Molkenmarkt, Klosterviertel - Neuplanung und kleinere BV

  • Die Dokumentation zur Bürgerbeteiligung "Molkenmarkt machen" ist veröffentlicht worden. Der digitale Pop-Up war der Auftakt des Mitte 2020 beginnenden städtebaulichen Qualifizierungsverfahrens, das die Anforderungen an das neue Quartier definieren soll.


    Einige Nuggets des Berichts:


    - Man zählte 4.500 website-Zugriffe; es beteiligten sich aber nur 92 Personen, bei knapp 4 Mio Berlinern. Man hat entweder niemanden erreicht oder es interessiert wirklich niemanden. Ich hoffe, dass es ersteres ist, befürchte aber das beides stimmt und letzteres überwiegt.


    - Repräsentativität einmal dahingestellt (Aufstand der Rekowillis?), wird der Vorschlag "Rekonstruktion quartierprägender Leitbauten", der mit 82 vs 18 doch einiges an Zustimmung erhielt, im Abschlussbericht nicht mal erwähnt. Dort liest sich das so: "Während sich jedoch ein Teil der Diskutierenden eine möglichst originalgetreue Rekonstruktion der im Krieg verloren gegangenen Gründerzeitbebauung wünscht, fürchten Andere, dass solch eine Rekonstruktion wie eine Filmkulisse aussieht und niemals so wirken wird wie das Original. Daher wird angeregt durch die Errichtung zeitgenössischer Architektur eine neue Geschichte am Molkenmarkt zu schreiben. Diese kann nach Ansicht Vieler gerne auch in Kombination mit kritisch rekonstruierten Gebäuden entstehen, um einen Bezug zur Vergangenheit des Ortes herzustellen." Man muss nach der aufgegriffenen Deflektion "Filmkulisse" allerdings in den Kommentaren suchen; sie findet sich in einer Antwort zum Thema "Einbindung von Genossenschaften für bezahlbaren Wohnraum mit attraktiver Gestaltung (Positivbeispiel: Block II der neuen Potsdamer Mitte)" mit 12 pro vs 6 contra. Von den spezifischen Rekowünschen wurde der Gr. Jüdenhof aufgegriffen, das Klosterkapitel (63 vs 9) aber ignoriert. (Ich bin kein Kunsthistoriker, aber dass die verloren Bebauung das Viertels als 'Gründerzeitbebauung' bezeichnet wird, fällt selbst mir als Laien als bemerkenswert ignorant auf.)


    Der Beteiligungsprozess hat einige mMn gute Anregungen aufgegriffen (kleinteilige Bebauung, Verringerung der Verkehrsflächen etc), unterschlägt jedoch andere oder sinnentstellt sie (Schrägdächer werden zwar gewünscht, lassen sich aber nicht begrünen, daher Flachdach). Ich finde, dass man darüber reden sollte (und ja ich weiss, dass auch mein Beitrag hier verdichtet und daher ebenso nur meine Meinung reflektiert.)

  • ...wird der Vorschlag "Rekonstruktion quartierprägender Leitbauten", der mit 82 vs 18 doch einiges an Zustimmung erhielt, im Abschlussbericht nicht mal erwähnt.

    Da braucht man sich nicht zu wundern, dass bei diesen zur Farce verkommenen Bürgerbeteiligungen kaum einer Interesse zeigt. Dieser ganze Bericht ist geprägt von linksgrünen Kampfbegriffen, aber lässt dennoch hindurchschimmern, dass da ein paar vernünftige Leute dabei waren.

  • Oder es ist einfach "typisch Berlin". Kenne kaum eine Veranstaltung wo mehr als 100 Leute gekommen sind. Es ist halt auch der Mentaliät geschuldet - über alles meckern, aber selbst keine Lust mit zu gestalten. 😅

    Berlin ist widersprüchlich und das hat nichts mit "linksgrüner" Politik zu tun.

