Städtebauliche Ziele und Visionen - der Diskussionsstrang

  • Konkreter wünsche ich mir für Frankfurt folgende Entwicklungen:


    Es ist essenziell, dass neue und existierende Hochhäuser besser in das städtische Gefüge integriert werden. Ein isoliert stehendes Hochhaus, das außer seiner Skyline wenig zur Lebensqualität der Stadt beiträgt, sollte vermieden werden. Ein jüngstes Beispiel hierfür ist das Projekt "One": Obwohl das Gebäude aus der Ferne beeindruckend wirkt, herrscht im Erdgeschoss eine Trostlosigkeit. Über weite Strecken erstreckt sich lediglich eine Eingangstür zu diesem imposanten Bauwerk. Um das Gebäude herum befinden sich ein Parkhaus und riesige, leere versiegelte Flächen. Kaum Menschen sind zu sehen. Solche Projekte verdeutlichen, dass hier die Liebe zu Details verloren gegangen ist und dass Geld sowie beeindruckende Hochglanz-Renderings in den höchsten Management-Etagen den Ausgang bestimmt haben. Ein weiteres Projekt mit dem gleichen Problem aus der jüngeren Vergangenheit ist das One Forty West. Mit Four haben wir zumindest ein Beispiel, bei dem das Gegenteil bewiesen wird.


    Jeder größere Stadtteil sollte mindestens eine belebte Einkaufsstraße besitzen. In Frankfurt gibt es davon zu wenig, und die kleinteiligen Einzelhandelsflächen in der Blockrandbebauung sind knapp. Wer einige Jahre in Frankfurt verbracht hat, wird bestätigen können, dass es kaum andere Einkaufsmöglichkeiten gibt als die wenig ansprechende Zeil. Weder die Bergerstraße noch die Leipziger Straße qualifizieren sich als klassische Einkaufsmeilen. Dort kann man Pizza essen gehen, ein Eis kaufen oder zu Rewe gehen, aber für Einkaufsbummel sind diese Straßen nicht sehr gut geeignet. Das Angebot konzentriert sich auf andere Aspekte als beispielsweise Mode oder spezialisierte Geschäfte. Die Brückenstraße und ihr Umfeld bieten ein gutes Beispiel dafür, wie es in Frankfurt sonst aussehen könnte. Bedauerlicherweise bezieht sich diese Realität heute lediglich auf ein oder zwei kleine Straßen und nicht mehr. In Berlin fällt mir auf, dass dieses Bild ziemlich weit verbreitet ist. Und Berlin soll arm sein :) Wer kann mir das erklären? Es scheint, dass dies auf eine unzureichende städtebauliche Entwicklung in Frankfurt zurückzuführen ist. Die Entstehung von Einkaufsstraßen erfordert eine konzentrierte Verfügbarkeit von attraktiven Einzelhandelsflächen in einer urbanen Umgebung, und dies ist in Frankfurt nur selten gegeben.


    Frankfurt bedarf neuer, kompakter und lebendiger Stadtteile sowie weniger Schlafstädte. Die Innenstadt von Frankfurt ist nicht gerade für ihre Schönheit bekannt, und die Zeil funktioniert nicht so, wie es sich viele wünschen. Mit einer wachsenden Anzahl von kommerziellen Glaspalästen bleibt der Optimismus verhalten. Hier wird sich nichts ändern. Wir benötigen alternative Konzepte, jedoch nicht im Stil von Riedberg oder Rebstock. Auch das Europaviertel enttäuscht, da es eher an einen Vorort als an eine Stadt erinnert. Sachsenhausen und das Bahnhofsviertel sollten als Vorbilder dienen.


    Wenn Frankfurt in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten zumindest auf diese drei Aspekte fokussieren könnte, hätte die Stadt möglicherweise deutlich größere Chancen, in der Beliebtheit in Deutschland und Europa zu steigen und sich besser gegenüber Städten wie München, Hamburg oder sogar Berlin zu positionieren. Mit etwas mehr Vielfalt könnte die Stadt ihre Position erheblich verbessern.

  • Bei der These, jeder Stadtteil möge seine Einkaufsstraße haben, muss ich sofort an die Zahlen denken, die Einwohnerzahlen nämlich. Die Frankfurter Stadtteile haben nicht selten um die 15.000 Einwohner, schwer vorstellbar, dass da für jeden eine Einkaufsstraße abfällt. Dazu müsste man vermutlich auch einige Supermärkte schließen.

    Alles in allem gibt es aber eine Reihe solcher Einkaufsstraßen in Frankfurt, (Berger Str., Schweizer Straße, Königsteiner Str., Leipziger Str.), sodass mit dem NWZ, das eine Einkaufsstraße der anderen Art darstellt, und der Zeil schon deren sechs zusammen kommen, was bei 750.000 Einwohnern nicht wenig zu sein scheint.

    In vielen großen Städten sind die Stadtteile deutlich größer als in Frankfurt, das fällt hier sicher ins Gewicht.

  • In Bezug auf Ziele und Visionen ist die Kunst des Bauens eng mit reiner Ästhetik und Prinzipien verbunden. Studien zeigen, dass 70% der Menschen moderne Architektur oder zeitgenössische Gebäude nicht schätzen. Dennoch setzt sich der bedenkliche Trend der Veränderung unserer Städte fort. Durch eine stärkere Berücksichtigung von Ästhetik und der prinzipien klassischer Architektur könnten unsere Städte über den aktuellen Trend weniger ansprechender neuer Viertel hinausgehen und Umgebungen fördern, die nicht nur schöner, sondern auch lebenswerter sind. Ich möchte eine aufschlussreiche Dokumentation von YouTube teilen, die sich mit dem Thema klassische versus moderne Architektur befasst – sehr zu empfehlen für jeden: Link zur Dokumentation.