Frankfurt und seine Nachbarn / Regionalplanung

  • Ja, das Problem sind wie so oft mal wieder völlig falsche Anreize im politischen System (in diesem Fall insbesondere die Aufteilung von Gewerbe- und Einkommensteuern). Von daher ist es natürlich nötig diese zu beheben, aber den nötigen Druck bekommt man nur wenn man auf die resultierenden Missstände aufmerksam macht. Alternativ würde es im vorliegenden Fall vielleicht schon was helfen, wenn vom Regionalverband die Ausweitung von zusätzlichen Gewerbeflächen nur bei Vorhandensein oder Neuausweisung einer angemessenen Anzahl von Wohnungen im selben Ort nebst einer anständigen verkehrlichen Anbindung erlaubt wird, und selbiges vielleicht auch soweit möglich rückwirkend auf bestehende Flächen angewandt würde. Wird sich leider natürlich niemand trauen...
    Für die S-Bahn wäre eine Taktverdichtung durchaus möglich (und nicht nur für Eschborn-Süd sondern gerade auch für die Messe durchaus nötig), wenn man die zusätzlichen Züge nicht in den Tunnel schickt, sondern sie am Hauptbahnhof enden lässt. Was natürlich noch eine entsprechende Erweiterung der Fahrwege und Kapazitäten am Hauptbahnhof über das bisher geplante Maß erfordert.
    Die Pläne für die AS Eschborn sind mir bekannt (beispielsweise in den Unterlagen zur RTW sind sie ganz genau als Planung dritter mit eingezeichnet), werden allerdings nicht wirklich viel bewirken. Die Rückstaus am morgen auf die A66 und A648 (teilweise sogar über Nordwest- und Westkreuz hinaus bis weit auf die A5) werden vielleicht etwas verkürzt, aber die katastrophalen Zustände auf Sossenheimer und Frankfurter Straße werden dadurch kaum entschärft, und für den abendlichen Rückreiseverkehr gibt es sogar nicht die geringste Entlastung, denn dazu müsste mal Eschborn selbst mindestens die Frankfurter Straße und die betroffenen Knoten entsprechend ausbauen.

  • Der ganze Verkehrsknoten Westkreuz, Nordwestkreuz und Eschborner Dreieck inklusive L3005 ist völlig überlastet. Mehr Auf/Abfahrten z.B. vom Gewerbegebiet Süd auf die L3005 oder A66 würde den Stau nur verlagern. Die Kreuze brauchen mehr Kapazität und ggf. große Brückenbauwerke, die z.B. den Verkehr direkt nach Norden auf die A5 führen - abseits der bestehenden Auffahrten. Wenn es einfach wäre, wäre es schon umgesetzt. Das die Fehler vor Jahrzehnten gemacht wurden, ist auch klar. Positives Beispiel auf der freien Wiese: Man schaue sich z.B. mal die Abfahrt Wiesloch/Walldorf an. Doppelspurige Abfahrt, noch dazu riesig dimensioniert. Wo will man das Rund um Eschborn/Sossenheim realisieren?

  • Neue Zufahrten bekommt man heutzutage sicher keine mehr hin, aber an allem anderen lässt sich noch viel machen.
    West- und Nordwestkreuz sollen ja mit hoher Priorität aus- und umgebaut werden, mit Entflechtung der insbesondere am Nordwestkreuz sich gegenseitig behindernden Verkehrsströme. Sind sowohl in der dringlichsten Kategorie des Bundesverkehrswegeplans als auch in der hessischen Prioritätenliste gelandet.
    Das behebt aber nicht die Stauprobleme im Büroviertel selbst die vor allem durch die viel zu geringe Kapazität der Frankfurter Straße und ihrer Knotenpunkte mit Sossenheimer Straße und Mergenthaler Allee verursacht werden. Auch hier wäre ein Ausbau nötig und problemlos möglich wenn man die sinnlosen Abstandsflächen vor den Gebäuden und eventuell ein paar Parkbuchten opfert.

  • @ 218 ff.


