Virtuelle Altstadtmodelle

  • ^Dem muss ich widersprechen. Diese Altstadt gibt es seit über 60 Jahren nicht mehr. Es gibt ganz sicher bessere Lösungen als den heutigen Bestand, aber ebenso sicher ist auch, dass die Reko nicht die beste Lösung ist. Inzwischen ist 2008 und es wäre traurig, wenn die beste Lösung für die heute die sein sollte, die vor Jahrhunderten gebaut wurde. Es gilt zu akzeptieren, dass sich diese Stadt weiterentwickelt. Es ist nicht mehr die mittelalterliche Handelsstadt.


    Unabhängig davon gefallen mir die Renderings sehr. Dieses virtuelle Altstadtmodell ist eine hervorragende Arbeit, die zeigt, wie die Altstadt von Frankfurt einmal aussah. Ein wertvoller Beitrag zur Historie der Stadt, dafür vielen Dank. Ich kenne die Hintergründe nicht, aber es wäre wünschenswert, wenn die Stadt FFM die Bedeutung dieser Arbeit erkennen und fördern würde.

  • ^


    Ich habe schon darauf gewartet, wieder diese Beiträge von Musterbeispielen eines Ideologen zu lesen. :lach: Der uns ernsthaft weißmachen will, dass die Sickergrube... äh, der archäologische Garten, und das gelandete Ufo aka Technisches Rathaus eine schützenswerte, identitätsstiftende Errungenschaft wären, gleichzusetzen mit der hier vorher seit 40 Generationen bestehenden Altstadt.


    Nichtsdestotrotz danke für die schönen neuen Bilder, jörg. Ich hoffe auf mehr. :daumen:

  • joe910 #101: Natürlich steht es jedem zu, eine andere Ansicht zu vertreten. Aber es ist nun mal Realität, dass es für den Altstadtbereich keine bessere Lösung als die Rekonstruktion gibt, auch um die historische Identität der Mainmetropole zu stärken. Für eine "Weiterentwicklung" gibt es außerhalb der Altstadt Quadratkilometer Platz, was ja auch genutzt wird.;)


    Zeige doch mal Entwürfe für die Frankfurter Altstadt auf, die besser für dieses Areal geeignet sein sollen?!:headscratch:


    Was bisher dort gebaut wurde, auf jeden Fall nicht, wird ja jetzt Gott sei Dank schon teilweise abgerissen. Leider sind bekannte neue Entwürfe, wie beispielsweise für das neue "Historische Museum", auch nicht viel besser als die alten Bausünden. Mehr will ich dazu in diesem Strang nicht sagen, da woanders bereits ausführlich darüber diskutiert wird.


    Auf jeden Fall kann man die Arbeit von joerg als sehr eindrucksvolle Visualisierung eines Rekonstruktionsmodells ansehen, was erst einmal von "modernen" Entwürfen für die Bebauung des Altstadtbereiches zu Toppen wäre.

  • Dem muss ich widersprechen. Diese Altstadt gibt es seit über 60 Jahren nicht mehr. Es gibt ganz sicher bessere Lösungen als den heutigen Bestand, aber ebenso sicher ist auch, dass die Reko nicht die beste Lösung ist.


    Wieso ist dies sicher? War die Rekonstruktion der Häuser des Samstagberges in den Jahren 1981-83 etwa nicht die beste Lösung? Ich wage mal zu behaupten, mit "moderner" Bebauung wäre der Römerberg kaum zu einem der schönsten Plätzen der Stadt geworden. (Störend ist eingentlich nur noch die Fünfziger Jahre-Bebauung.)


    Inzwischen ist 2008 und es wäre traurig, wenn die beste Lösung für die heute die sein sollte, die vor Jahrhunderten gebaut wurde.


    Nochmal gefragt: Warum wäre es traurig? Weil man sich das Versagen "moderner" Architektur eingestehen müsste? Wir sollten nicht vergessen, dass es hier lediglich um den Kern des historischen Zentrums geht, einen nun wirklich nur sehr kleinen Teil Frankfurts. Warum sollte es traurig sein, im historischen Zentrum Gebäude im historischen Stil als beste Lösung anzusehen?



    Es gilt zu akzeptieren, dass sich diese Stadt weiterentwickelt.


    Eben, die Stadt entwickelt sich weiter. Galt es in den Nachkriegsjahrzehnten noch als schick, historische Gebäude der Utopie des modernen Fortschritts zu opfern, hat nun in weiten Teilen ein Umdenken eingesetzt: Man sehnt sich wieder nach seinem historischen Erbe, das zum großen Teil in Kriegs- und Nachkriegszeit verloren gegangen ist. Rekonstruktionen sind "modern". Im übrigen gab es auch in den letzten Jahrhunderten immer wieder architektonische Rückgriffe auf die Formensprache längst vergangener Zeiten. Deshalb ist es mir unverständlich, dass gerade die Architektenzunft den neuen Trend mit Händen und Füßen zu bekämpfen versucht.



