Deutsche Börse zieht nach Eschborn

  • Auch die DBAG macht Akquise, verkauft Indizes, will das man seine Produkte (Derivate, ETFs) über ihre Plattform handelt etc. Und genau das macht man eben direkt am Kunden, und der ist in der Innenstadt. Das meiste kann man sicherlich nach Eschborn verlagern, aber zB für Teile von MD&A gibt es Gründe downtown zu bleiben.

  • Der Kunde der DBAG ist in ganz Deutschland (genug der Werbung).


    Dass Unternehmen sich einerseits einen kleinen Palast in der Kernstadt und andererseits große Flächen in der Bannmeile gönnen ist ein Trend, an den wir uns gewöhnen müssen. Das ist nicht nur in Frankfurt zu beobachten.


    Unbegrenzt können aber auch umliegende Gemeinden nicht Gewerbegebiete ausweisen. Früher oder später hat man auch dort Sättigung und hohe Preise. Dann wird die Kernstadt wieder attraktiver.

  • Dennoch ist es richtig an eine weitere Senkung der Gewerbesteuer zu denken, auch wenn man natürlich das Niveau der Vororte weder erreichen kann noch muss. Im Ergebnis können durch eine niedriegere Gewerbesteuer die Einnahmen insgesamt steigen, wenn dadurch mehr Unternehmen/Unternehmnesbereiche in die Kernstadt ziehen.

  • Sehe ich auch so. Wobei ich dabei nicht nur ans Umland denken würde. Sondern auch an ausländische Unternehmen etwa, die für den Sitz einer Niederlassung mehrere deutsche Großstädte zur Wahl haben. Ein niedrigerer Steuersatz könnte durchaus Anlass für eine Entscheidung zugunsten von Frankfurt sein. Oder an ein bundesweit tätiges deutsches Unternehmen, das sich überlegt, welcher von mehreren vorhandenen Standorten im Inland ausgebaut werden soll. Da München einen Hebesatz von 490 und Hamburg einen von 470 hat, sähe ein Steuersatz von "deutlich unter 400" schon wirklich gut aus.

  • Deutlich unter 400 ist genau meine Meinung. Ich schlage maximal 350 vor. Frankfurt hätte vordergründig einen Steuerausfall, der aber dadurch kompensiert würde, daß viele Firmen sich einen Umzug überlegen würden. Das Problem ist aktuell im Fall Börse, daß so viel wie möglich Mitarbeiter umziehen, da sich die Gewerbsteuer nach den Löhnen und Gehältern der in einer Kommune arbeitenden Mitarbeiter bemisst. Da nutzt der Hauptsitz Frankfurt nur noch dem wegziehenden Unternehmen, das weiterhin mit der Marke "Frankfurt" wirbt. Das Problem hat sich ab 2008 noch deutlich verschärft, da durch die Unternehmensteuerreform die Gewerbesteuer nun als nicht abziehbare Ausgabe behandelt wird. D. h. ein niedrigerer Gewerbesteuerhebesatz spart dem Unternehmen ab 2008 noch mehr Steuern!!Ich befürchte sehr, daß verstärkt weitere Unternehmen dem Beispiel Börse folgen werden, weil es betriebswirtschaftlich tatsächlich sinnvoll ist. Hier hat aber auch der Bundesgesetzgeber versagt, dem es klar sein sollte, mit der Reform 2008 die Großstädte noch mehr zu schwächen. Warum auch Frau Roth für die Beibehaltung der Gewerbesteuer war, erschließt sich mir nicht. Hier hätte es anderer Modelle bedurft. Der einheitliche "Stadtkreis" mit harmonisierten Steuersätzen oder kommunalen Finanzausgleichen kommt auf freiwilliger Basis nie! Auch ist es nicht sinnvoll, von Eschborn oder anderen von Ffm. profitierenden "Dörfern" nur einen finanziellen Ausgleich zur genutzten Infrastruktur zu verlangen. Was hätte das denn zur Folge, sollten sich die Speckgürtelgemeinden einmal darauf einlassen? Sie würden zahlen und weiterhin kräftig Firmen abwerben. Auch so würde die Frankfurter City geschwächt und es dürften in "Mainhatten" kaum noch Hochhausprojekte zu erwarten sein. Diese könnten ja dann in Eschborn entstehen...Kann mich jemand von Euch beruhigen??? :mad:

  • Ich als Deutscher und Außerhesse sehe tendenziell mit Wohlwollen, wenn in Deutschland Steueroasen ähnlich dem Kanton Zug entstehen. Die Bundesrepublik wird in ihrer internationalen Wettbewerbslage sicher gestärkt. Im Einzelnen gibt es natürlich auch Verwerfungen.


