Sanierung Europaturm aka "Ginnheimer Spargel" (337,5 m)

  • Europaturm ("Ginnheimer Spargel")

    Es gibt Überlegungen, den Europaturm wieder öffentlich zu nutzen. Konkret scheinen sie nach der heutigen Pressemitteilung der Stadt nicht zu sein:


    Noch immer gehört der Frankfurter Europaturm mit seinen 331 Metern zu den höchsten Fernmeldetürmen der Welt. Der „Ginnheimer Spargel“, wie ihn die Frankfurter kurz nach seiner Fertigstellung 1979 liebevoll tauften, war neben seiner technischen Nutzung viele Jahre lang ein Magnet für Millionen von Touristen, Gourmets und Partygängern. Bis heute ist er als Funkstandort in Betrieb, jedoch für Besucher nicht mehr zugänglich. Gemeinsam mit dem Hamburger Bundestagsabgeordneten und Obmann im Bundestags-Haushaltausschuss Johannes Kahrs besichtigte Oberbürgermeister Peter Feldmann das Bauwerk, um über neue Nutzungsmöglichkeiten und eine mögliche Öffnung für die Bürger nachzudenken.

    Oberbürgermeister Feldmann sagte: „Viele Frankfurter sind damit groß geworden, dass sie mit ihren Familien oder mit Besuchern aus anderen Städten von der Aussichtsplattform auf unsere Skyline, auf den nahen Taunus geschaut haben. Auch ich kann mich noch gut daran erinnern, auch daran, dass der „Ginnheimer Spargel“ ein Erkennungszeichen ist, das uns bei der Heimreise immer ein Gefühl von Zuhause ankommen vermittelt. Es wäre großartig, wenn es uns gelänge, dieses Frankfurter Wahrzeichen wieder allen Frankfurtern zugänglich zu machen.“

    „Früher standen Fernsehtürme für Fortschritt, Technik und Zukunft - heute für Heimat, Freizeit und Geschichte. Fernsehtürme wirken erst, wenn sie für alle geöffnet sind. Nur Tun bewegt“, fügte Kahrs hinzu. Der Geschäftsführer der Deutsche Funkturm, Bruno Jacobfeuerborn, sagte: „Der Europaturm ist in doppelter Hinsicht ein prägendes Bauwerk für Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet. Er versorgt die Region seit 40 Jahren mit wichtigen Funkdiensten und wird auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil der Medieninfrastruktur sein. Gleichzeitig ist er als Wahrzeichen nicht mehr aus der Frankfurter Skyline wegzudenken.“

    Nachdem das innerstädtische Fernmeldehochhaus als Antennenträger für Richtfunkstrecken nicht mehr ausreichte, entschied sich die damals verantwortliche Deutsche Bundespost zum Bau des Fernmeldeturms. Nach fünfjähriger Bauzeit war der mit seiner Antenne 337,33 Meter hohe und 75 Millionen D-Mark teure Europaturm fertig. Mit einem Durchmesser von 59 Metern ist die sechs Stockwerke hohe Kanzel in 227 Metern Höhe die weltweit breiteste. Sie ermöglicht einen grandiosen Blick über das gesamte Rhein-Main-Gebiet.
    Kein Wunder, dass dieser einzigartige Platz über viele Jahre hinweg als Diskothek, Restaurant und Aussichtsplattform genutzt wurde. Mehrere leistungsfähige Aufzüge brauchten die Besucher mit einer Geschwindigkeit von 4 Metern pro Sekunde nach oben. In den sechs Salons des Restaurants fanden bis zu 220 Gäste Platz und in der Diskothek traten damalige Schlagerstars wie Rex Gildo, Jürgen Drews und Bata Ilic auf.

    Allerdings war es trotz des riesigen Zuspruchs und meist ausgebuchter Plätze schwierig, die Einrichtungen wirtschaftlich zu betreiben. So wurde der Europaturm 1999 für die Öffentlichkeit geschlossen. Dies hatte auch mit den Auflagen der Brandschutzordnung zu tun, die einen Millionenaufwand erfordert hätten. Die technischen Rahmenbedingungen hatten sich mit den Jahren ebenfalls geändert. Techniker mussten das Gebäude nur noch selten besuchen, weil die modernen Sendeanlage längst aus der Ferne gesteuert werden können.

