch nicht. Sie ist ein falscher Kompromiss, und der Erhalt des Tunnels, don’t get me started…
Bis auf Radikale und Ideologen sind viele von uns aber multimodal unterwegs, und wir entscheiden nach den Alternativen die für uns bestehen und unseren wechselnden Bedürfnissen. Ein ÖPNV, der mitwächst und genügend freie Kapazitäten anbietet, ermöglicht es uns, das Auto noch öfter stehen zu lassen. Man sollte aber auch akzeptieren, dass bestimmte Verkehre keine Wahl haben, und das macht sie nicht trotzdem verwerflich. Ich selbst bekenne mich als Schönwetterradler, wenn‘s regnet macht‘s einfach keinen Spaß.
Ich finde, dass der Flächenverbrauch, der durch Modaltrennung entsteht, nicht ausreichend thematisiert ist: Monster wie Grunerstraße / Molkendamm bleiben auch erhalten, weil der Mut für gemischte Verkehre fehlt. Ich muß die autobahnähnlichen Zustände nicht verteufeln, und sie dann mit einer Straßenbahnhochgeschwindigkeitsstrecke auf eigenem Gleiskörper weiter zu zementieren. Die Konzeption der Friedrichstraße ist gescheitert, nicht weil sie auto-, sondern fußgängerfeindlich war. Als gemischter Verkehr, und ich habe in allen Modi mich auf und unter ihr bewegt, ist sie einfach toll wie sie war: menschlich.
Ich stimme dropdeaded209 zu, da es ja die weiterhin erwartete Verkehrsbelastung ist, die eine Wohnnutzung an der Grunerstraße ausschließt - und das ist menschenfeindlich. Solche Orte - und an dieser Stelle - zu akzeptieren, ist eine politische Entscheidung. -
Ein ÖPNV, der mitwächst und genügend freie Kapazitäten anbietet, ermöglicht es uns, das Auto noch öfter stehen zu lassen. Man sollte auch akzeptieren, dass bestimmte Verkehre keine Wahl haben, und das macht sie nicht trotzdem verwerflich.
In der ganzen Diskussion wird leider vergessen, dass die Situation am Molkenmarkt auch viel mit dem (fehlenden) Ausbau der A100 zu tun hat. Wenn man den Ausbau einer leistungsfähigen Ringautobahn blockiert, dann fahren die Autos eben durch die Innenstadt (sprich: über den Molkemarkt). Man könnte auf die autobahnähnlichen Zustände am Molkenmarkt verzichten, wenn man die Autobahn am Stadtrand baut.
Vorschlag: man könnte doch den ÖPNV weiter kräftig ausbauen UND den Ring der A100 weiterbauen bzw. schließen UND die Straßen am Molkenmarkt zurückbauen. Das ist kein Widerspruch! Stattdessen kommen die gut gemeinten Appelle, das Auto doch der Umwelt zuliebe zu Hause stehen zu lassen. Und dann wundert man sich, dass diese Appelle ins Leere laufen.
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Den Zusammenhang kann ich nicht nachvollziehen. Wenn der Ring in Neukölln/Treptow/F`hain geschlossen wird, dann verringert sich das Verkehrsaufkommen in der Leipziger? q.e.d.
Meines Wissens nach bekommen wir ja in der Leipziger auch den Mischverkehr. Strassenbahn, Fahrradwege und verengte KFZ-Spuren statt der Autobahn. Ich sehe da eine erhebliche Verbesserung.
Man kann sich auch den Aufschrei der Autofahrelobby vorstellen, wenn die Leipziger auf eine Spur für jede Fahrtrichtung verengt würde. So manch einer jault ja schon, wenn ein kleiner Abschnitt wie die Friedrichstrasse verkehrsberuhigt oder gesperrt wird.
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Meine Meinung zum Umbau: Er ist nicht ideal, aber deutlich besser als das was bislang dort vorzufinden war. Diese riesigen Flächen waren für Fußgänger und Radfahrer der Alptraum, auch weil sie den Autoverkehr durch die langen und breiten Geraden zum Rasen verleiteten.
Übrigens wurden die jetzt realisierten Pläne mehrfach leicht angepasst. Die Radwege wurden z.B. nachträglich ein paar Zentimeter verbreitert und die umstrittene Einfädelungen von gerade aus fahrenden Radfahrern auf der Fahrbahn an der Stralauer Straße (wie an der Kreuzung Holzmarktstraße/Alexanderstraße) wurde auf den Gehweg verlegt.