    Unter 400. Unter 350: Da bin ich etwas skeptisch:

    • das ist schon ein ganz massiver Einnahmeverlust, der im sich abzeichnenden weltwirtschaftlichen Abschwung Schluchten in den städtischen Haushalt zu reißen droht.
    • München (490 Punkte), HH, Ddf (445) und weitere schlafen auch nicht mit den Zehen in der Steckdose. Wenn Frankfurt (mit Erfolg) die GSteuer senkt, wird man schon reagieren. Spieltheoretiker reiben sich die Hände. Ddf mit Schwarz-Gelb, einem Haushaltsüberschuss und ohne Schulden hat dort wohl die größte Feuerkraft. Eschborn kann auch noch bis auf 200 absenken (gesetzliches Limit).
    • ... dann könnte Frankfurt am Ende mit niedrigen GSteuersätzen und ohne Preisvorteil dastehen.


    Aber: Ich teile die Einschätzung, dass mit der USteuerreform die Sätze unter Druck geraten... und das ist gut so... ;)

  • In allem liegt eine Chance.


    Ich denke eine Chance hier liegt darin, dass Eschborn weiter den Lückenschluss mit dem Frankfurter Stadtgebiet vorantreiben kann. Ein Glücksfall für Frankfurt wäre es meiner Meinung nach, wenn sich langsam das Frankfurter Stadtgebiet mit dem von Eschborn, Bad Soden, Schwalbach, Sulzbach und Kronberg schliesst. Für eine richtige Metropole wirkt Frankfurt zu klein und durch eine geographische Zusammenführung mit diesen Orten, oder einer Schaffung von interessanten Zentren in diesen Orten, würde es viel vielfältiger und größer werden. Eschborn hat dafür gar keinen schlechten Job gemacht. Sie sind sehr sehr stark in der Einwohnerzahl gewachsen, sie haben das Arboretum geschaffen. Frankfurt dagegen scheint diese Ecke nicht so zu interessieren. Wenn also Eschborn hier die richtigen Investitionen trifft, kann es durchaus zum Wachstum des Rhein Main Gebiets beitragen.


    Eine andere Möglichkeit für Eschborn ist vielleicht die Schaffung eines IT Clusters, so wie der Bankencluster in der Stadtmitte.


    vondraussen, der mal so sechs Monate an einem Projekt in Eschborn gearbeitet hat, ohne zu wissen, dass Eschborn nicht zu Frankfurt gehört.

  • Die Argumentation, der Umzug der Börse nach Eschborn sei ein Bekenntnis zum Standort Frankfurt/Rhein Main und dem Finanzplatz Frankfurt (vorgebracht von IHK-Präsident Tonnellier), ist für mich absolut nicht nachvollziehbar. Eschborn ist nicht Frankfurt, genau darum geht es doch!
    Das der Umzug direkt an die Frankfurter Stadtgrenze führt zeigt doch deutlich, dass die Börse nicht auf die Infratruktur und die Annehmlichkeiten, die Frankfurt bietet, verzichtet will - sie will schlicht und einfach nur nicht mehr dafür zahlen. Wäre die Börse auch nach Butzbach umgezogen wenn das "Steuerparadies" nicht direkt vor der Haustür liegen würde? Ich glaube nicht.
    Eschborn ist sicher kein Vorwurf zu machen, die nutzen einfach nur clever ihre Möglichkeiten. Jetzt ist Frankfurt am Zug. Die Diskussion über eine weitere Senkung der Gewerbesteuer ist richtig damit das Beispiel der Börse nicht weitere Nachahmer findet. Das Problem sehe ich dabei weniger bei den Großbanken, weil die Wert legen auf einen repräsentativen Sitz im Bankenviertel. Außerdem gehören denen zum Großteil ihre Hochhäuser, was sollten sie denn damit machen wenn sie sie nicht selbst nutzen.
    Eher gefährdet sehe ich Unternehmen, die in der Bürostadt Niederrad sitzen. Dieses Gewerbegebiet ist mit dem in Eschborn gut vergleichbar: Beide liegen direkt an der Autobahn 5, sind mit zwei bzw. drei S-Bahnlinien angeschlossen, die Entfernung zur Frankfurter Innenstadt und zum Flughafen ist von Niederrad aus unwesentlich kürzer, in beiden Gebieten gibt es Mangel an Läden, Restaurants und Unterhaltungsangeboten und gegen Abend sind sie menschenleer. Was sie wirklich trennt ist eben der Gewerbesteuersatz. Es bleibt zu hoffen, dass die Unternehmen in der Bürostadt (u.a. der Deutschlandsitz von Nestle) sich mehr in der Verantwortung für Frankfurt sehen als es die Deutsche Börse tut. Der Leerstand beträgt jetzt schon 25%. Zeit für die Stadt zu handeln. Eine weitere Senkung des Gewerbesteuersatzes ist da wohl unausweichlich und letztlich auch zu befürworten.

