Autofreie Friedrichstraße und Fußgängerzonen: Pro und Contra

  • Denn Fussgängerzonen funktionieren in der Regel als Shoppingmeilen mit hohem Filialisierunggrad. Ein vollkommen rückwärtsgewandtes Konzept

    Hat da jemand irgendwelche Evidenz dazu abseits einer unbelegten "in der Regel"-Behauptung? Würde mich auch mit einer nachvollziehbaren theoretischen Kausalitätsbeschreibung als erstem Ansatz zufrieden geben.

    Zum ersten Punkt: Nicht i.d.R. Fußgängerzone ist nicht gleich Fußgängerzone, je nach Lage und Erschließung, Ladengrößen, Eigentümermix ergeben sich vollkommen unterschiedliche Geschäftsstrukturen.


    Zum zweiten Punkt: In der Theorie könnte eine Fußgängerzone zu höheren Ladenmieten führen, da entweder, so die Argumentation vieler Händler: die Attraktivität einer verkehrsberuhigten Straße steigt --> folglich die Nachfrage größerer und solventerer Ketten nach solchen Flächen --> folglich wird der Eigentümer mehr erlösen wollen, was kleine Geschäfte nicht mehr leisten können; oder, so die Argumentation vieler anderer Händler: die Attraktivität einer Straße sinkt, da Parkplätze vor der Tür entfallen und damit die Erreichbarkeit für ihre Stammkundschaft leidet --> folglich Umsatzeinbußen zu verzeichnen sind --> folglich kleine Betriebe aufgeben müssten und große, solvente Ketten einziehen.


    Möglicherweise gibt es solche Kausalitäten auch in der Praxis. Aber da eben zu viele andere Faktoren mit hineinspielen, oben unter 1) genannte, aber auch allgemeine Entwicklungen wie Onlinehandel, Nachfolgeschwierigkeiten kleiner Läden, generelle Preissteigerungen bei Immobilien sowie Spekulation mit diesen etc. etc., lässt sich hier mMn keine eindeutige Kausalität, ja aus lokalen Beispielen geschlossen, nicht einmal eine Korrelation feststellen. Es ist und bleibt einfach wie (fast) immer: Es kommt darauf an... ;)

  • KaBa1, ja traurig sieht es aus, wie in Zukunft auch die Friedrichstraße, wenn es nach den Senatsplänen geht.

    Nein, ganz im Gegenteil. Der gepflasterte Straßenbelag, das Grün, öffentliche Sitzgelegenheiten, Fahrradständer, all das macht es lebenswert und gerade nicht traurig. Vorher war es traurig. Die Straße zugeparkt und jede Menge Autoverkehr (Parksuchverkehr, Lärm), der nicht vorankam. Kaum Platz als Fußgänger.

  • KaBa1 Exakt so geht es mir auch. Ich würde da direkt lang schlendern und mir die Läden eher mal genauer anschauen. Aber wir haben ja nun gelernt, dass die Geschmäcker extrem verschieden sind und manche enge, dicht umtoste Geschäftsstraßen einfach urbaner und sogar angenehmer zum Shoppen und Flanieren finden. Ich kann es absolut nicht nachvollziehen, akzeptieren muss man es aber letztlich schon.


    Interessant für die Friedrichstraße fände ich übrigens gerade die großen Pflanzinseln und das schöne Pflaster. Womöglich wären die Radfahrer dann auch nicht mehr so problematisch, weil man auf einem Pflaster automatisch nicht mehr so rücksichtslos fährt/rast wie auf einer breiten markierten Strecke. Aber jetzt ist es wohl beschlossen und bleibt auch dabei.

  • Ein Problem, was ich speziell mit der Friedrichstraße sehe, sind die großen, langestreckten Kaufhauskomplexe, die sie flankieren. Ich weiß nicht, ob diese sich gut in einer Fußgängerzone machen. Da latscht man ja ewig bis zum nächsten Geschäft, und man hat ja sowiso schon alles in einem Komplex. Fußgängerzonen funktionieren meiner Beobachtung nach immer dann gut, wenn sie kleinteiliger sind. Viele einzigartige Geschäfte auf kleinem Raum.
    Was außerdem viel ausmacht: Schönheit und Flair. Man will einfach mal gerne durch die schönen und atmospherischen Gassen von Altstädten bummeln, weil es für sich schon ein Genuss ist. Die Friedrichstraße gibt das nicht her.

