Ökonomische Perspektiven Frankfurts

  • einer meiner größten Hoffnungstäger was die Belebung der Innenstadt angeht ist übrigens die Kaiserstrasse: sehr zentral und (bis auf einige Ausnahmen) sehr schön.


    Ich hoffe, dass man in zehn Jahren auf die Frage "wo gehen wir etwas trinken" antwortet "auf die Kaiserstrasse". Ohne konkretes Ziel.


    So wie man heute ohne konkretes Ziel auf die Fressgass etwas essen geht.

  • mik. ich hatte in diesem Forum auch schon mal vorgeschlagen in Frankfurt Englisch zur zweiten Amtssprache zu erklären, und ich stehe trotz der damaligen harschen Kritik weiterhin dazu, weil ich glaube, dass dadurch ein starker internationaler Investitions Schub in der Stadt zu erreichen wäre. Ausländische Investoren hätten es leichter in der Stadt Fuss zu fassen und nur die Verwaltung müßte noch mal kräftig die Schulbank drücken (kann aber nicht schaden;-)

  • Ja, da wäre ich dafür, aber das Problem ist eher ein gesellschaftliches. Die Bahn/RMV müsste sich dabei schneller anpassen.
    Auch die Gastronomie hängt noch zurück. Aber wie will man da die Leute zwingen? Sowas geht nicht per Verordnung. Internationalität und Englisch als Sprache müsste durch die Medien mehr propagiert werden. Ich denke da an Fernsehprogramm, Radiosender und an die "Straße", also den Einzelhandel. Ketten wie Kaufhof und Karstadt könnten Vorreiter sein, wenn sie wollten!
    Man braucht nur mal auf kleinere Länder zu schauen bei denen der Sprachraum so klein ist, dass sich kein Ausländer anpassen würde und deshalb Englisch viel lockerer gehandhabt wird. Zumindest ist das mein Eindruck z.B. von den skandinavischen Ländern.
    Aber auch in Amsterdam wird mehr Englisch als Holländisch gesprochen! Wobei das dann an den vielen Touristen liegt, aber eben auch daran, dass wirklich jeder da sehr gut Englisch spricht. Selbst die vermeintlich weniger gebildeten Leute in "Billigjobs" sind besser als der deutsche Durchschnittsabiturient.

  • Während der letzten Buchmesse habe ich einen kleinen Einkaufsbummel über die Zeil gemacht und da hat sich ein Inder ziemlich verzweifelt an mich gewendet, da er mit den deutschen Läden/Kaufhäusern nicht zurecht kam.
    Er wollte wissen wo er ein Ferngesteuertes Spielzeugauto für seinen Sohn kaufen kann...


    Dass ein Ausländer jetzt nicht weiß, das Kaufhof und Karstadt mehr als nur Klamotten haben ist ja irgendwie schon nachvollziehbar - aber trotzdem sollte man sich doch da im eigenen Interesse beim Einzelhandel Gedanken machen.


    Was die Gastronomie betrifft siehts schon besser aus, das stimmt. Allerdings muss man für viele "Locations" schon ziemlich Insider sein. In anderen Städten geht man zum Strand und hat da die Touristen-Nepp-Schuppen.
    Frankfurt muss da Orientierung schaffen, mehr Wegweiser...

  • Ich finde die Diskussion über Englisch als zweite Amtssprache ziemlich überflüssig. Ich denke, dass selbst Frankfurt als selbsternannte Multi-Kulti Hauptstadt einen traditionellen Charakter bewahren sollte. Wenn man danach geht, den Bankern oder Touristen erklären zu müssen wo sie ein pinknes Quitschentchen bekommen können - muss man auch gleichzeitig an die vielen anderen ausländischen Gruppen in Franfurt denken. Dann würde man ziemlich schnell zu dem Schluss kommen, dass man auch Türkisch, Arabisch, Kroatisch als Sprache einführen müsste, denn viele dieser Landsleute sprechen genauso wenig deutsch....aber sie bringen der Stadt in der regel weniger Geld ein als ein indischer Tourist, weshalb dieser mit englisch als amtssprache geködert werden soll. Läuft das nicht in die falsche Richtung?


    Iich will nicht falsch verstanden werden....sicher ist englisch wichtig und soll auch von dem Mitarbeitern der großen Einzelhandelsketten beherrscht werden. Alles was darüber hinausgeht ist für mich aber zu viel und sorgt meiner meinung auch dafür, dass Frankfurt seinen Charme als größtes Dorf der Welt verliert - und das wäre wiederum nicht sehr förderlich für den tourismus. Ich will jedenfalls nicht darauf verzichten müssen, Amerikanern beim Bestellen von Ebbelwoi und Handkäs' zusehen zu dürfen, was die meisten nebenbei auch sehr gerne machen.

  • Es gibt seit kurzem zwei neue ausländische Finanzdienstleister in Frankfurt:


    Mediobanca, die wichtigste italienische Investmentbank, in der Neuen Mainzer 1,
    Mediobanca, und Credit Agricole Asset Management, weiss nicht wo, Quelle FTD.

  • Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube das Logo von Credit Agricole bzw. deren Investment-Arm am mainBuilding (was für ein bescheuerter Name, ganz am Rande) gesehen zu haben. Also Taunusanlage neben der Deutschen Bank.

  • Richtig, das Investmentbanking-Geschäft der Credit Agricole Gruppe heisst 'Calyon' und ist im 'Main Building' im Gebäudeteil, der unmittelbar an die Taunusanlage/Guiollettstr. angrenzt, untergebracht.


    Übrigens hat auch die amerikanische Investmentbank Bear Stearns vor kurzem ein Büro in Frankfurt eröffnet, es ist im Japan-Center untergebracht. (Die Entscheidung zur Eröffnung dieses Büros erfolgte wohl vor der Subprime-Krise).

  • Dieses Posting von rako erinnerte mich an diesen Thread. Sehr interessante Beiträge gab es, doch alle sind von 2007. Dabei geben alleine die jüngsten Entwicklungen auf den Kapitalmärkten Anlass genug für neue Bewertungen. Also ponzi, vondraussen und die anderen, die hier zuletzt gute Beiträge geschrieben haben, an die Tastatur!

  • Tja, in Ponzis letztem Beitrag gings noch um BearStearns neues Büro. Das wird jetzt mit Sicherheit in der Jungshofstraße mit dem von JPMorgan zusammengelegt. Doof nur, dass man den Mietvertrag an der Back hat ;)


    Zur DZ/WGZ Fusion muss ich enttäuschen. Das dürfte vorerst nicht viele Arbeitsplätze nach FFM bringen und ist schon gar nicht Grund für den Wunsch nach dem neuen Hochhaus. Es erfolgt eine Aufgabenverteilung zw. FFM und Düsseldorf, wo u.a. das Mittelstandsgeschäft landet. Ich denke, aus der Finanzbranche dürften wir momentan nicht viel Positives zu erwarten haben. Aber es kommen auch wieder bessere Zeiten. FFM und D müssten das als Chance begreifen und die Rahmenbedingungen anpassen um im nächsten Aufschwung zu profitieren. Aber wie ich den Saftladen kenne und bei dem Gegacker in Berlin...


    Übrigens, ich tippe ja darauf, dass Goldman nach Ablauf seines Mietvertrages in die Innenstadt ziehen wird. Sie sind im Messeturm schließlich die einzigen aus der Branche geblieben. Nur extrem gute Konditionen (ist ja auch ein repräsentativer Mieter) kann die m.E. da halten.

  • Ich bin heute aus London zurückgekommen. Dort brennt ja bekanntlich die Hütte noch viel heftiger als in Deutschland. Einige kleinere Banken und demnächst auch große Hedge-Fonds dort stehen vor der Pleite.
    In London rechnet man unter der Hand mit weit mehr als 10.000 Arbeitsplätzen, die verloren gehen könnten. Das wirkt sich natürlich auch auf den Immobilienmarkt und die Bautätigkeit aus. Das Immo-Unternehmen Songbird z.B., dem fast ganz Canary Wharf gehört geht gerade finanziell die Puste aus, insbesondere weil Lehmann-Brothers 1 Mio sq angemietet hatte und jetzt nicht mehr braucht.
    Noch eine Hiobsbotschaft von gestern: Bürgermeister Johnson will angeblich den Bumerang-Tower nicht mehr, aber man munkelt auch, dass das nur die halbe Wahrheit ist. Überhaupt ist man mit dem Baubeginn der großen Prestigeobjekte sehr vorsichtig geworden. Die Londoner jedenfalls fürchten sich vor einem regulierten Finanzmarkt und vermuten eine Stärkung der Finanzplätze Frankfurt und Paris.


    Sei's drum. Ich persönlich hätte nichts dagegen.

  • Selbst schuld die Briten wollten die angeblich zu "linke" Finanzpolitik von Deutschland und Frankreich nicht mittragen und nun kommen sie angebettelt ob sie doch eine Europaweit regulierte Finanzaufsicht haben können, welche damals an den Britten scheiterte.

  • Welche Auswirkungen die Finanzkrise auf Deutschland und insbesondere auch auf Frankfurt haben wird ist derzeit wohl noch nicht abzusehen, da könnte noch die eine oder andere schlimme Überraschung warten.


    Bezogen auf die Bankenfusionen und -übernahmen, die in den letzten Wochen stattgefunden haben, glaube ich aber schon, dass der Finanzplatz Frankfurt dadurch gestärkt wird. Durch die Fusion Commerzbank/Dresdner entsteht die mit Abstand zweitgrößte Privatbank, ein weiterer "nationaler Champion" neben der Deutschen Bank, und die Fusion DZ/WGZ Bank schafft die drittgrößte Bank Deutschland - beide werden ihren Sitz in Frankfurt haben. Dass dabei viele Arbeitsplätze gestrichen werden bzw. nicht alle Arbeitsplätze nach Frankfurt verlegt werden ist die negative Seite, dennoch: Die wichtigen Unternehmensentscheidungen werden auch künftig in Frankfurt getroffen, nur eben bei größeren und damit wettbewerbsstärkeren Banken. Dadurch ist auch die Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank ein Gewinn für den Finanzplatz, egal, ob der Sitz der Postbank an den Main verlegt wird oder nicht: Die Entscheider sitzen fortan am Main und nicht in Bonn.


