Leipzig: Höfe am Brühl (eröffnet)

  • ich denke auch, dann hätte ein ganz anderes nutzungskonzept hergemusst, wenn die alte kaufhausfassade rekonstriert worden wäre. dann hätte man dahinter zb mediamarkt ansiedeln müssen, und die parkflächen anderswohin verlagern. dann widerrum würde der elektronikfachmarkt zu seperat vom restlichen brühlzenter aggieren, und so keinen rechten "magneteffekt" für die höfe liefern, da es ja als einzelnen kaufhaus wahrgenommen wird.
    ich denke, wir müssen uns nun damit anfreunden. blechbüchse blebit, fassade verschwindet, so wie sie die letzten x jahrzente auch war. alte kaufhausfassaden gibts schließlich noch öfters in deutschland zu sehn (da fällt mir als erstes hamburg ein), aber eine originale ddr-wabenstruktur-kaufhausfront eben nicht, und auch nicht in dieser schönheit (mal keine viereckige kastenform)

  • @ DaseBLN: entschuldige das Missverständnis!


    Bartetzky: Weiß jemand, ob er weiß, dass das Warenhaus Knoop 1943 durch Phorphorbomben schwer beschädigt wurde? In einer leider nicht mehr im Netz zu findenden Recherche von Sascha Weissbach (damals HTWK-Student) heißt es:

    Im Dezember 1943 wurde das Gebäude während eines verheerenden Bombenangriffs von Phosphorbomben getroffen. Starke Brandschäden wirkten sich auf die statische Sicherheit des Hauses aus.


    Dieses "Schmuckstück" ist also kein Opfer von DDR-Modernisierungs-Barbarei geworden, wie Bartetzky glauben machen will.

  • Kann man das nicht auch so sehen: Am Kaufhaus Brühl haben die Ost-Architekten das alte Gebäude adaptiert. Die alte, markant geschwungene Form blieb erhalten. Das alte Kaufhaus lebte in der Blechbüchse weiter.


    Von allen "Blech"-Kaufhäusern des Ostens ist das Brühlkaufhaus das einzige das mir gefällt. Mit gewaschener Fassade und ordentlicher Dachzone sah es doch cool aus.


    Ähnliches geschieht ja jetzt mit dem Paulinum. Obwohl es eindeutig ein Gebäude der jetzigen Zeit ist, erinnert es doch deutlich an die zerstörte Paulinerkirche.


    Wenn ähnliche Lösungen öfter gefunden würden, wäre das doch gar nicht so schlecht.

  • Ich habe gestern erfahren, dass unterm Richard-Wagner-Platz ein Luftschutzbunker lag, der von den Sowjets gesprengt wurde. Könnte eventuell zu Schwierigkeiten beim Verbau für die Höfe führen?

  • Das der Bunker, der sich übrigens mehr Richtung Altes Theater befunden hat, zu Schwierigkeiten beim Bau (wieso eigentlich Verbau?) führen könnte, glaube ich nicht, da dieser Bunker ja Grund gewesen sein soll (?) eine eigentlich fällige Unterführung nicht zu bauen (deshalb kam ja die Brücke, die ich übrigens großstädtischer fand, als die Ampel!).


    Wenn man allerdings die freiliegende Fassade Richtung Tröndlinring am Kaufhaus sieht
    (vermutlich das beste Fassadenstück) blutet einem das Herz.
    Falls dieses Stück bleibt und dann wieder mit Alublech verhängt wird, wäre das bedauerlich.
    Die LVZ-Debatte zeigte ja, dass die Mehrheit wohl doch die alte Fassade bevorzugt hätte...

  • Sehr guter Artikel von der LIZ. Es ist schon irgendwo interessant dass die mfi das Beste/Kostengünstigste versuchte daraus zu machen und sich der Zustimmung der Leipziger sicher war.
    Das Blechkleid vorsichtig abgehangen um dann die Aufmerksamkeit auf die alte Fassade zu lenken, die den meisten jetzt besser gefällt.


    Ich glaube die mfi hat sich das Abenteuer in Leipzig leichter vorgestellt.


    > http://www.l-iz.de/Leben/Gesel…hbuechsen-Diskussion.html

  • In der Tat ein sehr guter Artikel der LIZ. Allerdings bist du doch gerade ein Verfechter der "Blechbüchse"?!


    Wie in obigem Artikel thematisiert, scheint es auch mir schwer möglich vor der Aluminiumfassade einen Platz mit Verweilqualität zu schaffen. Zu kalt das Material, komplett nackt und kahl die Gestaltung. Mit der historischen Fassade hätte sich dies sicherlich einfacher bewerkstelligen lassen.


    Womöglich will man derartiges überhaupt nicht in Leipzig, einen innerstädtischen Platz, der zum Verweilen, gar zum gemütlichen(!) Verweilen einlädt. (Wer anderer Auffassung ist, nenne mir bitte solch einen Platz.)


    Die Prämisse lautet wohl ehrliche und kontrastreiche Architektur, die weder die Wunden des Krieges vergessen lässt, noch die Rohstoffknappheit des „real existierenden Sozialismus“ kaschiert.


