Bauakademie - Rekonstruktion und Geschichte

  • Was soll den bitte wem in meiner Heimatstadt "peinlich" sein? Allerspätestens nach dem BER-Drama sind wir doch über den Zeitpunkt, wo etwas peinlich sein könnte, lange hinaus.

  • Ich denke, das hat mit Peinlichkeit nichts zu tun (das waren Odysseus Worte), und auch nicht mit dem BER Fiasko, es ist der ganz normale Prozess, ein Baufeld zu sondieren und vorzubereiten, dafür musste das Gerüst entfernt werden. Letztendlich wird es wohl doch auch so sein, dass man die "Probeecke" und die gemauerten Kammern abreißen wird. Und mit dem Humboldt - Forum hat es schon mal gar nichts zu tun, es besteht von keiner Seite die Verantwortung die Prozesse auf der einen Baustelle mit den Prozessen auf einem neuen, unabhängigen Baufeld zu koordinieren, oder?

  • Hallo Forum,


    ich bin neu hier.

    Habe von 1993-2004 in Berlin gelebt und die schlossplatz&Bauakademiedebatte interessiert verfolgt.

    Für ein Ausstellungsprojekt in Hamburg würde ich gerne zwei ca 3x3 m große Originale der Fassadenplanen vom Stadtschloss 1993/1994) sowie von der jetzt abgebauten Fassadensimulation der Bauakademie verwenden.

    Wer könnte mir dabei helfen?

    An wen sollte ich mich wenden?


    Vielen Dank!


    Leopold

  • Es wird ja sogar viel mehr nicht fertig sein, als das dann gut sichtbare freie Baufeld der Bauakademie. So ist es in Berlin nunmal leider meistens.

    Das DHM, also das historische Zeughaus wird eingerüstet sein, Teile des Doms, Restarbeiten an der U5 Baustelle sowie dem Schlossumfeld wird es ebenso geben, wie dann wohl auch Arbeiten am Freiheits- und Einheitsdenkmal. Hinzu kommt bestimmt noch die ein oder andere kleinere Maßnahme an Straßen und sonstiger Infrastruktur.


    Vermutlich wird es daher der versammlten Weltpresse gar nicht auffallen, wenn es noch eine Bausetlle mehr oder weniger gibt.

  • Das Gerüst der Bauakademie ist nun fast gänzlich verschwunden, mit Ausnahme einer Stahlkonstruktion auf der Seite zum Schinkelplatz, die womöglich zur Aussteifung des Gesamtkonstrukts diente. Zum Vorschein kommt damit nun verstärkt der Rote Saal, der über die Jahre für Veranstaltungen genutzt wurde und in Abhängigkeit vom Baustart wohl auch bald seinen Platz wechseln wird.


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    Alle Fotografien sind durch mich aufgenommen worden und bei Nutzung mit RianMa zu kennzeichnen. Danke.

  • Am besten stürzen wir gleich alle Denkmäler im ganzen Land, so wie in der DDR unter Ulbricht. Hinter jedem Denkmal lauert schließlich ein böser Reaktionär! (Die großen Demokraten Marx, Engels und Thälmann dürfen natürlich stehen bleiben.)

  • ^ Das ist, wie man so hässlich auf Neudeutsch sagt, "Derailing" und "Whataboutism". Was haben "alle Denkmäler im ganzen Land" mit einem konkreten Antisemitismusproblem zu tun? Was ein Streit über einen mutmaßlichen Antisemiten mit Ulbricht und der DDR? Du kannst ja gerne Gründe anführen, warum Du die vielfältigen Ehrungen für Beuth trotz der Kritik für sinnvoll/notwendig hältst (so würde ich es z.B. mit Luther oder Wagner machen). Dein Alles-linke-Hetzer-Rundumschlag hat jedenfalls mit der Sache nichts zu tun.

  • So absolut haarsträubend das Posting von Architektator auch ist, so frage ich mich aber, was dieses politische Thema zu Beuth hier im Thread zur Bauakademie zu suchen hat.

    (Es ist immer wieder ärgerlich, wenn hier unnötig politische Topics eingebracht werden, zu denen dann gewisse Teilnehmer all ihre weltanschaulichen Ressentiments und anderen Kackdreck abladen. Das wollen viele dann nicht stehen lassen, und zack geht es gar nicht mehr ums Thema Architektur, sondern nur noch um Polemik. Sehr ärgerlich.)

