Leipziger Kaffeeklatsch (plaudern, träumen, ankündigen)

  • bald wird deutschland wohl nur noch aus "metropolregionen" bestehen.


    die sich aber unterscheiden: während anderswo regionen zusammenwachsen, wird hier "zusammengeschrumpft". im klartext: weil die finanzielle decke an allen enden zu kurz ist, wird näher zusammengerückt. ist ja auch besser, als auf ewige transferzahlungen zu hoffen und dann überrascht zu tun, wenn diese eines tages ausbleiben werden.
    verlässlicher als jedes programm oder projekt ist die demografische entwicklung. danach wird in der region in den nächsten 15 jahren erst die arbeitslosenquote rapide abnehmen - und in den jahren darauf die bevölkerungszahl. was hinterher übrig bleiben wird, ist eine "geschrumpfte region" mit - bestenfalls - einer soliden wirtschaftlichen und infrastrukturellen basis, auf deren grundlage dann wieder wachstum möglich ist.
    genau diese basis zu schaffen, ist die heutige aufgabe. der bau des flughafens, der autobahnen nach hannover, göttingen und chemnitz, der ice-strecke nach nürnberg, des city-tunnels gehören dazu. die ansiedelung von unternehmen und forschungseinrichtungen erst recht. irgendwann wird sich wohl auch eine verwaltungseinheit für mitteldeutschland durchsetzen.


    nur wird diese region dann nicht mehr viel mit dem zu tun haben, was vor 500, 100, 50 oder 10 jahren hier vorzufinden war. zentralisierung und entwicklungsachsen entlang der autobahnen lassen sich weder aufhalten noch umkehren. im gegenteil: diese - sich überall vollziehenden - prozesse sind zu fördern, will man die region stärken. für förderstrategien ausgedrückt: das "giesskannenprinzip" klingt sicher gut, aber nur solange andere die kanne füllen. die "leuchtturmpolitik" klingt ungerecht, ist aber besser, weil sie diejenigen in die region bringt, die mal die kasse füllen sollen/müssen/werden.

  • Vor einiger Zeit kam im MDR eine Talkrunde zusammen, die sich mit einer Länderfusion der 3 Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auseinandersetzte. Geladen waren Vertreter aus allen 3 Ländern, aus Thüringen kam sogar MP Althaus. Aus Leipziger/Hallenser Sicht war die Stimmung eindeutig pro Mitteldeutschland mit Leipzig als zukünftige Landeshauptstadt (Vertreter aus Dresden waren meines Wissens nicht geladen, die wären von diesem Vorstoß sicherlich mehr als bedient gewesen). Dieter Althaus hingegen äußerste starke Bedenken dahingehend, dass thüringische Städte bei einer Länderfusion stark drunter zu leiden hätten, weil sie ins wirtschaftliche Abseits gedrängt würden, während Leipzig/Halle alle Großansiedlungen an sich reißen würden usw. Seine Botschaft war ein klares Nein zur Länderfusion. Soweit sogut, wie das bei solchen Talkrunden nun mal so ist (siehe Anne Will, Maybrit Illner usw.), war auch diese Diskussion schnell 'ne gute Einschlafhilfe.


    Eine Fusion auf Verwaltungsebene wird alleine schon daran scheitern, dass niemand bereit ist, Abstriche in Kauf zu nehmen; geschweige denn, seinen Posten zu räumen. Ein Mitteldeutschland (mir ist es immer ein Rätsel, warum das für viele ein angsteinflößendes Wort ist) hätte man womöglich gleich im Zuge der Wiedervereinigung einführen sollen. Mittelfristig sehe ich keine Chance, dass da Bewegung in die Sache kommt.

