Wiederaufbau Berliner Stadtschloss

  • aber mit grüner Wiese wird es doch eh nichts, denn laut Schloss-Website werden erstmal archäologische Arbeiten auf dem Terrain stattfinden die sich eine ganze Weile hinziehen könnten.


    Also nichts mit grüner Wiese.


    Dauerbaustelle ist angesagt.

  • Hat eigentlich irgendjemand die Diskussion dokumentiert, die vor der Entscheidung für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche geführt wurde? Ich habe die Argumente noch gut im Ohr: Wer das wolle, sei geschichtsvergessen, ewiggestrg, das Ganze sei Fake, Disneyland, es sei viel zu teuer und technisch nicht machbar, es sei unmoralisch, Geschichtsfälschung, niemand wolle das usw. usw.


    Gestern war ich in Dresden und wollte mir die Frauenkirche ansehen. Es ging nicht. Die Menschen traten sich auf dem Neumarkt gegenseitig die Fußnägel ab. Die Schlange reichte über den gesamten Neumarkt bis fast zur Wilsdruffer Straße. Wartezeit schätzungsweise zwei Stunden.


    Ob sich wohl wenigstens einer der Feuilletonisten, die uns jahrelang mit ihren scheinintellektuellen Argumenten zugunsten der Konservierung der Stadtverwüstung belästigt haben, etwas schämt?

  • Zitat von Ernst

    Ob sich wohl wenigstens einer der Feulletonisten, die uns jahrelang mit ihren scheinintellektuellen Argumenten zugunsten der Konservierung der Stadtverwüstung belästigt haben, etwas schämt?


    Warum soll man sich für Seine Meinung schämen? Ich bin kein Schlossbefürworter und möchte was anderes haben. Aber wenn die Fassade gebaut werden sollte, werde ich es mir anschauen. Warum auch nicht? - Soll ich es dann aus Trotz ignorieren?


    Und ich möchte nach wie vor behaupten, dass Berliner Stadtschloss und Dresdner Frauenkirche nicht vergleichbar sind. Das eine ist eine vollständige Kirche (innen & außen) und das andere ist eine Fassade. Und auch die Identifikation ist anders. Im Schloss ist niemand getauft, konfirmiert oder verheiratet worden. Die gesamte Symbolik und Identifikation ist eine andere. Mit der Frauenkirche verbinden sich für viele Erinnerungen an die Dresdner Bombennächte und ihr Wiederaufbau ist auch eine Art Heilung der Stadt und ihrer Seelen. Das nicht vollständig zerstörte Stadtschloss wurde nach dem Krieg abgerissen, um schließlich einem Parkplatz zu weichen. Der Hintergrund ist ein völlig anderer.

  • Zitat von Manuel


    Und ich möchte nach wie vor behaupten, dass Berliner Stadtschloss und Dresdner Frauenkirche nicht vergleichbar sind.


    Warum nicht? Beides waren wichtige Gebäude der Stadt und für viele Menschen über Jahrhunderte Stadtidentifikation.


    Zitat von Manuel


    Das eine ist eine vollständige Kirche (innen & außen) und das andere ist eine Fassade. Und auch die Identifikation ist anders.


    Was spricht gegen das neue Nutzungskonzept, dem Humboldtforum?


    Zitat von Manuel


    Im Schloss ist niemand getauft, konfirmiert oder verheiratet worden. Die gesamte Symbolik und Identifikation ist eine andere.


    Es war jahrelange einer der Mittelpunkte Berlins. Der Ort von dem Berlin aus gewachsen ist. Natürlich hat es eine andere Symbolik, wäre ja auch langweilig, wenn man 2 Gebäude mit genau derselben Symbolik wiederaufbauen würde.


    Zitat von Manuel


    Mit der Frauenkirche verbinden sich für viele Erinnerungen an die Dresdner Bombennächte und ihr Wiederaufbau ist auch eine Art Heilung der Stadt und ihrer Seelen. Das nicht vollständig zerstörte Stadtschloss wurde nach dem Krieg abgerissen, um schließlich einem Parkplatz zu weichen. Der Hintergrund ist ein völlig anderer.


    Beide Gebäude wurden gegen den Willen der Bevölkerung zerstört. Was tut den da der Hintergrund zur Sache?

  • Für mich ist die gewissermaßen "emotionale Aufladung" beider Gebäude nun wirklich nicht vergleichbar. Aber wenn Du schon schreibst, dass der Hintergrund ja ohnedies nichts zur Sache tut, mag das für Dich dann sicherlich anders liegen. Gegen das Nutzungskonzept habe ich im Prinzip nie etwas gehabt (abgesehen davon, dass Vater Staat da mal wieder zahlen soll, also für den Inhalt der hoffentlich wirklich privat finanzierten Fassade). Und die Sache mit dem Mittelpunkt und der Bedeutung für Berlin usw. ist hier schon oft genug diskutiert worden.


    Ich war immer für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche und ich bin gegen den Wiederaufbau vom Stadtschloss. Mich kann man mit "die Frauenkirche ist ja auch wiederaufgebaut worden" folglich nicht bekehren. Und ich bin sicher nicht der einzige, dem sich alleine diese merkwürdige Argumentation nicht erschließt.


    Ansonsten liegen ja ohnedies Beschlüsse vor und ihr werdet eure Schlossfassade wohl eines Tages bekommen. Kein Grund also für "Stadtschlossdogmatismus". ;)

  • Wie schon mehrfach erwähnt, bin ich auch der Meinung, dass Frauenkirche und Stadtschloss nicht vergleichbar sind.


    Ich denke, ein Vergleich lässt sich eher zum Wiederaufbau des Stadtschlosses von Braunschweig ziehen.


    Doch mit dem was wir hier in Berlin dann bekommen würden, könnte ich eher mit leben als mit dem was in Braunschweig entsteht. Wirklich furchtbar! :Nieder:

  • Zitat von nitsche86

    Warum nicht? Beides waren wichtige Gebäude der Stadt und für viele Menschen über Jahrhunderte Stadtidentifikation.


    Ja, das ist aber auch das einzige, was sie gemein haben (neben ein paar wenigen Gemeinsamkeiten im Stil und der nicht soo weit auseinander liegenden Fertigstellung). Wobei "Stadtidentifikation" auch eher so ein esoterisches Wort ist (noch mehr in Berlin als in Dresden).


    Vor allen Dingen stand in Dresden auf dem Platz vorher kein einzigartiges Gebäude, das man hätte abreißen müssen.

  • Im Grunde haben ja beide Seiten recht: das Schloss an dieser Stelle wäre wesentlich schöner, als der jetzige (noch) PdR.
    Aber es ist auch richtig, dass der PdR ein ausserordentlich wichtiger Bau für die DDR war und (immernoch) für Berlin ist. Er war mit ein Symbol für 40 Jahre DDR-Diktatur, man kann ihn deswegen auch nicht einfach mit anderen Gebäuden aus der DDR-Zeit vergleichen.
    Ich sähe, um des Stadtbildes Willen, hier auch lieber das alte Schloss. Aber man kann jetzt noch nicht sagen, wie wichtig den Berlinern der Palast in 30 Jahren sein wird. Man könnte, denke ich, den Palast auch optisch noch etwas aufpeppen, damit sein Anblick erträglicher wird (Vorschläge dazu gibt es ja schon). Im moment wird dieser Architekturstil (zu recht) al hässlich wahrgenommen. Aber wie sieht das in vielen Jahren aus, wenn diese Art Architektur wieder aus unseren Städten verschwunden ist? Der Palast wäre dann vielleicht doch eine wichtige Sehenswürdigkeit mit einer bedeutenden Geschichte und man wird seinen Abriss sicherlich noch bereuen. Und wird ein neugebautes (!) Schloss wirklich mal etwas des Mystischen alter Bauten mit Geschichte haben?


    Soviel nur nochmal zu meiner Meinung, der Abriss wird ja wohl sowieso nicht mehr aufzuhalten sein.

  • 1. Jonny hat recht!


    2. Wenn man der Diskussion etwas Fundament geben möchte, sei hier noch mal auf Herman Muthesius verwiesen, der schon lange bevor die Diskussion um kritische Rekonstruktion begonnen hatte, die Wiederherstellung alter Fassaden als Bekleidungsarchitektur bezeichnet hat. NUn kann man sicherlich vertreten, dass jedes Gebäude, dass diesen zentralen Standort hat, eine besondere Funktion für die Stadt haben muss, egal in welcher ERscheinungsform, andererseits, wenn Architektur Bekleidung ist, sollte dieser Platz die "Hochzeit" der beiden deutschen Staaten auch bildlich machen. In diesem Sinne macht natürlich eine Schloßrekonstruktion an der Stelle mehr her, als die sozialistische Moderne der 70 mit Bauhauselementen. Was wiederum ausdrückt, das man auf der anderen Seite des Flusses hervorragend Platz für einen Palast hätte.
    In diesem Sinne sang schon Gitte in den siebzigern: "Ich will alles, ich will alles und zwar sofort......!" hehe

  • Wieso sind eigentlich gerade die Berliner unter euch so skeptisch gegenüber dem Schloß? Wäre in Stuttgart das neue Schloß gesprengt worden würde ich Luftsprünge machen, wenn eine Fassadenrekonstruktion beschlossen würde. Man muß es ja nicht fehlenden Lokalpatriotismus nennen, aber ich kann nicht verstehen wieso man den Wiederaufbau des Zentralbaus der eigenen Stadt so madig macht. Ich glaube ich wiederhole mich da, aber ich begreif es eben auch 30 postings später noch nicht. Seid doch stolz daß ihr diesen Prachtbau wieder zurückerhaltet, er wird Berlin außerordentlich bereichern.:)

  • Laut Ernst muss man sich schämen, wenn man dagegen ist (oder als Journalist dagegen geschrieben hat) und nun ist es auch noch fehlender Lokalpatriotismus. Dieser Dogmatismus ist wirklich furchtbar und nichts anderes als purer Dogmatismus ist es jawohl.


    Ich zitiere mal Roman Herzog (der wohl zu denen gehört, die sich schämen sollen und unzureichend lokalpatriotisch sind): "Brüche in unserer Gesellschaft sollten sich durchaus auch in unserer Architektur und unseren Stadtbildern zeigen." - Bezieht sich auf die Idee, nur einen Teil des Schlosses wieder aufzubauen und den Palast stehen zu lassen, bzw. konkret darum, den Palast der Republik zu erhalten. Und genau so sehe ich das auch. Alles andere wäre meines Erachtens ein "Geschichtsaustausch" und dann auch noch ein authentisches Gebäude gegen eine nachgebaute Fassade getauscht.


    Die Palastfassade könnte man renovieren und das Gebäude dann z.B. für die Humboldt-Uni nutzen und das halbe Schloss mit einem modernem Anbau versehen (nach hinten abschließen) und als Museum nutzen. Ihr müsst meiner und anderer Meinung ja nicht zustimmen, aber deshalb müssen ja nicht gleich persönliche Vorwürfe gebracht werden, als wäre man deshalb irgendwie dumm, kulturlos oder gar unpatriotisch.

  • Ja das stimmt zweifellos! Aber man kann das doch nicht einfach korrigieren und "überbauen". Wäre das nicht etwas zu einfach?


    Abgesehen davon übrigens, dass die wirklichen Sternstunden preußischer Geschichte ohnedies doch kaum im Stadtschloss stattfanden. Wenn ich an Preußen denke, fällt mir (vielleicht etwas idealistisch) Immanuel Kant und das Datum 30.09.1784 ein. Mit einem nachzubauenden Schloss hat das dann aber wenig zu tun.

  • Warum muss man immer alles unnötig kompliziert machen.


    Es geht hier um die Wiedergewinnung einer lebendigen historischen Mitte, um die Wiederherstellung eines Bauensemble und um die Wiederherstellung eines Kunstwerkes.


    All das kann der Fremdkörper PDR nicht erfüllen. Er ist ein Schandfleck.

  • Wenn die Schlossbefürworter ihr Schloß unbedingt haben wollen, dann können sie es doch selbst finanzieren. Die 800 Millionen die der Staat investieren müsste sollten lieber für die Bildung der Bürger ausgegeben werden. Ein Schloß bringt uns nicht weiter

  • Zitat von Dirk1975

    Seid doch stolz daß ihr diesen Prachtbau wieder zurückerhaltet, er wird Berlin außerordentlich bereichern.:)


    Für den Berliner an sich ist Jammern und Meckern das Lebenselixier ;)


    Aber mal ernsthaft: Es verschwindet ja auch was und das ist vielleicht nicht für alle Berliner ein Schandfleck...