Stadtgespräch Berlin / dies und das

  • Weder hat RL "seelische Wunden auszumachen" versucht, wie Berlinier polemisch unterstellt noch fügt sich die Vorstellung, dass sie "dem Ossi" erkläre, was er wolle (Georges Henri), zur gleichzeitig geäußerten Kritik, sie sei zu behutsam bzw. zu moderierend.


    Was RL sehr eindrücklich, wie ich finde, schildert, ist die Tatsache, dass sie bemerkte, wie sehr in Berlin (und hierin so ganz anders als in Zürich), geschichtliche Wunden, insbesondere auch in Folge der Ost-West-Teilung, weiter wirken, in städtebaulichen und architektonischen Debatten stets mitlaufen und diese mehr oder weniger untergründig prägen. Und dass sie ihre Schweizer Herkunft hier als hilfreich empfunden hat, weil dies eine gewisse vertrauensstiftende Neutralität bedeutete, die den Dialog über die Gräben hinweg erleichterte. Angesichts der Blockaden und sonstiger Probleme, die aus Polarisierungen erwachsen, wüsste ich nicht, was man vernünftiger Weise dagegen einwenden könnte, wenn jemand Gräben zu überbrücken versucht, zumal sie ja nicht sagt, das sei das einzige oder wichtgste Problem Berlins. Dass aber gerade diese Ost-West-Frage hier sofort polemisch-verzerrende Energien mobilisiert, beweist performativ genau das, was in Abrede gestellt werden soll: Das die Ost-West-Teilung in Berlin städtebauliche Fragen weiterhin prägt und vergiftet.

  • Ich hatte gar nicht erwartet, dass mein Link-Hinweis zu dem RL-Interview so viel inhaltvolle Kommentare lostreten würde. Mir ist wichtig, zu trennen zwischen einerseits der subjektiven Einschätzung und dem Respekt vor einer interessanten Persönlichkeit und andererseits der ebenfalls subjektiven Beurteilung ihrer fachlichen Meinung und inhaltlichen Arbeit. Genau das ist doch das Wesen der unter uns notwendigen, dialektischen Streitkultur!

  • Und dass sie ihre Schweizer Herkunft hier als hilfreich empfunden hat, weil dies eine gewisse vertrauensstiftende Neutralität bedeutete, die den Dialog über die Gräben hinweg erleichterte.

    Man muss es auch vor dem Hintergrund sehen, dass sie in der Stadt eigenen Angaben nach "niemanden kannte" als sie 2007 nach Berlin ins Amt kam. Sie wusste also überhaupt nichts davon was Berliner so umtreibt. Für mich entsteht in etwa das Bild einer sehr fachlich orientierten Frau, man könnte sagen einer "typischen Schweizerin", die sich eigenen Angaben nach in Zürcher Jahren hauptsächlich mit Detailfragen in der Architektur beschäftigt hat. Große städtebauliche Visionen zu entwickeln und mit politischen Idealen und Zielsetzungen zu kombinieren, die darüber hinaus auch noch ideologische Gräben überbrücken sollen, dieser Ansatz war neu und wie zwischen den Zeilen herauszuhören ist, auch eine Herausforderung für sie mit der sie nicht unbedingt gerechnet hat. Das sie sich vor diesem Hintergrund in den Jahren zu einer Moderatorin entwickelt hat, scheint auch logisch, immerhin möchte sie -man könnte wieder sagen typisch Schweizerin, niemandem auf die Füße treten. Würde ich als Berliner einen Senatsposten in Zürich erhalten, würde ich wohl ähnlich vorgehen und mich ebenfalls eher moderativ und abwägend verhalten. Insofern ist es charakterlich verständlich, aber letztlich nicht das was Berlin in diesen Zeiten braucht.

    Was wir brauchen ist ein Macher oder eine Macherin. Eine Person, die die Ärmel hochkrempelt, sich die Stadt zur Brust nimmt und ordentlich Baumassen ausweist, nachverdichtet und der Stadt eine Vision gibt, die nicht blos von "grünen Archipeln" träumt, sondern reale Entwicklungsgebiete ausweist und Potentiale bietet, um architektonisch zu anderen westlichen Metropolen aufschließen zu können. Nichts davon kann ich mir mit ihr vorstellen. Deshalb ist es Zeit für einen Wechsel.

  • THEORIE "schmuckvolle Fassaden sind heute zu teuer"!

    Ich glaube, man ist nicht ganz ehrlich zu uns...


    Wie oft habe ich die Erklärungen gehört, man hatte nach dem Krieg ganz andere Sorgen und man konnte die historische Bausubstanz und Fassaden nicht erhalten. Was wurde also stehen gelassen z.B. am Alexanderplatz oder am Anhalter Bahnhof:

    Zufällig immer die einfältigen modernen Bauten von Behrens und seinen Mitstreitern.


