Potsdam: DB-Akademie im Kaiserbahnhof
"Die Welt"
9. Juli 2003
Kaiserbahnhof wird Akademie für Bahn-Führungskräfte
Grünes Licht für Restaurierungsbeginn noch im Juli - Modernisierungsvertrag für 25-Millionen-Euro-Projekt unterzeichnet
von Katrin Schoelkopf
Potsdam - Nach vielen Jahren des Verfalls beginnt noch in diesem Monat die Restaurierung von Potsdams historischem Kaiserbahnhof. Bereits im September 2002 hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn den Umbau des zum Weltkulturerbe zählenden Baus zu einer Führungskräfteakademie der Deutschen Bahn angekündigt. Doch selbst Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zeigte sich damals noch skeptisch. Nutzungskonzepte hatte es für den vom Verfall bedrohten Bahnhof schon viele gegeben. Letztlich aber waren alle am Geld gescheitert. Nun macht die Deutsche Bahn offenbar ernst und will mit dem Bau beginnen.
Ein entsprechender Modernisierungsvertrag zwischen der Deutschen Bahn und der Stadt Potsdam wurde in der vergangenen Woche unterschrieben, Bau und Abbruchgenehmigungen erteilt. Nach Angaben der Bahn regelt der Vertrag die finanzielle Förderung durch das Land Brandenburg und die Stadt Potsdam auf der Grundlage denkmalschützerischer Auflagen. Für das 25-Millionen-Euro-Projekt erhält die Bahn knapp 1,5 Millionen Euro Fördergeld für die Instandsetzung der Eingangs- und Bahnhofshalle - 80 Prozent vom Land, der Rest von der Stadt.
Zugeständnisse hat der Denkmalschutz offenbar für die Gleishalle gemacht. Diese kann unter der Auflage des originalgetreuen Wiederaufbaus vollständig abgerissen werden. Voraussichtlich Ende 2005 wird der von Ernst Eberhard von Ihne 1906 bis 1909 gebaute Bahnhof in altem Glanz, aber mit neuer Funktion wieder strahlen. Die Akademie der Deutschen Bahn zur Schulung von europaweit 1800 Führungskräften des Konzerns, die bereits in diesem Jahr in einem Potsdamer Hotel ihren Betrieb aufnahm, kann dann in den Kaiserbahnhof umziehen. Die Planungen sehen Seminarräume und Auditorien in den Gewölben unter der Erde sowie in der Bahnsteighalle vor. Der ehemalige Kaisersaal wird als Empfang, der Gefolgesaal als Restaurant genutzt. Überdies wird ein Ausstellungsraum eingerichtet.
Der Anfang des 20. Jahrhunderts im Auftrag des "Reisekaisers" Wilhelm II. gebaute Bahnhof diente nur knapp zehn Jahre bis zur Abdankung des Monarchen 1918 als Kaiserbahnhof. 1952 verließ der letzte Zug das Gebäude. Seither wartet der Bau auf seine Wiederauferstehung. Daran änderten bis zur Initiative der Bahn weder die 1977 erfolgte Unterschutzstellung als Denkmal noch der Status Weltkulturerbe etwas, in den die Unesco den Bahnhof 1999 hob.