Die künftige Last der/s modernen Architektur/Städtebaus?

  • ^^
    Ich kann deinen Beitrag nicht entschlüsseln, verstehe also nicht was du zu sagen versuchst.


    Das "Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung" hat eine Jubiläumsedition "60 x Kunst am Bau aus 60 Jahren" herausgegeben.
    http://www.bbr.bund.de/BBR/DE/…_blob=publicationFile&v=3
    Das kann man sich als pdf herunterladen und sich die 60 Beispiele ansehen.


    Damit wäre zumindest geklärt was sich das Amt unter Kunst am Bau vorstellt. Es sind auch Beispiele aus dem Paul-Löbe-Haus in Berlin dabei. Für das Haus gibt es ein Angebot zu einer Kunst- und Architekturführung für die man sich im Internet anmelden kann. Daran habe ich dieses Frühjahr teilgenommen. Sehr interessant - kann ich empfehlen.


    weitere Infos zu "Kunst am Bau" auf der Seite des Bundesamtes
    http://www.bbr.bund.de/BBR/DE/…u_Standard.html?nn=541622

  • Genau das meine ich. Dass es z.B. für das Paul-Löbe-Haus eine Führung und eine Broschüre braucht, damit der Besucher überhaupt versteht was man sich bei dessen Entwurf dachte, kann einen nachdenklich stimmen.


    Das ist wie ein Maler, der erst erklären muss was er eigentlich gemalt hat.


    Von einem gewissen Standpunkt aus mag das durchaus berechtigt sein, ich finde aber Kunst sollte selbsterklärend sein, also ohne Bedienungsanleitung funktionieren.


    Diese diskussion ist eine über Geschmack und Meinungen. Schwierig, wie jede Diskussion über Kunst.

  • Ich vermute das Problem eher dort zu finden, wo der Entwurfsverfasser unter "rhytmisch-organisch angeordneten Fensterachsen und Balkonen", "gezielten Brüchen mit der historischen Nachbarschaft", oder "modernen Kontrasten zum Bestand" schon die Kunstfertigkeit seines Handwerks versteht, während sich der Laie unter Kunst am Bau doch eher etwas anderes vorstellt.


    Dass jeder Architekt sein Produkt für ein Kunstwerk hält, wo er die Anordnung der grauen Fleckem auf dem Weißputz für die meisterhafteste der 999999 ähnlicher Häuser hält, ist bekannt - aber nein, das kann hier nicht gemeint sein. Unter dem Link im letzten Beitrag hier habe ich ein Haus in Madrider Altstadt mit Wandmalereien und Neonkunst gezeigt - die halte ich für erwünschte Fassadenkunst. Ob diese jedem zusagt, eine andere Sache, aber Individualität schafft sie schon - meiner Frau ist das Haus sofort aufgefallen.


    Ich habe mir die Fotos des Paul-Löbe-Hauses angeschaut - als Solitär hat dieses leichter. Die übliche zu lösende Aufgabe ist eine Neubaustraße mit X Häusern, die man am besten gut unterscheiden sollte, damit kein Eindruck einer Großsiedlung entsteht. Mit Fassadenkunst ginge es leicht - man muss sie nicht mal verstehen, sie muss bloß jeweils einmalig wirken.

  • Dass jeder Architekt sein Produkt für ein Kunstwerk hält, wo er die Anordnung der grauen Fleckem auf dem Weißputz für die meisterhafteste der 999999 ähnlicher Häuser hält, ist bekannt


    ....ist bekannt? Woher soll das bekannt sein? Woher hast du deine Infos diesbezüglich? Gibt es Quellen? Hinweise? Oder hast du das einfach mal so geschrieben?

  • Gerade ergoogelte ich diese Buchbesprechung über Urbanität und Dichte, die mit einem Foto der kurz nach dem Krieg wiederaufgebauten Stadt Le Havre bebildert ist. Die Häuser mit Gesimsen und Fassadenprofilen, in klaren Straßenblöcken angeordnet, ähneln durchaus jenen, die auch heute errichtet werden, wo ich - u.a. im DAF - öfters lese, es sei Historismus - mE nicht mehr als die Nachbauten der gesimslosen Moderne. Immer wieder gab es auch in der Moderne Forderungen nach Straßenräumen und Plätzen, keinesfalls ist das Verständnis einer Stadt als chaotische Solitäransammlungen das einzige - selbst innerhalb dieser Strömung.


    Ein britischer Theoretiker der Moderne mahnte ein angemessenes Verhältnis der Bauten an, ohne unpassende Zwischenrufe - möge man dies mit der häufigen Ansicht vergleichen, nur schreiend unpassende 'futuristische' Bauten seien modern genug.