  • das sich das Zentrum Halle/Leipzig als Landeshauptstadt eignen würde, liegt mehr an der geografisch zentralen Lage, weniger an der Gier beider Städte. Die anfänglichen Bedenken der thüringischen Gemeinden sind m.W.n. mittlerweile durch umfangreiche wirtschaftl. Absprachen und Kooperationen aufgefangen. Demokratie hat nicht nur Vorteile (ist natürlich dennoch die wunderbare Regierungsform), denn oftmals werden Entscheidungsprozesse unglaublich verlangsamt oder ganz gelähmt, weil das große ganze durch einzelne Positionen verwässert wird. Damit es nicht falsch aufgefasst wird: ich möchte keineswegs dieser Art der Zusammenarbeit abschwören, gemeinsam erreichte Ziele sind die Wertvollsten.


    Zum Beispiel habe ich aus zuverlässiger Quelle erfahren, wie eine bereits funktionierende Kooperation mehrerer Interessenverbände aus dem touristischen Sektor in Mitteldeutschland durch Neuzugänge stark in ihrer Arbeitskraft ausgebremst wird - und zwar aus unangebrachtem Geltungsdrang der Neuzugänger.
    Viele Köche verderben den Brei, wenn alle denken, sie haben das beste Rezept.


    Bin ja noch neu im Forum - sind wir jetzt diskussionsmäßig schon zu sehr offtopic (ist ja eher wirtschaftspolitisch als baupolitisch derzeit) ?


    Deshalb noch eine Frage zum Ende: Glaubt ihr, das die nationalstaatlichen Verwaltungsgrenzen, bzw. der Förderalismus aufgrund der Wirtschaftlichen Entwicklungen bereits am regulatorischen Ende angekommen ist und eigentlich nur noch Wirtschaftsräume das schulische Kartenmaterial zieren sollten?


    Daraus resultierend: Woran identifizieren sich die Menschen dann? Vielleicht nur noch an ihrem Lebens- und Schaffensort?

  • ungestalt
    Ich glaube da wir uns hier beim Kaffeeklatsch befinden, dürfen wir durchaus offtopic werden (ist ja auch die Absicht dahinter).


    Was Thüringen anbelangt kann ich die Meinung von Herrn Althaus nicht so ganz teilen. Dieses Bundesland besitzt zwar nicht die ganz großen Zentren Ostdeutschlands aber dennoch eine Reihe prosperierender Städte mit teilweise nationaler Ausstrahlung. Das Land als solches wird m.M.n. auch in der medialen Öffentlichkeit durchaus positiv dargestellt. Die Sicht darauf ist zumindest besser als z.B. auf Sachsen Anhalt (nichts gegen S.A.!). Ich meine, dass es dem MP nicht Bange sein muss, dass "sein" Land nicht weiter an Profil gewinnt und Industrieansiedlungen an Thüringen vorbei nach HalLeipzig gehen. Hier ist aber wahrscheinlich eher die Wahrung des Besitzstandes der Vater des Gedankens gewesen...

  • Mal was anderes: Seit Bestehen des Unterforums Leipzig/Dresden stieg die Leipzig-Community im DAF in weniger als 4 Monaten von 4 auf 11 User an. Prima! Wenn das so weiter geht...

  • Ein Land "Mitteldeutschland" wäre aus ökonomischer Sicht sicher sinnvoll. Machbar ist es gegenwärtig nicht.


    Die einzelnen Länder und Städte sollen ruhig ihr eigenes Profil entwickeln. Für die Region Halle/Leipzig ist aber doch festzustellen, dass sich immer wieder Leute finden, die entgegen dem Trend oder entgegen vorgelegter wissenschaftlicher Studien handeln und der Region völlig neue Impulse versetzen.


    Noch vor einigen Jahren wurde für Leipzig ein Bevölkerungsrückgang von - wenn ich mich recht erinnere- mehr als 100.000 Einwohnern prognostiziert. In der Leipziger Galerie für zeitgenössische Kunst gab es dann eine Ausstellung über die schrumpfende Stadt. Die Prognosen haben sich als falsch herausgestellt. Aber das Gebäudeabrißprogramm war eine Folge dieser Studie.


    Hier ein Beispiel für einen wirtschaftlichen Aufschwung, den keiner vorhergesehen hat. Hatte das zwar oben schon mal erwähnt. Es ist aber schon atemberaubend wie aus einer Firma mit sechs Mitarbeitern innerhalb weniger Jahre ein weltweit agierendes Unternehmen gewachsen ist, und weiter wachsen will.