    Verlierer beim Bankenpoker ist Düsseldorf: Die deutsche Citibank wurde von der französischen Credit Mutuel gekauft. Zwar bleibt der Sitz der Bank in Düsseldorf, die Entscheidungen über das Unternehmen werden aber künftig in Paris getroffen. Mit der "neuen" DZ Bank verliert Düsseldorf dazu noch einen Unternehmenssitz.


    Gleiches gilt für München und die Hypovereinbank: Seit der Übernahme durch die italienische UniCredit 2005 wird in Rom über die Bank entschieden, nicht mehr in München.

  • Stimmt, ein absolut wichtiger Punkt: die deutsche Finanzbranche sammelt sich (endlich) in Frankfurt und verteilt sich nicht mehr über die halbe (föderale) Republik. Kein anderes Land der Welt leistet sich 3, 4 oder sogar noch mehr Finanzzentren, zum Glück hat man das jetzt mittlerweile in Deutschland auch eingesehen.


    Nicht zu vergessen dabei ist die Fusion von FinanzIT (ehemals Hannover) und Sparkassen-Informatik (Frankfurt) zur Finanz Informatik. Das fusionierte Unternehmen hat seinen Sitz ebenfalls in Frankfurt. Damit ist der seit den 90ern andauernde Konsolidierungsprozess unter den IT-Dienstleistern für den Sparkassen-Sektor abgeschlossen.


    Jetzt fehlt noch die Übernahme des Kapitalmarktgeschäfts der WestLB durch die DekaBank, die kommt auch bald...


    P.S.: UniCredit sitzt in Mailand, nicht in Rom (der Wikipedia-Eintrag ist falsch, ich ändere ihn gleich ab...)

  • Glaube ich auch. Schade, dass er nicht vehementer die Forderung vertreten hat, dass die BaFin nach Frankfurt muss (wenn sogar die FR das sagt!). Aber vielleicht hat sich diese Forderung bald überholt, wenn es tatsächlich eine europäische Finanzmarktaufsicht geben sollte. Das wird dann eine große Herausforderung für die Bundesregierung, diese Behörde nach Frankfurt zu holen - aber wenn es gelänge, EZB und Euro-Aufsicht an einem Standort zu haben (was natürlich sehr viel Sinn macht), dann hätte Frankfurt einen riesengroßen Vorteil im Standortwettbewerb mit Paris und London...

  • Angeblich denken konkret Daenemark and Ungarn, aber auch andere Ost-EU Staaten daran, dem Euro beizutreten. Sogar Island soll Verhandlungen fuehren. Grund ist, dass damit praktisch eine spekulative Attacke auf die Laender ausgeschlossen ist. Bei einer spekulativen Attacke wird darauf gewettet, dass der Staat sich nur dadurch vor dem Bankrott retten kann, indem massiv der Wechselkurs abgewertet wird. Der Staat muechte dies (oft) vermeiden, da dies ein Land aermer macht und ausserdem die Zinsen erhoeht, da Investoren gegen die erwartete Abwertung mit hoeheren Zinsen entschaedigt werden. Ein kleines Land kann nun durch Spekulation auf fallende Wechselkurse dazu gezwungen werden, abzuwerten. Daenemark hatte letzte Woche eine spekulative Attacke, Ungarn und Island werden nur durch internationale Hilfe gerettet.


    Falls dies tatsaechlich der Fall sein sollte, wuerde tatsaechlich Frankfurt langfristig sehr sehr stark von der Finanzkrise profitieren. Jedes Beitrattsland bringt direkt neue Arbeitsplatze zur EZB, und indirekt auch, da die kommerziellen Banken einen informellen und schnellen Draht zur EZB haben moechten. Ausserdem denke ich, dass die EZB sich ihrer Wichtigkeit bewusst ist, mehr Platz braucht, und deswegen vielleicht auch eher baut.

  • Auch wenn es schade für die anderen Städte ist halte ich es auch für sinnvoll die Banken Deutschlands wenn möglich auf Frankfurt zu zentrieren.


    Zum Euro Beitritt Dänemarks und Islands habe ich eigentlich keine Bedenken, bei Ungarn schon, die sollten noch 2-3 Jahre warten und dann mit Tschechien und den dan noch nicht beigetretenen Baltischen Ländern beitreten. Langfirstig wird sich wohl auch GB irgendwann dem Euro fügen müssen, da scheitert es ja nur an der Ideologie. Frankfurt würde ja nicht durch die paar Arbeitsplätze bei der EZB profitieren, sondern eher dadurch das sie durch einen noch stärkeren Euro einen Standortvorteil ,gegenüber Paris, London und in Zukunft vll. Madrid, mit der EZB haben.

  • Island ist noch nicht mal in der EU, von daher ist ein Betritt zum Euroraum wohl eher ein verzweifelter Scherz.