    Viel kommt es auf Nuancen an. Etwa das Brüsseler Project Empereur (#90) gleich neben der erhaltenen Reste mittelalterlicher Stadtmauer empfinde ich als weniger störend als das graue Nachbarsgebäude früher Nachkriegszeit links - vielleicht hatten die Architekten nicht die Absicht, um jeden Preis abzuheben. Mit gleichen Oberflächen hätte man es auch so machen können, dass der Neubau unangenehm auffallen würde. Die meisten Nachahmungen würden wahrscheinlich mächtig schief gehen.


    ----


    Noch zur Kunst am Bau - eine Düsseldorfer Kunsthalle erhielt eine merkwürdige Anlage, die ab und zu Wasserdampf ablässt - ähnlich wie in etlichen Außenrestaurants Südeuropas zur Abkühlung der Gäste. Ich konnte nie erfahren, was das Ding gekostet hat - nur dass der Künstler 50 Leute beschäftigt, was ein Zeichen für gesalzene Umsätze und Preise ist. Irgendwann löste das Dampfen den Feueralarm aus und die Anlage wurde abgeschaltet.


    So etwas würde ich nicht für 2% der Bausumme erleben müssen - eher allgemein erkennbare bildende Kunst. Dennoch etwa Wandmalereien im Dali-Stil oder ähnliche Skulpturen wären mir viel lieber als noch so ein Weißputzding. Und selbst wenn es keine explizite Fassadenkunst gibt, in vielen Ländern bietet die Fassadengestaltung grundsätzlich mehr - s. etwa hier unter #151/#160.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Architektur: Generalamnestie für Ornamente

    Die Welt erinnerte am 08.08, dass ein Jahrhundert seit dem apodiktischen Verbot der Ornamente vergangen sei, die A. Loos als Verbrechen denunzierte. Da er selbst teure Materialien mit natürlichen Muster wie Marmor wählte, wirft ihm der Artikel Heuchelei und Schwindel vor. Dennoch erlebe das Ornament im öffentlichen Raum seit mehreren Jahren eine vorbildlose Blüte. Der Artikel zeigt ein Foto einer ornamentierten Fassade - allerdings im Inneren eines EKZ.


    Die inflationär gewordene Mode der wild hin- und herspringenden Fenster u.ä. zeuge vom Auslaufen des Verbots und von der Feigheit der Architekten, sich zum diesen Verbot zu bekennen.


    BTW: Ein Beispiel der zeitgenössischen Ornamentik - die bunten Säulen vor dem Hotel hier auf dem ersten Foto. Gerne könnte es weit mehr ähnliche Beispiele geben.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Uralte Wege der Architektur?

    Gibt es den früher existenten Thread Architektur kontrovers diskutiert nicht mehr? Aus dem Schloss-Thread:


    Deswegen bekommen immer dieselben Verdächtigen solche Aufträge und die Bauen auch lieber was sich schon Bewährt hat weil, ein Experiment bedeutet einen neues Verdsicherungsrisiko was einem den Job kosten kann. Denn ein fehler bei einem großen Projekt bezahlt die Verssicherung nur einmal.


    Ein Risiko besteht nur dann, wenn man neue gewagte Konstruktionen ausprobiert, es gibt jedoch keins, wenn man auf bewährten Konstruktionen neue Gestaltungen ausprobiert. Nicht alle gelingen - wie etwa der hier kürzlich gezeigte Versuch des Digitalbarocks mit übergroßen Pixeln - doch aus einer Vielzahl der Versuche resultieren immer ein paar, die gefallen können. Diese Wege werden öfter gegangen, so entstanden immer neue Stile.


    Die Bauindustrie will nicht anderes als Betonklötze, die Architekten sind davon abhängig.


    Gemeint ist wohl die Immobilienwirtschaft, die Bauindustrie führt nur aus. Der Investorenwille wird öfters als Erklärung bemüht, etwa bei der Frage, wieso die Farbigkeit stets weiß-grau ist. Dabei wird jedoch verschwiegen - sobald das 0815-Schema durchbrochen wird, gibt es regelrechte Shit-Storms in den Architekturblättern, von den wahrscheinlich auch die Investoren was mitkriegen. Die rituell gewordenen Verrisse der lebendig gestalteten EKZ-Innenräume kratzen offenbar keinen Investor mehr (ein minimalistisches EKZ wäre finanzieller Selbstmord), woanders ist man vielleicht nicht so immun. Hätten die Architekten ernsthaft ein Ausbrechen aus dem Trott gewollt, hätten sie sich bestimmt bereits durchgesetzt.