  • Zum ersten Punkt: Nicht i.d.R. Fußgängerzone ist nicht gleich Fußgängerzone, je nach Lage und Erschließung, Ladengrößen, Eigentümermix ergeben sich vollkommen unterschiedliche Geschäftsstrukturen.

    Genau das ist ja der Punkt bezüglich der Friedrichstraße. Man darf auch als Münchner nicht den Fehler machen die Friedrichstraße mit der Kaufingerstraße zu verwechseln. Vom Sendlinger Tor bis zum Odeonsplatz und zurück bis zum Karlsplatz haben wir ja eine enorme Dichte auf relativ kleinem Platz (im Verhältnis zum Schlauch der Friedrichstraße) an Einkaufen (vom kleinen Laden bis zum EKZ), Essen, Trinken bis zum platzen. Es gibt also einen Grund in diese FGZ zu gehen, auch weil es das unbestrittene Zentrum Münchens ist.

    In Berlin ist das Zentrum eher eine repräsentative Mitte, das Leben findet aber hauptsächlich in den Einzelzentren (Alex, City-West, dann Unterzentren) statt. In der Friedrichstraße fehlt für diese Dichte wie in München einfach das Hinterland. Zudem ist die Straße auch eine Bürostraße, ein EKZ gibt es keines, nur ein Warenhaus, das aber wieder speziell ist. Die Friedrichstraße ist eine durch und durch spezielle Straße (so wie Berlin speziell ist).

    Man sollte sie gedeihen lassen, abwarten wie sich die Ströme durch die U-Bahn U5 verändern, am Checkpoint Charlie kommt noch was größeres hinzu demnächst, es werden mehr und mehr Ministerien in der Umgebung angesiedelt, also diese Mitte ist in noch keinem abgeschlossenem Zustand. Aber eine Monokultur ist und wird die Straße nicht.

    Wichtig wäre für die Stadtplaner eine kluge Verbindung über die Leipziger Straße zum Potsdamer Platz zu kreieren.


    Wenn ich jetzt als Senat aber sage ich will das Stück oder die ganze Straße (3,3 km) ohne Autos, dann muss das Ganze dem Ort auch gerecht werden und für die Bedeutung des Ortes muss dann auch Geld in die Hand genommen werden ("ist nicht da" - dann lasst es!). Es muss für mich einen Grund geben in die autofreie Friedrichstraße zu wollen. Ein Beispiel: So etwas wie die Videoleinwand The Place in Peking.

    https://www.google.de/search?q…BA&biw=1920&bih=927&dpr=1



    Hierzu ein passender Artikel aus der FAZ zu den Senatsplänen:

    https://www.faz.net/aktuell/fe…bol-18010149.html?GEPC=s3

    Ich erlaube mir den letzten Absatz daraus zu zitieren:


    Unzulässiges Pressezitat entfernt. Bitte Richtlinien für das Einbinden von Texten beachten! Danke.


    Genau das ist das Unding an den Senatsplänen. Anderswo gern, aber das ist der falsche Ort.

    Einmal editiert, zuletzt von K-1 ()

  • Man darf auch als Münchner nicht den Fehler machen die Friedrichstraße mit der Kaufingerstraße zu verwechseln

    Den mache ich nicht, sondern ich bezog mich auf ein Zitat Oraniens, nachdem FGZ generell nur als Filialistenstraße funktionieren würden ;) . Was die Friedrichstraße im Speziellen anbelangt, habe ich keine Ahnung, ob eine autofreie Gestaltung nun vor- oder nachteilig ist.

  • Hierzu ein passender Artikel aus der FAZ zu den Senatsplänen:

    https://www.faz.net/aktuell/fe…bol-18010149.html?GEPC=s3

    Ich erlaube mir den letzten Absatz daraus zu zitieren:

    Der letzte Absatz ist tatsächlich interessant. Der Autor vertritt hier die These, dass die Trostlosigkeit der Friedrichstraße schon vorher bestand und nur durch die Sperrung für Autos offensichtlich wurde.

    Ändert nichts an der Tatsache eine Fußgängerzone zu erzeugen wo kaum Fußgänger langgehen.

    Das ist reine Symbolik.