    Das Gewerbegebiet Eschborn-Süd kann als Büroghetto wahrgenommen werden, ist aber aus meiner Sicht nicht mit der Bürostadt Niederrad (was vielmehr ein Büroghetto war) gleich zu setzen.
    Warum? Weil Niederrad in seiner Fläche wesentlich größer und deshalb ein eigenständiger Stadtteil ist. Deshalb greift m.E. die Aufforderung nicht das für Eschborn-Süd eine Umplanung zur Mischnutzung von Gewerbe und Wohnen notwendig ist. Denn was sollen hier zehn oder zwanzig Doppelhäuser für den Wohnungsmarkt im allgemeinen und zur Urbansierung im Detail bringen? Und Wohnhochhäuser 2.0 (z.B. Grand Tower) oder Wohnhochäuser á la 70er sind hier nicht marktfähig.
    Deshalb werden folglich vermehrt die originären gewerblichen Gebäude aus der Anfangszeit abgerissen (vgl. hier, da #1, da #2 und dort) und durch neue Bürogebäude bei gleichzeitig höherer Dichte (mindestens einmal mit 17 Geschossen) am konkreten Bedarf orientiert ersetzt.
    Auch in den anderen Eschborner Gewerbegebieten fand ein Wachstum, aber jedoch verhaltener als in Süd, statt. Von daher hat sich m.E. für Eschborn nie die Frage gestellt ob diese Fläche anders und damit wirtschaftlich besser zu nutzen wär.
    Im Gegensatz zu Frankfurt und im besonderen zur Bürostadt Niederrad. Hier hat sich Frankfurt mit Gateway Gardens ja noch selbst das Wasser abgegraben!


    Aber zurück zu Eschborn. Eschborn hat sich, soweit ich informiert bin, noch nicht bei den Stadterweiterungsgegnern Steinbach und Oberursel eingereiht. Denn deren vorgebrachte Argumente wäre im Falle von Eschborn augenscheinlich unglaubwürdig.
    Sehr wohl kämpfen aber die Eschborner Landwirte gegen den geplanten Trassenverlauf der RTW im Bereich Gewerbegebiet Helfmann-Park mit dem Argument das zuviel landwirtschaftliche Nutzfläche verloren geht. Und hier schließt sich dann wieder der Kreis, dass nämlich Eschborn lieber die bessere ÖPNV Erschließung des Helfmann-Parks, Eschborn-Süd und Camp-Phönix durch die RTW verzögert und damit das Risiko der Nichtumsetzung erhöht.
    Hingegen war und ist für die Eschborner absehbar das mit dem gewollten und aktiv geförderten Anstieg der Arbeitsplätze in Eschborn-Süd das hausgemachte Problem der verkehrlichen Erschließung immer virulenter wird, da diese nicht im gleichem Tempo mitwächst. Aus meiner Sicht nachfolgend die Verbesserungsmöglichkeiten die Eschborn anpacken könnte ohne dabei auf den Bund oder das Land warten zu müssen: Anschluss der Düsseldorfer Straße an die AB Ausfahrt mit Anbindung der Elisabethenstraße an die Düsseldorfer Straße, Entflechtung der Abbiegeverkehre im Bereich Sossenheimer Straße von der A66 und der L3005, Frankfurter Straße / Einmündung Mergenthalerallee, Alfred-Herrhausen-Allee / Einmündung Stuttgarter Straße (Ziel- und Quellververkehr P+R Parkplatz bzw. Hol- und Bringverkehr zur S-Bahn, Busverkehr, Rad- und Fußverkehr).
    Mit welcher Begründung sollen der Bund, das Land Hessen oder die Stadt Frankfurt die Eschborner Probleme - nämlich die verkehrliche Erschließung von Eschborn-Süd - mit aller höchster Priorität lösen? Andere Kommunen haben den gleichhohen Anspruch das ihnen der Bund und das Land Hessen bei deren verkehrlichen Erschließungen helfen. In sofern pflichte ich bei das endlich die Kommunen, das Land Hessen und auch der Bund wieder mehr Kapazitäten schaffen müssen um zeitnah Verkehrsprojekte am Bedarf zu planen. Und zuletzt sind natürlich auch die finanziellen Mittel für den Bau und Unterhalt der Infrastruktur im erforderlichen Maße bereit zustellen.