    Nehmen wir als Beispiele solche bunte Eier, die mal auf einem öffentlichen Platz ausgestellt wurden (hier unter #28/#29) oder solche Portraits, die eine Baustelle monatelang zierten - wieso könnte Ähnliches nicht öfter dauerhaft auf Neubauten angebracht werden, die sonst völlig austauschbar wären?

    2 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Der Investorenwille wird öfters als Erklärung bemüht, etwa bei der Frage, wieso die Farbigkeit stets weiß-grau ist. Dabei wird jedoch verschwiegen - sobald das 0815-Schema durchbrochen wird, gibt es regelrechte Shit-Storms in den Architekturblättern, von den wahrscheinlich auch die Investoren was mitkriegen.


    Ich bin Architekt und lese viele Architekturblätter... Einen Shit-Storm wie du ihn beschreibst habe ich NOCH NIE gelesen!

  • @Shit-Storms

    ^ Da ich nicht viel Zeit für's Googeln investieren will, das erstbeste in wenigen Sekunden ergoogelte Beispiel - "Rekonstruktionsfarcen", "Sehnsüchte der Bürger instrumentalisiert" usw. Wie beim Berliner Schloss wurde in Braunschweig ein Teil der Aussenfassaden errichtet (mE immer noch besser als gar nichts), das Innere einem Programm angepasst, welches vom ursprünglichen abweicht. Wo bitte setzt sich dieses Medium dafür ein, dass die vergleichbaren Sehnsüchte der Bürger 100%-ig erfüllt werden?

  • ^Das nennst du einen Shitstorm? Ich habe das Gefühl, du willst unbedingt dein Feindbild "Moderne" aufrecht halten, und verstehst bewusst solche Kommentare- wie den in der Baunetz - absichtlich falsch. Was ist denn an der Aussage des Kommentators, der Bau sei lediglich eine rekonstruierte Fassade mit unpassendem Innenleben (Einkaufszentrum) falsch? Mit keinem Wort besagt der Kommentator, dass er generell gegen Rekonstruktionen ist, er gibt zu bedenken, dass Inhalt und Form in Braunschweig nicht passen. Man stelle sich vor, im rekonstruierten Berliner Stadtschloss wird ein Einkaufszentrum errichtet! Fändest du das gut? Wohl kaum! Nichts anderes will der Bericht im Baunetz aussagen!
    P.S.: gegen den Bau des ECE-Schloss in Braunschweig gab es seinerzeit ein Bürgerbegehren, in dem sich über 30.000 (!) Bürger gegen den Bau aussprachen.
    Zum Thema Shirtstorm: Lese doch mal die Kommentare hier im Forum, wenn ein moderner Neubau veröffentlicht wird! Oder kennst du die Internetportale Köln ist städtebaulich eine Offenbarung oder Stadtbild Deutschland? Hier kommt es IMMER WIEDER zu regelrechten Shitstorms gegen die Moderne (bzw. dass was sie unter Moderen verstehen)!

  • In einem Artikel in der Zeit beklagt der Autor die Hässlichkeit und Tristesse der gemeinen gegenwärtigen Hamburger Wohnneubauten.


    Die Hässlichkeit der deutschen Stadte beklagt ebenso Niklas Maak in der FAZ.


    Beide machen unterschiedliche Lösungsvorschläge, aber irgendwie bleibt der Eindruck, dass alle es nicht gut finden, wie es gerade läuft, aber keiner es wirklich verändert bekommt.

  • ^ Die Aufgabe der Zeitungsredakteure ist eher, die Fehlentwicklungen zu erkennen als Veränderungen durchzuführen. Der FAZ-Artikel liefert dennoch wichtige Hinweise wie das Fehlen der Durchmischung oder die Beschränkungen der maximalen Nutzungsdichte. Die Energiesparverordnung und die flächendeckende Barrierefreiheit sind in dem Artikel keine Tabus mehr.


    Der Zeit-Artikel erinnert, dass die Dichte an sich kein Problem sei - das Problem sei "eine Enge in Monotonie". Es wird mehr Vielfalt, mehr architektonischer Atmosphäre und Intensität gefordert - armselig, dass man heute vielerorts unmöglich für welche sorgen kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Meiner Meinung sollen die Innenstadchen zum form aus der Wende zum XX-sten Jahrhundert wiederaufgebaut werden (mit ausgewachlten Ausnahmen), naturlich mit den Gebauden aus spateren vorkriegs Zeiten. Ich bin nicht Bauinginier, aber ich habe mehrmals gehort, das die Altbaumiethaus zu reko ist viel biliger als man offentlich meint. Die leichte Konstruction udgl, nur die Hauen (nicht uberal ubrigens) vergrossen die Kosten.


    Ich habe die logistisch-ekonomische losungen mit vielen einfachen Einfallen erarbeitet, jetzt warte ich auf die Stelle in Stadtsamt in Stettin. Entschuldigung fur die sprachfehler, ich bin Pole, und die sprache beim diesen Thema ist ganz schwierieg.

