Estrel Tower Berlin (176 m | Neukölln | in Bau)

  • Gut, mit „ab-vom-Schuss“ war jetzt mal salopp gesagt gemeint, dass das höchste Haus Berlins in keiner Gegend entsteht die man bisher mit Hochhäusern oder generell progressiver Stadtentwicklung im Blick hatte. Das ist wohlgemerkt mein subjektiver Eindruck aus der Provinz (Stuttgart) ;-). Zum Thema Millieuschutz: Ist ja schön und gut, bezahlbare Mieten. Aber warum kommt es der Linkspartei nie im den Sinn, bei einer Aufwertung des Umfelds eben auch die Anwohner mitzunehmen, Stichwort Fortbildung. Eine Aufwertung des Umfeldes bedeutet auch besser bezahlte Jobs – da muss man die Leute eben reinbringen und da erwarte ich auch, dass die Politik hier gezielt ansetzt! Es kann ja nicht sein, dass die Leute ein Leben lang für nen Hungerlohn arbeiten, zwar billig wohnen aber nach Erwerbsende dann in Grundsicherung fallen. Ist das ernsthaft die Vision der Linkspartei? Ein Leben am Erwerbsminimum aber dafür Miete und Bier billig? Eine armselige Vorstellung die man im Ausland wohl niemand so verklickern kann.


    p.s. ich möchte die Diskussion hier aber auch nicht off-topic führen. Es handelt sich hier nur um meinen subjektiven Eindruck. Gerade hier im Berlin-Forum bin ich mit meinen Äußerungen ja schon öfters angeeckt.

  • Ich habe auch im europäischen Ausland mehrere periphere Standorte von neuen Hochhäusern in Erinnerung. Einerseits beeinträchtigen sie dort kein historisches Stadtbild, andererseits werten sie die Umgebung auf, denn sie entstehen oft auf Brachflächen in der Nähe von stark befahrenen Straßen (V Tower Prag-Děkanka - allerdings aus vielen Teilen der Stadt sehr präsent, Tour CMA CGM - Marseille, Chamartin - Madrid). In der Nähe des Estrels kann so eine Entwicklung nur von Vorteil sein.

    Oder auch in Sankt Petersburg ('Lakhta Center'), wo das Stadtzentrum übrigens von deutschen Architekten geprägt ist, wäre ein 460m Wolkenkratzer unpassend.

  • Auf jeden Fall ist dieser Standort in Neukölln nicht der schlechteste Ort, um durch so eine massive Investition bestehende Jobs zu stärken und neue Jobs anzusiedeln. Nicht zuletzt durch die vielen türkischen und arabischen Hochzeiten ist das Estrel für viele Anwohner bereits jetzt ein fester Begriff und so eine ambitionierte Planung somit auch eine Art Aufbruchssymbol. Bald wird vor ihrer Nase das höchste Hochhaus der Stadt stehen und das größte Hotel Deutschlands nochmals deutlich präsenter in der ganzen Stadt sein (inklusive noch mehr internationaler Touristen und Kongressgäste). Viele der Menschen hier fühlen sich eher vergessen: Ob die Eltern sehr hart für sehr wenig Geld arbeiten oder von Stütze leben und ob die Kinder irgendwie durch die Schule gemogelt werden oder gar keinen Abschluss machen, ändert gefühlt relativ wenig. Es gibt aber zum Glück auch schon einige, die diesen deprimierenden Kreislauf durchbrechen konnten und es müssen dringend noch deutlich mehr werden. Ich denke, dass gerade Estrel und Karstadt wichtige Anstöße sein können, etwas mehr Menschen mitzunehmen. Dass man längst nicht alle mitnehmen kann und wird, gehört aber auch zur traurigen Realität. Deshalb halte ich den Kampf für bezahlbare Mieten parallel weiterhin für wichtig. Soziale Daseinsfürsorge ist jedoch ebenfalls leichter möglich, wenn es mehr Geld zu verteilen gibt. Und da wirkt ein Hotel nicht anders als eine kleine Fabrik. Volkswirtschaftlich funktioniert Tourismus wie ein Exportartikel, indem ausländisches Geld in die heimische Wirtschaft fließt. Zudem erzielen zahlreiche bereits ansässige Betriebe vom Gebäudereiniger über den Limosinenservice bis hin zum Imbissverkäufer oder Supermarkt so mehr Umsätze.


    Wo ich noch nicht so richtig schlau draus werde, sind die Entwürfe für den Turm. Ich bin sehr gespannt, wie er real wirken wird. Zunächst war ich sehr optimistisch, dass er neben der Höhe auch gestalterisch heraussticht. Inzwischen bin ich nicht mehr ganz so sicher aber auch nicht umgekehrt allzu pessimistisch. Der alte Bau hat mich aber ehrlich gesagt nie wirklich mitgerissen, auch wenn ich ihn auch nicht hässlich finde. Von daher wäre ich schon mit einem halbwegs soliden Resultat wirklich zufrieden.

