Rekonstruktion Karstadt am Hermannplatz (in Planung)

  • Neuigkeiten, die das Projekt Karstadt am Hermannplatz bedeutend beeinflussen könnten:


    Der Tagesspiegel berichtet, dass die Staatsanwaltschaft gegen Florian Schmidt, Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, ermittelt:

    https://m.tagesspiegel.de/berl…rat-schmidt/26181462.html


    Falls die Ermittlungen einschlägig sind und Schmidt seinen Posten als Baustadtrat räumen sollte, würde das für den Karstadt am Hermannplatz wohl neuen Wind bedeuten.

  • Wieso, ich dachte der Senat wäre jetzt direkt zuständig. Braucht man den schwererziehbaren Kreuzberger dann noch?


    Wenn man ihn gegen einen vernunftgeleiteten Nachfolger ersetzt, könnte der Mehltau aus Friedrichshain-Kreuzberg verschwinden.

  • Vieles wird davon abhängen ob die Grünen in der nächsten Legislatur den Bausenator(m/d/w) stellen.

    Falls ja, könnte die Personalie durchaus Florian Schmidt heissen, Ambitionen hat er ja. Und was für die meisten Investoren wohl Einfrieren der Mittel bedeutet. Und selbst hinter Schmidts Lieblingsinvestor UTB tuen sich jetzt seltsame Verbindungen auf, wie ein aktueller Tweet hier berichtet. Mal sehen wie sich die politische Gemengelage entwickelt, aber ich befürchte eher einen sozialistischen Mehltau für absehbare Zeit.


    https://twitter.com/andreass29…/1372955383329853445?s=21

  • ^Der Florian Schmidt, der selbst in seiner eigenen Partei nicht unumstritten ist? Der Florian Schmidt der von der SPD auf`s Heftigste kritisiert wird? - Dem dichtest du Ambitionen und Chancen als Bausenator an? Auf Landesebene? Really?

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    So ganz unrecht hat Querbalken da doch leider nicht. Mein Eindruck ist, dass viele Menschen ihr Vertrauen in die klassischen Volksparteien zunehmend verlieren und fälschlicherweise mit Grün Hoffnung und Umbruch verbinden. Und genau so wie ein grüner Kanzler möglich ist, ist es auch ein grüner Bausenator, dessen Name vielleicht auch Schmidt lauten kann. Dass ich (wie wohl einige andere hier) damit nicht einverstanden sein mögen, spielt in einem Architekturforum eine untergeordnete Rolle, aber einen Einfluss auf die Baupolitik Berlins bzw. Gesamtdeutschland wird es durchaus haben.

    Ein bisschen Optimismus habe ich jedoch, dass Schmidt mit seiner augenfällig korrupten Klientelpolitik, die letztlich der Gesamtheit schadet, dann doch noch fallen wird.

  • Innerhalb der Grünen Berlins waren die Kreuzberger Grünen waren schon immer der Primus inter Pares, gleicher als gleich. Insofern ist es Schmidt durchaus zuzutrauen, Senator werden zu können. Seine Affinität bundesweite Schlagzeilen zu generieren ist ja nicht letztlich ohne Grund: Als Aktivist fühlt er sich nicht unbedingt dem Gesetz unterworfen, und für höhere Weihen fühlt sich schon länger berufen, wenn man seinen Visionen und Verlautbarungen folgt.
    Schmidt hat sicher interne Feinde, aber solange er den Linken Stimmvieh abkauft wird er in Nibelungentreue gedeckt werden.

  • Schmidt würde innerhalb der Grünen bestimmt genug Unterstützer finden, allerdings halte ich es für ausgeschlossen dass


    a. eine SPD in einer Regierung auf den Bereich Stadtentwicklung verzichten würde

    b. und selbst wenn, dann niemals die Person von Herrn Schmidt akzeptieren würden, allerdings genauso wenig Herrn Scheel.


    von daher halte ich es für ausgeschlossen. Im Gegenteil, für Frau Giffey und Herrn Saleh wäre das eine Steilvorlage um eine alternative Koalition auszuloten, deren Wahrscheinlichkeit ohnehin größer sind als viele es vermuten mögen. Ihr Wahlprogramm ist ziemlich inkompatibel mit dem der Grünen oder der Linken.

