Museumsinsel und Erweiterungsbauten (James-Simon-Galerie)

  • Als Freund von traditioneller Architektur und Rekonstruktionen, wo sinnvoll, muss selbst ich sagen, dass ich Ungers Erweiterungen des Pergamonmuseums als gelungen und auch als recht einfühlsam empfinde. Einen gewollten Kontrast kann ich hier nicht erkennen.
    Das Pergamonmuseum ist bereits ein massiver, schlichter, irgendwie archaisch-wirkender Bau. Es erinnert mich mehr an einen altägyptischen oder babylonischen Tempel als an einen jüngeren griechischen.
    Ich finde, die schlichten und in ihrer Form und Materialität angepassten Anbauten daher sehr gelungen.
    Besonders die Innenwirkung des Tempiettos sowie der Verbindungsgalerie finde ich sehr eindrucksvoll und im Einklang mit dem restlichen Gebäude sowie den Exponaten, die dort ausgestellt werden sollen.

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    © SPK / ART+COM, 2015

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    © SPK / ART+COM, 2015

    Es wirkt auf mich als würde ich in alten Tempelhallen wandeln.

  • Den "größtmöglichen" Kontrast kann ich auch nicht erkennen, ist aber vermutlich auch als Hyberbel gemeint.


    Mir stößt aber in den dankenswerterweise geteilten Visualiserungen auch auf, wie prominent Ungers-Anbau zwischen den Flügeln des Pergamonmuseums hervorsticht. Zunächst stört es mich, weil ich die quadratische Formensprache (im EG "echte" Quadrate, darüber zwei zusammengelegte Quadrate) an sich nicht ansprechend finde. Daneben verhindert auch der Abschluss an der Kanalgrenze (wie im Blockrand) in meiner Vorstellung das beeindruckende Raumgefühl zwischen zwei massive, säulengarnierte Gebäudeflügel zu treten. Mir wäre es lieber gewesen, wenn der Anbau leicht zurückversetzt gewesen wäre, um der ursprünglichen Flügelsituation mehr Raum zu geben und die Fassade die vertikale Formensprache der Säulen stärker aufgegriffen hätte.

    Würde jetzt mal ganz pauschal im Gesamteindruck eine 5/10 geben.


    Eine Vermischung der, nach meiner Ansicht, berechtigten ästethischen Kritik mit populistischen Gegenübertstellungen einer ungehörten Mehrheit und einer intriganten Schatten-Elite delegitimiert leider die berechtigte Kritik.

  • Den "größtmöglichen" Kontrast kann ich auch nicht erkennen, ist aber vermutlich auch als Hyberbel gemeint.

    Letzteres ist korrekt. Ich habe meine Architekturkritik mit dem "größtmöglichen Kontrast" ja auch nicht auf die Unger-Entwürfe bezogen, sondern auf die James Simon Galerie. Die Erweiterung des Pergamonmuseums durch Unger hat eine ganz andere Qualität. Wir sollten hier doch bitte differenzieren.

  • Das Museum war doch nie Fertiggestellt - der Entwurf Messels gelangte nie zur Vollendung sondern wurde durch Hoffmann ab 1910 bis 1930 in vereinfachter Form weitergeführt.


    Die Kolonnade, der Portikus im Hof und der 4te Flügel zum neuen Museum hin wurden bei der Version von 1930 nicht ausgeführt.


    Im Prinzip blieb das Museum architekt. über die Wirren der Zeit einfach eine unvollendet gebliebene Baustelle.

    Damit war es nie ein Produkt das nur einer Epoche angehört- man kann da glaub ich jetzt nicht vorangegangen Generationen vorwerfen wie sie den ursprünglichen Entwurf innerhalb von 2 versch polit. Systemen der ersten. Bauzeit veränderte oder verknappte und wie in den nächsten 3 Systemen mit seiner Unfertigkeit, seiner Zerstörung umgegangen und unter veränderten, erschwerten Bedingungen Wiederaufbau, Ausbau und Erweiterung betrieben wurde.


