Das Karstadt steht auf den Parzellen des ehemaligen Rothschild-Palais (rechts im Bild, links das auf der heutigen Woolworth-Parzelle stehende Palais Mumm, das schon 1903 abgebrochen wurde), eines der letzten Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, das noch bis zum Zweiten Weltkrieg erhalten war, sowie des Römischen Kaisers, des zweitberühmtesten Gasthauses an der Zeil im 18. Jahrhundert, der schon 1900 abgebrochen wurde.
Auf den Parzellen von Palais Mumm und Römischen Kaiser wurde zwischen 1900 und 1905 durch den berühmten belgischen Jugendstil-Architekten Victor Horta ein das Rothschild-Palais zangenförmig flankierendes Gebäude errichtet, das damals aufgrund seiner reinen Stahl-Glas-Konstruktion eine Sensation war (und als Jugendstilbau im biederen Frankfurt sowieso). Das baulich verwandte Centre belge de la bande dessinée in Brüssel vermittelt heute noch einen ganz guten Eindruck davon.
Trotz einigen Besitzerwechseln und der Enteignung des Rothschild-Palais in der NS-Zeit blieb das ganze Ensemble noch nichtmal bis zum Zweiten Weltkrieg erhalten – 1937/38 wurde der Westflügel des Horta-Baus an der Ecke zur Brönnerstraße durch einen äußerst sachlichen Neubau des schon damals existierenden Woolworth ersetzt. Wundert auch nicht anbetrachts des Jugendstil-Hasses, der gerade unter den Nazis en vogue war.
Dieser Stahlbetonbau hat den Zweiten Weltkrieg fast völlig unbeschadet überstanden – vollständig zerstört wurden dagegen das Palais Rothschild, der verbliebene Ostflügel des Horta-Baus durch Brandbomben zwar nur leicht beschädigt, aber durch die Hitze in einen traurigen zusammengeschmolzenen Haufen verwandelt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Parzellen des ehemaligen Rothschild-Palais und des ehemaligen Ostflügels des Horta-Baus zusammengefasst und 1948/49 durch den Hansa-Konzern neu bebaut worden. Hansa hieß ab 1965 Hertie (ab ~ Mitte der 1990er Karstadt), das Gebäude hat in dieser Zeit wohl auch eine zweite Fassade erhalten, dann eine dritte etwa um 1970, die heute zu sehende, vierte Fassade dürfte um 1980, nach den Fotos, die ich habe, vor 1981 entstanden sein, im Kern steckt aber noch der Bau von 1948/49.
Der Woolworth-Bau ist übrigens im Kern sogar noch das Gebäude von 1937/38 mit der mittlerweile sechsten Fassadenfassung! Das sage mal einer, man wäre in Frankfurt am Main nicht sparsam...