  • Ernst & Young schmücken sich auf ihrer Website auch mit dem "Standort Frankfurt".
    Als Adresse geben die "65760 Eschborn / Frankfurt/M." an :doof:
    Wie gesagt, nix zahlen, aber mit dem Image von Frankfurt werben, das geht schon! :nono2:

  • Noch scheint doch bei der DBAG nicht alles in trockenen Tüchern zu sein. Zumindest scheint es noch keinen Vertrag zum Neubau zu geben, sondern allenfalls einen Mietvertrag für die Übergangszeit für 1000 Arbeitsplätze. Wenn man die DBAG durch eine Gewerbesteuersenkung auf sagen wir mal 390 halten könnte, dann würde sich die Gewerbesteuersenkung schon größtenteils selbst finanzieren. Es wäre sicherlich schwer das zu erreichen. Aber einen Versuch wäre es wert. Es würde Frankfurt auf jeden Fall im europaweiten Vergleich als Standort deutlich attraktiver machen.

  • Es wäre ja schon viel gewonnen, wenn die Deutsche Börse nicht komplett umzieht sondern mehr Mitarbeiter in Frankfurt belässt als nur die Wertpapierbörse.
    vondraussen: baulich zusammengewachsen sind die Orte ja auch heute schon bis einschließlich Königstein. Nur sind die Nahtstellen halt relativ schmal, da geht durchaus noch mehr. Und da das Rhein-Main-Gebiet ja wohl noch ein paar Jahrzehnte an Einwohnern zulegen wird, sollte sich diese Zunahme (neben der prioritären baulichen Verdichtung von Frankfurt selbst, vor allem dass irgendwann mal auch die nördlichen Stadtteile nicht mehr wie unabhängige Dörfer in der Gegend rumstehen) halt auch im weiteren Zusammenwachsen des Vortaunus niederschlagen bis man auf Satellitenbildern wirklich keine Chance mehr hat da irgendwelche Stadtgrenzen auszumachen, gar keine Frage. Aber wirtschaftlich ist dieses Eschborn wirklich parasitär, man lebt von den Vorzügen Frankfurts ohne dafür zu bezahlen sondern zieht sogar noch Steuerkraft aus der Kernstadt ab, für die es damit nur noch schwieriger wird diese Vorzüge überhaupt auch weiterhin finanzieren zu können.

  • Wie wäre es mit einer City-Maut? Wenn es eine City-Maut Frankfurt für Nicht-Frankfurter mit gleichzeitiger Herabsetzung des Hebesatzes gäbe? Sozusagen als Gegenfinanzierung.


    Der Vorteil der City-Maut liegt ja darin, die Nutzung der Städtischen Infrastruktur zu verteuern, also das, was ja von den umliegenden Gemeinden bisher kostenlos konsumiert wird.


    Richtig ist dagegen die Benachteiligung Niederrad gegenüber Eschborn. Kann man lokale Hebesätze senken? Also nur für Niederrad? Das könnte man dann ja auch vielleicht mit Hausen so machen?


    Wenn die Spritpreise weiter steigen (und das werden sie auf lange Sicht), wird pendeln immer teurer, und in Eschborn LEBEN wollen die wenigsten. AMEX ist ja aus genau diesem Grund in Frankfurt geblieben – wegen der Mitarbeiter, wenn ich mich recht erinnere.


    Ansonsten denke ich, dass der Wettbewerb die Sache schon regeln wird. Frankfurt geht etwas runter – Unterschiede werden bleiben. In New York stehen ja mittlerweile auch Wolkenkratzer auf der anderen Seite des Hudson Rivers, in New Jersey, aus Gutem Grund. Will sagen: das Phänomen gibt es überall.

  • Frankfurt ist zu klein für eine City-Maut, die Region zu polyzentrisch. Unterm Strich würde man sich dadurch nur schaden.
    Gerade als Messe- und ein auch Shoppingstandort, aber auch für Museen, Kinos, Freizeit kann man sich das nicht leisten.
    Dass viele Menschen im Umland die Bahn meiden, kann man einfach nicht verleugnen.
    Meine Eltern fahren z.B. zum Museumsuferfest, zum Nord-West-Zentrum, zum Palmengarten, zur Buchmesse mit dem Auto. Natürlich verwenden sie auch mal die Bahn, aber zu höchstens 30%
    Ich halte die Autofahrerei zwar meistens für Schwachsinn. Trotzdem ist es eine unumstößliche Tatsache und viele Leute würden dann eben wesentlich seltener in die Stadt kommen.
    Dabei ist die Belebung ja das wichtigste!


