Wohnhochhäuser in Frankfurt

  • Ich frage mich, was ein Balkon an einem Massenmenschhaltungsquartier, das ein Plattenbau nun mal ist, besser oder schlechter machen soll? 99 % der Mieter benutzen das Ding doch eh nur zum Qualmen oder um eine Satellitenschüssel aufzustellen. Die Balkons am Mitscherlich-Haus waren vorher nicht mal groß genug, um dort seine Wäsche zum Trocknen rauszustellen, haben also, bezogen auf die nicht vorhandene Wohnqualität, eine reine Alibifunktion erfüllt.

  • In gut verwalteten WHH gibt es keine Satellitenschüsseln auf den Balkonen, weil es eine Gemeinschaftssatellitenanlage gibt und die Programme über hausinternes Kabelfernsehen in die Wohnungen übertragen werden. Mit einem herkömmlichen Fernseher hat man dann die 36 üblichen Kabelprogramme, mit einem DVB-C-Empfänger Satellitenweltempfang. Das ganze kostet bei entsprechend großen Anlagen für den einzelnen Bewohner deutlich weniger als die üblichen Gebühren für einen analogen Kabelanschluss. Wer als WEG / Wohnungsbaugesellschaft diese Investition nicht tätig, spart an der falschen Stelle, weil die zahlreichen Sat-Antennen nicht nur optisch stören, sondern auch die Anlage drohen zu stigmatisieren.


    Und was das Rauchen angeht, so ist auch das eine Nutzung des Balkones. Stell dir eine Familie vor, bei der einer raucht, die anderen nicht. Wenn der Raucher nun dauernd am offenen Fenster stehen muss, ist das für alle Beteiligten eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Zustand, dass er auf den Balkon geht und bei geschlossener Tür raucht.


    Ich rauche übrigens nicht, hänge aber trotzdem an meinem Balkon. Gerade bei kleinen Wohnungen ist er ein guter Außenlagerplatz, hier stehen zB stapelbare Stühle, die ich nur brauche, wenn ich Besuch habe, auch viele andere nutzen ihre Balkone auch zum Aufstellen von Schränken. Müssten diese Sachen in der Wohnung stehen, wäre auch dies eine Verschlechterung. Darüber hinaus setze ich mich bei gutem Wetter auch mal auf den Balkon und lese dort.


    Von denjenigen Leuten, die derartige Gebäude gern abgerissen hätten, würde ich übrigens immer noch gern umsetzbare und sozial vertretbare Lösungen hören, wo die Bewohner denn bitte hin sollen. Man stelle sich mal vor, die Bewohner von sagen wir ca. 500 Wohnungen in einer Hochhausanlage hätten alle ein Einfamilienhaus - dann gäbe es in dieser Stadt wohl viel weniger öffentliche Grünanlagen und Freizeitparks, denn irgendwo muss die dafür benötigte Fläche herkommen.



    Tino255

  • ^ Dein Einsatz für Wohnhochhäuser in Ehren, aber irgendwie kommst du 30 Jahre zu spät. Die Frage, wohin mit den Bewohnern besagter Hochhäuser ist zweitrangig. Die Erkenntnis ist inzwischen da, dass Wohnen im Hochhaus ein Auslaufmodell ist. Wer kann, zieht dort weg (bzw. wer nicht muss, zieht dort gar nicht erst ein). Ich für meinen Teil würde nicht nur nicht in so ein Hochhaus ziehen, sondern noch nicht mal in dessen unmittelbarer Nähe. Ich wohne ca. 2,5 km Luftlinie vom Frankfurter Berg entfernt, und habe allein dieser Entfernung wegen schon ein Problem. Nur gut, dass ich ihn vom Fenster aus nicht sehen kann. Klingt für dich bestimmt reichlich schräg, aber ich kann da nicht aus meiner Haut...

  • Ich finde diese ganze Grundsatzdiskussion irgendwie überholt.


    So wie es Tatsache ist, dass die Sozialutopien der Moderne, sei es mit 20 oder auch nur mit 5 Stockwerken, mal gar nicht aufgegangen sind, so ist es doch auch Tatsache, dass das Hochhaus als Wohnturm vielerorts auf der Welt absolute Hochkonjunktur hat.
    Sei es nun klassisch in der amerikanischen Innenstadt (z.B. Chicago, Vancouver), die ja als Typus gerade eine absolute Renaissance erfährt, sei es in den Tigerstaaten und Schwellenländern Asiens, also von Singapur auf westlichem Standard bis hin zu Wohnsilos in China oder sei es in europäischen In-Metropolen, wie London oder Rotterdam.