    Es ist nicht mehr die mittelalterliche Handelsstadt.


    Aber es _war_ die mittelalterliche Handelsstadt, eine sehr bedeutende sogar. Und dies darf und sollte man auch weiterhin sehen können. Für Frankfurt kann es nur Gewinn sein, seine bedeutende Vergangenheit weiter herauszuarbeiten. Das Nebeneinander von Historie und Moderne könnte noch viel einzigartiger sein - wo in der Welt gibt es schon eine moderne Metropole mit Skyline und mittelalterlicher Altstadt?

  • Diese Häuser mögen ja ganz schön anzusehen sein, aber wer würde denn heute in den engen Gassen ohne Licht leben oder arbeiten wollen. Die Städte sind so entstanden, um auf kleiner Fläche wehrhaft zu sein, es gab keine Transportmittel oder Maschinen die so ohne weiteres größere Distanzen oder Gebäude zuliessen. Das sieht heute dann doch anders aus. Wie soll denn die Nutzung dieser Nachbauten aussehen? Ein Souveniershop am nächsten im EG? Darüber Wohnraum? Das wird nicht funktionieren.
    Die Ostzeile am Römer ist nun schon reichlich diskutiert worden. Diese Immitate sind ein nettes Fotomotiv und sicher, sie passen optisch zum Platz. Gerade gestern habe ich diesen Platz einem Besucher aus Neueeland gezeigt und er hat den Kopf geschüttelt als ich ihm sagte von wann diese Bauten sind.
    Ich selbst komme übrigens aus einer Kleinstadt, deren historischer Kern noch fast vollständig erhalten ist. Ich plädiere wirklich nicht dafür, diese dann abzureissen, ganz im Gegenteil, sie ist historisch und erhaltenswert. Aber das sieht in Frankfurt nun wirklich anders aus. Stadtplanung sollte nach vorne gerichtet sein, das wäre schon wichtig.
    Ansonsten kann ich das Modell, um das es in diesem Strang geht, nur loben.

  • joe910: Über diese Argumente wurde schon in anderen Strängen geredet und auch wiederlegt, das was Du hier sagst, ist weder neu noch unbekannt! Einfach mal Suchfunktion benutzen.


    Und danke an joerg! Das ist einfach fantastisch!

  • Hier geht es um das wirklich sehr schöne 3D-Modell der Altstadt. Ich finde es wirklich beeindruckend, wie sich kleine, formale Details auf den Charakter der Straßen auswirken. So z.B. das Auskragen der Geschosse der alten Fachwerkhäuser aber auch wie viel Baumasse auf dem ziemlich kleinen Gelände Platz gefunden hat.


    Für eine Rekonstruktion, insbesondere des Areals um die Paulskirche sprechen diese Bilder allerdings nicht. Der Platz ist heute zwar vernachlässigt, in seiner städtischen Einfassung und Dimension aber wesentlich angepasster an die Struktur der Stadt.
    Zumindest städtebaulich zeigt das Modell doch ein ziemlich konzeptloses Chaos, was vielleicht heimelig und gemütlich gewesen sein mochte, aber als Einfassung für ein bedeutendes Bauwerk wie die Paulskirche doch vollkommen unpassend war. Die alte Börse schien auch nicht gerade ein Musterbeispiel gelungenen Städtebaus gewesen zu sein.


    Dennoch bildet dieses Modell mittlerweile den Maßstab, an dem sich zeitgenössische Entwürfe in Punkto Heimeligkeit und Identitätsphantasien messen müssen. Und diese harte Diskussion ist auch gut und nötig.

  • joe910:


    Die "Imitate", wie du sie nennst, funktionieren doch - unten geschäftliche Nutzung, oben Wohnraum. Das einzige, was dort nicht funktioniert, ist Abschreibung und Neubau nach 50 Jahren. Übrigens ist z. B. die Limburger Altstadt (weitere Beispiel gibt's in Hessen dutzendfach) auch so eng bebaut, dass man dort nicht mit dem Auto herumkurven kann. Dennoch gibt es dort keinen Leerstand. Die Argumentation, dass Rekonstruktion "nicht funktioniert", ist rein ideologischer Natur. Der Städtebau der letzten 50 Jahre hat wenig hervorgebracht, das in seiner Rezeption in der breiten Masse der vorsachlichen Architektur auch nur nahe kommt .