    Demnach ein dreifaches Hoch. Auf die Ehrlichkeit, die vermeintliche, auf den Kontrast und auf das Blech!


    Ja ich weiß der Denkmalschutz hat entschieden und der Denkmalschutz, der Denkmalschutz hat immer recht!

  • Ein Artikel der das Schwarze trifft. Mit Ironie werden die Verfechter des "gestanzten Bleches" namhaft gemacht, denen es -ich wiederhole mich- eigentlich (wenn auch verbrämt) um Ideologie ging. Ein Stück "Architekturgeschichte der DDR", was zu "bewhren" wäre. Als hätte die DDR das Kaufhaus erbaut. Das hat sie nicht, sie war unfähig, es wieder aufzubauen. (Wie das Gewandhaus u.v.a. m..)
    So wurde der geschundenene Bau dem Zeitgeschmack mit Blech verkleidet, welches den historischen Bau und die eigene Unfähigkeit zur Rekonstruktion verdeckte.
    Nun kommen die Tatsachen an das Licht, die alte Fassade gefällt.
    Es kann aber nicht sein, was nicht sein darf.
    Also weg mit dem Alten und was Neues hingestellt (und heraus gegen uns der sich traut).

  • Wiederholungen steigern die kollektive Akzeptanz. Sie machen Fehler jedoch nicht richtiger. Es müsste dringend wieder auf den Tisch, was sich Harry Müller bei dieser Fassade gedacht hatte, wie sie konzipiert und umgesetzt wurde. Ich würde ja gern, kann das aber nicht korrekt rekapitulieren. Müller ist ein ziemlich intellektueller Künstler.


    Aus der Blechbüchse DDR-System-Architektur machen zu wollen, ist absurd. Das Marx-Relief hat der Partei gefallen, die Faust und die Flamme der Revolution in Halle. Meinetwegen auch das aufgeschlagene Buch des Weisheitszahns. Aber Harry Müllers mathematischen Spiele? Die waren nichts für den Arbeiter- und Bauernstaat. Sie sind eine solitäre Hochleistung.

  • Aus der Blechbüchse DDR-System-Architektur machen zu wollen, ist absurd.


    Das ist natürlich ein starkes Wort, aber streiche mal den Bestandteil „System“ heraus, dann dürfte es die Situation treffen.


    Ist die Wahl des Baumaterials Aluminiumblech nicht aus der Not heraus geboren, aus Mangel an traditionellen Baumaterialien?


    So oder so scheint es sich mir um eine sehr dem Zeitgeist verhaftete Architektur zu handeln.
    Einem Zeitgeist der hüben und drüben noch technologiehörig und fortschrittgläubig war und mitunter die Zukunft der Menschheit bereits im All sah. Insofern kann ich Argumente zum Erhalt der Alumiumfassade durchaus nachvollziehen, auch wenn ich letztendlich die städtebauliche Qualität der Hänselschen Fassade höher einschätze.


    Aber Harry Müllers mathematischen Spiele?
    Sie sind eine solitäre Hochleistung.


    Das ist ein interessanter und wohl auch wichtiger Punkt. Allerdings muss sich ein öffentliches Gebäude auch der einfachen äußeren Betrachtung erschließen.


    Denn schließlich ziehen die wenigsten Menschen bei der ästhetischen Beurteilung von Stadtbildern, Fassaden und Straßenzügen einen Taschenrechner oder eine Formelsammlung zu Rate. Dies auch insbesondere in Hinblick auf die potentielle Verweilqualität eines städtischen Platzes.

  • Nur weil der Artikel der Meinung diverser Mitdiskutanten entspricht, ist er noch lange nicht gut. Er unterschlägt wichtige Punkte:

    • Es gab nur wenige Artikel zum Blechkleid, u.A. jener, in dem Wolfang Hoquél die Sandsteinfassade als so gut wie nicht mehr vorhanden bezeichnete - von einer Medienkampagne, bei der die Einmaligkeit der Aluverkleidung "hoch und runter gepriesen wurde" kann hier m.E. nicht die Rede sein
    • Die LVZ veröffentlichte sogar die Bildermontage vom User Cowboy, welche die alte Fassade am heutigen Platz zeigte
    • Die mfi hätte rekonstruiert, wenn dies seitens Denkmalschutz so gewünscht worden wäre


    Unter diesen Umständen kann man dem Artikel nur in einem Punkt zustimmen: Die Diskussion ist verspätet und die meisten Mitdiskutanten befanden sich (entweder) im Bärenschlaf (oder waren schlicht desinteressiert). Dass man nicht wissen konnte, was sich unter dem Blechkleid befindet, kann man nur als Ausrede hierfür bewerten.


    Was will uns der Artikel sagen? Dass die doofen Leipziger mal ordentlich darüber aufgeklärt werden müssten, wie schlecht ihr geliebte Blechbüchse eigentlich ist? Dass eine schöne Platzgestaltung angesichts der Blechfassade unmöglich ist? Die konstruierten Zusammenhänge entbehren nicht einer gewissen Komik.