    Baustelle Thalheim - SolarValley











    dj tinitus


    Hoffen wir, dass Du nicht Recht behälst und Mitteldeutschland völlig schrumpft. Inseldenken ,wie es leider in Dresden gepflegt wird, ist nicht sehr hilfreich.


    Die gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur in Mitteldeutschland mit den Hauptachsen der A 9 und der A 4 bietet gute Chancen. Und daher kann ich die hallenser Stadtverwaltung überhaupt nicht verstehen. Immer weiter werden z. B. die Anteile am Flughafen Leipzig- Halle reduziert. Man verzichtet hier auf Einflussmöglichkeiten auf die weitere Entwicklung.



    Halle -als grösste Stadt Sachsen-Anhalts- tritt nach außen nicht als solche auf.


    Schon aus Berliner Sicht scheint Halle völlig vom Fernstreckennetz der DB abgekoppelt und ein Vorort von Leipzig geworden zu sein.



    http://http://www.welt.de/wams_print/article1963120/In_der_groessten_Stadt_Sachsen-Anhalts.html



    Die beiden Städte sind grundverschieden. Mir ist aber ein Wettbewerb auf Augenhöhe lieber, als eine völlig in die Bedeutungslosigkeit versinkende Stadt Halle.



    Eigene Fotos.

  • nun gut, die prognosen über den bevölkerungsrückgang haben sich ja doch bewahrheitet - mit ein paar ausnahmen wie potsdam, dresden und leipzig, deren derzeitiges bevölkerungswachstum allerdings wiederum zu lasten der umliegenden regionen geht. und bei der "auf dem kopf stehenden" bevölkerungspyramide ist wohl klar, in welche richtung die entwicklung weiter gehen wird. abrissprogramme wird es daher auch in zukunft geben. da inzwischen die gründerzeitgebiete wieder attraktiv geworden sind, dürfte es dann vor allem plattenbaugebiete an stadträndern treffen. quasi "gesund schrumpfen".


    zu halle: die stadt steht unter verschärfter finanzpolitischer aufsicht. anteile an einem flughafen in einem anderen bundesland zu halten, gehört sicher nicht zu den kommunalen kernaufgaben. oder anders gesagt: halle konnte den flughafenausbau nicht mitfinazieren. da war es doch besser, anteile abzutreten, als auf einen ausbau zu verzichten.


    zum "solar valley": sieht richtig gut aus. allerdings wird dabei von der entwicklung über die produktion bis hin zum vertrieb alles subventioniert. noch. man kann nur hoffen, dass sich daraus wirklich eine selbstragende industrie entwickeln wird.


    ob ansiedelungen oder infrastrukturprojekte - nach der fertigstellung des zur zeit geplanten wird wohl nicht mehr viel kommen. in den ersten zwanzig jahren nach der wende wurde "der boden gedüngt und die saat gelegt". nun braucht es seine zeit, bis diese mühen früchte tragen. manches - wie der flughafen oder der automobilbau - klappt besser als voraus zu sehen war. manches floppte. (man getraut sich kaum zu schreiben, dass im neuen hafen von halle letztens zum ersten mal seit 13 (!) monaten wieder mal ein schiff anlegte. schon heute legendäre schlagzeile: "ein schiff im hafen!")
    insgesamt glaube ich aber auch, dass es mit der region langsam, aber stetig wirtschaftlich bergauf gehen wird.

  • Die Entwicklung der Region wird von einigen zukunftsweisenden Projekten getragen (Neuseenland + A72 im Süden, Nordraum Leipzig mit GVZ, BMW, Porsche sowie dem (Fracht-)Flughafen). Halle kann momentan der großen Schwester Leipzig noch kein eigenes positives Image/Profil entgegensetzen. Dies zeigt auch der große Wanderungssaldo von Halle nach Leipzig. Ich würde beide Städte allerdings nicht als so grundverschieden einstufen. Beides sind die größten Städte Ihres Landes und verfügen über einen großen Reichtum an historischer Bausubstanz. Es ist wünschenswert, dass beide Städte in Zukunft noch enger zusammenarbeiten und sich absprechen (wie dies ja schon an einigen Stellen geschieht z.B. Bach-Händel). Ziel muss sein als eine geschlossene Region aufzutreten um ein größeres politisches Gewicht bei der EU zu bekommen - womit wir wieder beim Wettbewerb der Metropolen wären...

