Frankfurter Stadtgespräch

  • Eine Blamage für die Justiz ist das weniger, es ist das Ergebnis jahrzehntelanger lobbyistisch-wirtschaftsfreundlicher Klientelpolitik gewisser Parteien, in manchen Bundesländern noch verbunden mit der Reduzierung des Denkmalschutzes auf das Niveau eines Kleingärtnervereins. Nicht zu vergessen, dass die Ereignisse von 1933–45 auch eine Tradition im Immobilienrecht in der BRD begründet haben, in der man eher eine in seinem Privatbesitz befindliche romanische Kemenate durch Wärmedämmung verschandeln kann als dass um Gottes Willen ein Vertreter des Staates an die Tür klopfen darf. In diesem Sinne: warum sollten es Leute wie der genannte Herr nicht machen, wenn es in unserem Land straflos möglich ist?

  • Der Gaumer scheint eher jemand zu sein, der keine Ahnung von BWL hat. Also wenn ich mir ansehe, wieviel Kapital (gebunden in ungenutzten Grundstücken & Immobilien) keinen Ertrag liefert, dann kann ich nur noch den Kopf schütteln. Ganz im Gegenteil: er hat teilweise Investments getätigt (bestes Beispiel: Ex-Kaufhof auf der Leipziger), welche sogar selbst dann als verlustreich anszusehen sind, wenn man entgangene Gewinne nicht berücksichtigt.


    Also ich weiß im Grunde gar nichts über diesen Typen, aber ich stelle ihn mir als einen älteren, geizigen und gefühlslosen (wer 42 Menschen auf 180qm leben lässt, wird sicherlich kein Gutmensch sein) Mann vor, der sein Vermögen womöglich noch nicht mal einer Bank anvertraut, sondern unter seinem Kopfkissen bunkert.

  • Selbst in Kassel (Friedrich-Ebert-Straße 86-90) ließ Gaumer Gewerbeflächen fast zwei Jahrzehnte leerstehen. Welche marktwirtschaftliche Strategie dahinter steckt bleibt ein Rätsel.

  • Änderungen Baugesetzbuch

    Ich denke bei den Kommunen kommt bei dem Thema Leerstand langsam Bewegung rein.


    siehe
    http://www.stern.de/wirtschaft…en-loswerden-1964093.html


    Hier geht vor allem um die Hertie-Ruinen, läßt sich aber sich auf andere Fälle übertragen.


    Und ganz aktuell ein Urteil des Bundesfinanzhofes zum Thema Leerstand.


    http://www.welt.de/finanzen/im…pekulanten-erschwert.html

  • Fälle wie den vom Gaumer wird es immer geben. Ich finde die Erwartungshaltung an den Staat ist hier auch ein bisschen hoch. Das Eigentumsrecht ist nicht ohne Grund ein Grundrecht. Und hierzu gehört auch das Recht, sein Gebäude so zu nutzen, wie man es möchte - ggf. auch durch Leerstand. Eingriffe des Staates hier müssen gut begründet sein.
    Ich komme bei der Aufzählung von Golden Age auf sechs Immobilien. Nicht schön, aber das muss (und kann) eine Stadt wie Frankfurt aushalten. Wir sind schließlich nicht aufm Dorf. Die Stadt muss die Gesamtentwicklung im Auge behalten. Gegen Gesetzesbruch muss sie vorgehen. Aber es ist nicht ihre Aufgabe, alles Unglück und Unschöne auf der Welt zu verhindern.

  • Das Katz und Maus Spiel hat (bislang) einen klaren Sieger

    Ich komme bei der Aufzählung von Golden Age auf sechs Immobilien. Nicht schön, aber das muss (und kann) eine Stadt wie Frankfurt aushalten. Wir sind schließlich nicht aufm Dorf.


    Der Fall Gaumer steht stellvertretend. Er guckt wie weit er gehen und der Stadt auf der Nase herum tanzen kann. Es ist ein Katz und Maus Spiel, bei dem die (viel zu gemütliche) Katze vor Erschöpfung und Aussichtslosigkeit schon lange aufgegeben hat.