    Ich denke, man kann den Typ deswegen nicht so einfach als solchen ablehnen. Ich würde z.B.liebend gerne in einem Innerstädtischen Hochhaus Wohnen. Das isolierte Sozialghetto, auf der grünen Wiese oder in schlechterer Gründerzeitlage ist hingegen auch mir ein Graus.

  • Ich würde z.B.liebend gerne in einem Innerstädtischen Hochhaus Wohnen. Das isolierte Sozialghetto, auf der grünen Wiese oder in schlechterer Gründerzeitlage ist hingegen auch mir ein Graus.


    Wie ungerecht. Bei dir in Hanau sehen die Hochhäuser zu allem Überfluss auch noch überall gleich aus: ob in der Innenstadt, im isolierten Sozialghetto, auf der grünen Wiese oder in "schlechter Gründerzeitlage".

  • ^
    wohnt obigem Statement jetzt die durchaus vetretbare Weisheit inne, dass Gebäudetypen weniger entscheidend sind, als die städtebauliche Ordnung in der sie stehen, oder ist damit das Gegenteil gemeint (Wohnhochaus immer und unter allen Umständen ganz ganz schlecht)?

  • ^^ Es handelt sich um ein ideologisches Problem während der Bauphase. Es kommt nämlich darauf an ob bei der Grundsteinlegung die Prawda, Neues Deutschland, ÖkoTest oder die Financial Times als Zeitdokument mit einzementiert wurde. Danach richten sich dann die späteren Befindlichkeiten.

  • Die Frage, wohin mit den Bewohnern besagter Hochhäuser ist zweitrangig.


    Wenn man ein Wohnhaus gern abreißen und durch ein anderes mit weniger Wohnungen ersetzen möchte, halte ich die Frage, wohin die Bewohner sollen, für die wichtigste Frage überhaupt. Im Übrigen wäre auch mietrechtlich der Abriss eines überwiegend bewohnten Gebäudes sehr schwer umzusetzen, weil ein berechtigtes Interesse an einer Vermieterkündigung dann nicht besteht.


    Die Erkenntnis ist inzwischen da, dass Wohnen im Hochhaus ein Auslaufmodell ist. Wer kann, zieht dort weg (bzw. wer nicht muss, zieht dort gar nicht erst ein).


    Das halte ich für zu pauschal. Weiter oben wurde eine Reihe von Luxushochhäusern besprochen, auf die das so ganz sicher nicht zutrifft.


    Auch die meisten "Standard-Wohnhochhäuser" stehen nicht leer. Die Sozialstruktur ist auch nicht immer so wie Außenstehende denken. So bewohnen zum Beispiel die so genannten Papageien-Hochhäuser in der Großwohnsiedlung Ratingen West bei Düsseldorf nach Angaben der LEG zu ca. 40% Mieter, die über 60 Jahre alt sind, mithin mit den Häusern alt geworden sind. - Dass viele Leute, die es sich nicht leisten können, trotzdem vom Einfamilienhaus träumen, will ich nicht abstreiten. Das Einfamilienhaus für alle ist aber ökonomisch und ökologisch unmöglich. Im Übrigen: Wenn ich mit Menschen aus einer Hochhaussiedlung spreche, wollen die meisten gar nicht weg. Gelobt wird die Aussicht und die vielen Kontaktmöglichkeiten auf engem Raum. Beim Durchfahren anderer Stadtteile bekomme ich oft zu hören, das sehe ja alles schön und gut aus, aber da sei zu wenig los, weil da zu wenige Menschen wohnen würden. - Das ganze ist natürlich subjektiv, letztlich werden die meisten ihr eigenes Viertel am schönsten finden, wenn es nicht absolut total mies ist.


    Ich für meinen Teil würde nicht nur nicht in so ein Hochhaus ziehen, sondern noch nicht mal in dessen unmittelbarer Nähe. Ich wohne ca. 2,5 km Luftlinie vom Frankfurter Berg entfernt, und habe allein dieser Entfernung wegen schon ein Problem.


    Ich kenne den Frankfurter Berg, bin direkt vor Ort allerdings nur 1x kurz gewesen und das ist ca. 10 Jahre her.