  • Das ist gut, denn das Projekt braucht politische Unterstützer um die zahlreichen Gegner wegzuwischen. Das "Totschlagargument Gentrifizierung" ist schließlich im Raum und für Neukölln wird es auch unbestreitbar stimmen. Jede Aufwertung der Stadt wird mit Argusaugen verfolgt, aber ich habe das Gefühl Signa bleibt dran und stellt sich gut auf. Das ist gut für Berlin.

  • Schaefers Fassadenentwurf von 1927 ist so stark, er wirkt mit praktisch allen Materialien. Am edelsten würde natürlich eine Natursteinfassade wie am Original aussehen. Aber auch eine Verklinkerung kann ich mit sehr gut vorstellen. Bei der geplanten Sichtbetonfassade hatte ich so meine Bauchschmerzen, wobei auch das (zunächst) sicher beeindruckend ausgesehen hätte.

  • Das "Totschlagargument Gentrifizierung" ist schließlich im Raum und für Neukölln wird es auch unbestreitbar stimmen.

    Was allerdings in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt, denn...


    1. ist hauptsächlich relevant was für Kreuzberg gilt...

    2. gab es von Neukölln auch vorher schon Zustimmung.


    Allerdings finde ich die neue Entwicklung erstmal positiv, macht es die Position der Gegner in Kreuzberg scheinbar nicht gerade stärker.



    Gruß, Jockel

  • Ich bin gespannt ob sich das Projekt wie nun geplant verwirklicht - über die Rückführung des Baus zu seiner ursprünglichen Anmutung freue ich mich grundsätzlich - ich bin nur bei der Ausführung in Ziegel etwas unsicher das muss im Detail wirklich gut gemacht sein um zu überzeugen, in der Beschreibung ist vom Erhalt denkmalgeschützter Teile die Rede, bezieht sich das jetzt nur auf die Tragstruktur oder auch auf Teile der noch vorhandenen Muschelkalkfassade respct. gar noch vorhandenes Innenleben aus der Zeit von 1929?


    Die Fassade des Baues wird auf der Visu komplett abgewickelt und in der Version Ziegel neu hochgezogen wieviel altes Karstadt bleibt da denn Denkmalrelevant noch übrig 🤔?


    Ich hatte ausgehend von Aufnahmen der Anfangszeit, den Eindruck, dass es eher einer der wenigen Prestige-Bauten Berlins im Art Deco wäre, obwohl es für mich weniger nachvollziehbar auch als expressionistisch eingeordnet wird, mit Ziegel verliert es für mich etwas von dieser weltgewandten Anmutung und gewinnt einen eher regionalen, recht geerdeten Charakter was nicht schlecht sein muss, aber im Ergebnis doch schon in der Wirkung etwas deutlich anderes für mich ist.


    Auch die Detaillierung der Balustrade als Abschluss der vertikalbetonten Fassade ist für mich noch nicht ganz klar, ist aber wie ich finde für eine gute Gesamtwirkung nicht zu unterschätzen.


    Es wirkt bisher erst einmal wie eine recht oberflächliche und freie

    Neuinterpretation über einer historischen Gerüststruktur auf mich, die wohl auch bei einem Komplettneubau durch Chipperfield zu erwarten sein dürfte.

  • Îch teile hier deine Materialinterprätation. Backstein steht bei diesem Projekt eher für Industriearchitektur. Er bedingt sozusagen ein Bekenntnis zum günstigeren Nutzbau. Der Muschelkalk indes zahlte in die Vorstellung einer Kathedrale des Kommerzes ein. Die prächtigen Art Déco-Hochhauser Amerikas, die den Bauherren damals zum Karstadthaus inspiriert hatten, zitierten in vielem die gotischen Kirchtürme Englands mit sich auflösender Verjüngung nach oben, aber ohne Turmhelm. In Amerika / "Gotham City" vereinte man Art Déco besonders gerne mit entsprechendem Maßwerk und mit Wasserspeiern.