    Als Nachfolgerin der Deutschen Bundespost bietet heute die DFMG Deutsche Funkturm den Turm verschiedenen Unternehmen als Standort für Funkdienste an. Dazu zählen unter anderem digitales Fernsehen, analoges und digitales Radio, Richtfunkverbindungen für besonders hohe Datenübertragungen, Mobilfunk sowie spezielle Datendienste zur Unterstützung von High Frequency Trading.



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    Bild: Stadt Frankfurt am Main

  • ^ In der heutigen hessenschau gibt es einen Videobericht mit tollen Bilder aus dem Inneren und Außenaufnahmen vom Turm und Drumherum.


    Evtl. ist das Stuttgarter Modell eine Möglichkeit um den Turm brandschutztechnisch zu ertüchtigen und der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen.

  • Was genau ist denn das "Stuttgarter Modell"?
    In dem Beitrag finde ich dazu nichts, und auch google war mir keine Hilfe...

  • Die Fernsehtürme waren seinerzeit "Bauwerke in öffentlicher Trägerschaft", d.h. die Deutsche Bundespost benötigte keine Baugenehmigung, sie verantwortete den Bau selbst. Nach der Privatisierung der Post im Zuge der Postreform verloren die Funktürme ihre rechtliche Eigenschaft. Sie wurden praktisch über Nacht zu banalen Sonderbauten nach Landesbauordnung. Nach der erstbesten Sonderbaukontrolle erfolgte die Schließung, weil sie die Anforderungen des Brandschutzes nicht erfüllten.


    In Stuttgart führte eine private Initiative zusammen mit dem SWR die Sanierung durch und erreichte die Wiedereröffnung, vermutlich ist das mit "Stuttgarter Modell" gemeint.

  • Korrekt tunnelklick, dass meinte ich mit ''Stuttgarter Model''.


    Dort wurde der fehlende 2. unabhängige Fluchtweg, wie auch hier, bemängelt. Ich gehe davon aus das nicht nur der Europaturm ab dem Zeitpunkt seiner Privatisierung brandschutztechnisch als HH eingestuft und behandelt wurde. Wie tunnelklick erwähnte, galten bei der ursprünglichen Planung andere Kriterien und natürlich wurde ein nach heutigen Kriterien 2. unabhängiger Fluchtweg (Treppenhaus) nicht geplant und gebaut. Folglich ist ein nachträglicher Anbau oder Einbau eines separaten Treppenhauses oder der Umbau des existierenden keine Lösung, besonders wenn die Deutsche Funkturm diese Aufwendungen nicht den technischen Nutzern umhängen kann.
    In Stuttgart wurden alle Kabel ausgetauscht und zusätzlich wurden die Hochfrequenzkabel mit einer Metallkanal ummantelt und dieser Kanal ist in 1,5 m lange Schotts unterteilt.
    Die bestehende Treppenanlage zusammen mit der brandschutzertüchtigten Aufzugsanlage wurde mit den anderen Maßnahmen in Stuttgart als ausreichend bewertet um den Turm wieder für Besucher freizugeben.


    In dieser interessanten Dokumentation zur Historie des Turmes geht's zw. 7'05'' und 10'15'' um diese Ertüchtigung.
    Während dieser Sanierung mussten auch die asbesthaltigen Wasserleitungen ausgetauscht werden, siehe zw. 20'27'' und 21'40''.
    Ist dies auch hier ein Thema?


    Ergänzend noch ein FAZ-Artikel vom 28.11.2010 der sich mit dem Leerstand und fehlenden Brandschutz für eine öffentliche Nutzung beschäftigt, soweit also nichts Neues im Nordwesten.
    Ein Bewirtungsbetrieb wird m.E. die Sanierungskosten, in Stuttgart fielen 1,8 Mio. EUR an, schwerlich einspielen wenn die Parteien bei anderen Positionen keine Kostenreduktion vereinbaren.
    Wurden seiner Zeit im Europaturm nur die Brandlasten im Besucherteil entfernt?