Ziemlich unglücklich ist die Situation für Radfahrer auf der Grunerstraße gen Westen. Sowohl am MotelOne als auch am Parkhaus sind durch die Arkadengänge und PKW-Ausfahrten die Reaktionszeiten sehr kurz, die Radfahrer und KW-Fahrer sehen sich zu spät um adäquat aufeinander zu reagieren.Perspektivisch ist aber die Straßenplanung hier schon "anschlussfähig" an spätere räumliche "Umverteilung". Wenn es gelingt den Verkehr hier zu reduzieren, insbesondere nach Inbetriebnahme der Straßenbahnstrecken nach Steglitz und Kreuzberg, kann man mühelos die Radwege auf die Straße verlegen und Autospuren reduzieren. Der gewonnene Platz auf den Geh- und Radwegen kann dann begrünt oder den Fußgängern zugeschlagen werden.
Also kein "big Drama" für mich...
d.
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Hier nochmal zur Erinnerung:
https://abload.de/image.php?img=molkea3ey4.jpg
Quelle: ddrbildarchiv.de/Lothar Willmann
Unerlaubt eingebundenes Bild geurlt.
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^ Verkehrstechnisch einwandfrei
(zumindest für Kfz)
War zwar hoffnungslos überdimensioniert, vor allem für den damals sehr viel geringeren Verkehr, aber klar strukturiert als vierarmige Kreuzung. Jetzt bekommen wir zwei dreiarmige Kreuzungen mit abknickenden Vorfahrtsstraßen. Ob das soviel besser ist??
Auf der damaligen Anlage aufbauend hätte ich es besser gefunden, diese vierarmige Kreuzung beizubehalten, aber radikal zu verschmälern. Also den breiten Mittelstreifen in der Grunerstraße sowie den Bypass vor der Münze weg und jeweils einen Fahrstreifen zum Radfahrstreifen umwidmen. Die Freiflächen ringsum bebauen, auch wenn das dann halt nicht dem alten Stadtgrundriss entspräche. Aber wer außer wirklich historisch Interessierten weiß das denn heute noch?
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Wenn der Ring in Neukölln/Treptow/F`hain geschlossen wird, dann verringert sich das Verkehrsaufkommen in der Leipziger? q.e.d.
Richtig!
Ein einziges Mal war ich in Berlin mit dem Auto unterwegs. Während dieses Berlin-Aufenthaltes waren damals fast alle Hotels bereits ausgebucht, was dazu führte, dass ich kurzfristig von Tag zu Tag das Hotel wechseln musste. Also bin ich von einem Hotel in der Nähe des Kurfürstendamms mit dem Auto zu einem Hotel in Karlshorst gefahren. Die damalige Strecke lautete: Ku'damm, Breitscheidplatz, Bülowstraße, Potsdamer Str, Leipziger Str., Molkenmarkt, Alexanderplatz, Karl-Marx-Alle, Frankfurter Alle.
Damals wäre ich lieber auf einem Ring (auf südlicher Seite) außen herum gefahren. Aber den (vollendeten) Ring gibt es ja bisher leider nicht. Folglich habe ich mich durch die Berliner Innenstadt gequält. Die Fahrt ging übrigens auch über den Molkenmarkt.
Abstrus an der Sache war: Mit meinem Auto habe ich die Berliner Innenstadt verstopft, obwohl mein Ziel gar nicht in der Innenstadt gelegen hat.
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Was viele hier einfach weiterhin nicht verstehen (und ja, es ist Off Topic so wie die Beiträge zuvor): Neue Straßen ziehen Verkehr an und leiten ihn eben nicht nur um! Hätten wir den geschlossenen Autobahnring, würde er ebenfalls Verkehr vom ÖPNV auf die Straße verlagern. Neuer Stau entsteht auf der ohnehin schon oft verstopften A100 (drei Spuren sind so viel nicht...) und führen dann eben dazu, dass man doch durch die Stadt abkürzt. Carsharing-Anbieter wie MILES z.B. bezahlt man nach KM, da wird man also nicht einmal den vielleicht (!) schnelleren Umweg nutzen.
Nein, es muss darum gehen, den MIV grundsätzlich aus der Stadt rauszuhalten. Durch sichere Radwege, guten ÖPNV und wenig Angebot für private PKW. Dann kommen die oft zitierten Lieferverkehre, Krankenwagen und Mobilitätseingeschränkten auf schmaleren Straßen übrigens schneller an ihr notwendiges Ziel.
Am Molkenmarkt wurde eine große Chance verpasst, den Straßengrundriss weiter zu verschmälern. Trotzdem ist es ein riesiger Schritt hin zu einer lebenswerteren Stadt. Die dritte Kfz-Spur kann nachträglich auch zu einem vollwertigen Radstreifen ausgebaut werden. Nicht morgen, aber vielleicht übermorgen.
Weiß eigentlich jemand, wie lange der Grunerstraßentunnel so bleiben muss wie er ist? Er wurde ja bis 2004 saniert, nachdem bereits damals Überlegungen existierten, ihn wie den Tunnel am Breitscheidplatz zuzuschütten. Könnte mir vorstellen, dass die Frage spätestens in fünf Jahren wieder auf die Tagesordnung kommt. Das Alexa könnte dann einen richtigen Vorplatz bekommen.
