Frankfurter Stadtgespräch

  • Frankfurts Taxigewerbe

    Fast 60 Prozent der Taxis in Frankfurt werden schwarz betrieben, das heißt, zumindest ein Teil der Einnahmen werden an Finanzamt und Sozialkassen vorbei

    erwirtschaftet. Das geht aus einem im Auftrag der Stadt Frankfurt erstellten Gutachten hervor, wie der Hessische Rundfunk hier berichtet.

  • ^

    Erstaunlich (wohlwollend formuliert) finde ich, dass das keine neue, bisher unbekannte Erkenntnis ist, sondern man dort zu lesen bekommt: "Vor 15 Jahren waren es noch 40 Prozent."

    Aber jetzt soll ja alles besser werden ...

  • Es ist nicht zu erwarten, dass sich irgendetwas bessert. Das Taxigewerbe ist stark reguliert: die Preise und Betriebsbedingungen (Bedienungsgebiet, Standpflicht) werden von der Obrigkeit festgesetzt (nach Anhörung der Beteiligten), die Anforderungen an die Fahrzeuge sind höher als bei Normalfahrzeugen (Taxameter, Eichpflichten, Alarmanlagen, was noch?) und die Kosten sind frei floatend: Anschaffungskosten, Versicherungen, Betriebsstoffe, Werkstattkosten...). Der einzige vom Unternehmer direkt zu beeinflussende Kostenblock sind die Personalkosten, abgesehen vom Mindestlohn, dessen Beachtung nicht zu überprüfen ist; folglich sind der Ausbeutung und Selbstausbeutung keine Grenzen gesetzt, zu Lasten der Sozialkassen im Zweifel. Da die Kundschaft den Kilometer nur einmal fährt, steht das Taxigewerbe im Wind des Wettbewerbs. Die Konkurrenz sind der ÖPNV (on-demand-Angebote sind grade ganz hipp), Uber-Dienste, E-Scooter, (VIP-) Shuttle-Dienste bei Veranstaltungen oder von Hotels, Parkplatzbetreibern im Umfeld der Flughäfen usw.


    Klar scheint mir, dass das Taxigewerbe in der tradierten Form keine Chance hat; den Unternehmen mit Schwarzarbeit zu kommen, führt zu nichts, da gehen ein paar Leute unter, der Rest macht genauso weiter, weil sie gar nicht anders können.

  • Das Problem in Frankfurt sind die viel zu hohe Anzahl an Taxikonzessionen. Frankfurt hat bei knapp 750.000 Einwohner über 1.700 Konzessionen. "Normale Städte haben bei gleicher Einwohnerzahl nur ca. 750 Konzessionen (1 Konzession pro 1.000 Einwohner). Als Grund für die höhere Zahl wird immer die Messe und der Flughafen genannt, aber die Zahl wurde in den 80ern oder 90ern festgelegt, lange vor dem heutigen Ausbaustand des ÖPNV, der Sharing-Dienste (Uber, FreeNow aber auch Carsharing wie ShareNow), den e-Scootern, etc.


    An die Anzahl der Konzessionen traut sich aber keiner ranzugehen und so stellen sich die Fahrer teilweise stundenlang am Hbf oder am Flughafen an. Es gibt natürlich noch Fahrer (mein Stammtaxifahrer z.B.), die (zumindest vor Corona) ein auskömmliches Einkommen hatten. Das sind aber Leute, die fast nur Stammgäste fahren und eigentlich keine klassischen on-demand Taxifahrer mehr sind.

  • Ich finde es immer wieder überraschend, wie sehr wir hier eine Kultur pflegen, in der jegliche Regulierung als unmöglich, nicht durchsetzbar oder überraschende Benachteiligung bestimmter Geschäftsmodelle angesehen wird.


    Gerade das klassische Taxigewerbe wird in der bekannten Form vielleicht noch fünf, mit Glück noch zehn Jahre existieren, dann wird ein Taxi mit Fahrer etwa so exotisch sein, wie heute die Stretchlimo mit Chauffeur.


    Warum dann nicht jetzt sicherstellen, dass die gesetzlichen Regelungen eingehalten werden - natürlich führt das dazu, dass einige aufgeben, nämlich die, deren Kalkulation heute schon nur mit Mauschelei funktioniert. Das führt dazu, dass diejenigen, die heute mit regulärer Steuer und Sozialabgaben besser über die Runden kommen, mehr Umsatz machen.


    Das ist das gleiche wie mit der Bonpflicht beim Friseur oder in der Gastronomie: Der Wirt, der bisher schwarze Umsätze generiert hat und damit Teile des Personals schwarz beschäftigte, kann von mir aus gerne Pleite gehen. Entweder ein Laden rechnet sich mit regulär versteuerten Einnahmen und sozialversicherten Mitarbeitern, die wenigstens den Mindestlohn ihrer Branche beziehen, oder er macht zu.


