Leipzig: Neubau Universität (realisiert)

  • stoney85, vielen Dank für die beiden Bilder. Der Rohbau scheint, nachdem das Richtfest schon vor 10 Tagen gefeiert wurde, im Laufe der nächsten Woche vollendet zu werden. Mich überrascht jedoch die große Lücke (Gasse), die zwischen Paulinerkirche und "Cafè Felsche" entsteht. So wird man das neue Universitätsgebäude entlang Grimmaischen Straße auch vom Augustusplatz deutlich wahrnehmen. Nicht zwingend ein Vorteil.

  • ...aber clever gelöst: das neue "cafe felsche" wird in seiner fassade und dachaufbau auf das "albertinum" abgestimmt sein. und vor allem wird ja das dach des paulinums auf das uni-gebäude in der grimmaischen strasse übergreifen. sicher ist dies eine demütigung des entwurfs von behet/bondzio/lin. aber die wird so souverän vorgetragen, dass sich bbl nicht dagegen wehren konnten. ich denke daher nicht, dass irgendwer deren gebäude vom augustusplatz aus deutlich wahrnehmen wird. zum glück.

  • Mag jeder vom Leipziger Magazin Kreuzer denken, was er will. Für mich steht es stellvertretend für linke Demagogie der Alt-68er-Generation, die mit jedem Jahr Älterwerden zynischer, und somit immer unerträglicher wird. Die folgende Polemik zum Neubau des Paulinums verdeutlicht, was ich meine. Und nur der Form halber - denn wir sind ja ein Architekturforum mit breiter Meinungspalette - werde ich diesen Artikel hier einstellen. Jetzt, wo der Rohbau der Unikirche so gut wie abgeschlossen ist, konstatiert der Kreuzer, dass St. Pauli kein Kompromiss zwischen weltlicher und religiöser Raumordnung sei, sondern "ein visuell unbescheidener Hirtenschuppen fürs Christuskind". Aber das ist nur eine von vielen Geschmacklosigkeiten in diesem Artikel. Aber so leset selbst:


    http://www.kreuzer-leipzig.de/politik/603

  • Berechtigte Befürchtung mangelhafter Akustik

    Im Offenen Brief studentischer Vertreter der Leipziger Universitätsmusik vom 6. November an Rektor Häuser heißt es u. a.:


    "Mit Sorge verfolgen wir die gegenwärtige Form der Debatte über die Nutzung und Gestaltung des Neubaus. Unseres Erachtens tritt dabei die Frage nach der Klangqualität des Raumes vollkommen in den Hintergrund.


    Konkret ist der geplante Bau einer Glaswand im Mittelteil des Paulinums Grund unserer Besorgnis. Wir sehen in der Glaswand ein akustisches und konzerttechnisches Problem und fürchten um die optimale Bespielbarkeit des Neubaus. Wir würden es bedauern, wenn der neu errichtete Bau über eine mangelhafte Akustik verfügen würde und dadurch nicht oder nur eingeschränkt für Konzerte nutzbar wäre. Eine einmalige Chance würde verpasst, wenn durch akustische Mängel sowohl Besucher unserer Konzerte als auch bedeutende außeruniversitäre Klangkörper dem neu errichteten Paulinum fern blieben. Darüber hinaus stünde eine unbefriedigende Akustik im Widerspruch zum Bau einer ausgezeichneten Orgel.


    Die derzeit geplante Variante einer nur zur Hälfte zu öffnenden Plexiglaswand halten wir, in Übereinstimmung mit dem beauftragten Akustikbüro, im Sinne einer optimalen Akustik für problematisch. Wir wünschen uns eine Lösung, die den Anforderungen an einen modernen Konzertsaal im Zentrum der Musikstadt Leipzig gerecht wird. Voraussetzung dafür ist eine Debatte, in der alle Ideen ernsthaft geprüft und ihre Vor- und Nachteile für sämtliche geplanten Nutzungsaspekte des Paulinums berücksichtigt werden." (Vgl. http://www.paulinum-glaswand.d…ischen/Offener_Brief.html)

  • da hätten sich die offenebriefeschreiber auch gegen die säulen aussprechen müssen...
    wenn eine halb geöffnete glasfront ein akustisches problem darstellt, sollte man sie bei konzerten einfach vollständig schliessen.