    Heute meidet man das Ehrfurchtseinflößende besonders bei monumentalen Bauten. Dabei ist es gerade bei einem Kaufhaus so vollkommen harmlos. Gegen Chipperfields Beton hätte ich allerdings gar nichts gehabt, denn der hätte der Fassade vermutlich eine monolithische und somit für mich spannendere Fassade verpasst. Ich fänd's auch irgendwie charming, wenn sich der vermeintliche Naturstein der neuen, alten Kathedrale erst aus der Nähe als rougher Industriebaustoff entpuppt hätte.

  • Ich hatte auch die Ahnung dass Beton hier wenn man sich schon vor einer edleren Verkleidung ziert - die bessere Wahl gewesen wäre weil es der ursprünglichen Wirkung wesentlich näher gekommen wäre.


    Den Witz hinter der eher edlen Materialwirkung des Vermeindlichen, dem Spiel mit der Erwartung aus dem abrufen historischer Bilder hätte das sicher einen deutlich subtileren und anspruchsvolleren Dreh verpasst.


    Der allzuoffensichtliche Ziegel, wirkt in den Fassadencodes des langen 19. Jahrhunderts in der baulichen Tradition der Warenhaustempel und Kaufhauspaläste eher fremd - und ich teile deine Einschätzung dass dieses Material eher Bedarfsbauten wie Werks-, Fabrik- oder Kontorhäusern vorbehalten war, Kaufhäuser hatten da ein völlig anderes Selbstverständnis, da ging es um Exclusivität, Luxus und das Unalltägliche, die Vielfalt der Welt in Handelswaren in einem Feierlichen mondänen Umfeld.


    Es gibt sicher eine Menge beeindruckender Gebäude im Backsteinexpressionismus - und diese mehrheitlich deutsche architektonische Eigenheit findet gerade in Berlin fantastische Vorbilder - aber gerade bei dem Gebäude hier, finde ich die Verkennung des Wesens der Warenhausarchitectur schon etwas bedauerlich - dieses Art Deco Gebäude dürfte das letzte größere Kaufhausbauwerk alten Selbstverständnisses in Berlin gewesen sein.


    Das Kaufhaus Jonaß von 1929 war schon längst der neuen Sachlichkeit verpflichtet und längst nicht mehr als großartige Bühne gedacht.

    Die Stimmung schaukelte sich politisch angeheizt, aggressiv gegen die Kaufhauspaläste und alles was sie repräsentierten hoch und gipfelte schon Bald in Aktionen wie den Kaufhaussturm 1933, dem Lauf der allgemeinen Wirtschaftlichen Entwicklung seit 1929 folgend dürfte dieses Gebäude den Endpunkt der Warenhauspaläste alter Prägung in Berlin markieren und stilistisch blieb es ein Unikum von daher schätze ich diese Architektur vom historischen Wert her als recht wertvoll ein.


    Mir scheint dass man hier die ambitionierte Rekonstruktion mittels einer historisch aufgeladene Blaupause des Kaufhauses in der Gewichtung etwas aus dem Auge verloren hat um politischer und Zeitgeistiger Gefälligkeit Willen hier eine deutliche ökologische Architekturcharakteristik in den Ring zu werfen.


    Diese sich ergebende neue Semantik beruft sich für mein Dafürhalten daher weniger auf das Historische Vorbild dem man sich nun irgendwie verpflichtet fühlt als auf die Adressaten aus politischen Akteuren und im besonderen Gegnern des Projektes die man nun für sich zu gewinnen sucht mir fällt es daher schwer eine Haltung zu dem Projekt zu entwickeln das mehr und mehr die Farbigkeit eines Kompromissangebotes bekommt.