    Übrigens verbitte ich mir den Begriff Imitat, impliziert dieser doch eine attrappenhafte Vortäuschung. Das einzige, was diese Häuser nicht sind, ist alt, ansonsten handelt es sich um ein tragende Fachwerkkonstruktion, die bereits schon heute, nach 25 Jahren, typische Verformungs- und Senkungserscheinungen zeigt.

  • @ joe910


    Ohne dir zu nahe treten zu wollen, sehe ich in deiner Argumentation auch die Fortsetzung der Geschichtsnivellierung in Deutschland, die nach dem Zweiten Weltkrieg massiv betrieben worden ist.


    Kommt im Geschichtsunterricht in den Schulen heute noch deutsche Geschichte vor 1933 vor? Meistens nur kurz, bzw. es bleibt nicht hängen, weil es nicht anschaulich ist. Wissen unsere Schüler z. B. noch, wer Otto der Große war, was "Kurfürst" bedeutet oder was die Goldene Bulle ist? In den meisten Fällen nicht! Wo können die Schüler Orte bzw. wichtige Teile der nationalen Geschichte, die im Heiligen Römischen Reich über Jahrhunderte keine Hauptstadt hatte, tatsächlich sehen und begreifen? Klar, es gibt einige Orte, aber auch die wichtigsten aus der Zeit vor 1803?


    Nach dem Krieg wurde die deutsche Geschichte vor 1933 mit deren Bauwerken quasi gleich mit aus dem nationalen Bewusstsein gelöscht. Ob dies in der Zeit richtig oder falsch war, will und kann ich hier nicht beurteilen, jedoch fehlt mir bei den Kritikern dieser konkreten Rekonstruktion objektiv ein wenig Gefühl für die Bedeutung dieser konkreten Rekonstruktion. Dieser Altstadtteil ist wichtig für die deutsche Geschichte und Identität bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Leider ist zu viel davon verloren gegangen, auch in anderen deutschen Städten.



    Edit: Ich meine hier die Szenerie des Krönungswegs zwischen Dom und Römer.

  • Bevor ich mich dazu äußere, was ihr geschrieben habt, will ich erst mal meine Galerie hier fortsetzen.


    BRAUBACHSTRAßE


    Dieser Straßenzug wurde Anfang des 20. Jhdts. in der Altstadt angelegt. An dieser Stelle befand sich vorher keine Straße. Für die Braubachstraße wurden über 100 ältere Gebäude abgerissen, Privatstraßen wie der Nürnberger Hof zerschnitten und Gassen in ihrer Lage verändert (v.a. die Mörsergasse). Mit dieser Maßnahme wollte die Stadt die weitere Verelendung der südlichen Altstadt verhindern und das Gebiet an das Straßenbahnsystem anschließen. Bis heute führt die einzige Straßenbahnlinie in der Altstadt durch die Braubachstraße. Der wirtschaftliche Aufschwung der südlichen Altstadt ließ allerdings noch bis zur Altstadtsanierung (ab den 20er Jahren) auf sich warten. So gesehen rentierte sich die Anlage der Braubachstraße für die Stadt nicht. Sie wurde sogar zu einem finanziellen Fiasko, weil v.a. die östlichen Grundstücke Richtung Fahrgasse jahrzehntelang keine Käufer fanden und auf einigen die Stadt schließlich sogar selbst tätig werden musste (z.B. das Hauptzollamt, heute "Haus am Dom"). Der Straßenzug hat seinen Namen von der Braubach, einem seit Jahrhunderten überbauten und verrohrten Gewässer, das sich nahe der Straße befindet und eine Zeit lang die natürliche, nördliche Begrenzung des mittelalterlichen Frankfurt bildete. Wenn man heute in die Gässchen geht, die von der Braubachstraße Richtung Schnurgasse (Berliner Straße) abgehen, fällt das Niveau zunächst weiter ab, um dann wieder anzusteigen. Am tiefsten Punkt liegt die Braubach. Der Blick auf dem Bild geht von der Neuen Kräme nach Osten. Die Braubachstraße wurde von den Planern in leicht geschwungener Form konzipiert, damit die Blicke der Passanten an den Fassaden entlanggleiten konnten. Die meisten Häuser stehen heute noch, sind allerdings im Dachbereich teilweise vereinfacht wiederaufgebaut worden.