    Es wird dich keiner zwingen, in die Nähe oder in ein Hochhaus zu ziehen. Wie wäre es mit einem Umzug aufs Land - oder wäre dir dann die großstädtische Infrastruktur zu weit weg? ;)


    Zu dem Beitrag weiter unten:


    Wie schon geschrieben, Wohnhochhäuser in den Innenstädten hätte ich auch gern mehr. Oft sind Stadtkerne aber historisch gewachsen und ein Wohnhochhaus dort wäre ein recht starker Eingriff. Mannheim z. B. hat einen solchen Eingriff vorgenommen mit dem Collini-Center, das sozial nach meiner Kenntnis gut durchmischt ist und auch Bewohner gehobener Gesellschaftsschichten beheimatet. Schlechter sieht es auf der anderen Seite des Neckars mit den 3 Wohntürmen aus.


    Tino255

  • @ Agamemnon


    Hm, zugegeben war mein Beitrag substanziell wenig ergiebig, aber wenn du mich fragst, gibt es (wie von mik schon erwähnte) eine ganze Reihe von originellen Wohnhochhäuser weltweit - nur eben nicht in Deutschland. In meiner Shanghai-Galerie, die ich demnächst eröffnen werde, wird 'ne wahre Flut an schönen Wohnhochhäusern über euch niederprasseln, in die ich auch bedenkenlos einziehen würde. Aber auch nur deswegen, weil sie in Shanghai stehen, wo Hochhäuser eine sehr lange Tradition haben. In Europa und Deutschland würde ich hingegen jeden Gründerzeitler oder anderen Altbau einem Hochhaus (oder auch 08/15-Neubau) vorziehen, weil sie für mich die bessere (Wohn)Alternative bieten.

  • @ Tino255,


    Wohnhochhäuser, egal wie alt, werden nur dann abgerissen, wenn der Bedarf dieser Häuser nicht mehr gedeckt ist. In Leipzig-Grünau beispielsweise, das seit 1990 ca. 50 Prozent seiner Einwohner verloren hat, wurden meines Wissens alle 16-Geschosser bereits abgerissen. Ein 16-Geschosser blieb zum Teil stehen, und wird heute als originelle Kletterwand genutzt. In Frankfurt hingegen wird es immer genügend Nachfrage für alle Wohnhochhäuser geben, sodass es nur ganz selten zu Abrissen kommen wird. Den Frankfurter Berg wird es also noch 'ne ganze Weile geben.


    Edit: Hab' mich noch mal kurz schlau gemacht. Von ehemals 25 16-Geschossern in L-Grünau stehen noch ganze 5 Stück.

  • In Hanau gibts zwar nicht viele Wohnhochhäuser, allerdings stehen die paar die es gibt ganz interessant verteilt rum:
    So haben wir zum einem den klassischen Turm auf der grünen Wiese (B8, an der Kinzig), umgeben von weitern modernen Wohnblocks, die aber nur zwischen 3 und 7 Geschossen haben, aber genauso bescheiden sind. Wir haben den Block in Bahnhofsnähe (hat zwar nur 8 Geschosse, kann in der Gegend aber als HH gelten), komplett Migrationshintergrund, runtergekommene Gründerzeitfragmente und leerstehende Degussabauten nebenan inklusive und wir haben zwischen Marktplatz und Westbahnhof den Innerstädtischen Wohnturm, der auch hier genausogut (oder auch eher schlecht) wie die Umgebung ist.
    Wer in Hanau Geld hat, der hat eben ein Einfamilienhaus. Dennoch sind die Wohnhochhäuser nicht schlechter oder besser, als die klassischen Wohnungen in der umgebenden Blockrandbebauung. In Anbetracht der Tatsache, dass Hanau relativ flächig ist, also vor allem in der Innenstadt niedrige Traufkanten hat, sind es gerade die paar wenigen höheren Gebäude, die überhaupt über den Geschäften und den paar Büros noch Menschen ansiedeln. Ohne die paar Leute, auch wenn's nicht grad Oberschicht ist, wäre die Innenstadt wohl komplett tot.


    Ich denke unterm Strich ist Stadtwohnung einfach Stadtwohnung. Ob im 5ten oder 20ten ist dabei egal, da ist die Erdgeschosszone (z.B. Blockrand, Funktionsdurchmischung), die Umgebung und natürlich die Qualitäten und Zielgruppen der einzelnen Wohnungen viel entscheidender.
    Was anderes ist die Verschattung in der Masse. Aber andererseits fragt an den Nordseiten der innerstädtischen Blocks mit Hinterhaus auch niemand nach der Sonne.
    Außerdem geben Wohntürme die Chance die Bevölkerungsdichte anders zu steuern und könnten vielleicht durch eine höhere GFZ als Planungsinstrument einer büroisierung der Innenstädte entgegenwirken.

