Vorerst gerettet: Karstadt Nürnberg - doch wie weiter?

  • Das mit dem Boden verstehe ich allerdings nicht so richtig. Denn der ist noch vergleichsweise hochwertig weil aus Naturstein. Hoffentlich wirkt das ganze dann hinterher nicht stilistisch total verwaschen wie so manche U-Bahnhofumgestaltung in Hamburg oder Berlin...

    Ja, der Boden ist (trotz der über 40 Jahre) noch in einem guten Zustand! Nur halt (aus der Sicht der Stadt) zu dunkel.

    Was mich ins besonderen oft allgemein (hier wieder einmal als typisches Beispiel) so stört, es werden Rohstoffe so oft sinnlos verschwendet, als gäb es die ohne Ende auf der Welt!

  • Die Visualisierung schaut mir schon seeehhhr grob aus, als ob man nur ein einziges Material für die Renderings benutzt hat.

    Vorallem wird das ja erst an Architekten ausgeschrieben, die werden da doch schon noch ein paar gestalterische Ideen einbringen, oder? Sonst würde ja ein Ingenieursbüro reichen...

    Die Entfernung der Kugellampen würde mich jedenfalls so oder so nicht begeistern. Wenn man schon unbedingt die Spiegeldecken durch große Leuchten ersetzen will könnte man die Kugellampen ja zusätzlich behalten und in einer anderen Farbe leuchten lassen...

  • Ich hab mich dazu ja schon geäußert: Das Verteilergeschoss hat m.E. Denkmalwert, aber es ist wohl noch zu jung dafür.

    Jetzt werden Fakten geschaffen durch rausreissen von Originalsubstanz und Vereinfachung, um es auch künftig nicht erhalten und pflegen zu müssen. Wer glaubt denn im Ernst, dass ein hell angestrichenes U-Bahn-Verteilergeschoss lange gut aussehen wird? Es dauert nur wenige Jahre, und das sieht noch schlimmer aus als der Ist-Zustand, dass sich durch die kluge Material- und Farbwahl ja sehr sehr lange ohne nennenswerte Instandhaltung gehalten hat. Der Wegfall der Kugellampen, der Spiegeldecken und der gesamten Brunnenanlage empfinde ich als baukulturelle Katastrophe. Genau das sind die Alleinstellungsmerkmale dieser an sich gelungenen Architektur. Geschaffen wird nun banales Einerlei aus Grau und weiß, ein paar LED-Lampen und Bildschirme, und wir habe hier in Zukunft eine permanente Dauerbaustelle. Nichts davon hat dauerhaften Wert.


    Ich hoffe dennoch dass den Architekten, die hier angefragt werden, ein bisschen was dazu einfällt und man den einzigartigen Charakter zu erhalten versteht.

  • In der Wochenendausgabe wird die Stadt - ich meine Wirtschaftsreferent Fraas - genau gegenteilig wiedergegeben: Man sei sich sicher dass der Karstadt an der Lorenzkirche Zukunft hätte, wenn man daraus etwas nach dem Vorbild des Wöhrl und des Breuninger machen würde, ein Konzept des "Erlebniskaufhauses". Und schließlich werde man noch dieses Jahr die Umgestaltung des Verteilergeschosses beginnen (sic.!)

    Es sieht also wirklich so aus als wolle die Stadt hier gutes Geld in einer Hängepartie versenken, in der sie wenig Karten hat.


    Der Karstadt ist für mich immer Adresse Nummer 1, wenn ich in die Stadt will und was suche, dass weder Elektronik noch Haushaltsartikel ist. Aber Klamotten, Geschenke, Feinkost, sogar Sportartikel, da gehe ich immer zuerst zum Karstadt. Mir fällt aber auch auf, dass sowohl das Kaufhaus keinerlei Fenster, kein Tageslicht hat, als auch dass die riesige Schaufensterfront im Verteilergeschoss mit Folien zugeklebt ist. Das ist das eigentliche Problem des Verteilers: Wie Karstadt damit umgeht!


    Der Plan der Stadt, das zu renovieren um Karstadt zu retten, kommt mir so vor als würde die Bahn das Bahnfahren attraktiver machen wollen, in dem man die Parkplätze an den Bahnhöfen neu pflastert.

  • Um mal zu illustrieren was ich meine, ich war heute wieder dort - Karstadt - Galeria Markthalle - auf der Verteilerbene. Endlos lange Wände aus zugeklebten Schaufenstern. Die generieren einen Tunneleffekt, die Leute fühle sich eingeengt und laufen rasch durch, es entsteht Unwohlsein.