  • Ja, Wahnsinn. Übergroße Mehrheiten für die Rekonstruktion von Jüdenhof und Grauem Kloster sowie "Rekonstruktion ähnlich wie in Potsdam, Warschau oder Frankfurt" (63 ja 10 nein).

    Da ist SenStadt die Bürgerbeteiligung wohl etwas aus dem Ruder gelaufen.

  • Ich war mehrfach auf der Seite. Sie war einfach schlecht gemacht und ich wollte micham Ende auch nicht einbringen.


    Wenn Ergebnisse, die den Machern nicht passen, im Ergebnis nicht entsprechend wiedergegeben werden, so ist das schon ein starkes Stück.


    Außerdem ist es auch sachlich falsch zu behaupten, evtl. zu rekonstruieren de Gebäude seien Gründerzeitler gewesen.

  • ^ Ich habe mich sogar eingebracht und z.B. die Zeile links des Barberinis in Potsdam als Vorbild empfohlen: Zeitgenössische Architektur in historischen Maßen (nebst Schrägdach). Es ist aber klar, dass sich die Initiatoren solcher Bürgerbeteiligungen am Ende immer das raussuchen, was ihnen ins Konzept passt. Über den demokratietheoretischen Sinn solcher Prozesse könnte man lange debattieren; es ist aber auch ein bisschen egal. Wenn sich in einer 3,7 Mio-Einwohnerstadt 90 Leute beteiligt haben, lässt sich daraus keine Legitimation für irgendwas ableiten.

    Einmal editiert, zuletzt von Architektenkind () aus folgendem Grund: Tippfehler beseitigt

  • ... wieviel Leute müssten sich denn beteiligen, damit das Ganze "Legitimation" erhält ? Es sind immer engagierte Minderheiten, die Veränderungen, Neues anstoßen. Ob Stadtschloß / Humboldt-Forum, Stadtentwicklungspolitik oder gesellschafftliche / gesellschaftspolitische Themen, so gut wie nie bringen sich die Massen oder auch nur eine erklägliche Zahl von Leuten ein.

  • Es stellt sich doch aber tatsächlich die Frage, welchen tieferen oder auch höheren Sinn solche Bürgerbeteiligungen eigentlich haben (sollen).


    Bei kleinräumigen, lokalen Maßnahmen mag es ratsam sein, die betroffenen Anlieger in den Planungsprozess einzubinden, um Fragen zu vermeidbaren Grundstückseingriffen, Stellplätzen, fußläufigen Wegeverbindungen oder Wünschen bezüglich sozio-kultureller Einrichtungen abzuklären.


    Aber bei solchen stadtbedeutsamen Großplanungen wie zum Molkenmarkt kann ich die Intentionen der offiziellen Stellen nicht erkennen. Wieso können da Hinz und Kunz aus Grunewald, Hellersdorf oder Rosenthal ihren Senf dazu geben, ohne dass bereits vorher gesagt wird, was mit deren Anregungen geschehen wird?


    Und wenn sich wie im aktuellen Fall offensichtlich eine Mehrheit der Wenigen, die sich beteiligt haben, für Rekonstruktionen alter Gebäudeensembles ausspricht, wird das dann schulterzuckend zur Kenntnis genommen, ohne umgesetzt zu werden. Was soll das dann??


    Mir scheint es, als gehe es dabei vorrangig um das Schwenken des demokratischen Feigenblättchens, welches verbergen soll, dass man sich schon längst entschieden hat, wie das Molkenmarktviertel aussehen soll. Und weil mich dieses Gefühl schon seit längerem beschleicht, beteilige ich mich auch nicht an solchen "Partizipationsprozessen".

  • ... wieviel Leute müssten sich denn beteiligen, damit das Ganze "Legitimation" erhält ? Es sind immer engagierte Minderheiten, die Veränderungen, Neues anstoßen.

    So habe ich das nicht gemeint. Sondern demokratietheoretisch im Sinne eines Volksentscheids.

