Exilmuseum am Anhalter Bahnhof (Kreuzberg | in Planung)

  • Von Dir offenbar nicht.


    Wenn man das Portal ergänzt und "qualifiziert einfasst" ist es irgendeine stehengebliebene Vorkriegsfassade. Erst die Charakteristik einer Ruine, lässt doch erst die Interpretation eines Ursprungszustandes zu und erhält die Erinnerung an den Anhalter Bahnhof.

  • Wann kommt die Dauerausstellung, die Menschen in den Blick nimmt, die aus dem Machtbereich des real existiet habenden Sozialismus fliehen konnten und im Westen Zuflucht suchten?

    Und wie Groß wird das Gebäude?

    Dazu fällt mir nichts mehr ein.


    Warum bauen Sie das Museum nicht einfach selbst?

    Am Besten auf dem Dach der Rosa Luxemburg-Stiftung.


    Dann können Sie statt fünf Gesinnungs-Bekundungen am Tag gerne einen monatlichen Baufortschrittsbericht posten.


    :saint::saint::saint::saint::saint::saint::saint::saint:

  • Von Dir offenbar nicht.

    Stimmt.
    Aber wie das bei der "Ruinenkultur" so gesagt wird: "Wir können doch nicht so tun, als ob es den Krieg nie gegeben hätte".
    Tun wir ja auch nicht.
    Halb Berlin ist ein Zeugnis dafür, dass 45.000 Tonnen Bomben und Granaten die Stadt zu einer Trümmerwüste machten, die mühsam - und zu selten schön - wieder bewohnbar aufgebaut worden ist.
    Wenn heute nur noch das Eingangs-Stummelchen übrig ist, dann verdanken wir das den Politikern der 50er Jahre, die erst nach heftigem Protest der Bürger die Abrißarbeiten einstellten.
    Der heute vorhandene Rest ist weniger ein Mahnmal gegen den Krieg als eines gegen die abrißwütige Dämlichkeit der Politik.
    Ist übrigens bei der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche nicht anders.
    Wenn also Alt und Neu zusammen ein Ensemble ergeben sollen, warum dann nicht geglättet und ansehnlich?
    Am liebsten hätte ich die ganze Schwaechten-Fassade wieder. 8)

  • 1) Warum bauen Sie das Museum nicht einfach selbst?

    zu 1) Warum sollte ich?
    Es ist Sache des Staates für jedes Segment seiner Geschichte eine angemessen gewichtete Erinnerungskultur zu pflegen.
    Die deutsche Zivilbevölkerung vor und nach 1945 taucht da kaum als Opfer auf.

    zu 2) Ich hab´die SED/PDS/ LINKE gefragt. Die wollen das nicht! 8o

  • Der heute vorhandene Rest ist weniger ein Mahnmal gegen den Krieg als eines gegen die abrißwütige Dämlichkeit der Politik.
    [...]
    Wenn also Alt und Neu zusammen ein Ensemble ergeben sollen, warum dann nicht geglättet und ansehnlich? Am liebsten hätte ich die ganze Schwaechten-Fassade wieder. 8)

    Das mag ja stimmen, aber zu glauben der Anhalter Bahnhof wäre heute als Kopfbahnhof mit 6 Gleisen noch als Bahnhof zu gebrauchen, unterliegt einer Illusion.


    Ich finde den Portikus momentan genauso ansehnlich, wie das Heidelberger Schloss oder das Kloster Chorin. Anderenfalls hätte man sich in allen 3 Fällen schon für den Totalabriss entschieden.


    zu 1) Warum sollte ich?
    Es ist Sache des Staates für jedes Segment seiner Geschichte eine angemessen gewichtete Erinnerungskultur zu pflegen.
    Die deutsche Zivilbevölkerung vor und nach 1945 taucht da kaum als Opfer auf.

    Dazu fällt mich eigentlich nichts mehr ein... Wer ist DIE Zivilbevölkerung und wer ist hier kausal Opfer und wer Täter? Selbstmitleid und Vereinnahmung, kommen immer aus der gleichen politischen Ecke - war auch schon vor 1945 so.