  • Nichts gegen Bauingenieure - aber Architektur war mal eine bildende Kunstform.


    Glaub mir Bauingenieure sind absolute Fachidioten welche keine Fächerübergreifende Konnektivität kennen. Architekten sind Baurechtlich am ende die Bauplaner welche alle am Bau beteiligten Disziplinen zusammenbringen. Beide Disziplinen werden nicht richtig dafür ausgebildet bzw. werden kaum Spezialisierungen die man fast schon in einem eigenem Studium zusammenfassen könnte angeboten.
    Ich will jetzt hier nicht schon wieder meine Erfahrung im Studium wiedergeben, aber verkürzt gesagt ist einer der Hauptprobleme das Professoren nach Gutdünken unterrichten dürfen und das Hochschulen kleine Universitäten sein wollen obwohl sie eher sowas wie die Nachfolger der Handgewerkeschulen sind. Sie sollten eher vermehrt werden [sprich einige Unis sollten degradiert werden] und einen Fokus auf die Ausbildung zum Originären Bauen bekommen, während die Unis reduziert und dann dezidiert nicht Originäre Architektur aufarbeiten können + Theorie und Architekturgeschichte. Und natürlich sollte man die Ausbildungsplätze drastisch reduzieren und mehr Geld reinstecken so das lieber eine Qualität bzw. mehr Bauspezialisierungen die dringend benötigt werden ausgebildet werden. Ich kann mir sogar ein Einjähriges bindendes Grundstudium für Bauingenieure und Architekten vorstellen.
    Aber solange alle unter den Fittichen der Bauindustrie stehen die Lobbystisch das BauGB nach ihren Gutdünken auslegen und pervertieren, welche immer noch unter dem Mechanismus der Massenfertigung der Nachkriegszeit arbeitet. Braucht man sich auch nicht wundern das nur Eindimensionale Architekten und Bauingenieure ausgebildet werden die dann erst im Berufsalltag zurechtgeklopft werden auf irgend einen Nutzen.
    Naja und die Dogmen, wie gesagt, es gibt nun einmal eine Fiktionalisierung von Architekturgeschichte welche aus der Sicht der zwanziger Nachvollziehbar ist deren Aufrechterhaltung aber nur unter den Ökonomischen und Politischen Entscheidungen der späten Nachkriegsmoderne erklärbar ist. Man war halt nicht willens nach dem Wiederaufbau die wirtschaftlich wichtige Bauindustrie wieder zurückzufahren also musste man sie am Leben erhalten durch den Duktus der ständigen Erneuerung und "Verbesserung" der Architektur als ein Avantgardistische Kunstform die sich ständig selbst überholt. Seit den Siebzigern wird in den meisten Westlichen Ländern über bedarf gebaut. Die Folgen sind in Ökologische,Sozialer und letztendlich auch Ökonomischer Sicht bekannt. Vorallem Deutschland hat eine Absurd riesige Bauindustrie.

  • In der Tat ist pervers, dass die Wegwerf-Konsumkultur der 1960er nirgendwo so sehr überlebt hat, wie im Bausektor. Es ist inzwischen gar nicht mehr seltsam für uns, dass Gebäude so minderwertig zusammen geschustert wurden, dass diese jetzt, nach oft nicht einmal 30 Jahren Nutzungsdauer, schon im Kern marode sind und eine Kernsanierung benötigen, die ökonomisch dann oftmals zu Gunsten von Abriß+Neubau gleich aufgegeben wird.


    Das ist ein perverser Umgang mit Ressourcen, insb. in Zeiten, wo teils absurde Anstrengungen unternommen werden um Ressourcen zu sparen (bald haben wir ein halbes dutzend Mülltonnen daheim stehen, man diskutiert schon Fäkalien bei Neubauprojekten getrennt zu erfassen, um das Phosphat in unseren Fäkalien daraus besser zur Düngung zurück gewinnen zu können, man schlägt Stuckfassaden von Gebäuden - ohne Denkmalschutz, deswegen nicht weniger schade - ab um WDV Platten draufzukleben...).