  • ^ Auch wenn man ja gern und oft zu recht über die (manchmal zu) hohen Kosten diverser Projekte meckert - im verlinkten Artikel sind die einzelnen Positionen mit ihren jeweiligen Kosten aufgeführt und sehen für mich so auf den ersten Blick realistisch aus.


    Sollen Straßenreinigung oder Grünpflege nach deiner Meinung für 100 Euro pro Jahr tätig werden? All diese Dinge und Leistungen kosten nun mal was und 200.000 € sind heutzutage kein Schockbetrag für solche Projekte.


    Und von „Fahrräder zählen“ steht auch nichts im Artikel. Die verkehrliche Begleituntersuchung (die du ja meinst) wird sicherlich einiges mehr umfassen und das machen auch keine 1-Euro-Jobber.

  • Und von „Fahrräder zählen“ steht auch nichts im Artikel. Die verkehrliche Begleituntersuchung (die du ja meinst) wird sicherlich einiges mehr umfassen und das machen auch keine 1-Euro-Jobber.

    Widerspruch. Ich erinnere doch mal an die seit fast 15 Jahren stattfindende BVG-Verkehrszählung alle paar Jahre. Die wurde auch immer als "Untersuchung der Verkehrsströme" angekündigt. Ohne Probleme standen immer Millionensummen zum Verteilen an Marktforschungsinstitute bereit. Die Zähler verdienen das was man gerade als Aufstocker beim Jobcenter benötigt (vor Einführung des Mindestlohnes deutlich unter diesem). Die Auswerter verdienen zwar Mindestlohn, der Arbeitsplatz ist aber prekär. Mehr als Zählen oder Befragen passiert bei einer solchen "Untersuchung" nicht. Da Messen keine Drohnen irgendwelche Schwingungen im Boden. Wie sich die ausgegebenen Gelder letztendlich verteilen bleibt im Nebel - auch weil die Medien sich diesem Thema kaum annhmen. Im Übrigen beauftrag wurde immer das gleiche Berliner Marktforschungsinstitut, ein transparentes Auswahlverfahren fand nicht statt.

    Von daher ist der Einwurf von Blaine nicht aus der Luft gegriffen. Es ist generell fraglich in welchem Umfang Staatsgelder an Marktforschungsinstitute, Werbefirmen und Unternehmensberatungen verteilt werden. Und das nur um herauszufinden, wieviele Menschen um genau diese Uhrzeit sich hier oder dort aufhalten. Ändert sich die Lage (wie bei Corona) sind solche Messzahlen Makulatur. Auch ein Grund warum Berlin den wahren Wohnungsbedarf so völlig falsch wahrnahm.

  • ^ Auch wenn man ja gern und oft zu recht über die (manchmal zu) hohen Kosten diverser Projekte meckert - im verlinkten Artikel sind die einzelnen Positionen mit ihren jeweiligen Kosten aufgeführt und sehen für mich so auf den ersten Blick realistisch aus.

    Mein Hinweis auf den Konzeptcharakter sollte meine Meckerei eigentlich etwas entschärfen. Solange die kein wirkliches Konzept haben und rumexperimentieren, kann ich mir vorstellen, dass da mehr Geld flöten geht.

    Trotzdem muss ich noch einmal darauf hinweisen: Wir reden hier von einer aufgerundet 500m langen zweispurigen Straße.

  • Das Drama, wenn inhaltlich nicht kompetente Menschen wie Frau Jarasch beginnen, stadtgestalterisch zu handeln, offenbart sich schon in ihrem Wording. Sie begreift die STRAßE Friedrichstraße als "Piazza" und will sie als solche gestalten. Vermutlich steht bei ihr zuhause im Flur die Badewanne und im Schlafzimmer wird gekocht. Wer die grund unterschiedlichen Kategorien Straße und Platz schon nicht auseinander zu halten vermag, macht sich in einer solchen Machtposition früher oder später komplett zum Affen:


    https://www.morgenpost.de/bezi…iez-fuer-eine-Piazza.html

  • ^ Herrje, was hängst du dich (und dazu noch in etwas ungehobelter Ausdrucksweise) so an dem Begriff „Piazza“ auf. Es düfte doch klar sein, was hier gemeint ist. Es geht darum, einen Straßenabschnitt in einen attraktiven Flanier- und Aufenthaltsbereich umzuwandeln. Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber hier kommt doch sehr deine persönliche Aversion gegen Frau Jarasch durch.


