Staatsbibliothek Unter den Linden

  • Ich habe Sie immer nur für einen 'Populisten' gehalten. Nicht mehr und nicht weniger, wie Sie das interpretieren, wem Sie sich da ganz nah fühlen, das überlasse ich sehr gerne und ganz und gar Ihnen.

    Trump hält auch alle anderen für Populisten...

  • Und ich habe dir schon gefühlt zehntausend mal gesagt, dass du den Begriff "Populist" wenigstens googeln solltest, bevor du ihn verwendest. Aber da du hier leider unverbesserlich bist und du dir diese Mühe nicht machst, trotzdem aber gerne einen "sophisticated" Eindruck hinterlassen möchtest, bleibt mir nichts übrig als dies für dich zu tun. Ich bin ja ein hilfsbereites Forumsmitglied:


    Po·pu·lis·mus

    /Populísmus/
    Aussprache lernen

    Substantiv, maskulin [der]

    1. 1. POLITIK von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen
    2. 2. literarische Richtung des 20. Jahrhunderts, die bestrebt ist, das Leben des einfachen Volkes in natürlichem realistischem Stil ohne idealisierende Verzerrungen für das einfache Volk zu schildern

    Siehst du hier irgendeinen Zusammenhang mit Architektur? Nein? Richtig - es gibt ihn nämlich auch nicht. Architektur ist vor allem Geschmacksfrage. Stadtentwicklung kann auch politisch sein ("Günstige Mieten für alle!" ist z.B. ein typisches Beispiel für Populismus im weiteren Sinne von Stadtentwicklung bzw. Stadtpolitik. In diesem Fall durchaus auch verständlich damit auf Wählerfang zu gehen). Was aber die Farbgestaltung des Lesesaals und mein persönlicher Geschmack mit Populismus zu tun hat, musst du leider für mich und andere wohl näher erläutern, wenn du nicht auf Unverständnis stoßen möchtest.


    Und was meine Leidenschaft angeht hier Forumsmitglieder zu verteidigen, deren Meinung zu Unrecht auf persönlicher Ebene attackiert wird - diese Leidenschaft werden ich weiter mit Vehemenz verfolgen.

  • Ich kenne den großen Lesesall der Stabi ganz gut, da ich dort einen großteil meiner Vorbereitung auf das juristische Staatsexamen verbracht habe. Meinem persönlichen Eindruck nach ist die orangene Farbe sehr gut gewählt. Mann muss den Farbton ja im Zusammenhang mit der großen, kalten quadratischen Kuppel betrachten. Es ist ein klares Kontrastspiel zwischen warmen und kalten Tönen, wo keineswegs einer der Farbgruppen überwiegt. Ich glaube das ist bisher auf den Bildern noch nicht so aufgefallen, da sie die Decke nie richtig gezeigt haben. Aber ich finde auf diesem Bild sieht man es beispielsweise sehr gut:

    https://www.dieharke.de/Nachri…en-ist-saniert-75311.html

    Es freut mich, wenn Sie ihr Erlebnis der "modernen Architektur" so sehr genießen können. Geschmack ist verschieden.


    Nehmen wir an Sie mögen Blau und ich Rot -völlig normal. Wir leben in einer Stadt, wo alles zu 90% in Blau gebaut wird. Jetzt wird in eines der letzten roten Häuser auch noch ein blauer großer dominanter Kern eingebaut. Warum ist es Ihnen und Ihren Mitstreitern so wichtig, auch hier noch für Blau zu kämpfen? Warum darf das rote Haus nicht mal rot sein und bleiben? Warum müssen Sie diesen Triumph dann auch noch so feiern und vergöttern?


    Wechseln Sie doch mal die Perspektive, das könnte helfen mich zu verstehen. Offenbar wird "Blau" als überlegen bewertet, deswegen wird alles andere "mit deutscher Gründlichkeit" bekämpft, wie entartete Kunst?! Es sollte aber alle Farben geben und man sollte auch die Vorlieben anderer Menschen respektieren, bestehen lassen oder wenigstens zur Kenntnis nehmen. Man hätte wenigstens die Uhr des alten Lesesaals irgendwie respektieren können, aber man hat auch sie brutal und rücksichtslos ihrer Wirkung beraubt.

  • Das liest sich alles sehr gereizt hier - ich schiebe das mal auf den allgemeinen Hüttenkoller durch Korona.


    Die Bibliothek gilt offiziell als fertiggestellt. Die vermutlich wenigsten Foristen werden diesen Bau zum Zwecke seiner Bestimmung jemals aufsuchen, touristische Besuche der Neugier sind da für mich denkbarer, guckt man sich halt die Sachen die einen interessieren an und blendet den Rest aus.


    Sicher ist es bedauerlich dass man sich nicht zur Wiedererstellung des großen Lesesaales als krönenden Repräsentativen Abschluss einer Staatsbibliothek durchringen konnte. Im Vergleich zur Kgl. Bibliothek am bebelplatz sind die Substanzverluste hier wesentlich geringer und eine Rekonstruktion wäre sogar vermittelbar gewesen.


    Man hat sich aber nun für eine pragmatische Zeitgenössische Lösung entschieden vermutlich auch mit der nachvollziehbaren Relation von kosten- nutzen Aufwand - es ist und bleibt nun mal ein lebendiger Arbeitsraum und kein Museum. Der interessierte Zulauf ist also erst einmal Funktionsorientiert.


    Die romantische Vorstellung vom studieren als sinnlichen Akt und ehrfürchtigen aufschlagen ledergebundener Folianten findet in der Breite wohl kaum mehr statt wir leben nach eigener Erfahrung in Zeiten in denen das studieren zeitgetrieben, zielorientiert und effizienzgebunden daherkommt ein ausschweifen und anreichern von Wissen zum Selbstzweck wie nach Humboldtschen Ideal hat heute kaum mehr Platz, der Bedarf an Weihevolle Hallen und intime gediegene Rückzugskabinette gehört vermutlich als Zeichen unserer hastigen Zeit der Vergangenheit an und wäre allem Anschein nach heute inszenierender Selbstzweck.

    Insofern bildet die Moderne Architektur hier für mich auch die das Zeitgeistige Verständnis gegenüber Bildung durchaus auch ab.


    An der Architektur und den Details des Interieurs kann man sich stören und darüber schwadronieren das ist denke ich bei öffentlichen Bauten völlig legitim ob man sich dann daran Abarbeiten sollte, können für mich nachvollziehbar nur Nutzer belegend darstellen.

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  • Ich denke die Anspruchshaltung „Komplett–Reko“ kommt überhaupt nur auf, weil die Enttäuschung über den zeitgenössischen Entwurf, insbesondere bei der Farbgestaltung, verständlicherweise sehr groß ist. [...]

    Ich denke bei vielen steht diese Anspruchshaltung "Rekonstruktion" direkt am Anfang und als ultimative Bewertungsreferenz, wobei das eigentlich bauliche Ergebnis und viele Argumente eigentlich austauschbar sind. Die Planungen zur Stabi sind seit Jahrzenten bekannt, das Resultat plötzlich nur auf Grundlage des Farbkonzeptes in Bausch und Bogen zu kritisieren, kommt da etwas zu kurz. Mir fehlen hier die sachlichen Argumente und eine differenzierte Bewertung.


    Ich will diese Haltung niemanden unterstellen, aber hier im Forum sind mir zahlreiche ähnliche Argumentationen beim Neuen Museum, Humboldtforum, oder jüngst bei den Wettbewerben zur Komischen Oper und zum Exilmuseum in Erinnerung. Beim letztgenannten Wettbewerb hatte ich eine Diskussion, die von völliger Unkenntnis eines Wettbewerbsverfahrens und eines Juryentscheides geprägt war. Da ging es gar nicht um die eigentliche Architektur, sondern um die Grundlagen aus denen sie entsteht. Diese Grundhaltung "Rekonstruktion", diente zur Diskreditierung der angedachten Nutzung und des Wettbewerbes, unabhängig vom Ergebnis.


    Von den üblichen Verdächtigen habe ich auch kaum etwas positives zu den rekonstruierten Elementen und die Sanierungsarbeiten gehört. Beim Neuen Museum war das nicht anders. Selbst wenn man sich für eine zumindest räumliche Rekonstruktion des Lesesaales entschieden hätte, oder auch für ein anderes Farbkonzept, wäre die Kritik derer inhaltlich die gleiche.

    Es freut mich, wenn Sie ihr Erlebnis der "modernen Architektur" so sehr genießen können. Geschmack ist verschieden. [...]

    Dermont drückt in diesem Satz mit einem gewissen Unterton, genau diese Haltung aus. Das Problem scheint die fehlende Rekonstruktion und die entstandene "Moderne Architektur" zu sein, über architektonische Inhalte, oder Farben braucht man dann nicht mehr zu streiten.

  • Ich kenne den großen Lesesall der Stabi ganz gut, da ich dort einen Großteil meiner Vorbereitung auf das juristische Staatsexamen verbracht habe. Meinem persönlichen Eindruck nach ist die orangene Farbe stimmig gewählt worden. Mann muss den Farbton ja im Zusammenhang mit der großen, kalten quadratischen Kuppel betrachten. Es ist ein klares Kontrastspiel zwischen warmen und kalten Tönen, wo keineswegs einer der Farbgruppen überwiegt. Ich glaube das ist bisher auf den Bildern noch nicht so aufgefallen, da sie die Decke nie richtig gezeigt haben. Aber ich finde auf diesem Bild hier sieht man es beispielsweise sehr gut:

    https://www.dieharke.de/Nachri…en-ist-saniert-75311.html


    Ich stimme Dir zu. Was mir bei der Diskussion hier auffällt: Einige scheinen hier nur den Bildern nach zu urteilen und waren nie selbst in dem Saal.

    Klar, die Fotos geben einen Eindruck wieder, allerdings sollte man sich mit einem Urteils zurückhalten, solange man den Saal noch nicht selbst erlebt hat.


    So ging es mir jedenfalls. Die Wirkung des Saales ist live einfach nochmal eine ganz andere, allein der Zugang durch die Treppe von unten hat mich schon sehr begeistert. Allerdings beurteile ich lediglich den Saal und die Architektur, weniger die Zweckmäßigkeit hinsichtlich seiner Nutzung als Bibliothek, da haben andere die dort regelmäßig gearbeitet haben, vielleicht eine andere Sichtweise.


    Wie auch immer, was ich nicht nachvollziehen kann: Seit 30 Jahren also der Wiedervereinigung gibt es de facto keine Rekonstruktionen von völlig Zerstörten (wie dem Lesesaal hier) in Berlin. Alles was teilweise zerstört wurde, wurde meist erhalten und ergänzt, wie z.B das Alte Museum. Reichstag, oder hier der Lesesaal usw. Alles was noch irgendwie erhalten ist, wird liebevoll restauriert, wie so viele Altbauten, Brandenburger Tor, usw. All das ist unzählige Male diskutiert worden. Darüber ist man sich in Berlin parteienübergreifend (und das kommt wirklich selten vor) mehr oder weniger einig. Bei der Bauakademie wäre vielleicht eine Rekonstruktion möglich, aber mehr und mehr unwahrscheinlich, die Fassaden vom Schloss sind Rekonstruktionen aber im Rahmen eines Gesamtkonzepts, Das Adlon ist eine Farce (rein baulich gesehen) aber keine Rekonstruktion.


    Wieso wird dann jedes Mal ein Fass aufgemacht und so getan als verstünde man die Welt nicht mehr?


    Jede Beurteilung des Gebauten wird immer nur an einem Phantomoriginal gemessen, das die meisten eh nur von Schwarzweissfotos kennen. Ich glaube nicht, dass auch nur einer hier mal in dem Originalsaal gestanden hat. Und abgesehen von der Architektur, wie kann irgendeiner behaupten der Originalsaal sei besser geeignet gewesen? Keiner war da mal und hat acht Stunden Bücher gewälzt, vielleicht ewig gewartet, bis er sein Buch bekommen hat, gefroren wie ein Schneider, oder die Zugluft hat ihm den Nacken verzogen, auf unbequemen Stühlen sich das Kreuz verrenkt und ab drei Uhr nachmittags sich die Augen verdorben, weil das Licht eine Katastrophe war, was auch immer. Schon mal daran gedacht?


    Ganz ehrlich, ich verstehe es nicht. Dazu diese permanenten Übersprungshandlungen, sich gleich seiner Meinungsfreiheit beraubt und unterdrückt zu sehen, wenn man mal - zugegebenermaßen etwas genervt - darauf hinweist, dass man das Thema schon hundert Mal erklärt und bis zum Exzess diskutiert hat und es vielleicht etwas überflüssig ist, es gebetsmühlenartig zu wiederholen. vor allem wenn alles auf hunderten von Seiten zum Durchlesen parat ist.


    Und wenn von den ersten zehn neuen Beiträgen sich gleich die Hälfte nur damit beschäftigen sich der Meinung beraubt zu sehen und allgemeine Weltanschauung verbreiten, eine irgendwann mal losgelöste Glasscheibe vom wunderbaren Nouvel Bau dazu herhalten muss, die gesamte moderne Architektur verbal in die Tonne zu treten, dann frage ich mich auch, was man hier macht.

    Wieso muss bei jedem Gebäude- in diesem Falle hier mit fünfjähriger Verspätung - immer nur eine Grundsatzdiskussion lanciert werden und gleich auf 180 getrimmt sein, anstatt, dass man sich darüber austauscht, was tatsächlich gebaut wurde.

  • Ich würde gern darüber reden, was tatsächlich gebaut wurde und bei Glasfassaden oft passiert. Zitat: "irgendwann mal eine losgelöste Glasscheibe am wunderbaren Nouvel-Bau." Jahrelang sind mehrere Scheiben runtergeknallt (sechs große). Die Fassade wurde mit Netzen behängt. Schließlich mussten alle Scheiben ausgetauscht werden. Also gerade die Nutzung funktioniert bei diesen modernen Glasbauten sehr oft nicht besonders gut und die Folgekosten sind z.B. bei den neuen Bundestagsbauten kaum mehr zu rechtfertigen. Informieren Sie sich doch bitte selbst über die Akademie der Künste.

    Wie Sie lesen konnten, kenne ich den Saal nicht nur von den Bildern. Den Vergleich zu anderen großen Nationalbibliotheken kann auch jeder erleben, der mal in Paris oder Wa. DC war. Zweckmäßig (Klima, Orientierung) oder preiswerter (sehr hohe Baukosten) ist der neue Saal der Stabi auch nicht.


    Ich möchte keine "allgemeinen Weltanschauungen" verbreiten, sondern habe ein paar ganz konkrete Fragen bezügliches des modernen Merz-Konzeptes gestellt, die aber hier keiner beantwortet.

    Zitat "etwas genervt - darauf hinweist": Ich finde "verpennt", "autistisch" usw. sehr heftig und persönlich verletzend.

    So rücksichtslos, blind und selbstherrlich, wie man mit dem alten Lesesaal umgegangen ist, geht man hier auch mit einem Gegenredner um -da passt es doch wieder, das erklärt doch einiges. Ich kann mir durch dieses Forum jedenfalls ein viel besseres Bild machen von Menschen, die so etwas mögen und planen.


    Die Aggressive Gegenwehr ist vielleicht auch damit zu erklären, dass die komplett "schmucklose Zeit" vorbei geht. Schinkel hatte das schneller erkannt:


    „Sehr bald gerieth ich in den Fehler der rein radicalen Abstraction, wo ich die ganze Conception für ein bestimmtes Werk der Baukunst aus dem trivialen Zweck allein und aus der Konstruction entwickelte, in diesem Falle entstand etwas Trockenes, Starres, das der Freiheit ermangelte und zwei wesentliche Elemente: Das Historische und das Poetische ganz ausschloß."


    Karl Friedrich Schinkel


    Sinnloses Vollzitat des Vorposts gelöscht.

  • sofern die Option einer Rekonstruktion durch bauliche Gegebenheiten gegeben ist kann man durchaus Verständnis für diese Haltung aufbringen und in manchen Zusammenhängen ist sie auch nachvollziehbar wünschenswert bis Notwendig auch wenn diese Ansätze manches mal umso einiges schwieriger mit den Erfordernissen unserer Zeit in Einklang zu bringen sind und in viele Fällen jenseits des Rationalen liegen.

    Organisatorische Sachzwänge spielen hier für mich erst einmal eine untergeordnete Rolle - Die fragen des Ob, wann, wie und zu welchem Zweck sind da für viele anschaulicher auch ob das Verlustige für die Allgemeinheit gravierend und eine moderne Interpretation dies adäquat zu ersetzen vermag - scheint mir bedeutsam.


    Es gibt eine nicht unbeträchtliche, nachvollziehbare Verunsicherung gegenüber der Zukunft und eine Ermüdung gegenüber den architektonischen Aussagen der Gegenwart.


    Für einen nicht unrelevanten Teil der Gesellschaft Ist der Rückbezug aufs vergangene, tradierte und ästhetisch scheinbar stabilere in Zeiten der Resignation und der Bewertung einer Zukunft als instabil, unberechenbar und unsicher ein logischer Reflex der zeitgenössisch schon aus wirtschaftlichen und selbst tradiert historisch gewordenem Selbstverständnis der Moderne gar nicht in dem Maße entsprochen werden kann.


    Die Zeugnisse moderner Architektur werden in diesem Zusammenhang auch zunehmend als Wegbereiter des gegenwärtigen Unbehagens herangezogen und ihre Postulate völlig unabhängig von ihren gültigen Errungenschaften bezweifelt.


    Sie bietet den städtischen Raum in ihren Aussagen als gemütlichen, vermeintlich sicheren Rückzugsort mit ihrer Atchitekturauffassung für ein derartiges Bedürfnis nicht unbedingt an und sieht sich wesentlich relevanteren Lösungen verpflichtet und somit bestimmend was die gegenwärtige und zukünftige Stadtgestalt angeht.


    Hier erweist sich der Umstand Dass die gemeingültige Durchsetzung der Moderne eine Zerstörung voraussetzte psychologisch vielleicht für diese restaurative Haltung als Geburtsfehler, die Ablehnung wird in dieser Konnotation vielleicht erklärlich, Und bewirkt denke ich diese polarisierten, unversöhnlichen Abwehrreflexe wie wir sie seit einigen Jahren erleben.


    Das nur bedingte Reflektieren auf den oft mühevollen Erhalt überlieferter Architekturen liegt wahrscheinlich daran dass dies als definierender, gültiger Bestandteil wahrgenommen und damit als Selbstverständlich Angesehen wird.


    Zeitgenössisch geprägte Eingriffe werden nicht als Reparatur oder notwendige Ergänzung sondern als Okkupation und festigen der Verlustwahrnehmung betrachtet.

    Eine lästige Dissonanz die dem Ansinnen nach Heilung naturgemäß zuwiderläuft.


    Ich muss gestehen dass ich z.b in Bezug auf das Stülersche, durch den Fries bestimmte, Treppenhaus im neuen Museum zu einer wenn auch nicht absoluten aber ähnlichen für mich gültigen Ansicht gekommen bin - der Fries wirkt vergleichend auf mich als Teil künstlerischer Raumerfahrung relevanter als die sich darbietende puristische Neuinterpretation und aber es ist eine subjektive Einzelfallbetrachtung.

  • < entschuldigung ich kann nicht mehr folgen.".. was genau hat jetzt das Stülersche durch den Fries bestimmte Treppenhaus im Neuen Museum mit unserem Thema hier, der Staatsbibliothek zu tun?

    Der Treppenaufgang der Staatsbibliothek mit seiner Neuinterpretation des Gewölbes ist für mich das absolute Highlight.

  • Ich ging dabei nur auf auf das Zitat ein da sind mehrere Beispiele Angeführt die zu sehr emotionalen Diskussionen in Punkto Rekonstruktion geführt haben und wollte damit zum Ausdruck bringen dass es zeitgenössische Lösungen innerhalb eines Altbaubestandes gibt die nicht immer abschließend überzeugen, weil die zeitgemäße Funktion und die hohe öffentliche Rezeption durch Besucherströme hier auch nicht im Widerspruch gestanden hätten und ich wie erwähnt den künstlerischen kontextualisierten Wert hier anders und höher einschätze, da würde ich die Situation der Bibliothek anders bewerten.


    Für mich stellt sich das so dar als dass Rekonstruktionen im Einzelfall ohne nachteilig in der Funktion zu sein, bei breit zugänglicher Wirkmächtigkeit und höherem historischen Wert und Qualität durchaus erstrebenswerte Gültigkeit haben aber als pauschale Lösung wenig taugen.


    Die Vergleiche von neuem Museum und stabi sind für mich zulässig weil wir hier von nahezu gleichen Ausgangspunkten ausgehen könnten es geht bei beiden um eine erhaltene Substanz und um den Wiederaufbau ihrer Haupträume auch wenn man sich bei beiden für moderne wiederaufbauformen entschieden hat würde ich hier die Entscheidung unterschiedlich für mich bewerten

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  • Ich persönlich finde den Teppich in Orange auch nicht wirklich gelungen.

    Auch hätte ich mir einen Lesesaal gewünscht, der in Größe und Wirkung zu einer Stadt wie Berlin passt.


    Aaaaaaaaaaaaaaaaber ... Leute, kommt ma wieder etwas runter.

    Ok, dit is Berlin ... aber diese "Diskussion" entwickelt sich hier gerade zu nem echten Bitchfight :D

    Ok, der Lesesaal wird kontrovers diskutiert. aber die Sanierung der Stabi ist doch im Großen und Ganzen gelungen und man hat einem verdammt schönen Gebäude wieder Glanz verschafft.

  • Bibliotheken sind architektonisch nicht zu unterschätzen, immerhin gibt nicht wenige, die einen vor Opulenz geradezu umhauen.

    Ein paar Beispiele, bzw. eine willkürliche Topliste findet sich hier: Die 20 schönsten Bibliotheken der Welt


    Wenn man sich diese vor Pracht überlaufenden Häuser anschaut, kann man schon zu dem Eindruck gelangen, dass sich die Stabi doch recht schmucklos gibt. Ich glaube, viele hätten sich einen Saal ähnlich der New York Public Library (Nr.4) gewünscht, nur etwas quadratischer und preußischer. Und ich gebe zu, auch ich kann dem Gedanken einiges abgewinnen. Seis drum, der Drops ist gelutscht und das Grimm-Zentrum der mondänere Ausgleich für den studierfreudigen mit gehobenen Ansprüchen, auch wenn mich die Holzvertäfelungen und schmalen Gänge an eine finnische Sauna erinnern.

  • Bibliotheken sind architektonisch nicht zu unterschätzen, immerhin gibt nicht wenige, die einen vor Opulenz geradezu umhauen.

    Ein paar Beispiele, bzw. eine willkürliche Topliste findet sich hier: Die 20 schönsten Bibliotheken der Welt

    Komische Zusammenstellung. Das sind ja mit Ausnahme von Stuttgart nur historische Lesesäle, wie soll man die mit dem modernen Stabisaal vergleichen?

    Und Stuttgart sieht hier auch nur deshalb interessant aus, weil mit extremem Weitwinkel fotografiert. Ansonsten ist der Lesesaal noch "moderner" und auf jeden Fall "kälter" als der Berliner.

  • Ich möchte an dieser Stelle einen Gedanken in die Runde werfen, der für mich bei meinen Besuchen dieses Lesesaals letztlich den Ausschlag in der Bewertung gegeben hat. Dabei geht es mir nicht um die Farbe des Teppichs oder die Helligkeit der Holzoberflächen, deren subjektive Beurteilung eine Diskussion ohnehin erschwert.


    Vielmehr ist es sinnvoll, den Blick auf die Grundidee des Architekten hinsichtlich der Nutzung des Raumes zu lenken. Diesbezüglich ist Kritik durchaus angebracht und ich werde das wie folgt begründen:

    Die Hauptfunktion eines Lesesaals ist das konzentrierte Lesen, Studieren und Arbeiten. In einem Lesesaal herrscht zumeist eine durchgehende, fast bedrückende Stille, die von allen Nutzern geschätzt wird, um sich komplett der Literatur widmen zu können. Alle anderen kommunikativen Funktionen werden ausgelagert und auch architektonisch bzw. optisch ausgeblendet. Diese Anforderungen erfüllt zum Beispiel der Große Lesesaal der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek in Dresden hervorragend, in dem ich zur Studienzeit ab und an gearbeitet habe.


    Betrachtet man nun den durch HG Merz entworfenen Lesesaal in der Berliner Staatsbibliothek, so wird hier als Hauptfunktion nicht das konzentrierte Lesen und Arbeiten thematisch und räumlich in den Mittelpunkt gerückt, sondern es wird mittig eine Treppe platziert, die das Eintreten in den Raum inszenieren soll. Dies hat für den Lesesaal als solches und für seine Nutzung gleich mehrere Nachteile:

    1. Die Integration der Treppe als Verkehrsfläche sorgt für Unruhe und Ablenkung, da Geräusche (Gespräche, Treppensteigen, usw.) nie gänzlich durch die Oberflächen absorbiert werden können.

    2. Psychologisch geht das Streben nach gemeinsamer Kontemplation durch die räumliche Benachteiligung der Nutzer verloren.

    3. Wertvolle Nutzfläche, die für weitere Arbeitsplätze gebraucht würde, kann nicht zur Verfügung gestellt werden.

    4. Architektonisch steht nicht das Lesen im Mittelpunkt, sondern die Inszenierung von Treppe und Raum, was den eigentlichen Sinn konterkariert.


    Der Lesesaal wird so seiner besonderen Funktion nicht wirklich gerecht. HG Merz hat diese Typologie, aus meiner Sicht, zu ihrem Nachteil hin abgewandelt. Natürlich darf ein Lesesaal ein architektonisches Unikat darstellen, aber ungeachtet dessen sollte der Raum der Inszenierung des Lesens und Studierens dienen, zumal wir es in diesem Fall mit einer strengen kubischen Form zu tun haben, die den Fokus automatisch in die Mitte lenkt.


    Ergänzend dazu möchte ich noch zwei eigene Aufnahmen von 2016 zeigen, die das Geschriebene ganz gut verdeutlichen:


    img_1091sdker.jpg


    img_1095v4k15.jpg

  • Ich bin bei meiner Recherche über den Verbleib von Bauplastiken historischer Gebäude auf den Interessanten Umstand gestoßen, dass das Reichhaltige barocke Figurenprogramm der Attika des nehringschen, Barocken Vorgängerbaues, vermutlich von Glume oder Ebenhech stammend zu einem Beträchtlichen Teil Aufstellung im Hof der Staatsbibliothek fand.


    Leider gelten diese Skulpturen seit Wk als verschollen.

    Vermutlich Diebstahl oder man hat wieder mal vergessen wohin man sie ausgelagert hat.

    Bei Auflösung des Lapidariums in Mitte soll ja ein beträchtlicher Teil mit Verkauf des Gebäudes vergessen worden sein.


    Es sollen sich die Hauptfiguren Chronos, Apoll und eine Puttengruppe im Hof der UDK befinden.

    Die Personifikation der Malerei im Schillerpark in Wedding und Melpomene im Kleistpark.

    Letztere wie zu erwarten äußerst freikünstlerisch bearbeitet und in einem beklagenswerten Zustand.

    Sie dürfte damit als Personifikation des Trauerspieles ihrem Namen wohl alle Ehre machen.

    Ob es Den Ponys vom Schloss gut geht dort?!?


    Ich fände es jedenfalls sinnvoll die Versprengung der Barockfiguren aufzuheben und aus der Schusslinie zu bringen.


    Vielleicht sogar aufgrund der historischen Relevanz dokumentarisch wieder in die Staatsbibliothek.


    Bisher Fristen einige historisch relevanten Spolien ein wie ich finde unangemessenes Dasein.

    So schlummern die barocken Atlanten des Palais Donner auch völlig vergessen und verwittert im Park von klein Glienicke.

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  • ^ Ich bitte dich, Abkürzungen wie "UDK" auszuschreiben. Ansonsten müssen die anderen Leser sich aus den Rippen schneiden, was du vielleicht mit UDK meinen könntest. Danke im voraus.

  • ^ Ich bitte dich, Abkürzungen wie "UDK" auszuschreiben. Ansonsten müssen die anderen Leser sich aus den Rippen schneiden, was du vielleicht mit UDK meinen könntest. Danke im voraus.

    Gemeint ist die Universität der Künste Inn der Hardenbergstraße - ein Neobarocker Bau von Kayser und von Großheim.

  • ^ Danke.


    Vermutlich Diebstahl oder man hat wieder mal vergessen wohin man sie ausgelagert hat.

    Bei Auflösung des Lapidariums in Mitte soll ja ein beträchtlicher Teil mit Verkauf des Gebäudes vergessen worden sein.

    Solch ein Zufall, dass man mal wieder "vergessen" hat, mit Kunst & Architektur aus der Vorkriegszeit verantwortlich umzugehen. Der Umgang mit Kunst & Architektur aus der Vorkriegszeit ist in Deutschland - ganz grundsätzlich - zum Vergessen!

  • Vielen Dank für den Link- war mir so nicht bewusst.

    Ich bin vor allem erstaunt über den Erhalt der Borsigarkade - die gilt für mich als ikonisch für die frühe Industrialisierung Berlins und schien mir ins mythische entglitten - schön dass es so etwas noch gibt.

    Ich hoffe dieser Architektur geht es mittlerweile besser als den Bildern zu entnehmen.


    Es ist bedauerlich dass keine umfassende solide Katalogisierung für solche Fragmente stattfand.


    Das jedes Lapidarium egal ob Mitte, Lichtenberg, Spandau, Kreuzberg und diverse Forschungseinrichtungen und Museen - mehr oder weniger ihr eigenes Süppchen brauten und der Bestand so verunklart wurde, mag sicher auch dem Umstand der Kriegseinwirkung, den Nachkriegswirren und de Teilungspolitik geschuldet sein, ist aber 30 Jahre nach der Maueröffnung längst nicht mehr nachvollziehbar.


    Ich wäre sehr dafür einiges, wo sinnvoll und umsetzbar, wieder in ihren historischen Bezug zu setzen.

    Das dämmern in unerreichbaren Depots, Katakomben, ein über die ganze Stadt verteilen in willkürlicher Beziehungslosigkeit, ungeeignete dem Vergessen und Vandalismus zugeeignete Orte und das auseinanderreissen ganzer Ensembles halte ich für sehr bedauerlich und eher für einen stiefmütterlichen Umgang mit den Rudimenten und künstlerischen Zeugnissen des steinernen Gedächtnisses dieser Stadt.

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