  • ^ Zustimmung zu den genannten Punkten, aber ich muss zugeben, dass ich mit meinem Leserbrief, der wahrscheinlich nicht veröffentlicht wird (weil ich im Nachhinein per Email darum gebeten habe), übersehen hatte, dass der Artikel nicht nur gegen die Müllersche Fassade wettert, sondern sich auch nicht zwingend für den Erhalt der alten Hänsel-Fassade ausspricht. Vielmehr bringt Autor Ralf Julke in seinem Artikel, natürlich ist es jetzt auch dafür viel zu spät, eine dritte Variante ins Spiel, nämlich einen modernen Neubau ohne den Erhalt von einer der beiden Fassaden. Einen Neubau, der sich zum Richard-Wagner-Platz hin öffnet und die Verweilqualität auf ihn erhöht. Diese Alternative wurde in der Tat nicht diskutiert (auch nicht in unserem Forum) und, das muss konstatiert werden, offensichtlich war eine solche Diskussion von den Verantwortlichen auch nicht erwünscht.


    Danke, Dave, für den Bildernachschub.

  • Es geht, wie Cowboy schon sagte, eher um die Alternative. Der Denkmalschutz sagte NEIN - also NEIN. Danach hat sich die Mehrheit damit abgefunden ohne nochmal zu hinterfragen. Der Artikel meint dann nur dass man mit mehr Diskussion, in den eben nicht ausreichenden öffentlichen Medien der Stadt, eine wirklich Verbesserung der städtebaulichen Situation am Richard-Wagner-Platz hätte finden können. Man setzt mal die Diskussion um den Lindeauer Markt dagegen. Da gibt es sehr große Unterschiede.


    Das ist jetzt Geschichte. Das die Fassade, mit einem Parkhaus dahinter, den Platz aufwerten wird bezweifle ich sehr stark. Er wird weiterhin nur als durchgang zu der TRAM Haltestelle Tröndlinring fungieren anstatt wirklich zum Aufenthaltsort zu werden. Hoffentlich wächst die neu geplante Baumreihe schnell in die Höhe!

  • Hehe, dieser Leserbriefschreiber revidiert nach einer "persönlichen Ortsbegehung" seinen zuvor geschriebenen Leserbrief an die LIZ, dass die Fassade zu retten gewesen sei und die Bürger getäuscht worden sind. Derweil scheint auch er die Intention des Artikels, genau wie ich anfangs, nicht verstanden zu haben. Es geht darin nicht um alte oder neue Fassade, sondern, aufgrund der schnellen Unterschutzstellung, um die vertane Chance, eine dritte Alternative ins Spiel zu bringen, nämlich einen lupenreinen und modernen Neubau mit völlig neuer Fassade.


    Der Leserbriefschreiber erwähnt in seinem Nachtrag das, was auch auf Daves erstem Bild in #572 zu erkennen ist. Die Fassade am Tröndlinring ist in einem deutlich schlechteren Zustand als jene an der Westseite des Gebäudes. Derweil ist die schlechtere Fassade rund 20 Jahre jünger. Ein Indiz also dafür, dass das Feuer in diesem Teil des alten Kaufhauses größeren Schaden an der Fassade anrichtete.


    Ergänzend dazu an dieser Stelle zwei Bilder von Daves Website. Das erste hebt noch einmal den schlechten Zustand der alten Fassade am Tröndlinring hervor.

    Quelle: http://stadtbild-leipzig.de/Baustelle/index.html




    Aber auch die Südseite am Brühl scheint in einem deutlich schlechteren Zustand zu sein als die Westseite. Hier der runde Übergang zwischen Richard-Wagner-Platz und Brühl.



    Und noch ein historischer Vergleich des alten Brühl- Warenhauses. Das erste Foto zeigt die Situation um 1911 mit dem ersten Kaufhaus, das um 1906 errichtet wurde.

    Quelle: lipsikon.de



    Das zweite die Situation um 1927 mit dem Erweiterungsbau

    Quelle: lipsikon.de

  • Ich weiß, es kommt über 100 Jahre zu spät. Aber schade um das alte neoklassizistische Gebäude, welches diesem unsäglichen Konsumtempel weichen musste.


    Soviel von meiner Seite zu dieser Diskussion. ;)

  • Gärtner hat völlig Recht, vor der Erweiterung sah das Ensemble mit seinem spannenden Kontrast deutlich besser aus. Was bei Speck's Hof gut gegangen ist, hat hier die Maßstäblichkeit aus dem Ruder gebracht. Aber das ist jetzt sowieso Geschichte.


    Ich finde übrigend, dass die Details auf der Nordseite (Tröndlinring) deutlich besser erhalten sind, dort erkennt man immerhin mehrere Medaillons mit Tierdarstellungen (ich glaube einen Elch gesehen zu haben), auf der Seite zum Richard-Wagner-Platz ist alles abgeplatzt. Gerade das erste Bild im vorletzten Beitrag dokumentiert das. Wahrscheinlich haben wir damit den Grund, warum dieser Abschnitt unter dem Blecht erhalten bleiben wird.