    So wie in der längst bekannten Visu, die auch in dem Mopo-Artikel zu sehen ist, wäre es für mich durchaus ein guter Ansatz. Eine qualitätsvolle Pflasterung, Brunnen, schöne Sitzgelegenheiten und mehr Grün - und das alles ohne den Eindruck eines Provisoriums - für mich ist das eine attraktives Beispiel, wie man es machen könnte.

  • Meine Güte, Frau Jarasch ist Lokalpolitikerin und muss Ideen an die Lokalbevölkerung verkaufen können. Die vom Architekten vorgeschlagenen Begriffe "Corso" oder "Rambla" sind in Berlin allerdings praktisch unbekannt ("Boulevard" passt mE dagegen nicht so gut, weil das nicht unbedingt mit verkehrsfreier Zone verbunden wird). Der Begriff und das Konzept einer Piazza ist dagegen eher vertraut. Und natürlich geht es hier eher um eine bestimmte Art Lebensgefühl, das man mehr oder weniger intakt nach Berlin transportieren will. Die im Artikel aufgeführten Einschränkungen sind ja durchaus nachvollziehbar. Sonstige Anteile wie Entschleunigung, Verweilqualität, Gemütlichkeit etc und Elemente wie Grün, Wasser, Gastronomie lassen sich mE jedoch durchaus herstellen. Und darum geht es Frau Jarasch mE auch vordergründig. Es soll eben keine schnöde Fußgängerzone sein, sondern etwas wertigeres. Ob das gelingen kann, wird man sehen. Der italienische Architekt bezeugt ja unabhängig von semantischen Aspekten durchaus grundsätzliche Zustimmung zu dem Ansatz - etwas das bei der Kritik hier natürlich komplett ausgeblendet wird. Es geht beim Projekt Friedrichstraße natürlich nicht um Lebensqualität oder Pragmatismus, sondern um Begrifflichkeiten und Politik...



    Apropos Semantik: Ob es den Italienern passt oder nicht, aber der Begriff Piazza hat international auch vor der Verwendung durch Jarasch 2022 schon längst eine Begriffserweiterung erfahren. So unterscheidet Wiktionary eine italienische piazza (= Platz, Handelsplatz, Börsenplatz, Standort, Punkt) und eine spätestens seit 1977 daraus entlehnt französische piazza (= große, freie Fläche in einer Stadt, die für Fußgänger vorgesehen ist; i.e. kein Wort von Platz). Im Collins Dictionary wird wiederum zwischen der italienischen piazza (= a large open square in an Italian town) und einer primär britischen piazza (= a covered passageway or gallery) unterschieden. Gerade die langgezogene britische Variante hat bis auf das Dach mehr mit der Friedrichstraße gemeinsam als mit dem italienischen Original. Und hier hat man auch gleich mal ein Beispiel für eine lokale Verwendung/ Aneignung dieses Konzepts im deutschen Sprachgebrauch (mit Zielgruppe deutschsprachiger Berlin-Touristen).


    Muss man nicht gut finden, aber so lebt halt Sprache. Auch Verengungen, Erweiterungen und Verwässerungen gehören dazu - mit den verschiedensten Absichten oder auch unbewusst. Und selbst Linguisten geben zunehmend die präskriptive Rolle auf und dokumentieren solchen Wandel eher deskriptiv. Übrigens betreibt/ verbreitet auch Herr Liguori eine solche Begriffsverengung, denn er nennt Attribute, die auch die oben genannten Varianten wie Börsenplatz oder auch Standort kategorisch ausschließen und eine sehr enge Auslegung nahe legen (selbst eine Kirche o.ä. und einen umschließenden Kiez sowie die Preisklasse des ansässigen Gewerbes schreibt er vor, was oben nirgendwo erwähnt wird). Geographisch enger wird es dagegen bei der ersten Definition auf Collins: Denn dort muss der Platz ja noch unbedingt in einer italienischen Stadt liegen, wohingegen Herr Liguori durchaus Entsprechungen in Berlin anerkennt.

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 ()

  • Voltaire, der alte Fritz, ja Reinhard Mey fragt sich heute noch welcher Friedrich das wohl sei.

    Das würde mich jetzt aber wirklich interessieren. Ist das überliefert, dass Voltaire sich tatsächlich gefragt hat, welcher Friedrich im Namen der Friedrichstraße verewigt ist? Gibt es dazu eine historische Anekdote? Oder ist das einfach nur blabla von dir?