    Natürlich kann das bedeuten, dass der Laden weniger Personal hat oder höhere Preise verlangen muss - wenn ich da essen und trinken will, dann muss ich das bezahlen. Andernfalls bezahlen nämlich alle Anderen mein Essen mit, wenn die Kellner offiziell Sozialhilfe beziehen und nur deshalb so billig arbeiten können, weil der Job nur ein Zuverdienst ist (oder, schlimmer: Ich bezahle das Essen der Anderen ;) ).


    Spannend: Wieviel unserer geringen offiziellen Inflationsrate resultiert daraus, dass ein Großteil unseres KMU-Dienstleistungssektors nicht so ganz legal läuft, wie wir dass gerne hätten und deshalb Preise verlangen kann, die deutlich niedriger sind, als sie sein müssten?

  • Nichts von dem, was du schreibst ist falsch, aber der Unterschied zwischen Taxigewerbe und anderen Branchen ist, dass Friseure, Bäcker, Gastwirte u.a. etwa ihre Preise selbst kalkulieren können, die stehen sozusagen "nur" im Wettbewerb; während der Taxiunternehmer, ebenfalls im Wettbewerb stehend, seine Erlöse kraft eigener Preisgestaltung nicht verändern kann. Ich sage auch nicht, dass die Regulierung des öffentlichen Personenverkehrs mit Taxis nicht reguliert werden sollte, wenn aber das Taxigewerbe eine solche Regulierung hinnehmen muss, muss man sich doch auch nicht wundern, dass die Branche die Schwarzarbeit zur Ausweichstrategie kürt, wenn ein Teil der Marktteilnehmer dieselben Leistungen (= öffentlichen Personentransport) ohne Preisdeckel durchführt (vor allem Uber und die Shuttle-Dienste). Mir ist auch klar, das Steuerverkürzung und Abgabenhinterziehung nicht die Lösung ist. Aber die Sinnhaftigkeit der Regulierung des Taxigewerbes schwindet in dem Maße, in dem der öffentliche Personentransport unreguliert abgewickelt wird.


    Und noch was: Personal einsparen geht beim Taxi nicht, Fahrer muss sein.

  • tunnelklick : Aber warum sollte es nicht möglich sein, Uber & Co. zu regulieren? Du kannst die "Vermittlungsleistung" nicht unbedingt greifen, aber die Fahrer.

    Der andere Punkt war die Verteilung innerhalb des Taxigewerbes. Wenn Du da die "Schwarzfahrer" eliminierst, bleibt trotz Regulierung der Preise für die anderen mehr vom Kuchen.

  • Das neuartige Corona-Virus (SARS-CoV-2) im Frankfurter Herbst

    Seit heute gilt ganz Frankfurt (und Offenbach) als Risikoregion. Mit einem Wert von 59 ist der Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschritten. Das führt unter anderem dazu, dass Frankfurter nicht mehr in einem Hotel im Saarland übernachten dürfen, wenn sie das denn wollen (Ausnahmen lasse ich außen vor).


    Auch hat die Stadt heute eine hübsche Allgemeinverfügung "zur Bekämpfung der weiteren Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus (SARS-CoV-2) im Stadtgebiet" erlassen. Ab morgen muss unter anderem auf der Zeil, der Berger Straße und der Fressgass tagsüber eine "Mund-Nasen-Bedeckung" getragen werden. Dafür darf auf dem Römer Karussell gefahren werden, dies dank einer weiteren Glanzleistung unseres Stadt-Bürgermeisters (i). Weinchen vom Rollanderhof oder anderswo dürfen auf dem Börsenplatz oder der Konstablerwache weiterhin gezwitschert werden, wenn ich das richtig verstehe, auf dem Friedberger Platz oder vor der Kleinmarkthalle aber nicht mehr.


    Je nun. Wie es aussieht, wird das ein richtig lustiger Herbst .

  • Wenn Schmittchen den Ball so schön vorlegt 'muss' ich das nutzen: Mit SB assoziiere ich eigentlich was anderes. Was das mag der geneigt DAF-Leser für sich selbst entscheiden. Vielleicht wird aus dem SB ein StB (Stadtteilbürgermeister) oder noch was ganz anderes. Iss noch lang bis März ’21 und die mittlerweile drei persönlichen Referenzen auf städtische Kosten wollen auch beschäftigt werden.


    Mal schauen ob die SPD es noch schafft vor der Kommunalwahl ihre 'scripted reality' bzw. 'Bildbandreihe' komplett zu veröffentlichen. Gerüchteweise könnte Bd. 2 von Freunden und Feinden der Demokratie handeln. Und natürlich und exklusiv dabei als Erklärbär der Frankfurter DM (Demokratiemeister).

    Einmal editiert, zuletzt von main1a ()

  • Zwar ist der Leiter des Stadtbauamtes, Michael Simon, schon vor einem halben Jahr freigestellt worden, doch anscheinend hat man es bislang noch nicht einmal geschafft, die Stelle neu auszuschreiben. Man hoffe, dass dies "noch in diesem Jahr" geschehe, zitiert die Rundschau den Sprecher von Baudezernent Ja Schneider, Günter Murr.

