Leipzig: Umgang mit Bauerbe

  • Ob man wirklich alles erhalten muss? Manche Sachen, wie z.B. die alten Leuchtschriften von den ehemaligen Brühlbauten waren früher sicher nicht schlecht. Aber heute wirken sie doch recht altbacken und gar nicht zu sprechen von den veränderten Proportionen auf den Höfen am Brühl.


    Das oben angesprochene Wandbild in der Karl-Liebknecht-Straße halte ich für mehr als problematisch. Besser seinen Inhalt.



    HIER und HIER noch einmal das Wandbild zur Erinnerung.



    Unsere Demokratie ist sicher nicht perfekt. Aber etwas besseres kenne ich nicht. Auf dem Wandbild wird der paramiltitärische ROTFRONTKÄMPFERBUND der KPD verherrlicht. Ich möchte nicht von selbst ernannten Weltverbesserern belehrt werden. Unsere Justiz mag fehlerhaft sein, SELBSTJUSTIZ dieser ist aber eher ausgeschlossen. Gott sei Dank.



    Auch wenn die SA "erfolgreicher" war, sollte das Gewaltmonopol des Staates nicht angetastet werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer ()

  • Nun ja, das Wandbild an sich wäre durchaus ein erhaltenswertes Zeitdokument - wenn wir danach gehen, was auf diversen Bildern der letzten Jahrhunderte alles an gewaltverherrlichenden Organisationen zu sehen ist ... geschenkt. ;)
    Viel wichtiger scheint mir die Tatsache, daß da ein Eckgebäude hingehört. D'Accord?

  • Ein Denkmalschutz, der ein derartiges Zeitdokument nicht schützt, ist seinen Namen nicht wert. Denkmalschutz hat nichts damit zu tun, dass man sich mit den Hintergründen identifizieren muss, sondern sollte dafür sorgen, dass man auch heutigen und nachfolgenden Generationen die Vergangenheit anschaulich hält. Ich hatte eigentlich gedacht, dass die Bilderstürmerei der Nachwendezeit vorbei ist.

  • ^ Denkmalschutz bedeutet nicht, sich für Diktatur verherrlichende Wandbilder im öffentlichen Raum einzusetzen. Wo kämen wir denn da auch hin, oder wäre ein Wandbild, das die Nazidiktatur verherrlicht mit dem Argument, man müsse / dürfe sich dabei nicht mit den Hintergründen identifizieren, ebenso schützenswert? Mal davon abgesehen wäre, wie von DrZott schon geschildert, eine Anschlussbebauung der Kriegslücke städtebaulich gesehen wünschenswert. Meines Erachtens sprachen damit gleich zwei gewichtige Gründe gegen dieses Wandbild.

  • Off topic: Auch wenn ich die Gleichsetzung von Rotem Frontkämpferbund und der SA bzw. der NS-Diktatur für falsch halte - was ich aber in diesem Forum eigentlich nicht diskutieren möchte - erlaube ich mir nur als Exkurs einen Verweis auf die Bildmalereien im sogenannten Fahrerbunker in Berlin, der zwar zugeschüttet und damit nicht zugänglich ist, aber ein eingetragenes Bodendenkmal.
    http://mk.christogenea.org/sit…de%20Hitlers%20bunker.pdf
    Und dies ist nur ein Beispiel. Ich halte diesen Umgang für richtig.


    PS: Hier drei weitere Beispiele für einen anderen Umgang mit viel mehr ideologischen als künstlerischen Darstellungen: ein Fresko aus der NS-Zeit in Meerbusch-Büderich ( http://www.rp-online.de/region…dem-nazi-fresko-1.1283475 ), ein Wandbild im Rathaus von Waldkirch bei Freiburg im Breisgau ( http://www.uliweissberger.de/Sachtexte/Nazibilder.htm ; http://www.ericfricke.de/media/nazibilder.html ) und das Polizeipräsidium Wuppertal mit monumentalen Wandgemälden mit „heroischen Bildern der neuen deutschen Elite“, die in der Nachkriegszeit überwiegend verdeckt waren, wie z.B ein Reiter- und Standartengemälde von Hans Kohlschein. Sie wurden 1999 freigelegt und inzwischen denkmalgerecht restauriert (http://de.wikipedia.org/wiki/Polizeipr%C3%A4sidium_Wuppertal ).