  • ^
    LEonline
    O.K. grundverschieden war wohl nicht das richtige Wort. Aber Preußen und Sachsen unterscheiden sich schon. Halte das auch nicht für ein Problem. Wenn verschiedene Lösungsansätze ausprobiert werden, kann das doch nur von Vorteil sein.


    Halle zeigt seine Erfolge und sein Potenzial aber zu wenig. Natürlich ist es ein großes Problem, wenn der angrenzende Landkreis die großen Firmen anzieht. Halle führt in den Referenzlisten gern die Firmen "Kathi" und "Halloren" - kleine und erfolgreiche Lebensmittelbetriebe- auf.


    Es gibt doch ganz andere Firmen und vor allem eine umfangreiche Wissenschaftslandschaft in Halle. Der Weinberg Campus eignet sich z.B. gut für einen Verbesserung des Images von Halle. Was dort in den letzten Jahren entstanden ist, kann sich mehr als sehen lassen.




    Dort haben sich neben der Uni Einrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft, Frauenhoferinstitute etc. und neue Unternehmen z.B. der Biotechnologie angesiedelt.















    http://www.weinbergcampus.halle.de/homepage_de.asp





    dj tinitus


    Die demographischen Studien zeigen doch nur, dass hier Probleme vorhanden sind. Diese Probleme gilt es zu analysieren und nach Möglichkeiten zu suchen diese zu lösen. Mit dem Problemen des demographischen Wandels werden sich weite Teile Deutschlands auseinandersetzen müssen. Wer in ländlichen Gebieten Bayerns usw. unterwegs ist, wird auch dort den Strukturwandel und seinen Auswirkungen sehen.


    Ein Problem ist dabei die Erreichbarkeit. Da hat sich in den letzten Jahren einiges getan und wird noch einiges fertig gestellt.




    http://www.deges.de/vde.html





    Merkwürdigerweise wurde die geplante A 36 als B6n gebaut. Daher fehlt sie in der oben verlinkten Karte. Bautechnisch ist das eine Autobahn.




    http://www.b6n-online.de/index2.htm





    Wenn die A71 bis zur A38 fertig gestellt sein wird, gibt es hier ein Fernstraßennetz wie sonst kaum in vergleichbaren Regionen.


    Also ich denke hier kann man auf die weitere Entwicklung gespannt sein.






    Ein Problem in Halle ist meiner Meinung nach, dass es in der Innenstadt noch nicht gelungen ist, größere, zusammenhängende Bereiche fertigzustellen. So schön eine gewachsene, kleinteilige Stadt ist, eine schnelle Umgestaltung ist dort schwierig.




    Wenn dann noch an exponierten Stellen Architekten und Bauherren das Gefühl für Raumwirkungen verlieren, kommt so etwas heraus:
























    Hier waren beste Voraussetzungen für einen schönen,erlebbaren innerstädtischen Bereich gegeben. Zentral gelegen, an einem Flussarm der Saale, mit attraktiven Nutzern. Die Händelhalle als Konzerthaus und die Hörfunkzentrale des MDR. Ein schöner innerstädtischer Platz ist das aber nicht geworden.
    Eher ein Parkplatz mit ausreichend Stellfläche für Wertstoffcontainer.




    Für Außenstehende: Die Entfernung von Leipzig Hbf bis Halle/Saale Hbf liegt bei 35km.






    Eigene Fotos

  • Mit der Bebauung um die MDR Hörfunkzentrale kann Halle nun aber wirklich keinen Blumentopf gewinnen. Das sieht auf live search ja noch trostloser aus, schade.