  • ^ Naja, der Kontext ergibt sich aus dem Beuth-Denkmal auf dem Schinkelplatz. Es wird gemeinsam mit dem Thaer-Denkmal und Schinkel himself nach der Reko zum Ensemble gehören. Um dieses Ensembles Willen bin ich übrigens bis auf Weiteres dafür, dass das Denkmal stehen bleibt. Es würde ein hässliches Loch hinterlassen. Vielleicht könnte man es um eine einordnende Tafel ergänzen.

  • OT: Es ist mE eine Gratwanderung. Denn was das Thema Architektur und Stadtentwicklung tangiert (oder gar mit ausmacht) und was nicht, ist zumindest teilweise recht subjektiv. Der Berlinbereich im DAF hat gefühlt schon immer ein relativ hohes Maß an (politischen) Kontextdebatten bis hin zu ellenlangen Diskursen und Schleifen angezogen. Manche nervt das und andere finden es offensichtlich trotzdem relevant und belebend und schreiben sogar überwiegend zu solchen (Rand-/ Kontext-)Themen. Bei einigen (wie mir) schwankt es auch zwischen diesen Polen aber ich bin tendenziell eher froh darum und überlese dies und das im Zweifel.


    BTT: Das Denkmal ist Teil des historischen Ensembles. Ob man es weglässt oder ggf. ersetzt, ist somit einerseits eine ästhetische Frage aber zugleich auch eine des Umgangs mit Geschichte. Das kann man mE auch nicht direkt mit einer Institution oder Straße gleichsetzen, wo der Name aus mE nachvollziehbaren Gründen bewusst abgelegt wird, um auch eine weiterhin wirkende Identifikation abzustreifen. Ein Denkmal hingegen verkörpert logischerweise immer auch stark einen vergangenen Zeitgeist, eine oftmals überholte Bewertung. Beuth wurde im 19. Jahrhundert faktisch geschätzt und geehrt. Das lässt sich auch nicht durch eine Entfernung nachträglich negieren (deshalb hätte man mE auch die Plakette an seinem Geburtsort besser durch eine aktuelle Einordnung ergänzt und so erst eine wirklich ehrliche Reflektion und Diskurs angestoßen, die auch die wankelmütige Haltung einbeziehen).


    Kurz gesagt: Gerne eine Erklärungstafel aufstellen aber bitte nicht jede Reibungsfläche beseitigen.

  • Ich will mich zum konkreten Fall gar nicht äußern, weil ich dazu auch zu wenig zu der Biografie der betreffenden Person weiß oder schlicht gesagt, ich kenne ihn einfach nicht, so wie vermutlich 99,9%.


    Ich denke, man kann jeden Einzelfall kritisch diskutieren, das große Problem, was ich sehe, besteht aber darin, dass es zur Angewohnheit geworden ist, alles und jedes nach heutigen moralischen Werten zu beurteilen. Und das halte ich für schwierig und teils auch für riskant, denn auch unsere heutigen Moralvorstellungen sind Momentaufnahmen, alles entwickelt sich weiter. Daher ist die Frage, ob man Kunst, Architektur, Denkmäler, Literatur etc. nur mit dem Filter der heutigen Zeit sieht oder auch ihr Zustandekommen und die Bewertung zum Zeitpunkt der Entstehung mit bedenkt.


    Ja, sucht man nur lange genug, ist jede Biografie ein Problem, keine historische Figur bis auf ganz ganz wenige Ausnahmen ist nur Weiß oder nur Schwarz. Die Realität ist wie so oft ein Grauton. Und vieles, was früher als fortschrittlich und modern galt (gerade hier hatte Preußen durchaus wesentliche Verdienste) gilt heute als nicht mehr ausreichend. Dabei muss man verstehen, dass Veränderungen in der Regel kein revolutionärer Prozess sind, sondern sich meist evolutionär über extrem lange Zeitspannen erstrecken. Die Schaffung von Arbeitnehmerrechten, die Einführung der Demokratie, die Ächtung des Krieges, die Einführung des Sozialstaates und die Gleichberechtigung von Mann und Frau wie auch der Schutz von Minderheiten und die religiöse Gleichberechtigung. All das sind Grundwerte, die unter teils schmerzlichsten Rückschlägen über Jahrhunderte entstanden sind. Und teils heute wieder infrage gestellt werden.


    Jede Ansicht, jeder Wert, jede Überzeugung ist daher immer auch ein Produkt ihrer Zeit. Besonders in der Architektur, die oftmals als ein Ausdrucksmittel dieser Werte genutzt wurde und hier insbesondere die Denkmalsarchitektur. Gerade letztere war immer ganz besonders exponiert im Ausdruck der jeweiligen historischen Epoche. Wäre es das bestimmende Kriterium, gerade Denkmalarchitektur primär nach heutigen Maßstäben zu beurteilen, so müsste man nicht nur einen Großteil des Bestandes abräumen, am Ende würde die Selektion selbst zu einem politischen Instrument. Und davor warne ich, weil wir gesehen haben, wo solche Dinge enden. Denn Denkmalarchitektur ist da nur die Spitze des Einberges.