  • ^ Eine nur zur Hälfte zu öffnende Trennwand, wie es der derzeitige - aufgrund des einseitigen Verlangens der Universitätsleitung - Planungsstand vorsieht, würde zu einer erheblich eingeschränkten Akustik führen. Dies steht im Widerspruch zu den Wettbewerbsvorgaben. Musikalische Veranstaltungen bei einer vollständig geschlossenen Trennwand durchzuführen, würde zur akustischen Katastrophe (sog. Flatterecho) führen.
    Aus diesem Grunde bemerken die studentischen Vertreter der Leipziger Universitätsmusik völlig zu recht:


    "Laut der aktuellen Planung soll die Plexiglaswand im Mittelschiff zu öffnen, die beiden Seitenschiffe mit einer Fläche von jeweils 5 m Breite und 16 m Höhe jedoch fest installiert sein. Wir, die studentischen Mitglieder von Chor, Orchester und Bigband der Universität Leipzig, haben jedoch Bedenken hinsichtlich dieser Lösung, die die Akustik unseres entstehenden Konzertraumes negativ beeinflusst. Durch die großen fest installierten Plexiglasflächen – immerhin etwa 160 m² – besteht Experten zufolge die Gefahr eines Flatterechos zwischen Orgelempore und Glaswand.


    Auch der Einbau einer neuen Orgel mit hervorragendem Klang steht im Widerspruch dazu, dass eine Einschränkung der Akustik durch die Glaswand riskiert und in Kauf genommen wird.


    Für universitätsexterne Veranstalter, wie beispielsweise das Bachfest Leipzig, den Thomanerchor oder das mdr-Rundfunkorchester, die das neue Paulinum als Aufführungsraum nutzen möchten, entsprächen die Bedingungen nicht den nötigen Qualitätsansprüchen. Dadurch entgingen der Universität sowohl das Renommee eines neuen, hochklassigen Konzertgebäudes im Zentrum der Stadt als auch mögliche Mieteinnahmen.


    Die Universität Leipzig hat für das Paulinum eine „hervorragende Akustik“ (Qualifizierungsverfahren zum Bereich ehemaliger Standort Paulinerkirche, August 2003) gefordert."

  • aber hier entsteht doch nun mal keine reine aula, keine reine kirche - und eben auch kein reines konzertgebäude. wie gesagt: dann hätte man aus gründen der akkustik auch die säulen weglassen müssen. (und andererseits sind lettner in kirchen auch nichts aussergewöhnliches.)
    würde man wiederum die glaswand weglassen, würden die restauratoren unzumutbare klimatische verhältnisse für die kunstwerke im andachtsraum beklagen. so ist das nun mal mit multifunktionalen gebäuden - die quadratur des kreises ist von ihnen eher nicht zu erwarten.


    mal davon abgesehen: ich weiss ja nicht, wo diese bigband der uni heute so musiziert. aber dass sie ganz ohne glaswand zwischen altar und epitaphen zum schwoof aufspielen könnte/dürfte, kann ich mir auch nicht vorstellen.

  • ^ sorry, aber jegliche Universitätsmusik auf "Bigband der Uni" zu reduzieren ist in wenig billig, oder?


    Abgesehen davon mus man ja nun wirklich kein Akustikexperte sein, um nachvollziehen zu können, dass eine Pleixglaswand (die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachhallt) die Akustik ganz anders beeinflusst als Säulen. Ganz wichtig finde ich wie Bienitz, dass eine hervorragende Akustik offenbar seit Anfang an im Anforderungskatalog stand - eine solche ist nicht nur für Musik- sondern auch anderen Veranstaltungszwecken dienlich. Sollte sich also wie vermutet heraustellen, dass die Akustik stark beeinträchtigt wäre (sowohl im kleinen, als auch im großen Raum), dürfte es sich hierbei um ein gewichtiges Argument gegen die Glaswand handeln.


    Was die klimatischen Verhältnisse betrifft, da haben diverse Experten schon so ziemlich alles von A - Z behauptet.


    Grüße,
    *D

  • "flatterecho" bedeutet übrigens nicht, dass die plexiglasscheiben flattern würden, sondern dass das echo zwischen der westlichen stirnwand und der glaswand hin und her flattern könnte.
    betonung liegt auf "könnte".
    was soll ein gutachter denn sonst schreiben? soll er diese möglichkeit ausschliessen? natürlich nicht. er soll darauf hinweisen. damit man darauf reagieren kann. das ist tägliche praxis von akustikbüros wie müller-bbm. nur mal zum vergleich: in jedem opernhaus sind die herausforderungen aufgrund von orchestergraben und bühnenhaus weitaus grösser. und dort bekommt man akustische herausforderungen auch in den griff. (und nebenbei: wenn dieser raum eh nur so gross wäre wie zwischen orgelwand und glaswand, müsste man ja auch damit klar kommen.)
    wird man auch. die "akustische katastrophe" - was immer bienitz damit gemeint haben könnte - wird nicht eintreten.