    Im weiteren Verlauf möchte ich einige Häuser genauer unter die Lupe nehmen. Mir fällt nicht zu jedem davon eine nennenswerte Geschichte ein, aber diese Bauten haben es meiner Meinung nach verdient, hier gezeigt zu werden. Beginnen möchte ich mit Braubachstraße 30-32, einem späten Bau, wie man leicht an der Fassade sehen kann. Das Haus steht noch. Der einzige Schmuck des Gebäudes sind - neben den Gittern über den Öffnungen im Erdgeschoss - die geschwungen Fensterumrahmungen, die ich nachempfunden habe.



    Noch ganz im Kleid des Historismus zeigen sich hingegen die Häuser Nr. 24 (Mitte) und 26 (links). Im rechte Haus (Nr. 18-22) erkennt man hingegen wieder die Formensprache der Moderne, womit es zeitlich irgendwann in den 20er Jahren entstanden sein dürfte. Zwischen Nr. 18-22 und Nr. 24 mündet die Mörsergasse auf die Braubachstraße. Der Bereich ist von Nr. 18-22 überbaut. Heute ist hier ein Tor, das eigentlich immer verschlossen ist. Alle drei Gebäude existieren übrigens noch. Nr. 18-22 hat sich fast unverändert erhalten, bei Nr. 24 fehlt der Giebel und das Fachwerk ist verschwunden (wahrscheinlich verputzt), bei Nr. 26 fehlt ebenfalls der Giebel.



    Das nächste Haus finde ich persönlich eines der gelungensten in diesem Straßenzug. Ich kann es allerdings zeitlich überhaupt nicht einordnen. Es handelt sich um Nr. 14-16. Auch dieses Gebäude steht noch. Links ist noch einmal die bereits erwähnte Nr. 18-22 zu sehen (dazwischen die Neugasse), rechts das ebenfalls noch bestehende und erst kürzlich renovierte Haus Braubachstraße 12 (dazwischen die Kruggasse).



    Ein Highlight für Fans des Historismus war zweifelsohne Braubachstraße 10 (an der Ecke zur Domstraße). Dieses sehr fantasievolle Gebäude wurde leider im 2. Weltkrieg zerstört. Heute stehen noch die Mauern des Erdgeschosses, der Rest wurde - wahrscheinlich in den 80ern - neu gebaut. Leider bietet der Neubau keinen Vergleich zu dem hier abgebildeten Haus.



    Die bisherigen Bilder stammen alle von der Nordseite der Braubachstraße. Ein Rendering von der Südseite möchte ich aber auch zeigen, nämlich Nr. 21-23. Dieses Ensemble war Teil des Rebstock-Hofes (der Rebstock selbst ist auch auf dem Bild zu sehen, das Gebäude mit den doppelstöckigen Holzgalerien im Hintergrund). An dieser Stelle befand sich jahrzehntelang ein städtebaulicher Missstand, denn man hatte hier die ursprüngliche Bebauung beim Durchbruch der Straße nicht konsequent abgerissen. So zeigte das Fachwerkhaus Braubachstraße 21 bis Ende der 30er Jahre zur Braubachstraße eine Brandmauer, die sich bis zur Neugasse (im Bild rechts) durchzog. Davor wurde ein sehr schmales, einstöckiges Notgebäude errichtet, das wohl als Trinkhalle o.ä. diente. Dann erfolgten im letzten großen Bauprojekt vor der Zerstörung der Umbau des Fachwerkhauses (das zur Braubachstraße eine komplett neue Fassade erhielt) und der Abbruch der an der Neugasse liegenden Häuser zugunsten eines Neubaus, der hier zu sehen ist. 1940 war alles fertig, vier Jahre später bereits wieder zerstört. Nach dem Krieg wurde die Parzelle neu bebaut. Diesen Neubau hat man zugunsten des Baus des Technischen Rathauses dann wieder abgerissen. Das TR nimmt heute die gesamte Fläche ein und erstreckt sich auch weiter nach rechts, wo sich das Haus mit dem Türmchen auf dem Dach befindet. Ob der Rebstock wiederaufgebaut wird, ist im Moment eine spannende Frage. Im Hintergrund der Turm der Nikolaikirche.



    SCHNURGASSE


    Die Schnurgasse hieß früher Webergasse und hat ihren Namen von den schnurrenden Webstühlen. Sie ist in ihrem Verlauf mit der heutigen Berliner Straße identisch, wobei letztere wesentlich breiter ist. Für diese Verbreiterung wurde die Baulinie auf der Südseite weit zurückgenommen.


    Das folgende Bild zeigt die Ecke der Schnurgasse zur Domstraße. Das langgestreckt hellgrüne Gebäude ist das noch bestehende Haus Domstraße 9-11. Heute ist da ein Fischrestaurant drin. Im Hintergrund Braubachstraße 10, vorne Schnurgasse 33-35. Die Häuser Schnurgasse 1-31 wurden für die Braubachstraße abgebrochen.