    Der Bau wird im Ergebnis bis auf das ins Gedächtnis zurückapportierte Schema einen völlig anderen, eher postmodernen Charakter haben mit einem für mich etwas willkürlichem Akzent durch den Klinker.


    Dass das Gebäude sowieso und ursprünglich sogar in Gänze abgetragen werden sollte und man sich nun wenigstens das Skelett erhält bewahrt dem ganzen etwas historische Substanz.

  • Bei aller Begeisterung hier im Forum, und auch mancher SPD-Kader aus Berlin und Neukölln: die Fläche ist in 'grüner Hand' und die wohl zukünftige grüne Regierende wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus reiner Partei-Raison und ideologischer Verbohrtheit auch diesen ökologisch wunder-korrekten Vorschlag borniert ablehnen.
    Jeder potentielle Stimmenverlust, welcher dem linksradikal aufgeladenen Protest-Milieu durch den Bau dieses Projektes abhanden kommen könnte wird sinnigerweise als Kriegserklärung interpretiert. Darunter geht im Bezirk des bigotten Klassenkampfes nichts mehr.
    Mein Tipp ist, es werden 10 weitere Jahre vergehen, bis Signa pleite oder aufgekauft ist, und nochmal 10 weitere Jahre bis der Behelfs-Bau gesprengt und durch ein politisch korrektes Windrad, als 'Leuchtturmprojekt' vermarktet, ersetzt wird.

  • Ich glaube nicht das Signa pleite geht. Sehr wohl aber wird es Karstadt als Druckmittel einsetzen (zu Recht). Nun ist die Frage wie die Politik pokert. Welche Stimmen sind wertvoller? Die einer arbeitenden Minderheit im Bezirk oder die einer Mehrheit der ideologisch verbohrten, subventionierten? Ich hoffe auf ersteres.

  • Nun ist die Frage wie die Politik pokert. Welche Stimmen sind wertvoller? Die einer arbeitenden Minderheit im Bezirk oder die einer Mehrheit der ideologisch verbohrten, subventionierten?

    In einer Demokratie zählen alle Stimmen gleichviel. Das Zensuswahlrecht ist abgeschafft, auch wenn mancher hier sich anderes zu wünschen scheint. Und die Sache mit der "arbeitenden Minderheit" ist natürlich Unsinn - die Vorstellung, dass man "subventioniert" sein müsse, um Gentrifizierung zu fürchten, ist reine Projektion. Die Gleichsetzung von "subventioniert" mit "ideologisch verbohrt" schlicht unverschämt. Die Arbeitslosenquote in Neukölln und Kreuzberg ist um vieles niedriger als die Wahlergebnisse von Linken und Grünen, und die meisten Langzeitarbeitslosen gehen gar nicht zur Wahl.


    Ich bin übrigens, seit Beginn der Debatte, für das Karstadt-Projekt. Aber diese dauernden Versuche, die Gegner als faule, dumme Schmarotzer hinzustellen - die weise ich zurück.

  • ^subventioniert bezieht sich nicht nur auf Arbeitslose und hartz4 Empfänger. Es gibt genug die ein flauschiges subventioniertes und sicheres Arbeitsplätzchen gefunden haben.


    Meine Anspielung auf den „Wert“ von Stimmen, hat sich darauf bezogen, welches Spiel die Parteien mit diesem Pulverfass spielen werden. Wer wird für sie wichtiger sein? Von welchem Teil der Gesellschaft erhoffen sie sich mehr Wählerstimmen? Ich weiß du unterstellst gerne diktatorisches Denken, aber ich kann dir versichern, das war nicht meine Intention.


    Die Gegner des Projekts sind vor allem gut organisiert und fallen dabei auf wie sie sich dem kollektiven Poltern gegen Gentrifizierung hingeben. Viele bezeichnen sich als „Künstler“ oder „Alternative“. Leider kann man die Bezeichnung „Künstler“ nicht schützen...