    Ich denke bei dem Bau lässt sich damit schwer der originäre Entwurf für den Fortbau in in dessen Sinne heranziehen - zumal sich auch mit den veränderten Rahmen und Konzepten der übrigen Museen auf der Insel und durch die Wiederzusammenführung und Anreicherung der Sammlungen, die Platznöte innerhalb des Museums und Anforderungen an den Betrieb über die Zeit vervielfacht haben.


    Darauf muss reagiert werden und das ist hier räumlich in der Version von 1907, 1910, 1930, 1955 oder 1990 einfach nicht adäquat lösbar aber man kann trotzdem bestrebt sein Harmonie und Gleichgewicht bei der Gestaltung der Baumassen zu erreichen.

    Das überzeugt mich hier leider eher mäßig.

    Die Zutaten versumpfen m.A.n. förmlich in diesem eh schon sehr flächigen und materiallastigen, architektonischen Rahmen.

    Die auf den visus angedeutete lichte Luftigkeit des Zwischenbaues wird sich so sicher kaum darstellen - die Reduzierte derbe Formsprache in Stein und die überstreckten Fenster lassen eher eine etwas unglücklich gewählte Referenz an bekannte Machtarchitekturen ahnen - obendrein gibt es diesen schwerfälligen unschönen Barierreeffekt- der den Hof abschirmt und die klobigen Seitenflügel mit Kolossalordnung wie eine Abwehrende Trutzburg komplettiert - eine einladende Abmildernde Geste der Durchlässigkeit zu einem Großzügigen Hof wird hier vermieden stattdessen rutscht man durch diesen schleusenartigen Unterbau mit der Gewissheit der eigenwilligen

    Platzierung eines Pharaonentores überm Scheitel ins hofinnere und blickt dann also auf ein Tempietto in dem über eine Tempeltreppe in die Gruft geleitet wird, das ganze wirkt eher wie die komplexe Anlage eines Pharaonengrabes - ich weiß gar nicht warum man da die Ägyptischen Artefakte über dem Zwischenbau platziert.

    Säulen und Tor hätte man ja im Tempietto integrieren können. Dann wäre eine offene Kolonnade mit Überführung doch eleganter gewesen

    am liebsten würde ich diesen jetzigen Vorbau in der Breite dieser hässlichen Zubringerbrücke wegnehmen und Max durch eine gläserne Brücke ersetzen.

    Die Museumsinsel ist in wesentlichen Teilen eine romantische Idee - die im beginn als eine innerstädtische Option zur Erholung gedacht war - Ausdruck und anordnung der Architektur und des Säulenganges sind daher ursprünglich auf eine stark dekorative Wirkung hin angelegt. Von dieser Idee wird mit den neuerlichen zweckrationalen Zutaten vor allem bei Ungers - eigentlich nichts weitergetragen - das ist vermutlich auch der Grund warum manch einer sich an den Neubauten reibt - es wirkt auf eine unvorteilhafte Art fremdartig.
    Diese Bauten begnügen sich mit der Funktion die sie stemmen sollen und arbeiten eigentlich charakterlich gegen das romantische Naturell der Insel weil sie Kraft ihrer Natur in Reduktion und Rationalität darin total unbegabt sind.


    Wenn eine betont zeitgenössische Architektur im Spannungsfeld von historischen Bauten sich als Marker seiner Zeit überzeugend behaupten kann dann als kompromissloses Kontrastmittel, abseits ihrer zeitgenössischen Hausse gerät sie sonst schnell mal ins modisch Überkommene.

    Davor schützt auch die noch so sensible Anbiederung in Form einer Interpretation nicht, die leicht mal die Ungenügsamkeit eines schlecht sitzenden improvisierten Kostümes ausstrahlt.


    das fällt bei verzögerten, Zeitintensiven Großprojekten und hier sehr gern bei öffentlichen Projekten

    natürlich stärker auf.

  • Laut Bauschild rechts vorne sollte die Freistellung und Renovierung der hinteren Kolonnade nordöstlich der Alten Nationalgalerie nach dem Baubeginn im Frühjahr 2020 jetzt im Herbst 2022 abgeschlossen sein, davon kann aber derzeit keine Rede sein:


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    Auf der anderen Seite, also nordwestlich von der Alten Nationalgalerie, kann man am Pergamonmuseum einen modernen Anbau sehen. Was da wohl drin ist und ob der bleibt oder abgerissen wird, wenn der ganze hintere Bereich für die Öffentlichkeit freigegeben wird?