  • Update Umbau Molkenmarkt, Bilder vom 04.10.2020, alle von mir fotografiert


    Blick auf den Bereich des U2-Tunnels gen Klosterstraße

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    Blick gen Alexanderplatz

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    Ein paar Schritte weiter an den Rathauspassagen

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    Direkt vorm Roten Rathaus, ich meine Fortschritte zum Zustand von vor einem Monat sind erkennbar

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    Deutlich nach vorne ging es ab der künftigen Kurve gen Mühlendamm. Weitere Bordsteine wurden gesetzt, Lampen aufgestellt, Pflasterarbeit fortgeführt...

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    Direkt an der künftigen Kreuzung gen Stralauer Straße (erkennbar am Bordstein)

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    Die Lampen entsprechen dem im Umfeld schrittweise aufgestellten Modell, inzwischen aber in hellerem grau und mit LED-Technik

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    Die von mir fälschlicherweise zuletzt als Parkbuchten beschriebenen Flächen sind tatsächlich für Bäume und Grünflächen vorgesehen

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    Wenig sichtbaren Fortschritt gibt es vor dem Stadthaus

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    d.

  • Danke für die Bilder und die Erläuterungen.


    Auch wenn die Gegend meiner Vermtung nach nie gemütlich werden wird, ist doch die Umgestaltung wie die Heilung einer großen Wunde. Ich habe diese Straßenorgie immer als einen der lebensfeindlichsten Plätze in Berlin empfunden. (Es gibt natürlich Orte in Berlin mit noch mehr Straße und Verkehr, aber so mitten im Zentrum empfand ich das einfach besonders schmerzhaft).

  • Hier wieder ein Update: Die neue Straßenführung am Nikolaiviertel zwischen Spandauer Straße und Mühlendamm nimmt immer deutlicher Gestalt an.


    Der Gehweg fällt großzügig aus und wird in Berlin-typischer Weise gepflastert:


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    Hier sieht man gut die zukünftige Aufteilung Bürgersteig, Radweg und dazwischen kommen, vermute ich, ein Grünstreifen mit Bäumen.


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    Während direkt am Gehweg Laternen im alten Stil stehen, werden zwischen Straße und Radweg neue, große LED-Lampen (siehe auch #847) aufgestellt.


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    Hier die Straßenführung...


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    mit hier gut sichtbarer neuer Lampe:


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    Auf der Straße:

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    Es macht immer wieder Spaß, Fortschritte bei der Heilung dieser vielleicht größten innerstädtischen Wunde zu erkennen.


    Aller Bilder von heute & von mir & gemeinfrei.

  • Im RBB war vor kurzem übrigens ein sehr ausführlicher Bericht mit vielen alten Filmaufnahmen des ursprünglichen Altstadtviertels zu sehen:


    Das verlorene Alt Berlin


    Sehr sehenswert, aber der Bericht macht m.M. auch klar, dass selbst mit den Korrekturen die nun vorgenommen werden, die Atmosphäre einer verwinkelten, engen Altstadt nirgendwo in der Mitte Berlins wieder erlebbar sein wird...

  • Die Urbi-Leuchten sind sehr solide und vom Design meiner Meinung nach auch überzeugend. Es ist gut, dass an einem Laternentyp über so viele Jahre festgehalten wird.


    Weniger überzeugend finde ich die Friedrichstadtleuchten. Da hat man mit der horizontalen Scheibe daneben gegriffen.

  • Ich hoffe, dass man bald den Mut findet, die Schließung und Verfüllung des Straßentunnels am Alex anzugehen, der immer mehr zum Anachronismus wird.

  • Ich muss gestehen, dass mir die Leuchten auch nicht so recht gefallen mögen an dieser Stelle - gerade in Wechselwirkung mit den Altbauten wirken sie etwas zu lang, filigran und armselig, ja fast geizig. Ihr Einsatz ist sicherlich der weiträumigen Ausleuchtung geschuldet. Einziges Pro ist für mich der Ausleger zum Ausleuchten des Bürgersteiges. Das Design insgesamt wirkt auf mich insgesamt eher engherzig.