    Zukunftsorientiertes Bauen ist daher nichts einer bestimmten Formensprache - gar das Monopol einer bestimmten Formensprache - sondern zukunftsorientiertes Bauen wäre zurück zu "Bauen für die Ewigkeit". Das ist keine romantische Niedlichkeit sondern für das Überleben der Menschheit notwendig. Der Bausektor ist der weltgrößte Konsument von Stahl, keine andere Industrie emittiert inzwischen mehr CO2 als die Bauindustrie - der ganze globale Flugverkehr emittiert beispielsweise deutlich weniger. Wir vergeuden Zeit und Geld und Ressourcen für Wegwerfarchitektur, die von Anfang an auch sichtlich als solche geplant wurde (das beginnt schon mit dem Flachdachfetisch deutscher Architekten - wir leben nun einmal in einem sehr niederschlagsreichen Land, bauphysikalisch ist ein geneigtes Dach nun einmal bzgl. Haltbarkeit absolut jedem Flachdach überlegen - aber anstatt das als gegebene Rahmenbedingungen hinzunehmen bleiben sie wie aus Trotz dabei und dann muss halt regelmäßig das Flachdach saniert werden, wieder Ressourcenverschwendung und so geht es in jedem Detail weiter).


    Diese Vorschläge hier sind ein wahrhaftes Denkmal für die Moderne des 20. Jh. - für das 20. Jh. an sich. Das Zeitalter, in dem es eine einzige Generation binnen ihrer Lebensspanne, die Nachkriegskinder, geschafft hat, einen Großteil aller planetaren Ressourcen aufzuzehren und diese durch gigantische Mengen "Waste" zu ersetzen. Ein Denkmal für eine Generation der technik- und machbarkeitsfixierten "Nach uns die Sintflut"-Egozentriker.


    Ja, und wenn das Gebäude dann in 30 Jahren wieder im Kern marode ist, so what. So what...


    Und nicht einmal die Politik interessiert sich dafür, obwohl sie uns mit immer mehr vermeintlichen Umweltschutzauflagen gängelt (vermeintlich, weil wir ja wissen, wer zB von den neuen und immer strengeren EnEV Auflagen profitiert, die Baustoffindustrie namentlich). Wenn schon die Politik nicht den Arsch in der Hose hat, bei solch einem Leuchtturm- und Vorzeigeprojekt der öffentlichen Hand die Nachhaltigkeit der Konstruktion in den Mittelpunkt zu rücken, auch als "Muster", dass ein modernes, großes Gebäude mit reichlich moderner Nutzfläche sehr wohl auch ohne tausende Kübel Sondermüll ("Bauchemie") zu verarbeiten etc machbar ist, ja wer soll das dann in die Hand nehmen?


    Die einzige Chance für dieses Gebäude internationale Aufmerksamkeit zu erlangen wäre ja auch genau das gewesen. Ausstellungsgebäude gibt es zigtausende weltweit und die hier vorliegenden Entwürfe sind nicht dazu geeignet, dieses neue Gebäude am Kulturforum zu mehr als zu einer Randnotiz der Architekturgeschichte zu machen. Mit einem Gebäude, welches auf Nachhaltigkeit fixiert ist, damit hätte man hingegen Aufsehen erregen können.


    Ach, dem Projekt ist einfach nicht zu helfen. Es wird ein aus Steuerzahlersicht total überteuerter, banaler Kasten mit großem Keller werden, der auch nicht gebaut wird um irgend ein Zeichen für die Zukunft zu setzen, sondern um sich die gespendete Privatsammlung zu sichern, wofür die Mäzene nun einmal einen solchen Neubau zur Auflage machten. Und das wird nun routiniert, mit deutschem Architektenmittelmaß und überteuert (200 Mio. für ausgebaute Kellergeschosse und etwas Hochbau obendrauf!) "abgearbeitet".

    2 Mal editiert, zuletzt von Pumpernickel ()

  • Haltbarkeit absolut jedem Flachdach überlegen - aber anstatt das als gegebene Rahmenbedingungen hinzunehmen bleiben sie wie aus Trotz dabei und dann muss halt regelmäßig das Flachdach saniert werden


    Da muss ich dir widersprechen, Baukosten-, Unterhalts-,Bauphysikalisch und Effizienzmäßig nehmen sich heutige [!] Spitz- und Flachdächer null. Tatsächlich ist das Problem beim Spitzdach das es anfälliger für Fehler beim Bauen an sich ist und das Flachdach anfällig bei nicht fachgerechter Dachabdichtung, sprich normaler Wartung. Das ist eigentlich egal.


    Der Bausektor ist der weltgrößte Konsument von Stahl, keine andere Industrie emittiert inzwischen mehr CO2 als die Bauindustrie


    Vergiß bitte nicht die schädlicheren Rohstoffe Sand, Öl und Seltene Erden.
    Wenn man dann noch das Transportwesen hinzuzählt und seine Ineffizente Zerstörungskraft ist sie auf Platz zwei nach der Lebensmittelindustrie.


    Zukunftsorientiertes Bauen ist daher nichts einer bestimmten Formensprache - gar das Monopol einer bestimmten Formensprache - sondern zukunftsorientiertes Bauen wäre zurück zu "Bauen für die Ewigkeit".