    4 Mal editiert, zuletzt von main1a () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Voraussetzung für eine mögliche Wiederöffnung des Europaturms, es wäre die höchste offene Aussichtsmöglichkeit in Deutschland, ist die Sanierung des Turms. Das ergibt sich aus einer aktuellen Pressemitteilung der Stadt Frankfurt. Heute hat der Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen, heißt es dort weiter, sich an der Sanierung des Fernmeldeturm mit 50 Prozent der Kosten zu beteiligen. Zugrunde liegt ein entsprechender Antrag der Deutschen Funkturm GmbH, einer Tochter der Deutschen Telekom. Hier wird der anteilige Betrag mit 24,758 Millionen Euro beziffert.


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    Bild: Schmittchen


    Seit dem vergangenen Oktober steht der Europaturm unter Denkmalschutz. Der in den Jahren 1974 bis 1979 nach einem Entwurf von Johannes Möhrle und Peter Metzger im Auftrag der Deutschen Bundespost erbaute Turm sei zum Zeitpunkt seiner Erbauung "Inbegriff modernster Kommunikationstechnologie" gewesen, teilte Markus Harzenetter, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, am Donnerstag in Wiesbaden mit . Seine Erhaltung sei aus geschichtlichen, städtebaulichen und technischen Gründen von öffentlichem Interesse .

  • ^ Das heutige analoge HK greift dieses Thema auf und Bruno Jacobfeuerborn (Geschäftsführer der Deutsche Funkturm GmbH) äußert seine Einschätzung das es ein "Marathon" bis zur Wiederöffnung für die Öffentlichkeit ist. Denn die restlichen Millionen sollen das Land Hessen und die Stadt Frankfurt besteuern so die geäußerte Erwartungshaltung von Benedikt Albers (Sprecher der DFMG). Der DFMG schwebt eine Kostenträgerschaft vor wie sie in Hamburg und Dresden bei den dortigen Sanierungen zur Anwendung kam. Am 12. Dezember soll der Doppelhaushalt 2020/2021 ins Stadtparlament eingebracht werden und in diesem findet sich bis dato keine Position dazu.
    Ich gehe davon aus das die Verantwortliche aus Hessen und Frankfurt sich noch nicht abgestimmt haben ob und wieviel sie von den restlichen Sanierungskosten (in toto 49 Mio. EUR) übernehmen. Zur Erinnerung die Baukosten betrugen 75 Mio. DM.

  • Frankfurts höchstes Dach befindet sich über der Kanzel des Ginnheimer Spargels. Es hat einen Durchmesser von etwas mehr als 50 m und liegt in 237 m Höhe. Darüber sind nur noch die markanten sieben untertassenförmigen Antennenplattformen. Das Dach, das Besuchern bisher nicht zugänglich war, und die darunterliegenden zwei Publikumsetagen, seit 1999 für den Besucherverkehr geschlossen, möchte die Deutsche Funkturm in einigen Jahren erstmals bzw. wieder der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.


    Oben wurde schon erwähnt, dass dafür eine Sanierung und rund 50 Millionen Euro erforderlich sein werden. Auch, dass die Hälfte der Finanzierung der Bund übernehmen würde. Die anderen 25 Millionen Euro soll nach Vorstellung des Oberbürgermeisters komplett das Land Hessen übernehmen. Die Stadt sieht er außerstande diese Summe zu "stemmen", wie es in der vergangenen Woche in einer Pressemitteilung hieß. Letzteres lasse ich mal besser unkommentiert.


    Weitere Neuigkeiten aus der Mitteilung:

    • vorhanden sind drei Aufzüge, davon waren zwei für das Publikum bestimmt, einer für die Feuerwehr
    • in Betrieb ist der Feuerwehraufzug
    • in den anderen beiden Schächten testet "ein renommierter Aufzugshersteller" seine Produkte (meines Wissens die Schindler Aufzüge AG)
    • alle drei Auszugsanlagen müssten ausgetauscht werden, um aktuellen Sicherheitsanforderungen zu genügen
    • zusätzlich wäre die gesamte technische Gebäudeausstattung auf aktuelles Niveau zu bringen
    • notwendig wäre auch ein vergrößerter Empfangsbereich, in dem Sicherheitskontrollen stattfinden können
    • die Nutzung des Dachs als Aussichtsplattform würde Umbauten erfordern, u. a. eine Brüstung am Rand, die aus Glas gefertigt werden könnte
    • dort bleiben muss ein Kran der Deutsche Funkturm, damit befördern Techniker Lasten auf den Turm, die nicht in die Aufzüge passen
    • die Fensterscheiben der Publikumsetagen müssten durch feuerfeste Ausführungen ersetzt werden
    • die Dreheinrichtung auf der Restaurant-Etage, der äußere Teil der Plattform drehte sich einmal pro Stunde um die eigene Achse, ist noch vorhanden

    • nach Einschätzung der Deutsche Funkturm ließe sich diese Anlage mit überschaubarem Aufwand wieder in Gang setzen

    Aktuelle Fotos:


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    Bild: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Stefan Maurer


    Die untere Besucheretage, das ehemalige Restaurant, aktuell:


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    Bild: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Holger Menzel


    Die obere Besucheretage aktuell:


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    Bild: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Holger Menzel


    Plattform auf der Kanzel:


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    Bild: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Holger Menzel


    Blick von der Plattform auf der Kanzel:


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    Bild: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Holger Menzel

  • Nach einem weiteren Jahr gibt’s lt. diesem Bericht keine Neuigkeiten.

    Fasse trotzdem mal den Status quo zusammen um nicht den Überblick zu verlieren ;) :

    - Zusage vom Bund ist seit dem Herbst 2019 firm sich an den Sanierungskosten i.H.v. ca. 25 Mio. EUR zu beteiligen;

    - unter der Bedingung das die Stadt, bezogen auf die damaligen Sanierungskosten, die restlichen 50 Prozent übernimmt;

    - prinzipiell würde das Land von dem städtischen Anteil wiederum 25 Prozent übernehmen;

    - aber stellvertretend für die Stadt war der zukünftige Ex-OB wohl mal lose in Kontakt mit dem Hessischen Finanzminister welche Gewerke und mit wieviel Geld sich das Land beteiligen soll. Lt. dem Finanzministerium "sehen wir hier zunächst die Stadt am Zug, Klarheit in diesen beiden Punkten als Basis für weitere Gespräche zu schaffen, für die das Land gerne zur Verfügung steht."

    - Die Deutsche Funkturm ist nicht in der Verantwortung dies stellvertretend für die Stadt zu erledigen, denn die "Grundvoraussetzung für die Förderung ist eine Kofinanzierung, die von Oberbürgermeister Peter Feldmann aber nicht vorangetrieben wurde". Und nochmals zu einer möglichen Kostenteilung: "Bei unserem Fernsehturm Dresden zum Beispiel erfolgt die Finanzierung zu 50 Prozent über den Bund, zu 25 Prozent über das Land und zu 25 Prozent über die Stadt. Eine vergleichbare Lösung wäre auch in Frankfurt denkbar."

    - Seitens der Stadtverordneten aus der Vierer-Koalition gibt‘s auch kein Interesse in die Bresche einzuspringen die der zukünftige Ex-OB hinterlassen hat. Denn von der größten Koalitionspartei den Grünen heißt es lapidar: " Langfristig ist das sicher eine schöne Sache, aber ich [= Dimitrios Bakakis, Fraktionschef] kann mir nicht vorstellen, dass die Öffnung des Fernmeldeturms derzeit Priorität hat." Und Ursula Busch [SPD-Fraktionsvorsitzende] schlägt in die selbe Kerbe: "Angesichts der Haushaltslage müssen wir uns sehr gut überlegen, wofür wir das Geld ausgeben."


    Fazit: Ein anderes Projekt auf der langen Liste was der zukünftige Ex-OB öffentlichkeitswirksam an sich gerissen hat aber auf halben Weg hat liegen lassen weil er damit öffentlich keinen 'quick win' macht.

    Das die Vierer-Koalition dies nicht voran bringt ist auch ernüchternd da aus ihrer Sicht dies anscheinend nicht genügend Wählerstimmen bringt.

    Wann eine Besuchernutzung möglich ist, ist damit weiter ungewiss - schade.

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