    Noch einmal ein ähnlicher Blick etwas weiter nach Westen. Dieses kurze Sackgässchen trug den Namen Rattengasse und wurde beim Wiederaufbau der Altstadt eingezogen. Links Schnurgasse 33-35, rechts Nr. 39 und das klassizistische Haus Nr. 41.



    Eine weitere kurze Stichstraße erschloss zwischen den Häusern Schnurgasse 45 (links) und 49 (rechts) das Haus Nr. 47. Zwischen Nr. 49 und Nr. 51 (ganz rechts) liegt die Neugasse.



    Das prächtige barocke Haus Zum Fingerling (Schnurgasse 53).



    Die Häuser Schnurgasse 57-61. Besonders beeindruckend die Fassade von Nr. 61 (rechts) im Louis-Seize-Stil.



    Auf diesem Bild ist der Nordabschluss des Nürnberger Hofs zu sehen (Schnurgasse 63-65). Dieser Messehof der Nürnberger Kaufleute entstand als Privatstraße im Mittelalter und hatte sich bis zum Beginn des 20. Jhdts. fast unverändert erhalten. Dann folgte zunächst der Durchbruch der Braubachstraße, der den Nürnberger Hof in zwei Teile zerschnitt. Von der Zerstörung der Altstadt waren dann v.a. die südlichen Bereiche an der Gasse Hinter dem Lämmchen betroffen. Der auf dem folgenden Bild zu sehende Nordteil hatte die Bombardierung nur mit geringen Schäden überstanden. 1948 erfolgte jedoch der Abbruch des Ensembles für die Anlage der Berliner Straße. Nur der Torbogen blieb erhalten. Er fristet heute ein bedauernswertes Dasein in einem Hinterhof.



    Zum Abschluss noch einmal die Schnurgasse in einer Totalen. Sichtbar sind die Häuser 51-71.



    Eine ganze Reihe von schmalen Fachwerkhäuschen hatte bis 1944 in der Neugasse überlebt. Hier ist der Hausstreifen auf der Westseite zu sehen, die Nummern 19-27. Hinter diesen Häusern verlief die Sackgasse. Auch auf der Ostseite gab es noch einige mittelalterliche Häuser. Übrigens damals keine sonderlich angenehme Gegend.


  • Ich verstehe nicht, warum man von Seiten der Stadt nicht schon mal den Minimalkonsens erreicht, die Gebäude die an Stelle des TR standen zumindest zur Braubachstraße wieder herzustellen. Diese Gebäude sind vergleichsweise modern, können günstig hergestellt werden und sind praktisch zu nutzen (bspw. 21-23 und der dahinterliegende BAu mit dem Türmchen). Die Fassaden sind zwar schmucklos, aber trotzdem schön anzusehen. Teuer wäre wohl nur das Schieferdach. Die Gebäude selbst könnte man auch aus Beton bauen.

  • Richtig, garcia, es sind sogar einige schöne Beispiele der frühen Moderne dabei, doch selbst diese sind teils durch unpassende Aufstockungen entstellt.


    Ergänzungen zu jörg's Text (nach der Frankfurter Denkmaltopographie): die 14 - 16 im Stil der Neuen Sachlichkeit stammt aus dem Jahr 1926, nach einem Entwurf der Architekten F. Roeckle und H. Senf. Die im gleichen Stil erbaute 30 - 32 ist aus dem Jahr 1927, nach einem Entwurf von Architekt A. Aßmann.


    Die 18 - 22, auch genannt Handwerkerhaus ist aus dem Jahr 1926, Architekt war P. Paravicini. Zusammen mit der 14 - 16 soll es offenbar saniert und neuer Sitz des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels werden, vgl. auch hier:


    http://www.deutsches-architekt…rum/showthread.php?t=7449


    Hier nochmal das Foto mit dem traurigen Ist-Zustand, das auch die ruinöse Dachlandschaft zeigt:



    (Klicken zum Vergrößern)
    Quelle: Selber fotografiert, keinerlei Ansprüche meinerseits.


    Wer mehr zu Braubachstraße wissen will, hier der Link zur Wikipedia (Artikel ist von mir):


    http://de.wikipedia.org/wiki/Braubachstra%C3%9Fe

  • joerg #110: danke wieder mal, kann nicht genug davon sehen!


    Eine nicht unwesentliche Wirkung Deiner Renderings kommt aus der Farbgestaltung. Sind denn alle Farben nach historischen Informationen gewählt, zufällig frei gestaltet und erfunden, vom Graphikprogramm beeinflusst oder bewusst so komponiert, eventuell um einen ganz bestimmten Effekt damit zu erzielen?