    Das ist ja das Ding, wir bauen bereits für die "Ewigkeit", weil Stahlbetonkonstruktionen so nun einmal sind, benutzen es aber nicht als solches. Das Marode ist immer nur die Dämmung als auch das schlecht ausgeführte Dach und der falsch gemachte Keller. Der Kernrohbau ist in 99% der Fällen immer top, was einfach daran liegt das man da wenig falsch machen kann, außer natürlich Bauorganisatorische Fehler mit falschen Beton usw.


    Mit einem Gebäude, welches auf Nachhaltigkeit fixiert ist, damit hätte man hingegen Aufsehen erregen können.


    Für wahre Nachhaltigkeit müsste man dann allerdings eine Menge Vorschriften über Bord werfen, die solch eine Ambition schon im Keim ersticken. Traurig aber wahr. Und wenn man doch eine Baukonstruktiv clevere Lösung findet scheitert an den Industrien.

  • Was vielen an der Stelle übrigens nicht bewusst sind: alle DIN und sonstige gesetzesfremde Baunormen sind nur Empfehlungen. Der Gesetzgeber selbst spricht von Vorgaben wie "Stand der Technik" und der Einfachheit halber rekurriert man dann eben auf die aktuellen Normen der Bauindustrie. Aber es ist prinzipiell möglich individuelle Lösungen ohne Baufachhandelkatalog einzusetzen. Und damit könnte sich ein Architekt bereits enorm abheben. Selbst bei der Wärmedämmung gibt es inzwischen einige clevere Alternativen wie Dämmputz in Kombination mit (wieder) dickerem Mauerwerk, als statisch unbedingt notwendig.


    Auch das war ja "Bauen für die Ewigkeit" - Ziegel und Mörtel, da hast du keinerlei Probleme wie korrodierende Betonstähle, ein Ziegel und Mörtel Gewerk hat eine schier unbegrenzte Haltbarkeit, hat bei entsprechender Dicke keine schlechten Dämmwerte. In meiner alten Grundschule war es auch ohne WDV, ohne die Heizkörper im Klassenraum besonders aufzudrehen, im Winter angenehm warm. Die Fenster waren dicht - und das Ziegelmauerwerk des alten Gebäudes aus dem 19. Jh. war in meiner Erinnerung meterdick. Als kleines Kind hat man da natürlich übertriebene Erinnerungen, aber du weisst sicher, wovon ich spreche.


    Und beim Dach - wenn du dir Kathedralen aus dem frühen Mittelalter anschaust, die Kriege und Brände überstanden haben, die haben noch ihren originalen Dachstuhl. Die ältesten Teile dieser Gebäude, die ohne Kernsanierung und Austausch viele Jahrhunderte überstanden haben, das ist das hölzerne Dachgebälk. Diese Haltbarkeit ist durch nichts anderes erreicht, meinetwegen auf unsere Lebensspanne betrachtet mag ein gut (!) gedichtetes Flachdach okay sein, aber nicht im Wortsinne von Bauen für die Ewigkeit.


    Dazu, das mag man wieder als subjektiv und somit irrelevant abstempeln aber es ist nun einmal eine Tatsache, findet das absolute Gros der Menschen klassische Gebäude mit Ziegel-Lochfassade und Satteldach einfach ästhetischer, als die jeweiligen, kurzlebigen Zeitgeschmäcker. Meine alte Grundschule, die diese Merkmale aufweist, vermag auch noch heute noch sehr gefällig im Stadtbild aufzutrumpfen. Das viel, viel, viel jüngere Gymnasium, welches ich später besuchte, kann als veritabler Schandfleck bezeichnet werden. Erst in den 1980ern erbaut, innen und außen schon komplett versifft und verschlißen, ein grauer, trister Klotz. Aus Stahlbeton, mit Flachdach usw., wie man eben "heute" baut.


    Sprich: Bauen für die Ewigkeit führt automatisch zu Rückgriff auf Baustoffe und Gewerke, die zumindest von der übergroßen Mehrzahl der Menschen als zeitloser und ästhetischer empfunden werden. Bis hinunter zum Purismus: ich weiss nicht wie es dir geht, aber ich finde einen bis auf den Rohbau entkernten Ausstellungsraum viel ästhetischer, wenn dieser aus blankem oder etwas verschlämmtem Ziegel-Mörtel Mauerwerk mit einem sichtbaren Holzgebälk-Dachstuhl darüber als Ausstellungshalle besteht, als wenn ich eine blanke "Stahlbetontiefgarage" vorfinde (beides gibt es ja in zig kleineren Ausstellungshallen jeweils zu sehen, puristische Ausstellungsräumlichkeiten sind ja heutzutage wie Sand am Meer zu finden).


