Die 716 Millionen Euro (Liste von oben + Europaallee) wird Frankfurt niemals invenstieren können.
^ Und genau das ist das Traurige an der Sache. Danke für die Aufzählung, Xalinai. Ich würde zu Deiner Liste noch hinzufügen wollen:
- die von Torben erwähnte Untertunnelung der Mainzer Landstraße westwärts
- U5-Tunnel durchs Nordend gleich bis zur Gießener Straße, d.h. die Rampe erst vor der Station "Theobald-Ziegler-Straße", damit keine engen Kurvenradien im Marbachweg gefahren werden müssen, und vor allem, damit sich hier Stadt- und Straßenbahn nicht in die Quere kommen - denn die Strecke im Marbachweg nördlich des Hauptfriedhofs braucht man ja für die geplante Ringstraßenbahnstrecke
- Vom Ostbahnhof ausgehend Weiterführung der Linie U6 nach Osten mit Untertunnelung der Hanauer Landstraße
Und dann wären da noch die Straßenbahn- und vor allem die S-Bahn-Ausbauprojekte, am vordringlichsten die Nordmainische S-Bahn. Ich denke, damit ist Rohnes Einstellung zur schlechten ÖPNV-Situation in dieser Stadt, die ich zu 100% teile, mehr als begründet.
Es ist schon echt nervig, bei jeder Entscheidung gegen eine unterirdische Streckenführung die Eschersheimer Landstraße zum Vergleich heranzuziehen. Das ist nicht vergleichbar und hat nichts miteinander zu tun.
Das sehe ich anders, die beiden Strecken sind sehr wohl miteinander vergleichbar. Beide werden einen Stadtteil zerschneiden, hoffentlich aber die geplante Europaviertel-Strecke weniger als die A-Linie, weil zumindest noch der Europagarten untertunnelt werden soll. Beide Strecken wurden bzw. werden aber von Grund auf neu geplant, das macht sie vergleichbar. Unterscheiden ließe sich davon die Eckenheimer Landstraße, weil dort eine lange bestehende Straßenbahnstrecke per Rampe ans unterirdische Netz angeschlossen wurde, das ist tatsächlich etwas Anderes.
Und von wegen "ein paar Millionen einsparen"; ich bin nicht sicher, ob dir die Größenordnung dieser "paar Millionen" klar sind. Die jetzt projektierte, förderfähige Lösung beinnhaltet einen städtischen Eigenanteil von 45 Mio € (Stand Januar 2012). Die vollständig unterirdische Streckenführung würde nicht von Bund und Land gefördert, wäre also von der Stadt allein zu tragen, was mindestens weitere 80 Mio € kosten würde. Der Volltunnel würde zu einem städtischen Kostenanteil von mindestens 125 Mio € führen. Ich bin nicht sicher, ob städtebauliche Gründe diesen Aufwand rechtfertigen und eine Mehrheit fänden.
Ja, ist mir klar, es geht um 80 Millionen Euro Steuergeld. Die restlichen Argumente spielen für mich keine Rolle, da es aus Sicht des Steuerzahlers völlig egal ist, ob der Bund, das Land oder die Stadt die Mehrkosten tragen. Aus welchem Topf das Geld kommt, bestimmt die Umverteilung zwischen den Gebietskörperschaften, aber alles ist Steuergeld, also ein und dieselbe Quelle. Warum ich diese Mehrausgaben für mehr als gerechtfertigt halte, habe ich schon dargelegt. Wenn unsere Politiker etwas langfristiger denken würden, könnten sie schon auf die Idee kommen, dass ein automatisierter Betrieb im Tunnel deutliche Kostenvorteile hätte, wie man in Nürnberg beobachten kann. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie in den nächsten Jahrhunderten (sic!) das innerstädte Transportproblem anders gelöst werden sollte als mit kreuzungsfreien und unabhängig voneinander operierenden Systemen. Wenn man bedenkt, wie lange bspw. die Berliner, Londoner oder New Yorker U-Bahntunnel bereits in Betrieb sind, sieht man leicht, über welche Zeiträume sich Tunnelinvestitionen rechnen. Einmal gebaut, genießt man die Vorteile für Jahrhunderte.
Der Bau unterirdischer ÖPNV-Strecken gehört in die Ära der autogerechten Stadt und des kalten Krieges, in der man dem Benutzer des ÖPNV schon mal längere Fußwege und umständlichen Bahnsteigzugang zumutete, bloß um ihn fern vom Straßenverkehr zu halten. Dass Tunnel und Bahnsteige in Frankfurt in doppelter Tieflage gebaut wurden, statt als viel günstigere Unterpflasterbahn liegt auch am eingeplanten Zusatznutzen für den Zivilschutz, der allerdings nicht überall so deutlich ausgeprägt ist, wie bei der Tiefgarage im Hauptbahnhof, aber auch andere Stationen haben interessante Nebenräume.
Dass unterirdische ÖPNV-Strecken der Vergangenheit angehören sehe ich ganz und gar nicht. Warum werden gerade überall auf der Welt massiv die U-Bahn-Netze ausgebaut? Wo man auf der Welt auch hinschaut, wird massiv in echte Metro-Systeme investiert. Der große Vorteil Kreuzungsfreiheit liegt auf der Hand, und mit Ideologie hat dies zumindest im Rest der Welt schätzungsweise nicht viel zu tun, sondern mit praktischem Nutzen. So ist das in Deutschland offensichtlich nicht, hier wird leider sehr ideologisch argumentiert. Ich teile aber die Ansicht, dass es heutzutage keine Notwendigkeit mehr gibt, die Tunnelstationen in doppelter Tiefenlage zu errichten.
Dennoch werden selbst in Deutschland gerade einige echte U-Bahnstrecken gebaut: in Hamburg in die Hafencity, in Düsseldorf die Wehrhahnlinie, die Nord-Süd-U-Bahn in Köln, die U3 in die Nordstadt von Nürnberg, die "Kanzler-U-Bahn" in Berlin.
Komischerweise ausgerechnet in Frankfurt ist plötzlich kein Geld da, um eine echte U-Bahn-Linie zu bauen? Was soll das? Könnte es vielleicht auch daran liegen, dass Frankfurt keine Landeshauptstadt ist und schlicht und einfach der politische Wille fehlt? Gibt es in dieser Stadt zu wenig "vor Verkehrsinfrastruktur schützenswerte" historische Bausubstanz, weil Frankfurt nie Residenzstadt war? Wird der ÖPNV bzw. der Bundeszuschuss für Frankfurt bewusst klein gehalten, weil Frankfurt von jeher Bürgerstadt war und als vergleichsweise "reiche" Stadt die Kosten gefälligst selbst tragen soll?
Warum kann dieses Land viele Milliarden für alles mögliche ausgeben, aber eine der wirtschaftlich wichtigsten Städte - und eine der Städte mit dem höchsten Steueraufkommen - kann sich keine Ausbauprojekte für schlappe 716 Millionen leisten? Wo ist denn hier der Fehler im System? An den politischen Farben kann es wohl auch nicht liegen, schließlich sind auf Bundes-, Landes- und Stadtebene derzeit fast alle Parteien mehr oder minder beteiligt. Dann frage ich mich aber, was dazu geführt hat, dass z. B. München ein exzellentes U-Bahnnetz hat, und Frankfurt mit einem unwürdigen Dauerprovisorium auskommen muss? Hat München historisch einfach nur Glück gehabt?