    Scheinbar scheinen viele andere Eigentümer dem Gaumerschen Vorbild zu folgen. Jahrzehntelange Leerstände in Bestlagen sind im Leerstandsmelder Frankfurt die "neue Normalität". Alleine in Bornheim könnte ich aus dem Stehgreif 15 Immobilien nennen, die seit 5-10 Jahren leer stehen (und bei genauerem Hinsehen sicherlich weit mehr). Der ewige Verweis auf das heilige Eigentumsrecht ist dabei zu einem Schlupfloch bzw. Vorwand geworden solche zynische Verwahrlosung zu legitimieren. Wenn man sich von den Launen der Eigentümer weiterhin dermaßen abhängig macht, wird der Verzicht auf Mieteinnahmen sicherlich noch weiter auf die Spitze getrieben werden. Es ist nicht nur Aufgabe der Stadt diese mutwillige Mißachtung von Stadtraum zu beheben, sondern auch das Land und der Bund müssen mit neuer Gesetzgebung einschreiten.


    Aus den Hausbesetzungen im Westend der 60er Jahre, die genau gegen diese wilde Immobilienspekulation auf Kosten der Allgemeinheit und falsch verstandenem Wegschauen der Politik gerichtet war, wird die Stadt hoffentlich die richtigen Lehren gezogen haben. Ein gleichgültiges Achselzucken kann jedenfalls nicht die richtige Antwort sein.

  • Zugegeben, der Fall Gaumer ist extrem, aber im übrigen sind die Leerstandsfälle meist in komplizierten Eigentumsverhältnissen zu suchen. Der Klassiker insoweit sind schwierige Erbschaftsfälle, mit Erbengemeinschaften, deren Mitglieder über die ganze Welt verstreut leben, oft gepaart mit einer Überschuldungsproblematik, bei der die eine oder andere Bank ein Wörtchen mitzureden hat.


    Häufig sind auch Fälle von betagten Eigentümern, die entscheidungsschwach oder krank sind, keine Erben haben oder potentielle Erben noch nicht "dran lassen" (in diese Kategorie gehört wohl der Fall Gaumer).


    Und ansonsten ist städtische Intervention bei Leerstand oder Verwahrlosung ein rechtlich schwieriges "Minenfeld", zumal auch wirtschaftlich immer mit finanziellen Risiken für die Stadt verbunden, weil sie oft mit erheblichen Beträgen in Vorlage treten müsste.

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  • Es kann gut sein, dass es eine regelrechte Welle an Immobilien gibt, die nach 50/60 Jahren an die nächste Generation überreicht werden soll und hierbei Brüche entstehen. Vergreisung der Inhaber ist sicherlich auch ein Fall für sich. Trotzdem werden die Eigentümer von einer Heerschar an Steuerberatern, Anwälten und Private Wealth Managern umgarnt, die nicht immer die besten Interessen verfolgen.


    Der Fall Gaumer ist insofern gar kein Ausreißer, sondern die direkte Konsequenz dieses undurchschaubaren Dickichts an Ausnahmeregelgungen im Erb-, Steuer- und Eigentumsrecht. Ich würde mir vor allem mehr Aufklärung durch Regionalpolitiker oder der freien Presse wünschen, aber auch hier herrscht Schweigen. Entweder man versteht ebenso wenig warum so viele erstklassige Immobilien über lange Zeiträume leerstehen oder man will es einfach nicht wahrhaben. Gerade im Bahnhofsviertel wäre es aber schnell zu erkennen wie viele Immobilien, die nicht von Büros genutzt werden, abends komplett dunkel sind.

  • Frankfurter Rundschau

    Laut horizont.net hat das Bundeskartellamt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Übernahme der insolventen Frankfurter Rundschau gestattet. Genauer der Fazit-Stiftung, der nach der Übernahme die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Frankfurter Rundschau und die Frankfurter Neue Presse gehören. Die Stiftung will nur eine Redaktion mit 28 Beschäftigten erhalten, der Mantel, also der überregionale Teil, soll zugekauft werden. Details des Übernahmevertrags sind noch nicht bekannt.

  • ^ Die FAZ wird heute in einem online verfügbaren Artikel konkret. Ab morgen wird die neue Gesellschaft namens "Frankfurter Rundschau GmbH" die FR herausbringen. Gesellschafter sind die folgenden:

    • Frankfurter Societät GmbH (55%) - Das ist die Mutti der FNP
    • Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH (35%) - Der Verlag der FAZ
    • Karl Gerold Stiftung (10%) - Ehemals 2/3-Gesellschafterin der FR. Sie soll auch weiterhin für die linksliberale Prägung der Zeitung stehen. Ihre Beteiligung steht noch unter dem Vorbehalt des Stiftungsrates


    Die Fazit Stiftung hält - direkt oder indirekt - die größten Anteile der ersten beiden Gesellschafterinnen.