  • main1a, es gibt auch noch was anderes als Doppel- und Hochhäuser. Die gerade in Sanierung befindliche Bebauung an der Kölner Straße könnte relativ vorbildhaft sein, und erzeugt im Gegensatz zu den ganzen anderen dort errichteten Bürosolitären zumindest sowas ähnliches wie Urbanität. Monofunktionale Büroviertel wie Niederrad oder eben Eschborn-Süd hätten nie zugelassen werden dürfen, zumindest aber sollte auf jeden Fall darauf hingewirkt werden, dass jetzt die Bestehenden so weit wie nur irgend möglich eine Mischnutzung bekommen, und zwar ganz unabhängig von den Leerständen (die aber auch in Eschborn-Süd eine ziemlich hohe Quote haben dürften), sondern allein schon aus grundsätzlichen stadtplanerischen Überlegungen: Monofunktionalität sollte aus einer Vielzahl an guten Gründen immer so gut es geht vermieden werden. Außerdem fehlt für die dort bisher kaum vorhandene aber bei der Vielzahl an Angestellten dringend benötigte Infrastruktur (vA Gastronomie + Einzelhandel) aufgrund der reinen Büronutzung bisher jeglicher Business Case, was bei ein paar Tausend Einwohnern gleich ganz anders aussehen würde. Und gerade auch vor dem Hintergrund der grassierenden Wohnungsnot im Rhein-Main-Gebiet sollte es eine absolute Selbstverständlichkeit sein, dass vor Allem auch dieses Viertel Wohnnutzungen bekommt. Platz ist genug da, Siedlungsbeschränkungen liegen kaum vor, und nötig hätte es die Gegend.
    Das Verkehrsthema muss natürlich Eschborn zum großen Teil selbst bearbeiten, und notfalls dazu gezwungen werden. Land und Bund sind ja nur für die Autobahnen und Bundesstraßen zuständig (das Land zudem für die Landesstraßen), und Mittel für den Bau stehen dort ja mittlerweile sogar im ausreichenden Maß bereit, es fehlt nur enorm an Planungskapazitäten bei Hessen Mobil. Bahn und RMV wären dagegen für zusätzliche S-Bahnen und die entsprechenden Kapazitäten vor Allem am Hauptbahnhof zuständig.

  • Die FR schreibt heute in der Printausgabe (noch nicht online), dass im Planungsamt eine Variante geprüft werde, wegen des neuen Stadtteils die A5 in Richtung Westen zu verlegen. Dies wiederum trifft auf gar keine Begeisterung in Steinbach.
    Als weitere, allerdings sehr unwahrscheinliche weil kostspielige Variante, wird wohl auch eine Art Einhausung mit Überbauung geprüft.


    Edit: Hier jetzt der Artikel:
    http://www.fr.de/frankfurt/woh…erlegung-der-a5-a-1437503

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  • Albert Speer & Partner erarbeitet „Masterplan“ für die Region

    ASP hat sich in einer europaweiten Ausschreibung durchgesetzt und hat dieser Tage vom RP Darmstadt den Zuschlag erhalten, die Grundlagen für die Neuaufstellung des Regionalplans Südhessen und des Regionalen Flächennutzungsplans zu erarbeiten. Gefordert ist eine Art Masterplan für die Region, eine konzeptionelle Entscheidungsgrundlage für künftige Flächenausweisungen.


    Das Büro Planungsbüro Albert Speer und Partner hat den Zuschlag für die Erstellung eines Regionalen Entwicklungskonzeptes für den Regierungsbezirk Darmstadt erhalten. Das in Frankfurt am Main ansässige Büro setzte sich nach einer europaweiten Ausschreibung in einem Bieterverfahren durch.


    Das Planungsbüro hat jetzt die Aufgabe, gemeinsam mit dem Regierungspräsidium Darmstadt als Oberer Landesplanungsbehörde die planerischen Herausforderungen, die durch das starke Bevölkerungswachstum, den anhaltenden Wohnraumbedarf und neue Anforderungen an Gewerbe- und Logistikflächen in der Region geprägt sind, eingehend zu betrachten. Bei der konzeptionellen Ausarbeitung stehen aber ebenfalls die Themen Mobilität, Landschaftsraum, Klimawandel und die Sicherstellung einer sozialgerechten Raumnutzung im Ballungsraum im Fokus.


    Das informelle Konzept soll – im Sinne eines Masterplans für die Region – eine konzeptionelle Entscheidungsgrundlage für Flächenausweisungen im neu aufzustellenden Regionalplan Südhessen/Regionalen Flächennutzungsplan liefern. Dabei liegt der Fokus ganz bewusst nicht nur auf dem dynamisch sich entwickelnden Ballungsraum und den Oberzentren der Region, sondern auch auf den Entwicklungen und Disparitäten im ländlichen Raum, der zum Teil durch schrumpfende Bevölkerungszahlen, Gebäudeleerstände und eine stagnierende gewerbliche Entwicklung geprägt ist. In diesem Kontext ist der Flächenbedarf in der Region auch vor dem Hintergrund der verkehrlichen Anbindung, der geänderten Mobilitätsansprüche und einer nachhaltigen Flächenentwicklung zu betrachten. ...


    Q

  • Der politischen Einordnung der Auftragsvergabe an AS&P dient ein ausführlicher Bericht in der heutigen FAZ (RMZ, S. 44), die mit dem Chef des Dezernats Siedlungsplanung bei RP gesprochen hat. Im grunde könnte man sagen, die Auftragsvergabe an einen externen Planer deutet eine Art Paradigmenwechsel in der Regionalplanung an.