    Sorry, aber das ist ein Armutszeugnis. Wenn es länger dauert, die Stelle neu zu besetzen, geschenkt, zumal im Öffentlichen Dienst, aber zumindest eine Ausschreibung sollte man doch gerade hinbekommen.

  • Sonst könnte sich ja jeder qualifizierte Mensch darauf bewerben. Wenn man weiß, wen man will, dann kommt ein Alleinstellungsmerkmal dieser Person in die Ausschreibung...

  • Die Oper Frankfurt ist in diesem Jahr zum fünften Mal zur "Oper des Jahres" von der Fachzeitschrift "Opernwelt" (bzw. 43 Kritikern) gekürt worden. Im Jahr 2020 teilte man sich den Titel zusammen mit dem Grand Théâtre de Genève.


    Es ist der vierte Titel seit der Intendanz von Bernd Loebe, eine beeindruckende Leistung, besonders da man den letzten Titel erst vor zwei Jahren gewann. Die Innovationsfreude und die Qualität der Sänger an dieser Oper sind in der Tat erstaunlich.


    In dieser Wikipedia-Rangliste ist schön zu erkennen, dass dieser Titel schon seit dem Jahr 1992 vergeben wird und hierbei Opern aus dem deutschsprachigen Raum sowie aus Frankreich und Belgien bewertet werden.


    Quellen:

    Oper Frankfurt

    Journal Frankfurt


    Das Oper-Angebot in Frankfurt ist und bleibt also auf Weltklasse-Niveau. Dennoch sei erwähnt, dass in Frankfurts Kulturangebot noch eine bedeutende Lücke klafft, denn es gibt seit dem Jahr 2003 keine richtige Ballett-bzw. Tanz-Sparte mehr (Quelle). Während es Ballett- und Tanz-Ensembles in beinahe allen größeren Städten Deutschlands gibt (so auch in Wiesbaden, Darmstadt), hat Frankfurt seltsamerweise kein eigenes Ensemble im Angebot (Quelle). Die Forsythe Company, welche früher deutlich regelmäßiger das Bockenheimer Depot bespielte, ist mittlerweile nur noch sehr selten in Frankfurt tätig (zwischen September und Ende März insgesamt nur sehr wenige Auftritte). Im Zuge der Diskussion um neue Gebäude für das Schauspiel und die Oper sollte unbedingt auch wieder über ein permanentes Tanz-Ensemble nachgedacht werden.


  • Durch die Corona-Pandemie ist das Wachstum der Stadt Frankfurt im ersten Halbjahr 2020 fast zum Erliegen gekommen, die Einwohnerzahl wuchs um lediglich 343 Personen. Dies entspricht in etwa 8% des Wachstums des ersten Halbjahres 2019, teilte die Statistikstelle der Stadt Frankfurt mit. Erstmals seit zehn Jahren nahm auch die Anzahl der Frankfurterinnen und Frankfurter ohne deutschen Pass ab.

    Die FAZ hat einen längeren Artikel mit weiteren Details online.

  • Der von der Stadt Frankfurt in Kooperation mit der DekaBank und dem Deutschen Architekturmuseum vergebene "Internationale Hochhaus Preis" (IHP) wurde gerade in einer online übertragenen Zeremonie (natürlich keine Zuschauer, trotzdem in der Paulskirche) an Das Projekt "Norra Tornen" (zu deutsch etwa: nordische Türme) verliehen.

    Verantwortlich für die beiden Türme des Ensembles in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, zeigen sich die Architekten von OMA Office for Metropolitan Architecture und der Projektentwickler Oscar Properties. Hier gibt es einige Bilder und eine Beschreibung der Hochhäuser auf der Seite des IHP. Durchsetzen konnten sich die Norra Tornen in der Finalrunde gegen vier weitere Projekte, unter denen auch der Frankfurter Omniturm das Nachsehen hatte.

    Für mich geht die Entscheidung absolut klar, finde die Hochhäuser super. Passt ja auch in den Trend, also dass Wohntürme mit dem Preis beacht werden.



    Mod: Zum IHP gibt es einen eigenen Thread (in dem das Ergebnis samt Bildern bereits steht).

  • Der Beitrag zum Preisträger jetzt mit weiteren Bildern in hoher Auflösung.


    Die FAZ hat auch zum IHP 2020 geschrieben. Der Artikel weist zudem auf die Ausstellung mit allen 31 nominierten Projekten im Deutschen Architekturmuseum hin. Laut Website des Museums beginnt diese morgen, am Sonntag wird ein Besuch auch noch möglich sein, dann ist das Museum aus bekannten Gründen bis Dezember geschlossen. Am 21. Februar 2021 endet die Ausstellung "Best Highrises 2020/21".

  • Claus-Jürgen Göpfert, Urgestein der Frankfurter Rundschau, hat heute seinen letzten Arbeitstag (Q). 41 Jahre hat er als Redakteur gearbeitet. 1980 fing er bei der Frankfurter Neuen Presse an, 1985 wechselte er zur FR, wo er hauptsächlich für Kommunalpolitik zuständig war. Für die FR wird er künftig als freier Autor tätig sein.