  • Naja, das Thema Mitteldeutschalnd ist aus meiner Sicht eine Phantomdiskussion.


    Die Argumente für das Projekt (Bevölkerung, Wirtschaft, Demographie, etc.) sind alle wohlfeil. Allein, dem ganzen Projekt fehlt jedes Herz. Ein Zusammengehen der drei Bundesländern beruhte ledliglich auf ökonomischen Daten, das ist aber zu wenig um eine gemeinsame Identität zu entwickeln. Eine zusammenfusionierte Region wäre ein ähnlich lebloses Gebilde wie die E.U., ein rein technokratisches Projekt. :confused:


    Im übrigen sollte man sich einmal anschauen, wer für das Projekt ist: Vor allem Wirtschaftslenker und Leute, die gar nicht aus der Region stammen. Vorneweg dieser unsägliche eitle Geck Klaus Wurpts (aus Friesland zugewandert) mit seiner sog. "Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland" (Rentnerprojekt eines ehemaligen Bayer-Managers), deren Hauptprodukt heisse Luft ist. Deren Job ist es, für diverse Konzerne wie BMW, Dow, Ernst&Young, etc.Marketing-Bling-Bling zu machen und das ganze als "Mitteldeutschland" zu verkaufen. Das gelingt denen zwar marketingmäßig professionell, aber inhaltlich ist das eine einzige Katastrophe. Wurpts hat die Angewohnheit sich selbstherrlich einzumischen aber wenig Inhaltliches beisteuern zu können, da niemand in seinem Laden von Industrie wirklich Ahnung hat. Man trompetet herum und hinterläßt ausser ein paar Pressemitteilungen äußerst wenig.


    Und man glaubt doch nicht ernsthaft, dass man mit einem gemeinsamen Mitteldeutschland auch nur einen Cent sparen kann! Es ist einfach absurd anzunehmen, dass sich Dresden und Erfurt ihre politischen Strukturen wegnehmen lassen. Eher kann man denen das Wasser abstellen. Wenn sie es täten, würden sich sich fettestens mit unnötigen neue Strukturen wie Regierungspräsidien, zweiten Dienstsitzen usw. entschädigen lassen.


    Darüber hinaus: keine der dazu angestrengten Umfragen unter der Bevölkerung, ob man sich denn als "mitteldeutsch" fühle, sind je zu einem positiven Ergebnis gelangt. Die Leute sind Thüringer, Sachsen, Hallenser, Altmärker und Anhalter. "Mitteldeutsch" ist für die meisten eine geographische Einordnung, für Identitätsbildung taugt sowas aber nicht und ich finde diese ständige Nerverei über Landerfusionen langsam überflüssig. Eine nötige Volksabstimmung über eine Länderfusion würde man jedenfalls grandios verlieren.
    Das ist ein Denken wie "Wäre nur alles etwas anderes, wäre alles automatisch besser." Das ist natürlich Quatsch, denn lieber sollte man versuchen, die bestehenden Strukturen flexibler und kostengünstiger zu machen, anstatt immer gleich den großen neuen Entwurf zu fordern. Das kommt uns allen als Steuerzahler ungelaublich günstiger.

  • In Leipzig scheint die Idee schon konkreter zu sein als in Jena wenn hier OB Jung verlauten lässt, dass eine Fusion bis 2030 ein tolles Ergebnis wäre. Zur Thematik "Identität" seien nur die Bundesländer BaWü und Bayern angeführt, in welchen sich Badener und Württemberger sowie Franken und Bayern unter jeweils einem Bundesland vereinigt haben. Die eigenen Identitäten werden dennoch gerne und ausgiebig gepflegt. So gehts anscheinend auch...

  • @WolfsheimJena
    Ach ja, noch was... die Infragestellung des Projektes aufgrund einer, von Dir propagierten, Antipathie gegen einen Verantwortlichen, trägt nicht gerade zur seriösen Untermauerung Deiner Einwände bei.

  • LEonline


    Welche von der Bevölkerung getragenen Initiative für ein sog. "Mitteldeutschland" gibt es denn?