    Das zeigt, viel mehr als auf die Architektur kommt es eben auch auf Materialität und Bauweise an - umgekehrt bedingt eine nachhaltigere Materialität und Bauweise automatisch eine angenehmer wirkende Architektur.


    Einige wie Chipperfield haben das verstanden. Überleg dir nur einmal, wie dieses Gebäude aussehen würde, wenn dessen Fassade statt aus Sichtziegelmauerwerk aus Sichtbeton bestehen würde:


    http://www.deutsches-architekt…p?p=399978&postcount=1344


    auf dem letzten Foto siehst du den 1:1 Kontrast von Sichtbeton und Ziegel-Mörtel. Der optische Unterschied liegt hier ausschließlich in der Materialität und Bauweise (aufgemauert statt gegossen).


    Architektur ist eben eine bildende Kunst. Inzwischen geht es aber nur noch um Schemen, siehe die Präsentation der 10 "Gewinner" des Vorentscheids. Nur Schemen, Umriße. Als wäre dies der Kern der Architektur, auf den man meint alles zurückführen zu können. Ein Fehlschluss.


    Alleine der Gedanke, diese vorgestellten Entwürfe mit einer besseren Materialität und Bauweise zu sehen, als das erwartbare Stahlbeton-Glas-Stahlträger Gemisch, würde enorm versöhnen.


    Dazu noch möglichst viel Bauchemie-Sondermüll durch cradle-to-cradle Substitute ersetzen und eben die nachwachsenden Rohstoffe wie Holz verwenden und du hättest bereits ohne argen Zusatzaufwand ein wesentlich nachhaltigeres Gebäude, welches auch mit Würde und Patina altert. Und "gemütlicher" und ansprechender rüberkommt (Aufenthaltsqualität). Selbst im denkbar puristischsten Zustand - von Ziegel/Mörtel Mauerwerk reflektiertes Kunstlicht gibt eine ganz andere Lichtfarbe- und Qualität, als von Sichtbeton reflektiertes Licht. Gerade auf den absoluten, minimalen Kern eines Gebäudes zurück geführt wird deutlich, dass es auf Materialität und Bauweise ankommt.

  • Aber es ist prinzipiell möglich individuelle Lösungen ohne Baufachhandelkatalog einzusetzen. Und damit könnte sich ein Architekt bereits enorm abheben.


    Tut mir leid da muss ich dir aber widersprechen, weil wenn man als Architekt zum Bauamt geht und muss man das genehmigen lassen. Da nun mal die ENeV längst bindend ist muss man Minimalwerte der "Energieeffizienz" nachweisen. Das genehmigen richtet sich dann nach dem Katalog der Beamten und da kommen alte Bauweisen nicht vor, Bauindustrie sei dank weil diese nicht Empirisch bindend erforscht "sind". Der Spielraum ist da eng, hinzu kommt dann das Investoren meist versuchen Zertifikate zu bekommen um den Verkaufswert zu erhöhen, selbst wenn der Bau "Normal" ist. Ein Bekannter von mir hat seine Diplomarbeit über das Thema geschrieben und ist zu dem Schluss gekommen das sie nur Zusatzkosten und mehr Bürokratie führen oft aber sich auf die Klassischen ENeV-Konstruktionen stützen. Natürlich kann man immer davon abweichen aber dann nur mit Denkmalverordnungen oder man muss sich eine Sondergenehmigung für Abweichende Methodiken holen, dann kannst du dir ja vorstellen wie viele solch ein Risiko zusammen mit den Geldmitteln aufbringen wollen.


    die ohne Kernsanierung und Austausch viele Jahrhunderte überstanden haben, das ist das hölzerne Dachgebälk.

    Also die Kathedralen musst du mir mal nennen, weil ich es bezweifle.
    Selbst wenn würde ich von Holz komplett Abstand nehmen. Ja es ist ein nachwachsender Rohstoff aber nur ein langsamer. Man sollte alle noch erhaltenen Großwälder eher schützen und versuchen auf soviel Holz wie möglich verzichten bis sich eine Grundstock wieder regeneriert hat. All diese Holz-Hochhäuser-Ideen sind der reinste Schwachsinn.


    Architektur ist eben eine bildende Kunst. Inzwischen geht es aber nur noch um Schemen, siehe die Präsentation der 10 "Gewinner" des Vorentscheids. Nur Schemen, Umriße. Als wäre dies der Kern der Architektur, auf den man meint alles zurückführen zu können. Ein Fehlschluss.


    Nagut es ist die erste Runde in dem man erstmal eher Massestudien und Grundbedingungen anreißt, das ist okay so.