    Die FR-Redaktion mit 28 Beschäftigten wird vom Artikel bestätigt. Der überregionale Teil soll temporär weiterhin von M. DuMont Schauberg zugekauft werden. Die Gesellschafter wollen der FR nach einer Vorbereitungszeit eine eigene Redaktion für Überregionales spendieren. Aboverwaltung, Anzeigen etc. werden wohl gemeinsam verwaltet.


    Wenn ich mir eine Anmerkung erlauben darf: Auch die Internet-Plattformen und die ePaper-Angebote vertragen meiner Meinung nach eine Zusammenlegung auf technischer Ebene und damit hoffentlich eine Verbesserung. Das FAZ-Portal ist behäbig und technisch überfrachtet, das der FNP wirkt veraltet. Die FR-Website wirkt fast am Aufgeräumtesten.

  • Minderkosten

    Wir schreiben hier im Forum ja immer wieder über Kosten- und Terminüberschreitungen von städtischen Bauprojekten und schämen uns fremd bzw. ärgern uns dusselig über die "ineffiziente" Nutzung "unserer" Steuergelder. Prominentestes Beispiel dürfte der Dauerbrenner Städtische Bühnen sein.


    Um zu belegen, dass "im Hochbauamt sehr viel Wert auf Effizienz, Kostendisziplin und Wirtschaftlichkeit gelegt wird", bringt die Stadt heute eine =15106399"]Pressemitteilung mit diesbezüglich gegenteiligen, positiven Nachrichten. Bürgermeister und Dezernent Olaf Cunitz habe die Bauabrechnungen von sechs Vorhaben abgezeichnet, bei denen die geplanten Kosten letzlich unterschritten wurden. Zusammen mit zwei weiteren Projekten handele es sich um Minderkosten von fast 1,8 Mio. Euro. Es handele sich um die folgenden Projekte:


    • Sanierung der naturwissenschaftlichen Fachräume der Bettinaschule
    • Sanierung von Räumen der Herderschule
    • Sanierung der Aulen des Lessinggymnasiums
    • Sanierung der Aulen der Ernst-Reuter-Schule
    • Fassadensanierung/Sonderbaukontrolle der Johann-Hinrich-Wichern-Schule
    • Bauabrechnung Sanierung Kita 115 in der Heinrich-Seliger-Straße
    • Erster Bauabschnitt der Fassadensanierung der Comeniusschule
    • Sanierung der Aula in der Elisabethenschule


    Der Bericht erwähnt freilich nicht das durchschnittliche Verhältnis von tatsächlichen zu geplanten Kosten über alle Projekte des Hochbauamtes (bspw. nach Bauarten gruppiert). Auch vom Grad der Termintreue ist nicht die Rede. Aber immerhin: 1,78 Mio. Euro sind 1,78 Mio. Euro. Insofern: Glückwunsch.

  • ^
    Das klingt in der Tat erst einmal gut und ich persönlich sehe das auch so. Ketzerisch könnte man (der politische Gegner) allerdings auch sagen, (da es sich wohl nur um Schul-/Kitaprojekte handelt) mal wieder wird auf Kosten der Kinder und Bildung gespart... :D Jeder wie er´s braucht, man kennt das ja.

  • Zur Ehrenrettung der Bauverwaltung sei mal nebenbei erwähnt, dass viele Kostensteigerungen nicht auf individueller Unfähigkeit oder bürokratischem Unvermögen beruhen, sondern auf einem Webfehler des Vergaberechts.


    Die Vergabe von Bauleistungen hat an den günstigsten Anbieter zu erfolgen; da haben Hochbauamt, Grünflächenamt u.a. rechtlich wenig Spielraum. Die Folge war schon häufiger, dass Baufirmen, um überhaupt an städtische/öffentliche Aufträge zu kommen, unrealistisch niedrige Preise geboten haben, daraufhin den Zuschlag bekommen mussten – und dann Pleite gingen. Die Folge waren erneute Ausschreibungen zu höheren Preisen, Zeitverzögerungen, Störungen im Bauablauf, Mehrleistungen bei anderen Gewerken usw usw. Für daraus resultierende Preissteigerungen muss am Ende das Hochbauamt, der Dezernent oder sonstwer politisch den Kopf hinhalten, obwohl die Ursache eigentlich ein Fehler im System ist. Zwei kleine Beispiele, bei denen das so war bzw. ist, sind der Cafeteria- und Bibliotheksneubau der Helmholtzschule im Ostend und mindestens eine Sportplatzsanierung (Kunstrasenplatz Seckbach).