  • Anscheinend gibt es die Überlegung, den 1972 fertiggestellten AfE-Turm auf dem Unicampus Bockenheim in ein Wohnhochhaus umzubauen. Dies ergibt sich aus einem Baunetz-Artikel über ein bevorstehendes Symposium im Deutschen Architekturmuseum. Bisher war stets vom Abriss der 38-geschossigen Hochhauses die Rede. Auch im Masterplan für die Neubebauung des Campusareals wurde vom Abriss des 116 Meter hohen Gebäudes ausgegangen.

  • ^^ Im Artikel ist sogar von weiteren Wohnhochhäusern in der Nähe die Rede, allerdings allesamt eher Gedankenspiele der Wüstenrot-Stiftung unter dem Motto Innerstädtische Konversationen. (Das Gebäude gehört doch nicht der Wüstenrot-Gruppe?) Die Meldung halte ich trotzdem für sehr positiv - es wäre besser, die großen Bausparkassen würden für's Wohnen in den Innenstädten (u.a. in Wohnhochhäusern) werben als den Menschen das verträumte Klischeenbild der frei stehenden Häuschen in die Köpfe pauken (wo die dazugehörenden mehrspurigen Stadtautobahnen usw. meist wegausgeblendet werden). Dieses Bild sehe ich leider immer noch jederzeit, wenn ich Werbespots der Bausparkassen sehe.

  • Selbstverständlich gehört das Hochhaus nicht Wüstenrot, sondern, wie im Artikel auch erwähnt, der Goethe-Universität bzw. dem Land Hessen als deren Träger. Die Wüstenrot-Stiftung, auch dies ist erwähnt, veranstaltet das Symposium.


    Die weiteren Hochhäuser in der Nähe ergeben sich aus dem besagten Masterplan für den Campus Bockenheim. Mehr in unserem Thread.

  • Das ist durchaus keine schlechte Lösung, den AfE-Turm in ein Wohnhochhaus umzuwandeln. Nach meinem Befinden ist es auch nur der schäbige Beton, der den Turm ästhetisch nach unten zieht, und der Umbau des Park Towers zeigt, was aus einem ehemals hässlichen Enterich werden kann. M.E. sollte der Anbau aber unbedingt verschwinden (wird wohl auch nicht mehr gebraucht werden).

  • Die können viel überlegen, aber das Ding wird definitiv verschwinden, und zwar nach neuesten Informationen per Sprengung. Das ist auch das einzig Vernünftige, was man mit dem AfE-Turm machen kann. Klar bin ich dafür, an dieser Stelle Wohnhochhäuser zu errichten, aber ein Umbau wäre meiner Einschätzung nach viel zu aufwändig und umständlich. Lieber gleich neu bauen!

  • Sehr gute Meldung. Der Turm hat Charakter und sollte definitiv erhalten werden. Bei einer Renovierung sollte die Betonstruktur aussen auf jeden Fall erhalten bleiben.

  • Es ist mir etwas peinlich, das so eingehend darstellen zu müssen: Wenn man ein Symposium über u.a. ein Gebäude organisiert, welches man nicht besitzt (s. ab #194), kann dies eine allgemeine modellhafte Bedeutung für die Richtung der Entwicklung haben - aber kaum für genau jenes Gebäude, welches man nicht hat (sondern lediglich als Beispiel verwendet). Über die reale Zukunft eines Bauwerks entscheidet der Besitzer (Universität, Land Hessen) - dessen Vertreter als Vortragende des Symposiums in dieser Meldung nicht aufgelistet wurden. Daher schrieb ich ja: Unverbindliches Gedankenspiel, jedoch in die richtige Richtung.

  • Es steht jedem frei, sich einmal vor dem Turm aufzustellen, vielleicht ein Fernglas mitzunehmen und die Fassade zu betrachten. Dann wird vielleicht auch auffallen, dass sämtliche Streben und Säulen seit langer Zeit am bröseln sind und eine Vollsperrung wegen Baufälligkeit und Einsturzgefahr nur noch eine Frage der Zeit ist...


    Nein, das ist keine Polemik. Das meine ich in meiner Eigenschaft als fast täglicher Benutzer dieses Turmes mehr als ernst.


    Ach, und Franky... Das meinst Du nicht ernst, oder? Ansonsten mein herzliches Beileid für den tragischen Verlust Deines guten Geschmacks...