    War es bisher im Wesentlichen so, dass die Gemeinden ihre Wünsche an neuen Wohn- und Gewerbegebieten eingebracht haben, aber nach Aufnahme in das Planwerk nach Belieben entschieden haben, ob sie die Gebiete entwickeln oder nicht, soll es nun andersherum laufen. Mit dem Masterplan will das RP anhand dessen, was für die Entwicklung der Gesamtregion wichtig ist, initiativ werden und den Gemeinden bestimmte Entwicklungen vorschlagen; nur vorschlagen, weil die Planungshoheit weiterhin bei dem Gemeinden liegt. Offiziell handelt es sich bei dem Masterplan deshalb nur um ein informelles Konzept. Praktisch aber ist es Schritt Richtung Planung von oben, statt Planung von unten.


    Die grundsätzliche Problematik liegt darin, dass die Prognosen, die dem Regionalplan 2011 zugrunde lagen, der Region durch Zuwanderung einen leichten Einwohnerzuwachs zuschrieben. Für Frankfurt war mit einer Einwohnerzahl von 646.000 im Jahr 2020 gerechnet worden. Die tatsächliche Entwicklung ist indessen völlig anders und vor allem sehr rasant verlaufen, worauf die Landesplanung bisher keine Antworten gefunden hat. Die aktuelle Wachstumsprognose macht die Dringlichkeit des Konzepts deutlich. Es geht dem RP mit der Beauftragung von ASP nicht zuletzt auch darum, Zeit zu gewinnen und dem behäbigen Planungsprozess Leben einzuhauchen. An sich war die Entwicklung des neuen Regionalplans schon 2016 beschlossen worden, passiert ist aber bisher nichts.


    Der Chefplaner im Dezernat Siedlungsplanung sieht in dem rasanten Wachstum eine Chance für die Region allerdings nur dann, wenn es gelinge Wohnbau- und Gewerbegebiete und die dafür erforderliche Schienen- und Verkehrsinfrastruktur aus regionaler Sicht und unabhängig von kommunalen und parteipolitischen Befindlichkeitenzu planen. Es müsse frei von allen Zwängen gedacht werden, wo Siedlungsschwerpunkte in der Region sinnvoll sind.


    Man wird sehen, ob es dem RP gelingt, sich im Einzelfall gegen Bürgermeister und Landräte durchzusetzen, die immer sehr genau wissen, was für ihren Zwickel gut und richtig ist und die in destruktiver Abwehr geübter sind als in konstruktiver Weitsicht - siehe neuer Stadtteil im Frankfurter Nordwesten.

  • AS&P hat geliefert: das Regierungspräsidium hat gestern das von AS&P erarbeitete Regionale Entwicklungskonzept veröffentlicht. Die knapp 200 Seiten starke Publikation ist online verfügbar und durchaus interessant für jemanden, der sich für Regionalplanung interessiert.


    Für den Schnelleinstieg empfiehlt sich Kapitel 7 "Empfehlungen/Instrumente" (ab Seite 95). Aus den Empfehlungen lassen sich bereits die politischen Konfliktlinien ablesen, an denen die künftige Diskussion entlangführen wird: die Forderung nach mehr Dichte und die Überprüfung der Restriktionen, die dem entgegenstehen, wie etwa Umweltbelange; das ist nichts grundsätzlich Neues, aber orts- und landkreisweise aufgefächert und deshalb recht konkret.


    Um mehr bauliche Verdichtung zu ermöglichen, fordern sie u.a., das Planungsrecht (d.h. Landesplanungsgesetz und BauNVO) zu ändern. So sollte die BauNVO das Maß der baulichen Ausnutzung nicht mehr als Obergrenze definieren, die in der Bauleitplanung zu beachten ist, sondern eine Mindestdichte. Sie fordern weiterhin ein Überprüfung der Regionalen Grünzüge und stellen in Frage, diese bis an bestehende Ortsränder festzulegen; das steht einer - sagen wir - Konturierung der Ortsränder entgehen, wo viele Abrundungspotentiale bestehen. Was für Wohnbauland gilt, sollte gleichermaßen für Gewerbeflächen gelten, wofür sie deutliche höhere Dichte im Einzugsbereich der ÖPNV-Infrastruktur fordern. Wegen ihres enormen Flächenbedarfs spielen Logistikflächen eine besondere Rolle.


    Man darf gespannt sein, wie das in unserer "Republik der Landräte und Bürgermeister" ankommt, die alle kleine Könige in ihren Reichen sind.


    Aber lest selbst: Regionales Entwicklugskonzept (REK) für Südhessen