    Das kann nicht nur am stabilen Stahlskelett gelegen haben. Immer mehr Bilder tauchen im Internet von Berlin 1945 auf. Da war noch sehr viel Bausubstanz vorhanden. Die alten hochwertigen Gebäude waren oftmals stabil wie Burgen gemauert worden und wieder aufbaufähig. Teilweise war die Beseitigung teurer als eine Nachnutzung und der Anhalter Bahnhof brauchte drei Sprengversuche. Trotzdem haben modernistische Stadtplaner (die teilweise schon unter den Nazis tätig waren) flächendeckend abgerissen.


    Zu den Neubauten.

    Die monotone James Simon Galerie (sehr viele "handwerkliche hochwertige Schmuckteile" lassen sich dort wirklich nicht entdecken) kostete 134 Mio. Die Elbphilharmonie 866 Mio. Die einfältige Glasfassade der Akademie der Künste, die sich nicht in den Pariser Platz einfügt liegt bei 77 Mio. Der dort gestaltete Brutkasten, der unter zahlreichen Wasserschäden leidet, muss immer wieder erneuert werden. Die mehrfach geklebten Scheiben, die wie beim Kaufhaus Lafayett "unbedingt an Schnallen" vor dem Gebäude "schweben" sollen, stürzen leider zahlreich hinunter. Auf diese Weise werden auch sehr teure Natursteine vor den Fassaden vieler Gebäude befestigt, was zu einem sehr einfältigen Aussehen, zu Dreckschlieren und wenig Haltbarkeit führt.


    Die handwerklichen wertvollen und vielfältigen Schlossfassaden (mit Innenhöfen) haben dagegen nur etwa 100 Mio. gekostet!


    Fragen wir lieber nicht wie viel Per Kirkeby für den "Figuren-Schmuck" auf den Dächern des Bundesrates bekommen hat. Seine mutige und natürliche "zeitgemäße" Arbeit besteht aus ungestalteten, aber hoch bezahlten Klumpen ... Die Schlossbauhütte hätte dafür wirklich Figuren erschaffen können. So viel zur Handwerkskunst und den Baukosten.





    2 Mal editiert, zuletzt von dermont ()

  • ^ Was sind das denn bitte wieder für Vergleiche? Die Baukosten von Elbphilharmonie, Akademie der Künste und James Simon Galerie, mit den reinen Fassaden(mehr)kosten der rekonstruierten Schlossfassaden zu einer konventionellen Lösung ins Verhältnis setzten. Diese plumpe Meinungsmache bitte das nächste Mal noch fetter schreiben und mit weiteren Ausrufezeichen versehen.


    Zur Info: Die Schlossfassaden tragen sich noch nicht mal selbst, sondern sind alle Nase lang mit Ankerschienen mit einer Betonfassade verbunden - diese und die Wärmedämmung gehörten auch zur Fassade, aber werden bei den zelebrierten 100 Mio. immer gern weggelassen. Man hätte auch direkt die Wärmedämmung verputzen (WDVS) können und hätte 100 Mio. gespart - mit abgespeckter Statik sogar noch mehr.


    PS: Und nein, ich bin keine Gegner der rekonstruierten Schlossfassaden (Ausrufezeichen). Manchen Quatsch kann man nur einfach nicht so stehen lassen.

  • Diese plumpe Meinungsmache bitte das nächste Mal noch fetter schreiben und mit weiteren Ausrufezeichen versehen.

    Sie empfinden es aber offenbar nicht als Meinungsmache, wenn Sie hier im Forum behaupten Handwerkskunst und Dekorationen sind grundsätzlich zu teuer? Es hat doch keiner behauptet, dass man die Zahlen in Reinnatur vergleichen kann (und Sie können die Anker an der Schlossfassade gern hinzurechnen), aber Tendenzen und die Qualität werden sichtbar und „immer teurer“ stimmt eben auch nicht.


    Vielleicht schärfen Sie Ihren Blick für die Gerechtigkeit auch mal bei anderen Artikeln, z.B. wenn bei Gründerzeitfassaden immer von „ranklatschen und teuer“ gesprochen wird.

    Haben Sie sich schon über den „Quatsch und die Meinungsmache“ aufgeregt, die zum Abriss der Gedächtsniskirche, des Anhalter Bhf., usw. geführt haben und bis heute gerechtfertigt wird, aufgeregt?

  • Moderation, bitte walten Sie Ihres Amtes.

    danke für den Hinweis, denn „das mit dem Ranklatschen“ stammt ja regelmäßig von Ihnen. Nutzen Sie doch bitte eine Sprache, die weniger abfällig ist. Es gibt auch Menschen die Dekorationen mögen. Danke

  • Sorry, aber bei Styropor und Riemchen und Komponenten fällt mir beständig keine andere Wortwahl ein. Ansonsten bedarf gute Architektur keiner Dekoration, das ist meine feste Überzeugung. Gute Architektur kann durchaus über schöne Details verfügen aber das hat nichts mit Dekoration oder Ornamenten zu tun. Ein großes Mißverständnis dem auch Sie erliegen.