    Ich denke, in der Demokratie müssen wir solche Widersprüche, wenn sie in vertretbaren Bahnen bleiben, aushalten. Keine Toleranz gibt es bei extremen Figuren wie Hitler oder Stalin. Aber was die Grautöne angeht, so finde ich, muss eine Demokratie dies aushalten, ob Friedrich der Große oder Marx, alle Figuren sind deutsche Geschichte, sie gehören in ihren Facetten zu diesem Land. Ich muss nicht jede Person mögen und ich muss auch nicht in jedem Aspekt mit ihnen übereinstimmen. Aber langsam zu versuchen, auch diesen gesamten Bereich zu polarisieren und zu missbrauchen, endet am Ende eher weniger mit mehr Harmonie, sondern im Zweifel eher mit brenndenen Büchern. All das hatten wir schon, weil man Kunst für politische Zwecke missbraucht hat.


    Daher ist meine Meinung, dass wir mal wieder lernen sollten, unsere Empörung und die Hysterie, die überall um sich greift, etwas zu mäßigen und etwas mehr Gelassenheit walten zu lassen. Denn eins sind Denkmäler auch immer: Geschichte! Sie sind nicht die Zukunft!

  • Wäre es das bestimmende Kriterium, gerade Denkmalarchitektur primär nach heutigen Maßstäben zu beurteilen, so müsste man nicht nur einen Großteil des Bestandes abräumen, am Ende würde die Selektion selbst zu einem politischen Instrument. Und davor warne ich, weil wir gesehen haben, wo solche Dinge enden. Denn Denkmalarchitektur ist da nur die Spitze des Einberges.


    (...)


    Aber langsam zu versuchen, auch diesen gesamten Bereich zu polarisieren und zu missbrauchen, endet am Ende eher weniger mit mehr Harmonie, sondern im Zweifel eher mit brenndenen Büchern. All das hatten wir schon, weil man Kunst für politische Zwecke missbraucht hat.

    Lieber Odysseus, ich bin mir nicht ganz sicher, wie du die obigen Passagen meinst. Denkst du, dass die berliner Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus des Herrn Beuth und die darauffolgenden Umbenennungen Deutschland in eine Diktatur führen werden?

  • Offensichtlich verstehst du nicht was Odysseus meint, wenn du das Thema so herunterbrichst, als das es hier nur um Beuth und Antisemitismus geht

  • Die potemkinsche Bauakademie ist nun nahezu verschwunden und der Blick wird vorübergehend (und vermutlich länger, als uns allen hier lieb ist) frei für die Südseite des Erweiterungsbaus des AA von Müller/Reimann aus dem Jahr 1999.



    Man muss sagen, dass diese Fassade nur mäßig gut gealtert ist, auch und gerade im direkten Vergleich mit dem Staatsratsgebäude daneben.



    Bilder von heute und von mir.

  • Nach Presseangaben verzichtet Florian Pronold nach der heftigen Kritik am Auswahlverfahren und nach Gerichtsklagen auf den Posten des Leiters der neuen Berliner Bauakademie. Da das Verfahren, meinem Eindruck nach, unkorrekt abgelaufen ist, halte ich das für richtig, aber das wird den Wiederaufbau vermutlich nicht beschleunigen. Kein Ruhmesblatt der politisch Zuständigen.


    Passend zur Meldung der Zustand von Sonntag: Die Bauakademie-Simulation liegt am Boden.




    Immerhin entbehrt das gemauerte Überbleibsel nicht eines gewissen Ruinen-Reizes:




    Alle Bilder von Sonntag & von mir.

  • Vielleicht ist es eine naive Meinung, aber ich fände es schön wenn man die Fassade bis zur Eröffnung des Schlosses komplettieren würde. Dann könnte man in Ruhe weiterdiskutieren und am Ende kann dahinter dann entstehen was auch immer. Für das Stadtbild wäre die Rekonstruktion der Fassade wichtig, der dahinterliegende Teil ist dann eher Thema für den Denkmalschutz.

  • ^ Was hat denn der Denkmalschutz damit zu tun?


    Zudem waren Musterecke und Ausstellungssaal von Anfang an für den "Wieder-Abriss" bestimmt. Rein praktisch, wie auch inhaltlich, halte ich das für nicht zielführend.