    In der Schweiz soll man gute Erfahrungen damit gemacht haben, den Auftrag an den jeweils Zweitbilligsten zu vergeben; ob's stimmt, weiß ich nicht.

  • In der Schweiz soll man gute Erfahrungen damit gemacht haben, den Auftrag an den jeweils Zweitbilligsten zu vergeben; ob's stimmt, weiß ich nicht.


    Das Verfahren ist ziemlich zuverlässig in der Bestimmung eines realistischen Marktpreises für eine Leistung, da derjenige, der durch bewusst/unbewusst zu niedrige Kalkulation, Weglassen notwendiger Leistungen (in der Hoffnung, Nachberechnen zu können) und ähnliche Tricks das billigste Angebot macht zuverlässig rausfliegt. Damit hat keiner ein Interesse daran, einfach nur der Billigste zu sein, sondern man versucht den niedrigsten realistischen Preis zu erreichen - die Einsparung staatlicher Stellen kann man sich in manchen Verfahren ausrechnen, wenn man Zugriff auf Ausschreibungsdaten hat und einfach durchrechnet, was die erneute Ausschreibung (+Verzögerung) im Vergleich zur Preisdifferenz zum Zeitbesten gekostet hat - stets unter der Annahme, dass der dann nicht Pleite gegangen wäre. Da Eigentümergemeinschaften heute zumeist auch Aufträge ausschreiben, kann man sich das Verfahren ja im Einzelfall "im Kleinen" anschauen.


    Das umgekehrte Prinzip findet sich bei den Online-Auktionen (Eb*y o.ä.) mit Bietassistent, bei denen man als Höchstbietender effektiv das bezahlt, was der Artikel dem Zweitbietenden wert gewesen wäre (zuzüglich einer Bietstufe) - das eigene Höchstgebot wird nicht verwendet.

  • Dieser Artikel - in dem es eigentlich um die Mietpreise für Künstlerateliers geht - nährt die Hoffnung, dass sich im Laufe etwas tut. Denn die Künstler ziehen noch dieses Jahr dort aus. Allerdings dürfte der Hintergrund keinen kurzfristigen Projektstart verkünden; die Räume waren nach meiner Kenntnis sowieso nur befristet vermietet gewesen. http://www.faz.net/aktuell/rhe…er-substanz-12134257.html


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    Mod: Verschoben, da es nicht um das frühere Polizeipräsidium an der Friedrich-Ebert-Anlage geht. Sondern um das Anzag-Stammhaus bzw. Atelierfrankfurt an der Hohenstaufenstraße, zeitweise auch von der Polizei genutzt.

  • Ich weiß nicht, wie es Euch geht: Mein erster Gedanke, wenn ein Hochhaus "mal wieder" unter den ominösen 60 Meterm bleiben muss, ist: "Verdammter Brandschutz, übertreiben wir es in Deutschland nicht ein wenig?"


    Dann aber sieht man so ein Video:


    HH-Brand in Grosny


    Eingedenk meines Arbeitsplatzes im 15. Stock blicke ich dann beruhigt in Richtung Notausgangschild und arbeite entspannt weiter. Ober poste einen Link im DAF.


    Lieber weniger Hochhäuser, dafür aber sichere, gute und schöne!

  • Bing

    Autsch. Die Titelseite des Bing-Suchdienstes (das ist ein Konkurrent zu Google, falls nicht bekannt ;)) zeigt den Deutschen Usern zur Zeit eine sensationell veraltete, dazu ganz schlechte Collage der Frankfurter Skyline. Peinlichst. Aber schaut selbst: Klick bzw. auf Bing selbst, solange das Bild dort noch zu sehen ist.

    Einmal editiert, zuletzt von epizentrum () aus folgendem Grund: Das deutsche Artikeln sind blöde

  • Sowas fällt mir auch oft in den Nachrichten bzw. auf Nachrichtenseiten auf, zumal die Skylinebilder im Moment ja für jede zweite Horrormeldung zur Euro- / Schuldenkrise herhalten müssen. Teilweise ist man da bei auf Film geschossenen Bildern der 1990er Jahre angekommen. :nono: