Technisches Rathaus und Umfeld - Neugestaltung nach Abriss

  • Die Modalitäten sind mir nur grob bekannt. Demnach hat die Stadt zumindest theoretisch alle Gestaltungsmöglichkeiten, unter anderem das Recht (und wohl auch die Pflicht), das Grundstück zurückzukaufen. Unmittelbar hat die DIL also keine Handhabe, Zwang auszuüben, also die Gestaltung zu bestimmen.


    Dass der Rückkauf angesichts des Preises von 72 Mio. Euro für die Stadt nur sehr schwer zu stemmen sein dürfte, ist allerdings auch klar. Daher müsste sich eine Finanzierungslösung finden, denn natürlich lassen auch wieder Erlöse erzielen. Ohne Zuschuss von Stadt und Kulturstiftungen wird es aber insgesamt kaum gehen. Auch das ist klar, aber deswegen setzt man sich trotzdem keine Standard-Bürobauten in die Stelle, an der Stadtreparatur betrieben werden soll und muss! Image und Tourismus einbezogen ist das auch aus ökonomischer Sicht verkehrt.


    Zum Vergleich: 2003 betrugen die Kulturausgaben der Stadt Frankfurt am Main 188 Mio. Euro, im Verhältnis zur Einwohnerzahl übrigens die weitaus höchsten aller deutschen Großstädte. Die Oper erhielt 2003 knapp 41 Mio., das Schauspiel knapp 22 Mio. Allein in den ungeliebten Kasten flossen in diesem einen Jahr also insgesamt 63 Mio. Euro, in das Museum für Angewandte Kunst 3,6 Mio., in die Schirn 5,3 Mio. usw. Das ist auch gut so, und ich will das nicht gegeneinander ausspielen, sondern nur ein wenig die Relationen aufzeigen.

  • Ist ein wenig spät, daher gehe ich nur kurz auf direkte Anfragen ein.


    Umbauung der Schirn mit Fassaden.


    Es wäre ein Abstand von der Kante zum Krönungsweg von ca 7,50 m. Ein Vorschlag meinerseits war, diesen Platz als eine Art Terasse des Schirn-Cafes zu nutzen. Die alte Bebauung könnte man vielleicht in dieser Terasse andeuten.
    Aber nur eine Fassade finde ich nicht so gut, weil dann dies eventuell (wie ganz gern von der "Architektenschaft") auf die gesamte Planung übertragen wird ("Disneyland") und das ist es nun wirklich nicht, da ja mein Anspruch der war, die Fachwerkhäuser auch technisch vollkommen als Rekonstruktion zu erstellen, also gerade nicht "nur" Fassade.
    Ist aber nur ein gedanklicher Beitrag und keine Verurteilung der Idee, welche ich sicher für diskutabel halte. Wenn jemand sich wirklich mit einem (meinem) Beitrag auseinandersetzt, dann ist dessen Beitrag auf jeden Fall konstruktiv und meiner Meinung nach daher lobenswert.


    Zur Frage des Lehms.


    Hier geht es nicht um Fundamentalismus bzw. Kosten. Die Kosten werden durch den Lehm bestimmt nicht ausufern.
    Hier geht es um technische Notwendigkeiten. Da Lehm die nötige Flexibilität hat, um die Bewegungen eines Holzfachwerkes mitzutragen, ohne sichtbaren Schaden zu nehmen.
    Früher, bzw. auch heute noch werden oft Gefache mit großformatigen Stein (Betonstein o.ä.) ausgemauert, was dem System und den damit verbundenen Bewegungen des Fachwerks absolut entgegensteht. Technischer Blödsinn also.
    Zudem hat Lehm die Eigenschaft, daß er die Feuchtigkeit aus dem Holz zieht und an die Luft abgibt, während beispielsweise der früher oft verwendete Porenbeton das genaue Gegenteil bewirkt und damit einer beschleunigten Zerstörung der Holzbalken noch Vorschub leistet.


    Also eine rein technische Frage.

  • Kardinal: Dein Entwurf gefällt mir hervorragend! Ich fand es immer unfassbar, wie die Stadt Frankfurt mit ihrem ehemals schönen historischen Zentrum umging. In vielen Städten, wie Bremen, Münster oder Osnabrück hat man zumindest historische Inseln wiedererrichtet, die uns Jungen noch einen lebhaften Eindruck vom Vorkriegsgesicht der Städte vermitteln. In Frankfurt hingegen hat man das ganze historische Zentrum grossflächig abgeräumt und mit zum Teil skandalösen Bausünden wie dem technischen Rathaus bebaut. Jetzt hat die Stadt Frankfurt die einmalige Chance diesen Fehler wieder gutzumachen und zumindest eine kleine historische Insel wiedererstehen zu lassen.

  • Hallo alle zusammen,


    ich habe die Diskussion über das Technische Rathaus schon seit einiger Zeit beobachtet.
    Wie viele andere wäre ich - aus den verschiedensten Gründen - entschieden dafür, bei der Neubebauung des TR-Areals nicht nur den alten Grundriß wiederherzustellen, sondern möglichst viele der Altstadt-Bauten, die im Krieg und in der Nachkriegszeit zerstört wurden, zu rekonstruieren.
    Die gotisch-frühneuzeitliche Frankfurter Altstadt gehörte, soweit ich das nach Fotos beurteilen kann, wahrscheinlich zu den geschichtsträchtigsten (Krönungsstadt der Kaiser des Alten Reichs, wichtige Handels- und Finanzmetropole der Frühen Neuzeit, Stadt Goethes...) und beeindruckendsten Altstädte Deutschlands, wenn nicht Europas, in vieler Hinsicht vergleichbar den Altstädten bedeutender italienischer Städte wie Florenz oder Perugia.
    Ich würde es Frankfurt wirklich von Herzen wünschen, wenn es durch eine Rekonstruktion des besagten Viertels wenigstens einen Teil seiner geschichtlichen Identität wiedergewinnen könnte. Viele schauen derzeit auf Dresden, wo nach der Frauenkirche auch der Historische Neumarkt in einer Mischung aus Rekonstruktionen und modernen sogenannten "Füllbauten" wiederersteht. Die Frankfurter Altstadt war, wie schon gesagt, sicher nicht weniger bedeutend als die Dresdner Altstadt. Warum also sollte in Frankfurt nicht möglich sein, was in Dresden möglich ist?! Diese einmalige Chance darf einfach nicht vergeben werden.


    Die Entwürfe und Konzepte von Kardinal finde ich wirklich großartig, zumal sie auch und gerade detailliert die technischen Aspekte berücksichtigen. Ich denke, damit kann man viele Skeptiker überzeugen.


    Das wichtigste scheint mir jetzt zu sein, die Zuständigen in der Kommunalpolitik zu gewinnen. Ich wohne selbst leider nicht im Frankfurter Raum, aber ich bin zu jeder Unterstützung bereit, die die Leute vor Ort brauchen bzw. für nötig halten. In diesem Zusammenhang eine Frage: ich habe gehört, daß sich vor einigen Tagen ein "Unterstützerkreis" gegründet hat, der für eine weitgehende Rekonstruktion des Areals eintritt. Hat jemand von euch da die Kontaktdaten?


    So viel für's erste.

  • Willkommen im Forum, Romat. Der Unterstützerkreis steckt wohl noch arg in den Kinderschuhen, denn es war bisher nicht möglich, irgendwelche Kontaktdaten herauszufinden. Gemäß der heutigen Rundschau soll der Name "Unterstützerkreis für den Aufbau Historische Altstadt" lauten, der Name des Sprechers Sven Bergner. Einen weiteren Hinweis habe ich noch, den habe ich dir eben in einer PN geschickt.

  • Der BFF-Antrag zum Wiederaufbau der Altstadt ist heute Abend in der Stadtverordnetenversammlung ohne Debatte abgelehnt worden.
    Dafür waren: BFF, Flughafenausbaugegner, Republikaner
    Dagegen: CDU, SPD, Grüne, Ökolinx
    Für Prüfen und Berichterstattung durch den Magistrat: FDP, Linkspartei

  • Bürgerentscheid vorgeschlagen

    Die SPD-Fraktion im Römer hat einem Bericht in der heutigen Print-FR zufolge vorgeschlagen, einen Bürgerentscheid über die künftige Bebauung der Altstadt durchzuführen. Zuvor könnten 2 oder 3 alternative Grundmodelle erarbeitet werden, etwa eines mit historisierender, eine anderes mit moderner Bebauung. Hierüber könne dann abgestimmt werden.


    Gesetzliche Voraussetzung ist eine Initiierung des Bürgerentscheids, es müssen Unterschriften von 10% der Wahlberechtigten gesammelt werden. Es sind demnach rund 40.000 Unterschriften erforderlich.


    Kommt das Begehren zustande, wird in Wahllokalen wie bei einer Wahl mit "Ja" oder "Nein" abgestimmt wird. Die getroffene Entscheidung ist für die Politik bindend.


    Edit 19:00: Jetzt schreibt auch die F.A.Z. darüber

  • Merci beaucoup. Interessant wäre es zu wissen, in welchen anderen Städten so eine Abstimmung schon gelaufen ist, und vor allem, was das Ergebnis war. Leider fehlen dazu die entsprechenden Aussagen...

  • @ Kardinal: Habe den Bericht über Dich in der Printausgabe der FNP/Höchster Kreisblatt gelesen (selbst Deine Simulation wurde abgebildet). Wirklich super wie Du Dich für die "neue Altstadt" Frankfurts einsetzt und Deine Pläne selbst den Fraktionen des Römerbündnisses vorgestellt hast. Bleibt zu hoffen, dass dort etwas hängen bleibt. Weiter so! :daumen:

  • Ahligator kann ich nur beipflichten, ganz große Klasse, Kardinal. Bitte am Ball bleiben und wenn du Hilfe brauchst - einfach melden. Der erwähnte FNP-Artikel kann - leider ohne Abbildungen - online nachgelesen werden, hier.

  • @ Schmittchen: Vielen Dank für den link zum Artikel in der FNP. Und auch von mir nochmal großes Lob an Kardinal. Fantastische Arbeit.


    Einen eventuellen Bürgerentscheid halte ich auch für eine gute Lösung. Immerhin entscheiden dann die Bürger der Stadt selbst. Allerdings könnte es, wenn die Diskussion im Vorfeld der Abstimmung sehr stark polarisiert ist, geschehen, daß viele Leute dann für eine wenig überzeugende Kompromißlösung stimmen.
    Nach meinen bescheidenen Erfahrungen im politischen Raum passiert das ziemlich häufig, wenn ein Thema besonders kontrovers ist: viele suchen dann einfach instinktiv irgendeinen Mittelweg (muß aber vielleicht auch nicht das schlechteste sein).
    Im Prinzip aber wie gesagt sicherlich der beste Weg zu einer Entscheidung zu kommen.

  • @ kardinal: Ein super Vorschlag. Sag mir wo ich unterschreiben kann und meine Stimme hast Du sicher, auch die von meinen Bekannten.
    Frankfurt braucht seine Geschichte zurück. Für den Tourismus wäre der Wiederaufbau zuträglich, dann müssten die asiatischen Touristen nicht nur durch die hässliche Berliner Strasse laufen.
    Dem Siegerentwurf kann ich nichts, aber auch gar nichts abgewinnen.

  • Erstmal vielen, vielen Dank für den überwältigenden Zuspruch.


    Wenn der Bürgerentscheid ist, dann wird gewählt...aber erst mal müsste ein solcher beschlossen werden. Gelegenheit wäre ja...schließlich ist Ende März Kommunalwahl :D (Da will ja jeder gut aussehen)


    Ob weit davor etwas geschieht...
    ...habe noch ein, zwei weitere Termine. Vielleicht kann ich von da ja was positives berichten.


    Nochmals vielen Dank für die Unterstützung und wenn es soweit ist mit der Frage nach Volkes Stimme...ich werde mich melden!

  • Ohne Debatte den BFF-Antrag abzulehnen, was für eine Sauerei is das denn?
    Dann hoffen wir wenigstens dass es zum Bürgerentscheid kommt. Leider zählt Neu-Isenburg offiziell net zu Frankfurt, so dass ich net mit entscheiden kann.
    Kardinals Vorschlag soll alle Unterstützung bekommen die notwendig ist. Schließlich können wir net zulassen, dass wegen einseitiger Orientierung an wirtschaftlichen Gesichtspunkten die nächste Bausünde in Frankfurts Herz entsteht, der in 20 Jahren eh wieder abgerissen wird.

  • Kann man in Hessen auch ein Volksbegehren starten? Hierzu benötigt man glaube ich um die 40.000 Stimmen, dann wären wir nicht von den Vorschlägen der Politiker abhängig, sondern könnten auch Kardinals Vorschlag zur Abstimmung einreichen. Ist aber glaube ich vom Bundesland abhängig. Weiß jemand mehr?

  • Danke für den Scan. Putzig - um den Planungsausschuss milder zu stimmen, hat der KSP-Modellbauer auf alle groben Klötze ein paar dreieckige Klötzchen aufsetzen müssen. Ich hoffe, die Ausschussmitglieder lassen sich nicht blenden.


    Ein anderes Bild ist heute in der Rundschau:


    In der Sitzung soll der Planungsdezernent Schwarz bekannt gegeben haben, wie er sich den Fortgang der Diskussion vorstellt. Es sollen als nächstes Planungsdezernenten deutscher Großstädte, die Erfahrung mit der Erneuerung historischer Quartiere besitzen, zu einem Hearing nach Frankfurt eingeladen werden. Genannt wurden Kollegen aus Ulm und Berlin.


    Für jedes der sechs Baufelder auf dem Grundstück des Technischen Rathauses will die Stadt dann jeweils drei Architekturbüros um detaillierte Entwürfe bitten. Vorgaben für diese Gutachterverfahren sind: Steinfassaden für die Häuser, "kein Glas und kein Metall", dafür aber Satteldächer.