    Wie schon gesagt, die ökonomischen Argumente sprechen dafür. Das habe ich auch nicht bestritten. Politische und soziale aber umso mehr.


    Jedoch habe ich keine Lust, meine starke Identität als Thüringer gegen eine diffuse "mitteldeutsche" einzutauschen. Das ist einfach lächerlich. Was bitte soll das denn sein? Es gibt keine "mittedeutsche" Identität, historisch und gesellschaftlich nicht. Zwar versucht der MDR, sowas ähnliches künstlich zu erschaffen, aber ich persönlich kenne niemanden, der darauf ernsthaft eingehen würde. In Sachsen schon gar nicht. Mitteldeutsche Identität ist was für Wirtschaftsförderungs-Blabla mehr nicht.
    Wie bereits angesprochen, ein rein ökonomisches Projekt Mitteldeutschland kann nicht funktionieren. Bis jetzt heisst eine Fusion nämlich, das alles in Leipzig konzentriert würde und sich die Politik noch mehr von den Bürgern entfernt als es schon jetzt der Fall ist. Darüber hinaus ist ein solcher Kuhhandel politisch mit Erfurt und Dresden nicht zu machen. Ich würde mich auf jeden Fall dagegen einsetzen, denn das führte auf jeden Fall zur Schaffung von Doppelstrukturen und sinnlosem Verwaltungsaufwand.


    Nochmal: ich habe nicht gegen einheitliche Standards in Bildung oder in überräumliche Zusammenarbeit in der Wirtschaftsförderung. Jedoch kann mir keiner erklären, warum ich dazu so einen künstliches zusammenfusioniertes Konstrukt brauche. Ich jedenfalls ziehe es vor, in Thüringen als Thüringer zu leben und ich will, das auch hier entschieden wird. Säße die Politik in Leipzig oder sonstwo, fällt das ländliche Thüringen gnadenlos hinten runter. Das gilt im übrigen auch für Gegenden wie Weisswasser oder die Altmark.


    Das ist im übrigen auch der Fehler derer, die so schlau über eine Länderfusion daherreden. Sie denken aus einer gutsituierten urbanen Perspektive, die hat aber mit der politischen und ökonomischen Realität nur wenig zu tun. Erfahrungsgemäß hält sich diese Klientel eher selten in außerhalb der Zentren auf. Wie es auf dem flachen Lande aussieht, ist für solche Leute nicht von Interesse. Aber dort wird die Wirtschaft gemacht, noch immer sitzen dort die Wähler, die mitzuentscheiden haben.
    Die derzeitige Fusionsdiskussion ist ein reines Elitenprojekt und daher eine Totgeburt. Wo leben wir denn, uns unsere politische Struktur von oben her aufsetzen zu lassen!?

  • @ WolfsheimJena:


    Ich finde aus deinen Beiträgen spricht ganz einfach die Angst, eigene Pfründe zu verlieren. Insofern hast du die selben Gründe wie die meisten Politiker, "Mitteldeutschland" schlecht zu finden. Das zeigt sich ja schon in den Nebensätzen ("ländliches Thüringen fällt gnadenlos hinten runter").


    Der Lizzy-Artikel führt die meisten Punkte schon an, Fakt ist:


    1. Drei Bundesländer dieser Größe sind finanziell nur schwer tragbar. Zugegebenermaßen wurde der Fehler bereits 1990 gemacht. Da hätte man Milliarden sparen können. Es ist jedoch nur schwer zu ertragen, wieviel Geld hier in der Region zum Fenster rausgeschmissen wird, weil Provinzfürsten ihr Ego pushen wollen und die Regionen gegeneinander statt partnerschaftlich agieren. Die Angst vorm Verlieren der Pfründe ist nichts anderes als die Angst davor, kein Geld mehr verschwenden zu können.


    2. Dass Ländergrenzen eben doch eine Hürde sind, zeigt sich immer wieder, seien es der öffentliche Nahverkehr, seien es Schulwege, Straßen o.Ä.