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Ich würde mal frech behaupten, der Tunnel und der Übergang sind ein richtiger Vorplatz. Solche Straßen-Kreuzungs-Situationen können durchaus urban wirken, wenn sie entsprechend umbaut sind - und im (schleppenden) Wachstum befinden wir uns ja.
Man mag mir nachsehen, wenn ich einen etwas extremen Vergleich herbeiziehe, aber die bekannte Shibuya-Kreuzung oder die nicht wirklich weniger belebte Kreuzung der Hennessy Road in Causeway Bay (HK) sind an sich schon fast Sehenswürdigkeiten.
Eventuell fürchte ich, was die Entstehung eines Stadtplatzes angeht, auch mehr eine Erweiterung des Alexanderplatzes - defensives Stadtmobiliar, genutzt als Schlafstätte, Leinwand oder offener Mülleimer...
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aus der BZ heute... Neue Straßenführung am Molkenmarkt
auch eine wirklich deprimierende Vogelperspektive, die zeigt, warum diese 10-spurige Innenstadt Autobahn eine angenehme Umgebung verhindern wird - eine Straßenbahn, die mitten durch die Stadt fährt, wird nicht helfen, denke ich.
Sieht aus wie eine echte Einöde!
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^ Ganz so wir auf dem BZ-Foto, das einen von Baustellen, Baken, Sandhaufen, privisorischen Fahrspuren usw. gezeichneten Zwischenstand zeigt, wird es ja nicht bleiben.
In dem Bereich werden es am Ende „nur“ 7 Spuren (inkl. Busspur) sein und etwas aufgeräumter wird es später auch aussehen.
Aber du hast schon recht, eine viel zu breite Asphaltschneise mit trennendem Charakter wird es trotzdem.
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^ Ergänzend dazu eine Karte mit der aktuellen Verkehrsführung, die SenUMK in einer Pressemitteilung zeigt:
©Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz
Gut zu erkennen, dass es Richtung Alex noch auf einer provisorischen Spur über den alten Straßenverlauf der Grunerstr. geht.
Die Buslinien 200, 300 und 248 fahren entsprechend dieser Verkehrsführung und halten an den neuen Bushaltestellen vor dem Roten Rathaus. Erst nach Abschluss der archäologischen können die fehlenden Fahrbahnen und Gehwege zwischen Mühlendamm und dem Knotenpunkt Spandauer Straße, Grunerstraße und Stralauer Straße fertiggestellt werden.
Auch die Berliner Woche berichtet und bezeichnet die bisherigen Straßen Mühlendamm und Grunerstraße als schlimmste Autoschneise durch Berlins Mitte, deren Rück- bzw. Umbau nach historischem Vorbild seit über 10 Jahren beschlossen ist.
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^ Hier mal drei Bilder von der „neuen“ Grunerstraße, die jetzt direkt vor der Südseite des Roten Rathauses liegt. Blick Richtung Nikolaiviertel:
Grunerstr./Spandauer Str., Blick Richtung Alex:
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Ich strebe hier mal nach dem Minimalkonsens
Mit ein bisschen Phantasie lässt sich schon jetzt erahnen, was für eine städtebauliche Verbesserung die neue Straßenführung mit sich bringen wird.
Ja, es hätte insbesondere bei der Umschwenkung auf die Mühlendammbrücke bessere Lösungen geben können, aber diese kolossale Verkehrsbrache ist zumindest glücklicherweise Geschichte.
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im zuge der koalitionsverhandlungen zw CDU und SPD plant man offenbar eine neubetrachtung der innenstadt. geplant ist ein MASTERPLAN MITTE, welcher u.a. das gebiet rathausforum und molkenmarkt umfassen soll. gerade beim molkenmarkt gab es immer wieder kritik an den geplanten grossformatigen und zusammenhängenden grundstücken die durch die DEGEWO und WBM entwickelt werden sollten. der WBMneubau auf der fischerinsel dient mMn als bestes negativbeispiel. laut petra kahlfeld sollte man auch auf genossenschaften und stiftungen setzen, gleichzeitig die grundstücke verkleinern um eine vielfältige und abwechslungsreiche gestaltung zu erreichen.
ich begrüsse dieses "grosse" denken zur berliner mitte. vll bleibt uns so eine zweite europacity im historischen herz der stadt erspart.
siehe auch hier: entwicklungsstadt
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Kleines Update Umbau Molkenmarkt, aufgenommen von mir am 05.04.2023
Der Anschluss zur Littenstraße ist erst im entstehen, bis vor kurzem lag hier noch die Fahrbahn gen Alex
Ein Stück weiter gen Westen werden Ausgrabungen vorgenommen
Die Stelle der künftigen Fahrbahn gen Osten wird inzwischen wieder verfüllt und geht damit dem Straßenbau entgegenen
d.