    Und auch wenn die Problematik schon wieder etwas anders gelagert ist sei an die zahlreichen im öffentlichen Raum weiterhin aufgestellten Skulpturen und Reliefs von NS-Künstlern wie Arno Breker oder Josef Thorak erinnert sowie an zehntausende erhaltene, künstlerisch unbedeutende Kriegerdenkmale. Da sind dann auch mal solche Denkmale wie eine von Hermann Göring gesetzte Glocke mit Hakenkreuzen und Runen im nordfriesischen Tümlauer-Koog dabei http://www.spiegel.de/politik/…ings-glocke-a-799789.html. Wir können auch mal die erhaltenen Schlageter-Denkmale zählen, es sind wohl um die 20. ...


    Nur mal als Frage: Und wenn man jetzt nicht den Umweg geht, das Propagandabild für den RFB mit einer NS-Verherrlichung gleichzusetzen, eine solche dann abzulehnen und damit auch die Zerstörung dieses Bildes zu begründen, wie lautet dann die direkte Begründung dafür? Das der RFB das Gewaltmonopol der Weimarer Republik in Frage stellte und ein paramilitärischer Kampfverband war? Welche Diktatur hat er verherrlicht, die des Proletariats? Außerdem ist es keine alleinige "Verherrlichung" des RFB, sondern auf dem Bild wird eine historisch fragwürdige Traditionslinie von Trommlern in den Bauernkriegen über den RFB und KJVD hin zum DTSB und irgendwelchen realsozialistischen Umzügen mit Schalmeien und Trompeten gezogen. Das mag heute skuril anmuten, aber ist nun mal ein Dokument seiner Entstehungszeit. Befürchtet ernsthaft jemand, dass ein solches Wandbild heute negative Folgen für die demokratische Erziehung der Jugend haben könne?

  • Noch eine kleine Frage, ich habe nichts dazu gefunden. Die zentrale Darstellung eines trompetespielenden Jungen oder Jugendlichen ist deutlich größer als die anderen umgebenden Bildelemente. Handelte es sich hier um einen Bezug auf Fritz Weineck ( http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_August_Weineck ), besser bekannt als "der kleine Trompeter"? Fritz Weineck wurde erst mit 27 Jahren Mitglied im Roten Frontkämpferbund und ein Jahr später, 1925, in Halle während einer Wahlveranstaltung der KPD von der Polizei erschossen. In der DDR wurde er als kommunistischer Märtyrer verehrt. http://de.wikipedia.org/wiki/Der_kleine_Trompeter

  • Cowboy: Wenn man den Denkmalwert nur anhand der jeweils herrschenden Weltanschauung beurteilen, muss man auch befürworten, dass die DDR nach dem Krieg dutzende Herrenhäuser als Symbol der reaktionären Herrschaft der Junker abgerissen hat. Dass das hier jemand ernsthaft tun würde, kann ich mir genauso wenig vorstellen wie eine Forderung nach Abriss dieses eine Diktatur verherrlichende Denkmales:



    Urheber: Robert Steffens. Verwendbar unter den Bedingungen der GNU Free Documentation License. Namensnennung: RobbyBer aus der deutschsprachigen Wikipedia


    Dass eine Neubebauung der Kriegslücke, die zweifellos eine Neubewertung erfordern würde, aktuell zur Debatte stünde, konnte ich dem bisher geschriebenen nicht entnehmen. Das taugt also nicht als Argument.