    3. Es gibt bereits etliche Bundesländer, die im Laufe der Zeit mal mehr mal weniger künstlich aus kleineren Gebieten "zusammenfusioniert" wurden: Nordrhein-Westfalen (Westfalen, Lippe, Nördliches Rheinland), Baden-Württemberg (Baden, Württemberg), Bayern (Franken, Schwaben, Altbayern), Sachsen-Anhalt (Preussische Provinz Sachsen, Freistaat Anhalt).


    4. Schon allein aus politischen Gründen ist sehr stark anzunehmen, dass die ländlichen Gegenden gemessen am Bevölkerungsanteil finanziell überproportional bevorzugt werden würden.


    5. Wie die Lizzy richtig schreibt: für die wenigsten Leute ist das Bundesland die Identifikationsfigur Nummer 1. Das mag bei dir persönlich anders sein, allerdings kenne ich es persönlich auch nicht anders. Da fühlt man sich zunächst als Muldentaler, Lausitzer oder Eichsfelder, dann als Deutscher, später kommt dann das Bundesland.


    Wo leben wir denn, uns unsere politische Struktur von oben her aufsetzen zu lassen!?


    6. Wann in der Geschichte Deutschlands wurde denn bisher die politische Struktur nicht von oben her aufgesetzt? Ich spreche nicht von vereinzelten Volksbefragungen à la Saarland oder Altenburg, die bestätigen eher die Regel. Wenn man seit Anfang der 90er die Kreise, mit denen sich die Bevölkerungsmehrheit offensichtlich stärker identifiziert, mehrfach ändern konnte, warum kann das nicht mit Bundesländern geschehen? Die Region zum identifizieren gbt es dann ja immer noch, genauso wie es heute Anhalt, Franken oder Baden noch gibt.


    Ich für meinen Teil wage zu behaupten, dass Berlin-Brandenburg, Niedersachsen-Bremen-Hamburg und Mitteldeutschland früher oder später kommen werden. Vielleicht nicht in 10 Jahren, dann halt später. Bis dahin wird dann halt weiterhin Geld rausgeschmissen und Tatsachen geschaffen.


    Im übrigen waren große Teile Thüringens und Sachsen-Anhalts bereits in der erwähnten preussischen Provinz Sachsen vereint.


    Grüße,
    *D

  • @WolfsheimJena


    Im Moment besteht doch keine Gefahr für Thüringen. Hoffen wir, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gut entwickeln und wir die Diskussion über ein Land "Mitteldeutschland" nicht führen müssen, weil die wirtschaftsstarken Bundesländer nicht mehr bereit sind, Länder, die an der Pleite vorbei schrammen, auf Dauer zu alimentieren.


    Thüringen kann sich dann ja auch an Hessen oder Bayern angliedern.
    Und wenn schon "Mitteldeutschland", warum muß dann Leipzig Hauptstadt werden? Die Leipziger wollen doch nicht wirklich "Hauptstädter" sein.




    DaseBLN

    6. Wann in der Geschichte Deutschlands wurde denn bisher die politische Struktur nicht von oben her aufgesetzt? Ich spreche nicht von vereinzelten Volksbefragungen à la Saarland oder Altenburg, die bestätigen eher die Regel.




    Die Volksbefragung nach der Wende im Kreis Altenburg hatte meines Wissens zum Ergebnis, dass die Bürger zu Sachsen wollten. Die Volksvertreter sahen dies anders und haben sich für Thüringen entschieden. Leipzig bzw. den Leipzigern war das egal.


    Angesichts der noch zu bewältigenden Aufgaben, muss schon die Frage erlaubt sein, ob jeder Landrat sein eigenes Ding machen kann. Bzw. ob es nicht doch von Vorteil für die gesamte Region ist, wenn eine Stadt erkennbar die Führung übernimmt.