  • Okay, das macht natürlich Sinn wenn man den Tower als Initialzündung versteht. Ich bin sehr gespannt was dort folgen wird, aber bewundere schonmal den Mut und Unternehmergeist der Initiatoren. Ich frage mich ehrlich gesagt immer wieder was denn die Linke eigentlich für Zukunftsvisionen hat, außer auf ewig den längst vergangenen Zeitgeist der 70er und 80er „konservieren“ zu wollen.

    Vom "Hohe Neun" aus geht es aus dieser Perspektive hinter dem Estrel am Neuköllner Schiffahrtskanal schon langsam weiter. Gut zu sehen in diesem DAF Thread. Dort wird seit letztes Jahr ebenfalls gebaut. Ums Wasser herum tut sich also schon einiges.

  • Gibt es hier schon Neuigkeiten bezüglich der Bodenplatte, welche eigentlich bis Januar gegossen werden sollte? Auf der Webcam sieht man nur das gebaggert wird, und der Aushub noch nicht weit ist.Ich wohne nicht in Berlin, und hoffe das einige Berliner Forumler hier vielleicht mehr wissen :thumbup: Liebe Grüße

  • Ich denke, man stellt derzeit die Bodenplatte per Injektion her. Das dauert ein Stück. Wenn das fertig ist, kann die Baugrube ausgehoben werden. Die Spundwände sind bereits fertig.


    Kann man hier ganz gut unter Zeitraffer nachvollziehen.


    Berichtigt mich bitte, falls ich falsch liege.


    Edit: Die Baugrube wird aktuell bereits ausgehoben.

  • ausnahmsweise einmal ein webcam Foto... aber ich fand den (Wetter)-Moment einfach passend.


    Außerdem ist zu erkennen, dass es in die Tiefe geht und auch bereits viele Bohrpfähle freigelegt wurden. Die werden noch ein ganzes Stück "zurückgemeißelt", bis dann darauf die Fundamentplatte errichtet wird.


    Heute sind übrigens für die zwei Hochhauskrane die entsprechenden Plätze auf Pfahlgründungen angelegt worden.

    Dann wird es ja demnächst mit dem Hochbau losgehen.



    Bildrechte : webcam Neubau Estrel Tower in Berlin

  • Vllt. geht es nur mir so. Aber auf der Webcam kann man gerade gut erkennen, wie schlecht sich der Estrel-Tower städtebaulich einfügt - im Großen wie im Kleinen.

    Weder passt für mich ein 175 m hoher Turm in eine so "flache" Gegend abseits der eigentlichen Innenstadt (ja ich weiß, Ringbahn und so...). Sinnvoller wäre es gewesen, einen solchen Turm in ein Cluster mit niedrigeren Türmen zu stellen.

    Weiterhin orientiert sich die Kante des Turms weder am Kanal,noch an der Straßenflucht. Es wirkt, als hätte ein überdimensioniertes Kind eine geometrische Form achtlos fallen lassen.

    Auch was die Fassadengestaltung betrifft (die man zugegebenermaßen nur auf den Visualisierungen erahnen kann (für ein endgültiges Urteil ist es noch lange nicht an der Zeit), erhoffe ich mich ehrlich gesagt nicht viel. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass er keinen "flachen" Abschluss hat. Das war's dann aber auch. Es gibt viele Turmbauprojekte in der Stadt, auf die ich mich freue. Der Estrel-Tower gehört für mich leider nicht dazu.

    Einmal editiert, zuletzt von Sidious ()

  • Falls der Entwurf am Ende in die Hose geht, ist die abseitige Lage wiederum ein Vorteil ;) Ich bin jedoch zuversichtlich, dass der Turm hochwertig ausgeführt wird. Und wo wenn nicht hier kann ein Gebäude mal von der Straßenflucht zurückspringen? Der Turm könnte mit seinem ausufernden Sockel auch wie eine Skulptur in der Landschaft wirken.

  • Mich erinnert das Vorhaben an das Lakhta Center/Tower in St. Petersburg. Ich schließe mich insoweit den Ausführungen von Sidious an. Einzeltürme oder "Tore" in Form einer skulpturalen Wirkung (wie etwa auch die PS 5 am Ende der Hafencity in Hamburg) erinnern an Reisbrett und Diktatur. So auch hier, selbst wenn mit Anerkennung zuzugestehen ist, dass tatsächlich ein recht umtriebiger Unternehmer für das Vorhaben verantwortlich zeichnet.

  • Der Estrel Turm steht an der für ein internationales Kongress Zentrum idealen Stelle in der Stadt. Der Zugang zu Autobahn, Schiene und Flughafen ist hier entscheidend, denn Messebesucher müssen in erster Linie zu Tausenden schnell vor Ort sein. Die Lage entspricht in etwa der Position des ICC im alten Westberlin, das damals noch zum TXL räumliche Nähe brauchte.