    Und ich bin mal gespannt, ob das Versenken von 5 Mio EUR in ein Facelift daran irgendwas ändert. Viel sinnvoller wäre es die Geschäfte dazu zu verpflichten, die Schaufensterfronten zu öffnen oder attraktiv zu dekorieren.




    Aber ich fürchte genau das wird nicht passieren. Da werden einfach neue Folien und grelle Displays installiert.

    Ich bedaure die Maßnahme jetzt schon, Nürnberg ruiniert hier etwas ganz besonderes.

  • Jetzt ist es raus: Noch im Sommer sollen die zwei Galeria-Filialen in der Königstraße (also ehemals Kaufhof) und Langwasser schließen. Die Filiale in Erlangen soll im übrigen auch zur gleichen Zeit geschlossen werden. Alleine in Nürnberg werden wohl 150 Angestellte entlassen.

  • Für die MitarbeiterInnen ist das nach all den Pleiten ein weiterer herber Schlag.


    Für die Stadtentwicklung aber vielleicht in Teilen eine Chance? Der Kaufhof in der Königstraße ist das ältere der beiden Kaufhäuser und gehört (anders als der ehemalige Karstadt) der Signa-Gruppe. Mag manches an Benko und seinem Firmenkonglomerat intransparent anmuten, seine Bauprojekte sind doch stets recht ambitioniert und praktisch nie einfache Stangenware. Das es dieses Haus trifft, könnte also ein Indiz dafür sein, das man mit dem Bau oder dem Grundstück was vorhat. Aber das ist jetzt natürlich nur Spekulation meinerseits...


    PS Nebenan ist in das Projekt "Altstadt Karree" ja mit "IMFARR" auch ein österreichischer Immobilienentwickler mit eingestiegen. Ob man sich gut kennt?


    d.

  • Ich bin da auch erleichtert, dass es den Kaufhof trifft, das hätte ich so nicht erwartet. Der Kaufhof ist ja durchaus als Bausünde zu bezeichnen, eigentlich kann es ja dann nur besser werden.


    Trotzdem glaube ich nicht, dass der Konzern auf Dauer überleben kann. Wenn man mehr als 1/3 der Häuser schließt verliert man Marktanteile, verliert man Margen im Einkauf, der Betrieb der übrigen Häuser wird noch komplizierter und die Abwärtspirale dreht sich weiter. Ich fürchte, dass die Stadt die Passage unter der Lorenzkirche noch renoviert, dabei leider viel Architektur verstümmeln wird, und dann macht auch der Karstadt dicht.


    In meinem beruflichem Umfeld kenne ich Leute, die das Unheil über den Konzern schon länger haben kommen sehen, und die abgesprungen sind. Sie bereuen das aktuell gewiss nicht.

  • Trotzdem glaube ich nicht, dass der Konzern auf Dauer überleben kann.

    Ich glaube auch nicht, dass das der Plan ist. Der Konzern wurde wegen des Immobilienbestands und als poltisches Druckmittel gekauft, nicht weil man sich mit dem veralteten Konzept noch Erfolge versprochen hat.

  • Vor der Erweiterung hatte der Kaufhof ja ursprünglich eine deutlich passendere Sandsteinfassade, auch wenn er natürlich dennoch ein Kind der 50er Jahre war. Im aktuellen Zustand tatsächlich eine ziemliche Bausünde, was aber nicht zwangsläufig heissen muss das der Nachfolgebau besser werden würde. Aktuell gibt es ja auch den Trend dass diese Kolosse nicht abgerissen, sondern umgenutzt werden, z.B. in Worms. Allerdings ist die Lage eventuell zu gut um nicht ordentlich was mit einem Luxushotel Neubau oder ähnlichem rauszupressen. Für die Angestellten tut es mir leid, aber ich bin mir auch nicht sicher ob der Konzern so dauerhaft überlebensfähig ist. Es ist ja auch der letzte seiner Art in Deutschland.

  • Ganz ehrlich, ich verstehe wirklich nicht warum man wegen der Anzahl von Mitarbeitern so ein Drama macht. Wenn Schaeffler und co. in der Region zum hundertsten Mal 700 Mitarbeiter abbauen ist das höchstens mal eine kurze Meldung wert. Aber wegen den 150 Mitarbeitern wird jahrelang rumgetan, Passagen für öffentliche Gelder renoviert und so weiter. Das kann‘s doch echt nicht sein. Was man von dem Geld und mit der Aufmerksamkeit noch alles für die Stadt und auch viele kleine Betriebe hätte machen können…

    Ich bin auch sehr erfreut darüber, dass es den Kaufhof getroffen hat. Es gibt kaum ein Gebäude (außer dem neuen Rathaus am Hauptmarkt vielleicht) das ich mir eher weg wünschen würde. Gegen eine Umnutzung spricht meines Erachtens auch nichts. Wie sowas gelingen kann, sieht man in Fürth: Carré, ehem. Raiffeisenbank oder Horschuchcenter sind alles Betonbunker Ähnlichen Jahrgangs, die ziemlich gelungen umgebaut wurden.