    Das Landratsamt in Delitzsch z.B. will sich offensichtlich nicht dem "Leipziger Neuseenland" anschließen.


    www.lizzy-online.de/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=12595&mode=thread&order=0&thold=0



    Unter "Leipzigs neue Ufer" kann man in diesem Forum verfolgen, welche Aufgabe hier zu bewältigen ist. Auch Delitzsch will sein "Leipziger Seenland" entwickeln. Der Bergbausanierer LMBV hat seine Arbeiten überwiegend erledigt. Die Nutzung muss noch angekurbelt werden.




    Sausedlitzer See im Landkreis Delitzsch:














    Der See hat mehrere Parkplätze. Nun will Delitzsch die eigenen Seen wohl selbst deutschlandweit vermarkten.



    Ich habe meine Zweifel, ob die Landkreise und kleinen Kommunen die Aufgaben wirklich stemmen können. Immerhin wurden und werden in den ehemaligen Bergbaugebieten Milliarden von Euro verbaut.


    Warum ist es eigentlich so schwierig, sich auf ein Marketingkonzept mit einer zentralen, gemeinsamen Entwicklungs-und Marketinggesellschaft für Mitteldeutschland zu einigen? Es soll ja nicht alles zentralistisch geplant und bestimmt werden. Aber etwas Koordination kann doch wohl nicht schaden.


    Wenn man das Schkeuditzer Kreuz als verkehrstechnisches Zentrum der mitteldeutschen Region annimmt und man z.B. ansieht welche Weltkultur- und Weltnaturerbestätten innerhalb von einer Stunde erreicht werden können, kommt eine Menge zusammen.


    - Die Lutherstätten in Eisleben und Wittenberg.
    - Das Bauhaus in Weimar und Dessau
    - Das Dessau-, Wörlitzer Gartenreich
    - Die Elblandschaft um Dessau
    - Quedlinburg
    - Weimar
    - Goslar



    Welche Stadt soll nun das Zentrum der Region sein und die Kräfte bündeln?



    Im Moment scheint es im Osten nur eine Weltkulturerbestätte zu geben.






    Eigene Fotos.

  • Nur um das klarzumachen: Es geht nicht darum, Pfründe zu bewahren. Man kann von unten her gerne über Fusionen von Verwaltungen, Landkreisen und Regierungspräsidien reden. Das sollte aber aus einer Diskussion mit den Wählern (=Zahlern) erfolgen. Ich bin selbst Unternehmer und an effizienter Verwaltung interessiert.


    Im Falle der Diskussion um ein sog. "Mitteldeutschland" findet eine Willensbekundung durch die Bürger aber in keinster Weise statt. Stattdessen gibt es elitäre Treffen und Veranstaltungen, auf denen Minister und Vorstandsvorsitzende Sonntagsreden schwingen. Und ich glaube auch, man hat auf der Ebene Angst, sich nach Altenburg, Aschersleben, Salzwedel, Weisswasser oder Hildburghausen zu begeben. Wohl wissend, das die Fusionsbestrebungen äußerst zurückhaltend aufgenommen werden. Und das eben auch aus der Erfahrung mit Volksabstimmungen wie sie es in Altenburg gegeben hat.


    Ich denke, man kann auch ein Land wie Thüringen effizient verwalten, größere Strukturen schaffen doch nicht automatisch Effizienz, das ist einfach ein Irrglaube. Es entstünden zusätzliche Unterstrukturen, die keiner braucht. Viel besser wäre es, wenn man sich fragt, welche Strukturen man überregional organisieren kann, welche man regional braucht und welche nicht. Diese Koordinationsprozesse - egal ob auf Landkreis oder Länderebene sind auch so möglich, kein Mensch braucht da gleich Bundesländer zusammen zu fusionieren.


    Für Thüringen kommt es da vor allem auf eine radikale Haushaltssanierung und Verwaltungsstraffung an. Das gilt im übrigen für die meisten Bundesländer, gerade im Osten. Dort zusätzlich Geld für eine Fusion und die Schaffung einer neuen Verwaltung im neuen Zentrum Leipzig zu schaffen, ist total realitätsfremd.


    Im übrigen: Wenn sich drei arme Bundesländer zusammen ins Bett legen, kommt noch lange kein reiches heraus.