    Die Standortwahl des Estrels folgt quasi einer Anforderungslogik ,die aus den Funktionen des Baus abgeleitet werden und nicht einer städtebaulichen Reißbrett-Idee zur Clusterbildung.


    Es ist auch kein Zufall, dass in ähnlichen Lagen wie dem Südkreuz oder Ostkreuz sich immer mehr Hochhaus Immo-Projekte ansiedeln.

  • ^Die Infrastruktur vor Ort wird definitiv ein Traum. Neben der optimalen Verkehrsanbindung kommt ja eben auch noch hinzu, dass das Estrel durch den Turm künftig auch für Großkongresse sämtliche Teilnehmer selbst vor Ort unterbringen kann. Bislang musste man mitunter noch Teile der Gäste auslagern. Da werden riesige ökonomische Synergien möglich, jedoch auch ökologisch ist zusätzlich zur guten Anbindundung optimal so. Zudem ist ja auch die digitale Infrastruktur kräftig ausgebaut worden, sodass man zusätzlich noch praktisch unendlich viele Teilnehmer virtuell dazuschalten kann. Ist doch nett, wenn man dann zwischendurch noch von wohl deutlich über 150m Höhe auf die Stadt blicken kann (mW der höchste Aussichtspunkt gleich nach der 200m hohen Plattform des Fernsehturms).


    Dass der Turm innerhalb seines direkten Umfelds im wahrsten Sinne des Wortes herausragt, kann man natürlich kritisch sehen. Ich hingegen denke, dass gerade Neukölln so ein zusätzliches Aushängeschild gebrauchen kann. Es ist übrigens auch nicht alles im Umfeld flach. Das Rathaus Neukölln ist knapp 70m hoch, die künftigen Türme des Karstadt immerhin 60m und das neue Hochhaus an der Karl-Marx-Straße wird wohl ebenfalls 70m hoch. Eine (zugegeben relativ lange aber für den Fahrgast doch recht kurze) S-Bahnstation weiter erheben sich dann Allianz-Turm, Edge und Co.

  • Ich finde den Turm auch absolut gelungen! Die Spitze des neuen Turms steht exakt gegenüber der Spitze des alten Turms und bildet somit ein Tor nach Neukölln.


    Die Lage an der Ringbahn passt perfekt zu der Idee an Sbahnhöfen rund um Berlin Cluster zu bilden wie am ostkreuz, Südkreuz, Landsberger Allee usw


    das Argument das im Umfeld ja nichts ist ist ja genau das tolle! Hier kann noch viel entstehen! Schon jetzt wird ja ein kleines Hochhaus mit 10 Etagen direkt daneben gebaut. Und die grossen Gewerbeflächen da am Kanal haben viel Potenzial für Veränderung. Berlin als wachsende Stadt braucht solche Gebiete und das Estrel mit Umfeld ist hoffentlich erst der Anfang ✨

  • Die Bodenplatte soll, lt. einem RBB Artikel vom 03.11.21 ca. 3,6 m dick werden.

    Hinsichtlich, des sonst üblichen Unterbaus d.h. Tiefgaragen kann ich mir vorstellen, das die ggf. unter in der geplanten Kongresshalle entstehen u./o. man angesichts des guten Verkehrsanschlusses gar nicht in großem Umfang damit plant.

  • Also, dass der Turm abseits liegt kann ich persönlich nicht ganz nachvollziehen. Er steht an der Ringbahn, somit am Beginn der Innenstadt. Solch eine Einschätzung kann nur jemand haben, bei dem die Mauer noch im Kopf vorhanden ist. Es gibt hier einen Anschluss an die Stadtautobahn (den Friedrichshain wahrscheinlich nie bekommen wird) und er ist der erste Wolkenkratzer den man sieht, wenn man vom BER kommt. Berlin ist halt dezentral gegliedert und hat kein richtiges Stadtzentrum. Auch ich bevorzuge Hochhauscluster (hier gibt es übrigens noch viel Freifläche...), aber auch ein einzelnes Hochhaus kann wirken- siehe Elbtower Hafencity Hamburg. Fakt ist: Dieser Wolkenkratzer mit 176 Meter wird 35 Meter ! höher sein als der Edge-Tower an der Warschauer Brücke und immer noch 26 Meter höher als das höchste Haus am Alex. Aufgrund der enormen Höhe (für Berliner Verhältnisse) bin ich verwundert, dass dieses Projekt in den Internet-Foren so vernachlässigt wird. Es werden zwar weitere Hochhausprojekte in Berlin geplant, aber keines ragt an die Höhe von 176 Metern heran. Auf absehbare Zeit, vielleicht Jahrzehnte, wird es das höchste Haus Berlins bleiben...