    Bauen für die Ewigkeit führt automatisch zu Rückgriff auf Baustoffe und Gewerke, die zumindest von der übergroßen Mehrzahl der Menschen als zeitloser und ästhetischer empfunden werden. Bis hinunter zum Purismus: ich weiss nicht wie es dir geht, aber ich finde einen bis auf den Rohbau entkernten Ausstellungsraum viel ästhetischer, wenn dieser aus blankem oder etwas verschlämmtem Ziegel-Mörtel Mauerwerk mit einem sichtbaren Holzgebälk-Dachstuhl darüber als Ausstellungshalle besteht,


    Da geb ich dir recht, aber dafür braucht man fähiges Handwerk. Gibt es nicht und die Bauindustrie will es nicht.


  • Ja, und wenn das Gebäude dann in 30 Jahren wieder im Kern marode ist, so what. So what...


    Das ist das einzig Erfreuliche an diesen Ungetümen: dass sie auch bald wieder weg sind. Zum Glück!


    es grüsst
    ihr
    fräulein

  • Bei all dem wollen wir doch bitte nicht die Praxiserfahrung ausblenden. Es gab und gibt einen Grund, warum durch alle historischen Baustile hindurch, angefangen in der Antike bis zur "Jahrhundertwende-Architektur" a lá Jugendstil, gewisse Materialien (in gewisser Witterungsumgebung) ständig wiederholt wurden. Die Erfahrung zeigte halt, was sowohl bauphysikalisch wie ästhetisch "gut" alterte und was nicht.


    Gut, die Architektur der Moderne in ihrer unverkennbaren Arroganz meinte dann freilich im 20. Jh. das Rad neu erfinden zu müssen und musste all diese Erfahrungen im Schnelldurchlauf nochmal machen. Weil man meinte, wenn man mit der Ästhetik aller historischen Baustile bricht, dann muss man ja auch unbedingt mit der ganzen Erfahrungen bzgl. Materialität und Konstruktionsweise brechen.


    Es folgten wortwörtlich "unschöne" und auch teure Lektionen für zahlreiche Gebäudebesitzer, die sich auf "moderne" Konstruktionen einließen (insb. die öffentliche Hand, die in den Nachkriegsjahrzehnten gigantische Betongebirge für öffentliche Einrichtungen errichten ließ, im Vetrauen auf die damaligen Versprechungen, allesamt im Kern marode Sanierungsfälle, denen man finanziell eigentlich gar nicht mehr Herr werden kann).


    Inzwischen gilt eigentlich (wieder) als allgemein gesichert und anerkannt, welche Baumaterialien und insb. welches Fassadenmaterial für ein ansehnliches Gebäude, welches ansehnlich altert, geeignet ist und was eben auch nicht. Unabhängig von vorhandener Ornamentik und ebenso beim maximal puristischen Zweckbauten.


    Wenn dann tatsächlich, noch dazu in prominenter Lage und bei Projekten mit erklecklichen Budgets, alte Fehler wiederholt werden - dann führt das bei vielen Beobachtern einfach zu Frust. Weil man in etwa weiss, wie das Gebäude mittelfristig aussehen wird. Und uns über viele Jahre erhalten bleiben wird. Mindestens bis es abgeschrieben ist. Und man sich vielleicht in Gesellschaft der Kirche, die eh schon ein bischen von der bisherigen Bebauung in der näheren Umgebung "kleingedrückt wird", durchaus etwas hätte einfallen lassen können, was zB die Materialität der Kirche aufnimmt und ebenso, wie die Kirche, auch mit massiven Witterungsspuren "schön" altert.


    Solche Betonexperimente, ... ja gut. Es ist nun wie es ist. Wir werden damit leben müssen. Hoffen wir, dass die Kirche die nächste große Baustelle in 30 Jahren nochmal übersteht...


    PS: vielleicht erinnert sich mancher noch an meine überzeugte Gegenrede bzgl. des Sichtbetonbauwerks für die neue Tramhaltestelle vor dem Hbf Berlin. Auch unverkleideter Sichtbeton, der nur angestrichen ist. Ich will ja nicht sagen I told you so, aber... ich sags trotzdem. Bereits jetzt, kein Jahr nach Einweihung, beginnt die Oberfläche zu "schmuddeln". Nach weiteren 100 Regengüßen bzw. einem weiteren Berliner Winterhalbjahr und man wird sich schon wieder beginnen auf den Abriß zu freuen.


    Was hat eine Tramhaltestelle mit einem Wohnhaus zu tun? Ja nun - unverkleideter Sichtbeton mit einem Farbstrich drüber, das hat es damit zu tun. Als "Materialprobe" ist es ja wurscht, ob die Oberfläche zu einer Tramhaltestelle oder einem Wohnhaus gehört.