    mal was anderes: dass die seitlichen plexiglasfelder nicht zu öffnen sein werden, liegt wohl daran, dass das mittlere portal als eine art "schiebetür" konzipiert ist. sonst müsste es im geöffneten zustand in den raum hineinragen. nicht auszudenken, welch "katastrophale" folgen diese variante für raumeindruck und akustik wohl assoziieren würde...

  • ^ Wie sich ein Flatterecho anhört, können Sie auf wikipedia erleben. Wenn wie bei dem Bau am Augustusplatz mit derart hohen Millionenbeträgen gearbeitet wird, dann sollte man doch wohl annehmen dürfen, daß es keinesfalls zu derartigen akustischen Erscheinungen kommen darf und daß alles unternommen werden muß, negative Auswirkungen wie Flatterechos auszuschließen!
    " Auch das beauftragte Akustikbüro Müller-BBM gibt an, dass für eine adäquate konzertante Nutzung des Raumes das Paulinum auf der gesamten Breite mindestens zu zwei Dritteln offen sein muss." (Vgl. den Artikel "Akustische Probleme" auf http://www.paulinum-glaswand.de).
    Dies ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gewährleistet.
    Und genau deshalb schlagen derzeit die studentischen Vertreter der Leipziger Universitätsmusik Alarm.

  • auf wikipedia kann man sich das flatterecho im schlüterhof im berliner dhm anhören - vor dem einbau akustischer massnahmen.
    durch deren einbau wurde das problem gelöst. und auch in leipzig wird man es sicher in den griff bekommen.

  • Institutsgebäude Grimmaische Straße

    Der Neubau des Institutsgebäudes an der Grimmaischen Straße ging meinem Empfinden nach hier doch ein wenig unter. Verständlich, da um die Ecke gelegen derzeit das spektakulärere Hauptgebäude der Uni am Augustusplatz hochgezogen wird. Aber jetzt, wo schon die Ladenzeile eröffnet wurde (Dave und Dase haben davon berichtet), wird es höchste Zeit, eine kleine Zusammenfassung vom Neubau zu bringen.


    • Projektentwickler: MIB (Leipzig/Berlin), Uni Leipzig, SIB
    • Architekten: Behet / Bondzio / Lin
    • Realisierung zwischen März 2007 und Dezember 2008
    • Investitionsvolumen: 30 Mio Euro
    • Nutzer: Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät (Einzug m.W. Anfang 2009)
    • Mieter im EG: Puma, Starbucks, Levi’s, Tamaris, O2, dm, The Body Shop, Backwerk, McPaper, Promod


    Das Institutsgebäude ist zurecht umstritten, denn diese monotone Fassade lockt sicher keinen hinterm Ofenrohr hervor. Dennoch muss ich wie "leipziger" dem Gebäude zugestehen, dass es eine Verbesserung zur Situation davor darstellt. Zum Vergleich ein paar Bilder:



    Vor dem Wk II stand entlang der Grimmaischen Straße das für meine Begriffe ebenso belanglose wie monotone Mauricianum von Albert Geutebrück (Bj. 1844).

    Foto: lipsikon.de




    Gleiche Perspektive nur mit Plattenbau-Charme, der hier bis Anfang 2007 währte. Der Platz ist nichts weiter als eine versiffte Brachlandschaft, die der alten, innerstädtischen Geschäftsstraße den Charakter nahm.

    Foto: Leipziger




    Gleiche Perspektive mit dem Institutsgebäude Ende Oktober '08. Auch wenn man es architektonisch vergessen kann: Dadurch, dass das neue Gebäude wieder die historischen Fluchten des alten Mauricianum aufnimmt, verleiht es der Grimmaischen Straße auch wieder den Charakter, der ihr zusteht. Und zwar den einer belebten Geschäftsstraße.

    Foto: Dase

  • Das ist ja eine der Prämissen bei der Umgestaltung der leipziger Innenstadt: Dass die alten Grundrisse wieder bebaut werden. Bzgl. Cowboys Kritik an der Architektur: Wie sollen den moderne gebäude sonst aussehen? Ich finde es nicht richtig, historisierend zu bauen. Und ein gewisser Gestaltungswille ist doch erkennbar. Die Fassade passt auch gut zu den modernen Nutzungskonzepten, wo es sich mit den Altbauten oft beißt.