  • ... Mittlerweile denke ich aber, dass der 3.Preis dem Zweck atmosphärisch gerechter wird und auch die Portalruine besser inszeniert wird. Mit der Aufnahme der Traufhöhe des Portals bekommt das Gebäude plötzlich eine historisch - dialektische Komponente.

    ...

    Mir gefällt der dritte Preis auch besser. Zumal er so wie ich das erkennen kann das Portal wieder seiner ursprünglichen Nutzung zuführt. Man würde quasi über die selbe Schwelle ins Museum treten wie zuvor all diese Menschen den Bahnhof betreten haben, die fortgegangen sind. Das wäre sicherlich ein ganz intensives Erlebnis anders als wenn man darum herum laufen muss/kann.

  • Jetzt wo ich ihn sehe muss ich dem zustimmen.


    Ich hatte erst vermutet, beim ersten Preis sei da vielleicht so eine Art 2.50 m hoher Durchgang o.ä. aber nein, das Portal steht einfach davor.

    Das macht der dritte Preis ganz super!


    Leider gefällt mir die Front von außen gar nicht – wie sie das Portal sehr plump in den Schatten stellt.

    Pluspunkt für die schicke "EXIL"-Schrift.


    Froh bin ich, dass es nicht Nummer 2 geworden ist. Ein weiterer Glaskubus...


    Nein, der erste Preis ist mit recht der erste Preis.

  • Man würde quasi über die selbe Schwelle ins Museum treten wie zuvor all diese Menschen, die fortgegangen sind.

    Das empfinde ich grundsätzlich ähnlich. Die Variante hätte definitiv ihren 'Charme', wenn man das in dem Zusammenhang so nennen kann. Allerdings sehe ich in diesem nahtlosen Übergang zwischen Portal und Museim gleichermaßen Vor- und Nachteile. Zwar beeindruckt mich, dass hier gewissermaßen die Geschichte in die Gegenwart übergeht aber zugleich besteht hierin mE eine gewisse Gefahr der (subjektiv empfundenen) Banalisierung. Auch wenn dieses Anknüpfen ja immerhin brüchig und unsauber bleibt und dadurch doch zum Reiben und Nachdenken provoziert.


    Der erste Preis inszeniert das Portal mE aber wirkungsvoller, indem es in der Leere/ im Nichts steht und somit im buchstäblichen Sinne einen Wirkungsraum erhält. Unabhängig von Durch- oder Umschreiten sollte das durchaus eine gewisse Resonanz erzeugen. Pathetisch gesprochen kommt man gar nicht um eine Auseinandersetzung mit Bruch und Leere herum. Und völlig unabhängig davon, inwieweit die genaue Ausformung des Fragments direkt durch Kriegsschäden oder aber die damit zusammenhängende Abriss- und Abräumarbeiten bedingt ist: Es bleibt eine beeindruckende Metapher für das Verschwinden von Menschen, das gewaltsame Reißen von Biographien. Wenn die Ausstellung in den Innenräumen gelingt (und das bisher durchklingende Konzept überzeugt mich total), könnte das insgesamt ein wirklich intensives Erlebnis werden.


    Ich finde übrigens insgesamt, dass Berlin seine Geschichte an vielen Orten wirklich beeindruckend erzählt. Wenn man einen gewissen Sinn dafür hat, kann man hier wirklich etwas mitnehmen.

  • Ich finde den Gewinnerentwurf schockierend trivial. Völlig rücksichtslos stellt er sich dem wunderschönen Portal in den Rücken und pervertiert die Schönheit des ursprünglichen Baus in eine Art Fremdkörper.