    Vielmehr zeigt auch die Diskussion hier, dass auch solche umstrittenen Zeitzeugnisse die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auslösen können und eventuell auch heute einige Wenige zur Erkenntnis bringen, dass auch die Ablehnung der Weimarer Demokratie durch kommunistische Repuklikfeinde und die Einbeziehung des Straßenkampfes als politisches Mittel einen Beitrag zum Aufstieg der Nationalsozialisten geleistet haben.


    LE Mon. hist.: Ein Bezug auf den kleinen Trompeter ist für mich unzweifelhaft, das war mein erster Gedanke bei Ansicht des Wandbildes. Wenn man in der Lage wäre, die Noten des Wandbildes zuzuordnen, würde das eventuell eindeutig werden.

  • Beim Nischel sollte man schon mal die Reißleine ziehen. Marx war Philosoph und kein Massenmörder wie Lenin. Dessen Denkmale hat man völlig zurecht entfernt.

  • Das Chemnitzer Karl-Marx-Denkmal kann man doch nicht mit dem Wandbild in der Leipziger Karl-Liebknecht-Straße vergleichen.


    Wenn man die Denkmalwürdigkeit dieses Werkes bewerten will, sollte man sich an seine Entstehungsgeschichte erinnern. Um zu kaschieren, dass man nicht in der Lage war Baulücken adäquat zu bebauen, wurde beschlossen, Giebel mit mehr oder weniger gelungenen Wandbildern zu verschönern. Das Wandbild um das es in dieser Diskussion geht, ist nach meiner Kenntnis das einzige Wandbild mit derart propagandistischem Inhalt. Wenn man schon ein Wandbild aus dieser Zeit erhalten will, könnte man ja eines der typischeren Wandbilder auswählen. Die unpolitischen Wandbilder sind aber überwiegend entsorgt.


    Als Liebhaber der yeah yeah yeah -Musik hätte ich sicher erhebliche Probleme mit Walter Ulbricht gehabt.
    Nicht weit von dem Wandbild entfernt haben die Nachfolger des Rotfrontkämpferbundes gezeigt, was sie von anderer MUSIK gehalten haben.





    @ LE Mon. hist.
    Hier mal ein Beitrag des Deutschen Historischen Museums zu SA und Rotfrontkämpferbund.

    3 Mal editiert, zuletzt von Stahlbauer () aus folgendem Grund: Optimiert.

  • so ist es.


    statt das gebäude zu sanieren, wurde es in der ddr einfach mit polit-folklore angemalt. was für ein hohn. ich finde es wunderbar, dass dieses haus jetzt endlich doch noch denkmalgerecht saniert wurde. dabei hätte auch auf jede andere giebelgestaltung keine rücksicht genommen werden können, denn eine denkmalgeschützte fassadenpinselei hätte im endeffekt eine künftige eckbebauung verhindert. doch die sollte zweitens aus städtebaulicher sicht erwünscht und vor allem erstens dem grundstückseigentümer möglich sein.


    jedwede diskussion darüber ist für mich nicht nachvollziehbar.

  • [kann gelöscht werden]

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  • Schlossbastion der Pleißenburg


    Ich bin mir gar nicht so sicher, ob das hier richtig untergebracht ist aber interessant ist es allemal: Ich war diesen Sommer auf dem Turm des Neuen Rathauses. Dort wurde gerade der große Innenhof erneuert und dabei waren für kurze Zeit die erhaltenen Reste der Schlossbastion vor dem Turm der ehemaligen Pleißenburg sichtbar. Der obere Teil der Mauerreste wurde für den neuen Pflasterbelag abgetragen und als Bauschutt entsorgt. Echt schade. Hätte als Souvenier sicher reißenden Absatz gefunden.


  • @ raubbau: Die oberste Schicht war sicher zu Fundamentierungszwecken ohnehin modern aufgemauert. Ich bezweifle, dass ein so bedeutendes und in seiner Lage auch bekanntes Bodendenkmal flächenhaft beseitigt worden ist.