  • Diverse Medien (u. a. rbb24, Tagesspiegel) berichten, dass das Berliner Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung die Sperrung eines Teils der Friedrichstraße für den Autoverkehr für rechtswidrig erklärt hat. Für eine Sperrung fehlten angeblich die Voraussetzungen, diese müsse innerhalb der nächsten zwei Wochen aufgehoben werden.


    Der Senat kann (und wird vermutlich auch) gegen die Eilentscheidung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.


    Viel bringen würde es auch nicht, denn sobald der Antrag auf dauerhafte Umgestaltung der Friedrichstraße bzw. der Abschluss des Teileinziehungsverfahrens durch ist, würde sie ja wieder gesperrt werden.

  • Eine absolut bemerkenswerte Entscheidung, die die ganze Inkompetenz des Senats und in diesem Falle von Frau Jarasch darlegt.


    Die Grünen, die immer so einen Wert auf Mitsprache von allen Beteiligten setzen, agieren in der Friedrichstraße völlig selbstherrlich ungeachtet des immensen Schadens. Wie kann man ein Konzept umsetzen gegen das sich zu Recht die Mehrheit der Geschäftsleute ausspricht?


    Der Zustand der Friedrichstraße ist erbärmlich, das ganze ist so dilettantisch umgesetzt worden, dass es einem graust.

    Und das Provisorium dauert schon Jahre und die kommenden baulichen Umsetzungen würden noch viel länger dauern. Es ist ein Wunder, dass es überhaupt noch einen offenen Laden da gibt. Sollte das Galerie Lafayette rausgehen, ist das Milliardengrab perfekt.

    Für mich ein absolutes Armutszeugnis.

  • Na ja, erst einmal war es ein Versuch und ein Provisorium. Jetzt hat man gemerkt, dass das mit der „Fahrradautobahn“ in der Mitte keine so gute Idee war.


    Eine Umgestaltung zu einer „richtigen“ Fußgängerzone wird der Friedrichstraße meiner Meinung nach besser tun, als wieder Autos durchzuschicken. Und sowohl von der Markgrafenstraße als auch von der Wilhelmstraße her ist Lieferverkehr und Verkehr der Parkhausnutzer möglich.


    Zudem kann ich mir nicht vorstellen, dass dieses Urteil in einer höheren Instanz Bestand hat.

  • Ich finde die aktuelle Verkehrspolitik verfolgt völlig falsche Prinzipien. Der Schwerpunkt der Verkehrswende sollte darin liegen, von Autos dominierte Straßenräume zu diversifizieren, also überdimensionierte Flächen für den Autoverkehr in Flächen für Fußgänger, Straßengrün, Fahrräder oder sogar verdichtende Bebauung umzuwidmen. Die Mischung verschiedenster Mobilitätsformen mit ausreichend Platz für Passanten schafft mMn Urbanität und Aufenthaltsqualität.


    Der Senat richtet sich jedoch nach Prinzipien, die der städtischen Funktionstrennung der Moderne gefährlich nahe kommt. Autobahnähnliche Verkehrschneisen wie die Leipziger Straße, die ganze Viertel zerteilen, werden vom Senat nicht thematisiert - der Zustand wird rund um den Spittelmarkt und Petriplatz durch den Neubau überbreiter Brücken sogar zementiert. Auf der anderen Seite werden Straßenräume, die unter dem Verkehr viel weniger leiden, monofunktional umgebaut. Für mich ist diese Funktionstrennung der Straßenräume alles andere als urban. Sie stört viel mehr den Stadtraum und erzeugt scharf getrennte Zonen, die einer organischen Durchmischung und Belebung der Straßen entgegenwirken.

  • Hier kommt nun das Statement des Senats zum Gerichtsurteil.

    https://viz.berlin.de/2022/10/friedrichstrasse-flaniermeile/


    Praktisch ändert sich wenig, weil nach dem Abschluss des Teileinziehungsverfahrens die Friedrichstraße ohnehin eine Fußgängerzone wird. Ich finde es auch nicht sinnvoll, die Straße jetzt noch für ein paar Wochen zu öffnen, um sie dann wieder zuzumachen. Letztendlich ist es viel Lärm um nichts.