  • @dermont

    Mit Ihren Beispiel haben Sie doch gerade das Gegenteil verdeutlicht, dass qualitätvolle "Handwerkskunst und Dekoration" teurer ist (von zu teuer habe ich nie gesprochen) und Ihrer usprünglichen Intentionen einen Bärendienst erwiesen. Qualität hat halt ihren Preis, nur manche setzten Qualität mit einem subjektiven Schönheitsempfinden gleich, oder Handwerk mit Dekoration. Es soll sogar qualitätvolle Architektur der "Moderne" geben, bei der man auch "Handwerkskunst" (bzw. Kunsthandwerk) finden kann.


    An dieser Stelle möchte ich auf das "Haus ohne Augenbraun" verweisen, Qualität und Kunsthandwerk ohne Dekoration.


    PS: Über Dinge die vor der Geburt meiner Eltern passiert sind, rege ich mich eigentlich nicht mehr auf. Wer rechtfertigt denn Ihre genannten Abrisse - oder geht es Ihnen wieder vielmehr darum eine Rekonstruktionsdebatte loszutreten?

    Einmal editiert, zuletzt von Timmi ()

  • Sorry, aber bei Styropor und Riemchen und Komponenten fällt mir beständig keine andere Wortwahl ein. Ansonsten bedarf gute Architektur keiner Dekoration, das ist meine feste Überzeugung. Gute Architektur kann durchaus über schöne Details verfügen aber das hat nichts mit Dekoration oder Ornamenten zu tun. Ein großes Mißverständnis dem auch Sie erliegen.

    Sagt wer? Gute Architektur hat seit tausenden Jahren Ornamente und Dekoration. Und dann kommt eine Generation radikaler Anti-Künstler in den faschistischen 30er Jahren hoch und schafft die Baukunst ab? Und ein paar ältere Herren verteidigen diese Linie? Das kann uns dann aber auch egal sein...

  • An dieser Stelle möchte ich auf das "Haus ohne Augenbraun" verweisen, Qualität und Kunsthandwerk ohne Dekoration.

    Ausgerechnet ein Werk Adolf Loos - dieses pädophilen Geisteskranken ....wahhhh, da dreht sich mir ja der Magen um. Das war doch genau der Anfang allen Übels. Dieser hetzerische Verfasser von "Ornament und Verbrechen", dem "Mein Kampf" der Architekturgeschichte ist aus meiner Sicht kein Denkmal, sondern ein Mahnmal zu setzen...

  • Verbote in der Architektur gehören mich grundsätzlich nur in totalitäre Gesellschaften.

  • < und <<

    Oh Mann, Sie sind echt eine wahre Zierde für jedes Architekturforum ...

    kein Grund beleidigend zu werden, oder ist die Identifikation mit adolf so groß?

  • Ausgerechnet ein Werk Adolf Loos - dieses pädophilen Geisteskranken ....wahhhh, da dreht sich mir ja der Magen um. Das war doch genau der Anfang allen Übels. Dieser hetzerische Verfasser von "Ornament und Verbrechen", dem "Mein Kampf" der Architekturgeschichte ist aus meiner Sicht kein Denkmal, sondern ein Mahnmal zu setzen...

    Ihnen ist wohl das Steak bei Tony Romas nicht bekommen. Anders kann ich mir Ihre Ausfälle nicht erklären.

  • Dass Loos tatsächlich wegen Pädophilie vor Gericht kam und sie bei ihm Hunderte Kinderpornos von teil 5-6-Jährigen gefunden haben, habe ich gerade erst nachgelesen. Sein Status als geistiges Vorbild dürfte damit wohl tatsächlich einen ordenlichen Kratzer offenbaren, auch wenn der Besitz von Kinderpornos in den 20ern (bedauerlicherweise) nicht illegal war. Auf seinen hysterischen Satz, das Ornament sei ein Verbrechen, möchte man ihm zurufen, er möge lieber in sich gehen und sich mit ganz handfesten Verbrechen beschäftigen.

  • .. und was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? Und wieso sollte es in einem Architekturforum irgendeine Rolle spielen ausser der, denjenigen absolut zu diskreditieren!? Es gibt Millionen von Architekten und Stadtplanenden, weiß der Teufel was der die das für Dreck am Stecken hat, und es interessiert mich nicht die Bohne. Und erst Recht sollte es keinen Einfluß auf die Beurteilung eines beruflichen Werkes haben.

    Unglaublich diese Einlassung und dieses Ausufern zu einem Thema, wie dem Leipziger Platz. Ich empfehle dringenst zu diesem zurückzukehren.