  • Es geht hier nicht darum, Modernes zu verdammen. Der Bau wird auch nicht wegen dessen (angenommener) Modernität kritisiert. Das Problem liegt eher darin:


    - monotone Lochfassade
    - einheitliche Fassade über die gesamte Länge des Gebäudes (das widerspricht trotz des Vorgängerbaus mit am meisten der historischen Struktur der Innenstadt)
    - Betonung der Horizontalen
    - recht unambitioniertes Gestaltungsband aus zurückgesetzter Glasfassade
    - was soll die Farbe rot???
    - keine architektonische Idee

  • ^ Das hast du sehr gut auf den Punkt gebracht. Die Kritik bezieht sich nicht darauf, dass es besser gewesen wäre, historisierend zu bauen, sondern dass der Neubau so uninspirativ daherkommt. Erstaunlicherweise wirkt das neue Institutsgebäude in Natura nicht so erdrückend, wie es auf dem letzten Bild in #297 den Anschein erweckt. Ich denke, es liegt daran, dass es zwischen Cafè Felsche und dem historisierendem Neubau der Lehmanns-Buchhandlung um ein paar Meter zurückgesetzt steht.

  • Die Fassade passt auch gut zu den modernen Nutzungskonzepten, wo es sich mit den Altbauten oft beißt.


    Meinen Sie, daß die moderne Werbung nicht zu den Altbauten paßt oder, daß die Grundrisse und Fassaden der Altbauten nicht geeignet sind?


    @ Cowboy: D'accord! Die Zurücksetzung tut dem Gesamteindruck gut - gleichzeitig hilft es auch, wie piu58 schon richtig bemerkte, daß trotzdem die alten Strukturen annähernd wieder aufgenommen wurden. Zumal die Belebung durch Einzelhandel ihr übriges tut.

  • Ich empfinde es als Stilbruch, wenn in einem mit Putten verzierten Haus eine Handy-Bude blinkende Werbung anbringt. Oder die schönen alten Fensterbögen im Erdgeschoss mit irgend etwas zugebaut werden.

  • es bleibt mir unbegreiflich, warum man
    a) einen 100 m langen riegel entworfen hat und
    b) der auch noch horizontal gegliedert wurde.


    warum
    c) keine abwechslungsreichere fassade erarbeitet wurde
    hat sich erledigt, als ich die fassade zum innenhof gesehen habe. verglichen damit, sind die architekten bei der gestaltung der front zur grimmaischen strasse hin geradezu über ihre kreativen fähigkeiten hinausgewachsen.


    das beste scheint wirklich zu sein, dass das gebäude einerseits die strasse wieder als solche erlebbar macht und es andererseits leicht zurückgesetzt ist, so dass es weder vom augustusplatz noch vom markt aus in seiner gänze zu bestaunen ist.

  • Ich muss da als ausgesprochener Fan von Leipzig auch bekennen, dass die Grimmaische Strasse vor dem Abriss der alten Uni-Gebäude mehr Charme hatte . . . mal so ganz subjektiv und aus dem bauch heraus. Da haben im Sommer etliche auf den Rändern der Beete gesessen und sich getummelt, was nun ja kaum mehr möglich ist !


    Das war deutlich urbaner und lebendiger als es jetzt auf mich wirkt. Mal schauen was die Wasserspiele noch bringen, aber die sind ja ebenfalls nur zum anschauen . .


    In memoriam : Alte Grimmaische ! Pax ubiscum !

  • Da muß ich dj tinitus (#303) mit seinem Unverständnis recht geben..
    Was mich nachdenklich stimmt, ist der Fakt das gerade die Universität, als alt-ehrwürdige Einrichtung (ob nun mit Geschichts-Bruch zu DDR-Zeiten oder nicht), für so einen Baustil eintritt.
    Ich kenne die genauen Vorgaben des Baus in der Grimmaischen Straße nicht, jedoch kenne ich Bauten von "Außerstädtischen Unternehmen" (die als Unternehmen keinen Bezug zum Leipziger Baukonzept haben) die sich besser in die Leipizger Innenstadt einpassen als dieser Bau.


    Kurz gesagt: Ich hätte einfach mehr erwartet, gerade von einer Einrichtung die seit Jahrhunderten in Leipzig präsent ist. Obwohl: besser als die Situation zu DDR-Zeiten finde ich die Lösung jetzt aber schon...