  • Ganz ehrlich, ich verstehe wirklich nicht warum man wegen der Anzahl von Mitarbeitern so ein Drama macht. Wenn Schaeffler und co. in der Region zum hundertsten Mal 700 Mitarbeiter abbauen ist das höchstens mal eine kurze Meldung wert.

    Es sind deutschlandweit 5.000 Mitarbeiter. Viele darunter mit deutlich schlechter gestellten Arbeitsverträgen (kein Vergleich zur IG Metall), niedrigen Einkommen, fortgeschrittenem Alter und damit geringen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Hinzu kommt, es ist auch für Karstadt / Kaufhof bei weitem nicht die erste Schließungswelle, es stehen zwei steuerfinanzierte Schutzschirmverfahren dahinter und Signa erwirtschaftet mit renditeoptimierten Bürobunkern eine Menge Geld. Darüber hinaus befürchten einige Bürgermeister gerade kleinerer und mittlerer Städte in strukturschwachen Regionen einen Verlust der Anziehungskraft ihrer Innenstädte, was weitere negative Effekte auf Arbeitsmarkt und Stadtbild mit sich bringen könnte. Bzgl. des letzten Punkts kann es natürlich auch gegenteilige, sehr positive Effekte haben, wenn manch alter Kasten Platz für urbane Neuentwicklungen macht. Nur: Das dauert - gerade abseits der Metropolen - und bis dahin überwiegen für die lokale Politik die Schattenseiten solcher Desinvestitionen.

  • Der Punkt mit den verwahrlosten Innenstädten ist ja nochmal ein anderer. Es wird aber meistens nicht damit, sondern nur mit dem direkten Verlust von Arbeitsplätzen argumentiert. Das stört mich nur. Würde man das Kind beim Namen nennen, könnte man wenigstens entsprechend gegensteuern.

  • Darüber hinaus befürchten einige Bürgermeister gerade kleinerer und mittlerer Städte in strukturschwachen Regionen einen Verlust der Anziehungskraft ihrer Innenstädte, was weitere negative Effekte auf Arbeitsmarkt und Stadtbild mit sich bringen könnte.

    Genau das ist der Grund, weswegen die Stadt Nürnberg den Karstadt unbedingt halten und deshalb Millionen für die Renovierung der Untergrundpassage ausgeben will. Es sind eben nicht die paar Arbeitsplätze, wegen denen das geschieht, sondern dass man eine Abwärtsspirale in der Anziehungskraft der Altstadt befürchtet. Glaubt man den meisten Straßenumfragen, so kommen die meisten Besucher wegen des Karstadt, wenn sie auf Shoppingtour sind. Die übrigen Ketten werden da nie genannt.


    Ich hoffe nur wie gesagt, dass man dem absehbaren Untergang der Kaufhauskonzerns nicht vorher Steuergeld und Architektur opfern wird. Dass der Karstadt Probleme hat (und ob das Nürnberger Haus ein Problemkind innerhalb des Konzerns ist sei mal dahin gestellt) liegt gewiss nicht an der Gestaltung der Passage. Ich werde mich wohl über das angedachte Facelift so lange ärgern bis es vollendet ist und man nichts mehr wird retten können.

  • t. Glaubt man den meisten Straßenumfragen, so kommen die meisten Besucher wegen des Karstadt, wenn sie auf Shoppingtour sind. Die übrigen Ketten werden da nie genannt.

    Das ist Vielleicht so, Die Zahlen und Umsätze zeigen eine Andere Realität, Kaufhäuser sind nicht mehr Zeitgemäss, und nicht Umsonst wurde der Versuch ja in der Nachbarschaft unternommen ein Kaufhaus in einer Shopping Center Umzubauen, was auch nicht den Gewünschten Effekt brachte. Und jetzt wieder Leer Steht.

  • Was nicht in der FAZ steht, aber dafür in der Süddeutschen: Es handelt sich dabei um die Filiale in Langwasser, von der in der Innenstadt ist da nicht die Rede. In dem Umfeld würde ein Mode-Kaufhaus auch stark mit der vielen Konkurrenz zu kämpfen haben.

  • auf Instagram hat Baureferent Ulrich aka Stadtbaumeister ein Bild der neu gestalteten U Bahnpassage Lorenzkirche gepostet.

    Sehr hell, sehr weiß...