  • zu 1) Warum sollte ich?
    Es ist Sache des Staates für jedes Segment seiner Geschichte eine angemessen gewichtete Erinnerungskultur zu pflegen.
    Die deutsche Zivilbevölkerung vor und nach 1945 taucht da kaum als Opfer auf.

    zu 2) Ich hab´die SED/PDS/ LINKE gefragt. Die wollen das nicht! 8o

    Tja, warum sollten Sie? Gründen Sie doch eine Stiftung und tun was für ihr Anliegen, statt immerzu auf den (ansonsten verhassten) Staat zu warten.

    Das Exilmuseum wird übrigens von einer bürgerschaftliche Initiative getragen. Die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und den Kunsthändler und Mitbegründer der Villa Grisebach, Bernd Schultz, gaben den Anstoß für ein Exilmuseum in Berlin. Die zugehörige Stiftung Exilmuseum Berlin wurde 2018 gegründet. Partnerschaften und Kooperationen mit bereits existierenden Institutionen und Archiven zum Thema Exil sind angestrebt.


    Stiftung Exilmuseum

  • Hoppla!
    Wie kommen sie den auf die Idee, ich würde diesen Staat hassen? Ganz im Gegenteil! 8)
    Aber das erklärt natürlich ihren Ton mir gegenüber... :rolleyes:

    Das mit den Stiftungen ist eine ambivalente Sache: Das Grundstück hatte der Reichbahn gehört, danach - nehme ich an - dem Land Berlin.
    Es ist bei Stiftungen und ihren Immobilien immer auch eine Frage, welchen Rückenwind ein Anliegen hat.
    Das Exilmuseum hat ihn - das ist völlig in Ordnung.
    Die Ausstellung "Flucht, Vertreibung und Versöhnung" hat ihn recht halbherzig - und das ist schlecht.

  • @UrbanFreak: Trivial ist ein hartes Wort. Ohne den Portikus davor, alleinstehend, ist der Entwurf nicht das schlechteste was in Berlin geplant wird, mMn ganz im Gegenteil. Ich bin aber d'accord mit Dir, daß da irgendwie jetzt zu viel passiert, sich die Wahrnehmungen überlagern. Portikus und Museum nehmen inhaltlich, aber nicht architektonisch bezug auf einander.


    Ich bin mir auch noch nicht sicher, ob die stadträumliche Kontextualisierung dem Potential des Ortes gerecht wird. Auf der einen Seite, ein katastrophaler Abstieg: bedeutendster Fernbahnhof Richtung Süden, Staatsempfänge, Hotel Excelsior (mit eigener Passage zum Bahnhof), dann aufgegeben schon im Rahmen der Speerschen Germaniaplanungen, Kriegszerstörungen, tatsächliche Auflassung als Fernbahnhof in den 50ern, Mauerlage, und dann zu unbedeutend, selbst die Reste komplett abzuräumen (zum Glück!). Auf der anderen Seite, was für Chancen - aufgrund der zentralen Lage - großstädtisch zu denken und zu planen, die man jetzt aufgibt. 30 Jahre nach dem Mauerfall scheint man immer noch 'Randlage' zu denken. Mir sind da Nutzung und auch Bauvolumen an diesem Ort einfach zu klein. Nur um es deutlich zu sagen, ich finde das Museum wichtig und auch den Entwurf per se geglückt, hadere aber mit einer limitierenden Festlegung für die nächsten dreißig Jahre an dieser Stelle.

  • Im Krieg wurde dann schließlich der Bau selbst empfindlich getroffen und später weitgehend abgetragen.

    Das klingt so, als ob es unumgänglich gewesen ist, den Anhaltert Bahnhof zu beseitigen.


    Der Anhalter Bahnhof war aufbaufähig! Das Einzige, was zerstört gewesen ist, war die Dachkonstuktion. Die massiven und wuchtigen Eckpfeiler des Bahnhof genauso wie große Teile der Fassade waren intakt.

  • Ich finde den Gewinnerentwurf schockierend trivial. Völlig rücksichtslos stellt er sich dem wunderschönen Portal in den Rücken und pervertiert die Schönheit des ursprünglichen Baus in eine Art Fremdkörper.