  • Es mag diese Diskussion auch schon an anderer Stelle gegeben haben, aber in meinem ersten Beitrag widerspreche ich RobertKWFs Bemerkung dass es "keine bessere Alternative geben kann" und das ist ja wohl erlaubt. Wo es erlaubt ist Behauptungen aufzustellen muss es auch möglich sein eine gegenteilige Meinung zu äußern. Übrigens sehe ich diese Diskussion nicht ideologisch, um das mal klarzustellen. Aus meiner Sicht bleiben diese Bauten Imitationen. Ich verweise hier gern darauf, dass das lateinische Wort "imitatio" gemeinhin mit "Nachahmung" oder "Nachbildung" übersetzt wird und darum geht es doch bei dem geforderten Wideraufbau. Auch wenn die Nachbildung als tragende Fachwerkkonstruktion ausgeführt wird, es bleibt doch ein Imitat.
    Übrigens sind die Zweifel an der Nutzbarkeit berechtigt, denn die Belichtung des Wohnraumes in den dargestellten Gassen wird wohl alles andere als gut sein, zumal die Gebäude in ihrer Form mit zunehmender Höhe noch breiter werden. Das mit der Belichtung ist übrigens keine Spekulation sondern eigene Erfahrung.
    Abschließend: Ich bin ja gar nicht gegen die Rekonstruktion einzelner Gebäude und ganz und gar nicht gegen den Erhalt wirklich historischer Bauwerke, aber diesen Nachbau in der Fläche halte ich nunmal für nicht wünschenswert.
    Und da ich LeFays Meinung in dem Punkt teile, dass diese Diskussion nicht in diesen Strang gehört werde ich sie hier auch nicht fortsetzen.

  • joerg - wirklich super


    Die Visualisierung machen die Debatte viel handfester und weniger 'ideologisch'. Dadurch, dass sie eine abstrakte Diskussion bildhaft machen. Toll, ich hoffe, dass Deine Mühen auch in die offizielle Diskussion einfliessen, wenn diese nach Abriss des TR zum Knackpunkt kommen wird.


    Drei kurze Kommentare zu den Details:


    - mit dem alten Dach finde ich die Paulskirche wesentlich schöner.
    - Mir gefällt das rot-weiss gestreifte der Alten Börse. Wäre ein idealer Standort für die Frankfurter Touristeninformation und eine Infobox für den Altstadumbau, sollte er denn erfolgen.
    - Ich denke, die Stadt sollte versuchen, Rücklagen zu bilden für Gestaltung in der Altstadt und zunächst einmal vorsichtig sein mit anderen Neubauten. Sonst hat man dann kein Geld, wenn man es braucht.


    Danke nochmals.

  • @ beku bus, sukram79, RobertKWF, RMA 2000, LeFay, joe910, mik, vondraussen:


    Danke für die Komplimente. Positive Resonanz ist eine gute Motivation um weiterzumachen :daumen:


    @ sukram79: Du hast gefragt, wieviel Zeit man pro Gebäude investieren muss. Das ist nicht so leicht zu beantworten. Es gibt ja einfache und komplexe Gebäude. Ein klassizistisches Haus mit einer 6m langen Straßenfassade ist nicht zu vergleichen mit einem Haus wie der Alten Börse, die fünfmal so lang ist und an drei Seiten frei steht (ich gestalte nur die Seiten zur Straße; Hinterhöfe sind bei mir in der Regel "leer"). Kirchen sind noch komplizierter, und bei diesen muss ich mich auch jedesmal wieder überwinden, mit dem Bau überhaupt anzufangen. Außerdem - das wird oft vergessen - gibt es ja auch noch die Straßen mit Gehsteigen und Bordsteinen. Diese folgen einem Relief, was besonders kompliziert nachzuempfinden ist. Demzufolge ist die komplexeste Datei in meinem Modell nicht z.B. der Dom oder der Römer oder irgendein anderes Gebäude, sondern diese Straßendatei. Um mal eine grobe Richtung vorzugeben: Das bislang einfachste Haus hat mich etwa 3 Stunden gekostet, an der Straßendatei arbeite ich seit Jahren. Aber es macht ja Spaß ;)


    @ RobertKWF: Bezüglich der Farbgestaltung hab ich mal in einem anderen Forum, dessen Namen hier nicht gerne gelesen wird, einen längeren Text (vom 5.12.2006) geschrieben, den ich einfach mal für dich reinkopiere:


    Über das Farbproblem habe ich mir am Anfang des Modellbaus und auch zwischendurch immer wieder intensiv Gedanken gemacht. Die Materie ist recht kompliziert. Es gibt flächenhafte Hausbeschreibungen der Gebrüder Treuner, in denen u.a. auch die Farbe des Anstriches vermerkt ist. Dort findet sich bspw. der Hinweis „Erdgeschoss: rotbraun“. Das ist auf den ersten Blick aufschlussreich, nützt einem aber bei näherer Betrachtung nur bedingt. Das Problem: Man weiß nicht, welchen Farbton genau die Treuners unter „rotbraun“ verstanden haben. Und man weiß auch nicht, wo der Unterschied zu ähnlichen, ebenfalls in den Beschreibungen auftauchenden Farbtönen liegt, z.B. „braunrot“ oder „rötlich braun“ oder „rotbraun, alt“ oder „rotbraun, etwas heller“, von den ganzen Ockertönen, bei denen die Treuners sage und schreibe über 30 Abwandlungen kennen, ganz zu schweigen. Aufschluss hierüber gibt der Blick auf das Treuner-Modell, jedoch nur am Rand, denn die im Inneren liegenden Gassen sind leider nur sehr schwer einsehbar, insb. die Erdgeschosse, die von den darüber liegenden Auskragungen verdeckt werden. Und dann gibt es noch das Problem, dass das Treuner-Modell auch schon 60-70 Jahre auf dem Buckel hat und sich in dieser Zeit die Farbgebung u.U. verändert haben kann (Verblassen). Dies gilt in ähnlicher Weise auch für Farbfotos bzw. farbige Filmaufnahmen aus der Altstadt. Viele Farbfotos wirken z.B. ausgebleicht. Wie man es also dreht und wendet, die genaue Farbgebung der Gebäude bleibt im Dunkeln. Man kommt um eine eigene Entscheidung nicht herum. Und die habe ich folgendermaßen getroffen: Sämtliche von den Treuners angegebenen Farben wurden aufgeschrieben und dann in Gruppen eingeteilt. Jeder dieser Gruppen wurde dann eine bestimmte Farbe zugewiesen, es gibt also in meinem Modell bspw. keinen Unterschied mehr zwischen „rotbraun“, „rotbraun, alt“ und „rotbraun, etwas heller“. Meistens habe ich einen intensiveren Ton gewählt, da ja in der Altstadt Ende der 30er Jahre gerade umfangreiche Sanierungs- und Aufwertungsmaßnahmen liefen und ich so die frische Farbe darstellen wollte. Ich komme übrigens nur mit etwa 40 verschiedenen Hausfarben aus. Die meisten sind Rot-, Braun-, Gelb-, Grau- und Ockertöne. Aber durch die Tatsache, dass die Häuser unterschiedlich zusammenstehen und durch direktes bzw. indirektes Licht, sowie Schattenwürfe entstehen beim Rendern viel, viel mehr Farben.


    @ joe910: Schön, dass dir das Modell gefällt. Ich lasse dir auch deine Meinung bzgl. Rekonstruktionen, auch wenn sie sich nicht mit meiner eigenen deckt. Aber darum geht es ja in diesem Strang nicht, wie bereits mehrfach angemerkt wurde. Ob Rekonstruktionen eine Weiterentwicklung oder einen Rückgriff im Städtebau und der Architektur darstellen, kann in anderen Threads diskutiert werden.


    @ mik: Nun, ich sehe im Vorkriegs-Paulsplatz kein konzeptloses Chaos. Es gab diese eine Ecke im Nordwesten, die von den Lichtverhältnissen in den Fachwerkhäusern verbesserungsbedürftig war, aber der Rest war durchaus großzügig angelegt und entsprechend bebaut. Die Alte Börse halte ich übrigens für sehr gelungen, das hab ich im Text auch schon geschrieben. Man darf ja auch nicht vergessen, dass der Architekt (Stüler) nicht irgendwer war, sondern ein echter Meister seines Faches. Bauwerke von Stüler, einem Schüler von Schinkel, findet man v.a. in Berlin, so gesehen war es schon etwas besonderes, ihn für dieses Projekt nach Frankfurt holen zu können. Die Alte Börse sollte meines Erachtens unbedingt rekonstruiert werden, zumal der Bauplatz ja frei ist.


    @ RMA 2000: Gut, dass es Leute gibt, die Vergleichsbilder einstellen. Daran sieht man, wo man selber Dinge nicht korrekt beschrieben hat, so z.B. bei der Dachlandschaft von Braubachstraße 18-22, die heute völlig verunstaltet ist und auch der Giebel von Braubachstraße 26 ist nicht völlig verschwunden, sondern hat nur seine Form geändert.