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    (Beide Fotos wurden von mir am 25.11.2022 aufgenommen)

  • Mir fehlt beim Besuch jedes Mal die sehr breite und nicht benötigte Straße auf, welche die Museumsinsel schneidet. Sind neben allen Renovierungen und Erweiterungen hier Änderungen geplant?

  • Naja die sehr breite Strasse wird schon benötigt, da hier sämtliche Busse parken, da ist es oft ganz schön voll.

    Das einzige, was ich bemängele ist der Belag. Ein Kopfsteinpflaster wäre schon schöner gewesen.

  • Ich glaube, das hat auch historische Gründe: Die an die Bodestraße anschließende Friedrichsbrücke wurde ja von 2012 bis 2014 bei der Grundsanierung extra wieder auf die historische Breite von 27 Metern umgebaut (was mir anfangs etwas klobig erschien).


    Ob sich die schweren Busse und Kopfsteinpflaster verträgt, weiß ich nicht. Etwas schöner gestaltet werden, könnte dieser Bereich allemal.

  • Pergamonmuseum

    Die Umbaumaßnahmen am Pergamonmuseum dauern noch eine Weile an. Das 2013 begonnene Projekt wird frühestens Ende 2025 fertig und für Besucher wieder ganz geöffnet werden. Das sagte der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, in ein kna-Interview Anfang Dezember. Auf der Seite des RBB steht dazu eine kleine Meldung.

  • Zwei unterschiedliche Seiten am Pergamon-Museum

    Danke für die Bilder von dropdeaded209. Auf der anderen Seite wurde das spiegelbildliche Portal gerade mit einförmigen Glas-Metall-Kästen angebaut.

    Kann mir jemand erklären, warum das bei einem denkmalgeschützten Ensemble so ist!?


    Vielen Dank


  • ^^ Der vermeintliche Glas-Metall Kasten ist noch gar nicht fertiggestellt. Das Eingangsportal erhält zudem noch seine Steinfassade.

    Und jetzt weiter nölen über die schlimmen Politiker und Architekten der Gegenwart bzw. Moderne.

  • ... ich befürchte ja, da wird nichts weiter unternommen um die unterschiedliche Farbgebung der einzelnen Segmente vermutlich durch Korrosion und Verschmutzung hervorgerufen, zu entfernen oder zumindest anzugleichen ?. Wenn jemand näheres dazu weiss ...

  • Ich denke mal im Interesse an der erkennbaren Wirkung von Ergänzung und Restaurierung im Bestand als architektonische Aktion wird man das nicht mit ner farblichen Retouche finalisieren.


    Hier wird wohl schon aus der Devise des Denkmalschutzes heraus, die Lesbarkeit der Zeitschichten im Vordergrund stehen.

    An das „bunte Kuh“ Ergebnis muss man sich wohl gewöhnen- trotz dessen freu ich mich über die Wiederherstellung der Kolonnade hier und ich finde die Ansicht der Museumsinsel hier wirklich sehr ansprechend und romantisch.


    Für mich das eindeutig hübschere Gesicht der eher janusköpfig entwickelten, wiederaufgebauten Museumsinsel.

  • Ich denke mal im Interesse an der erkennbaren Wirkung von Ergänzung und Restaurierung im Bestand als architektonische Aktion wird man das nicht mit ner farblichen Retouche finalisieren.


    Reinigung und Konservierung des Steines wäre doch keine Retusche. Nebenan am Dom reinigt man gerade die selben Verkrustungen, weil sie dem Stein alles andere als gut tun, ihn langsam zerstören.
    Außerdem würde man selbst nach einer Beseitigung der Verkrustungen noch immer ganz deutlich einen Farbunterschied sowie einen haptischen Unterschied festellen, denn die alten Säulen sind von Einschusslöchern und Bombenabsplitterungen übersäht.