    Was ist daran bitte trivial? Eine direkte Integration des Portals in den Neubau wäre doch viel trivialer, weil naheliegender gewesen. Du tust so, als würde der Museumsbau einfach "neben" dem Portal stehen und sich damit schmücken, dabei ermöglicht gerade die Distanz zum Portal die Schaffung eines Raums mit geradezu meditativer Qualität und erzeugt eine Spannung zwischen den zwei Gebäudeteilen, die durch eine nathlose Integration nicht möglich wäre. Ganz im Gegenteil denke ich, dass das Portal dadurch viel mehr Gravitas erhält.


    Mir persönlich gefällt der 2. Platz, was die ästhetische Gefälligkeit betrifft, besser als der 1. Platz, denke aber tatsächlich, dass der 1. Platz verdient ist, weil der Entwurf eindrucksvoller und in der Wirkung der Gestaltung dem Thema der Ausstellung dienlicher ist.

  • Man hätte auch den wiederaufgebauten Bahnhof als Museumsbau nutzen können. Man schaue sich mal den Hamburger Bahnhof an, der heute als Museum für zeitgenössische Kunst genutzt wird.

  • < Ach, Architektur-Fan das ist doch wieder Mumpitz. Der Bahnhof wurde 1959 gesprengt, ähnlich wie der noch viel imposantere Lehrter Bahnhof oder der Potsdamer Bahnhof oder der Stettiner Bahnhof. 1959 war die Situation in Berlin nunmal so, dass man sich über Ausstellungsfläche für Kultur nicht so sehr den Kopf zerbrechen musste, eher um die politische Lage der Stadt und des Landes, das kurz vor der Teilung stand. Aber wie immer bei dir weiss ich ungefähr was du sagen wolltest.

  • Die Inszenierung des Portikus ist gewissermaßen ein intellektueller Geburtsfehler des Entwurfes bzw. aller Entwürfe.


    Wäre der Portikus , so wie er heute da steht eine im Krieg so entstandene Ruine würde alles sinn machen.

    Aber etwas, dass 14 Jahre nach Kriegsende in dieser Form seine Gestalt erhalten hat so zu inszenieren stellt die Vortäuschung falscher Tatsachen dar.

    Es ist eben nicht die Reichstagsruine, oder eben auch nicht die Alte Pinakothek in München, bei welchen die Bezugnahme und kontrastierende Ergänzung vor dem Hintergrund der durch den Nazi-Terror entstandenen Ruinen hervorragend funktioniert.

    Nein, der Portikus ist und bleibt für alle baugeschichtlich interessierten ein Mahnmal für die Abrisswut der Nachkriegszeit. Und dank allseits verfügbarem Wikipedia etc. kommen da auch die nicht-Architektur-interessierten Touristen schnell drauf.

    Und damit wird die Entwursidee, auch wenn sie auf den ersten Blick durchaus was hat ad absurdum geführt.


    Wirklich konsequent wäre es, den Portikus komplett abzureißen. Damit würde man wenigsten zum Ausdruck bringen, dass man zu dem steht, was man da angefangen hat. Oder zugeben, dass man einen Fehler gemacht hat und die Fassade, soweit städtebaulich sinnvoll wieder aufbaut und das Exilmuseum dahinter packt.

  • < Ach, Architektur-Fan das ist doch wieder Mumpitz. Der Bahnhof wurde 1959 gesprengt, ...

    Da ist gar nichts Mumpitz! Mit der jetzigen Entscheidung für einen Museumsneubau sorgt man dafür, dass die Stadtzerstörer von 1959 sich endgültig durchgesetzt haben.


    Es ist schon interessant, wie hier die Kommentatoren frohlocken, dass der Wiederaufbau historischer Architektur verhindert worden ist. Interessanterweise handelt es sich um die gleichen Kommentatoren, die am Alexanderplatz die schäbige DDR-Architekur verteidigen. Warum sprengen wie nicht die DDR-Architektur am Alex in die Luft? Genauso, wie man den Anhalter Bahnhof in die Luft gesprengt hat!