  • Dieses Bild wollte ich schon lange mal rendern. Aber als ich es zum letzten Mal vor ca. anderthalb Jahren versucht hab, ist mir mein Rechner abgestürzt. Seit Weihnachten bin ich nun jedoch stolzer Besitzer eines neuen Computers. Und der ist - im Gegensatz zu seinem Vorgänger - nicht von der Stange, sondern eine Spezialanfertigung, die sich gut zum Rendern eignet. Das Originalbild, das noch wesentlich schärfer ist, dauerte in der Produktion 52 Minuten und 21 Sekunden. Es hat aber auch als JPEG 3,2 MB und konnte daher nicht direkt bei Imageshack hochgeladen werden (maximale Größe Pro Bild 1,53 MB). Wie man sieht, gibt es bei der Beleuchtung einige Probleme, da die Texturen auf dem neuen Rechner zu hell erscheinen. Und das, obwohl ich an den Einstellungen beim Umzug des Modells gar nichts verändert hab. Da muss ich wohl etwas nach unten korrigieren, dann stimmt´s wieder. Ansonsten wäre ich dankbar, wenn ein Ortskundiger unter euch mal beschreiben würde, was man auf dem Bild alles sehen kann. Den Dom kennt ja eigentlich jeder, aber wie sieht´s mit den Ensembles außenrum aus? Wäre doch ein schönes Ratespiel ;)

  • O.K. ich versuchs mal auf die Schnelle: das Bild ist ziemlich genau nach Norden ausgerichtet. Links vom Domturm zweigt der Markt nach Westen Richtung Römer ab (jenseits des Bildrandes). An der Ecke erkennt man die Goldene Waage. Auf halber Länge am Markt öffnet sich der Hühnermarkt (heute Standort Technisches Rathaus). Führt man den Blick gerade nach unten, beginnt dort der Tuchgaden, der in einem Bogen nach links oben auf das Rote Haus zuführt und unter ihm hindurch auf dem Markt mündet. Parallel zum Markt verläuft weiter oben die Braubachstraße. Unterhalb des Domturms steht (auch heute noch bzw. wieder) das Leinwandhaus mit seinen vier gotischen Ecktürmchen. Rechts des Domchores öffnet sich der Garküchenplatz mit dem einzelnen Haus in seiner östlichen Mitte, der Alten Waage (?). Unterhalb des Platzes erkennt man das Roseneck, direkt rechts des Chordaches des Doms das Haus Luthereck. Weiter rechts gelangt man auf die Fahrgasse, die diagonal durchs Bild verläuft (und weiter nach unten rechts zur Alten Brücke führen würde). Am rechten oberen Bildrand sieht man das Dominikanerkloster. Reicht das für eine erste Orientierung :)?

  • Schonmal sehr gut. Mit "Alter Waage" liegst du schonmal gar nicht so falsch. Richtig heißt das Gebäude Mehlwaage.
    Direkt am Leinwandhaus erkennt man außerdem noch den heute nicht mehr existierenden südlichen Gebäudeteil, sowie rechts daneben, also zwischen Leinwandhaus und Roseneck, die Stadtwaage. Südlich davon (im bild also darunter) befindet sich die Schmidtstube.
    Direkt über dem Roseneck erkennt man die Dächer der regelrecht winzigen Garküchen.

  • @ Querido: Ist völlig richtig. Bravo! Das Gebäude heißt richtig Mehlwaage, wie Rohne bereits angemerkt hat. Unterhalb der Mehlwaage sieht man übrigens noch einen Eckerker des Fürstenecks und den ursprüngich zum Fürsteneck gehörenden Wohnturm "Zu den drei Sauköpfen". Wohn- oder Geschlechtertürme findet man heute in Deutschland in größerer Zahl noch in Regensburg. Rechts knapp über dem Domchor beginnt die Kannengießergasse und im Bild liegt darüber der Hainer Hof mit seinen Neubauten von 1938, die heute noch größtenteils bestehen. Oben in der Ecke rechts befindet sich das Dominikanerkloster. In der unteren rechten Ecke ist ein Teil des KIrschgartens angeschnitten. Zwischen Domturm und Goldener Waage sieht man das Hauptzollamt, heute Haus am Dom. Die Goldene Waage ist mit Treppenturm, Belvederchen und Laube auf dem Hinterhaus dargestellt. Sogar der Brunnen des Belvederchens ist sichtbar, wenn auch nur von hinten.


    @ Rohne: Das was du als Stadtwaage bezeichnet hast ist das Archivgebäude. Die alte Stadtwaage wurde für diesen Neubau abgerissen.