    Lieber insgesamt mit dem Steuersatz soweit runter, dass man mit dafür mehr Unternehmen das gleiche Geld einnimmt. Eschborn kann dabei ja billiger bleiben, aber nicht so krass.
    Und dann einen Finanzausgleich in der Region.
    Niederrad hat kein Steuerproblem. Niederrad wird sich schon machen. Es muss einfach stärker verknüpft werden. (z.B. Taunusvollanschluss, im Moment kann man nicht (edit) von der A5 von Norden kommend abfahren!(/edit)). Die Lage zwischen Flughafen und Innenstadt, auch an der S-Bahn, spricht ansonsten für sich.

  • mik: Du meinst sicherlich, dass man von Norden kommend in Niederrad die A5 nicht verlassen kann, sondern die Schleife übers Frankfurter Kreuz fahren muss.

  • Ja stimmt sorry, die Auffahrt ist ja vorhanden.
    Aber der Kilometerlange, staugeplagte Umweg der Taunusbewohner ist nicht das einzige Problem. Die Gestaltung der Bürostadt selbst ist auf dem Level eines Gewerbegebiets, der Ausgang vom S-Bahnhof ein vernachlässigtes Loch, am Rande der Pampa. Die Straßenführung ist sowohl für Fußgänger als auch Autos unattraktiv. Aber Niederrad hat noch mehr Probleme, als eine verfehlte Infrastruktur. Es ist viel zu Monofunktional, schlecht mit dem alten Gemeindekern und der Innenstadt verknüpft, vor dem Main sitzt eine stinkende, riesige Kläranlage... Dabei könnte der Standort durchaus attraktiv sein. Dummerweise macht man am Kaiserlei die gleichen Fehler. Man hat in dieses Gebieten kaum Vorteile gegenüber Eschborn, sondern fast nur Nachteile.
    Die Städte denken eben, dass man die eigenen "Backoffice" Standorte stiefmütterlich behandeln kann und verstehen dann nicht, dass man gegenüber Eschborn auf einfach nicht mehr Konkurrenzfähig ist.

  • Sicher war es bei der Planung der Bürostadt Niederrad vor bald fünf Jahrzehnten falsch, eine Büro-Monostruktur zu schaffen und Wohnnutzung sogar im Bebauungsplan zu unterbinden. Das entsprach eben dem damaligen Zeitgeist. Die Stadt steuert ja nun dagegen, was ohne Frage sehr spät kommt.


    Warum der A5-Vollanschluss Niederrad immer noch in Planung ist? Hier gibt es dermaßen viele Widrigkeiten und Schuldige, das würde den Rahmen sprengen. Die S-Bahn-Anbindung zum Flughafen ist in Niederad freilich wesentlich besser als in Eschborn, hier muss ich Gizmo (#68) widersprechen. Von Niederrad ist es eine kurze Direktverbindung mit nur einem Zwischenhalt, von Eschborn dauert es erheblich länger und man muss umsteigen. Deswegen sind die Vordertaunus-Orte auch so erpicht auf die geplante Westtangente (Eschborn - F-Höchst - F-Flughafen), die eine kurze und direkte Anbindung brächte. Allerdings verliefe die neue Trasse ganz überwiegend auf Frankfurter Gebiet, was bedeutet, dass die Stadt auch den weitaus größten Teil der sehr hohen Kosten tragen müsste. Frankfurt müsste also die Infrastrukturverbesserung der Konkurrenten im Nordwesten auch noch bezahlen.

  • Die Anbindung von Niederrad an den Flughafen (7 Min. Fahrzeit) ist natürlich unschlagbar, da kann Eschborn mit ungünstiger S-Bahn-Taktung und Umsteigen am Hbf mit 40 Min. (!) nicht mithalten. War mir jetzt nicht klar, dass das doch so lange dauert!
    Das ganze relativiert sich wieder, wenn man mit dem Auto über die A5 unterwegs ist, da sind es dann nur 5-10 Minuten Unterschied.

  • in letzter Zeit hört man gelegentlich die Börse könnte evtl mit einem "Filetgrundstück" gehalten werden. Welche Filetgrundstücke sind denn noch im Besitz der Stadt ?