Karstadt-Aus nach 105 Jahren - wie weiter mit dem Traditionshaus?

  • Karstadt-Aus nach 105 Jahren - wie weiter mit dem Traditionshaus?

    Wie die meisten sicher schon wissen, und woanders im L-Forum auch bereits besprochen wurde, schließt heute das traditionsreiche Warenhaus in der Petersstraße (Chronik in Bildern) - endgültig und für immer in der Funktion als Kaufhaus. Die Mietpreiserhöhung um 68 Prozent zwang Karstadt zur Auflösung des Standortes in Leipzig. Die Fusion mit dem Kaufhof-Warenhaus, das seinen Standort in Leipzig nur ein paar Meter weiter unterhält, tat ihr übriges. Andererseits muss man einsehen, dass ein verändertes Konsumverhalten und die Konkurrenz im Internet Kaufhäuser wie Karstadt zum Auslaufmodell gemacht haben. Ohne Anpassung und veränderte Konzepte wird es für die klassischen Warenhäuser aus meiner Sicht ganz düster werden, in Zukunft zu überleben.


    Spannend dürfte nun sein, wie es mit einem der schönsten Immobilien der Stadt weitergehen soll. Wird sie wie der Petershof gegenüber (oder schlimmer: das Hotel Astoria die letzten 23 Jahre) auf Jahre hin leerstehen und verwahrlosen, und somit die gesamte Petersstraße mit runterziehen, oder kann mit einem tragfähigen Konzept das denkmalgeschützte Gebäude schnell wiederbelebt werden?


    Die LVZ schreibt heute zu ersten Plänen zur Zukunft. Der zuvor in die Kritik geratene Eigentümer Even Capital plane in den unteren Etagen weiterhin Einzelhandel. Für die oberen Etagen sei noch kein Konzept erarbeitet worden. Immobilienexperten halten dort Büros für denkbar. Fest stehe, dass ein Umbau mindestens 1 Jahr dauern wird. Baurechtliche Fragen würden weiter Monate dauern. Vertreter von Even Capital hatten ihre Überlegungen im Rathaus vorgestellt. Das ehemalige Warenhaus solle sich langfristig zu einem zentralen Publikumsmagneten in der City entwickeln.

  • Andererseits muss man einsehen, dass ein verändertes Konsumverhalten und die Konkurrenz im Internet Kaufhäuser wie Karstadt zum Auslaufmodell gemacht haben.


    Die LVZ hat vor ein paar Tagen einen Artikel über die historischen Warenhäuser Leipzigs (http://www.lvz.de/Leipzig/Loka…es-historisches-Warenhaus) veröffentlicht. Mit Blick darauf könnte man Karstadt vielleicht als eine Art letzten Dinosaurier sehen.
    Persönlich würde ich das aber anders werten - auch als jemand, der selbst viel online einkauft. Karstadt konnte schon ein Paket bieten, dass es so jetzt in Leipzig nicht mehr gibt. Attraktives historisches Gebäude in bester City-Lage, direkte Anfahrt durch Tiefgarage (auch für Ausflüge in die City gut nutzbar), ein breites Sortiment und ein sinnvoller Mix aus zusätzlichen Shops haben Karstadt in meinen Augen klar abgehoben. Gerade aus Stadtrandlage kommend, war Karstadt für uns als Familie erste Anlaufstelle für City-Shopping - und ein adäquater Ersatz ist nicht in Sicht. Die Pläne mit Büronutzung in den oberen Etagen würden die Schwächung des Einzelhandels in diesem Bereich der City nur endgültig fundamentieren. Die Händler im Umfeld schätzen das schon ganz realistisch ein, wenn sie sich vor einer Verlagerung von Kundenströmen fürchten.
    http://www.lvz.de/Leipzig/Loka…ld-bangen-um-ihre-Zukunft

  • Die Berichte über die zukünftige Nutzung sind für meinen Geschmack bisher nur allgemeines Beruhigungs-Blabla. Ähnliches hört man seit Jahren zum Petershof.


    Einen Umbau zur Passage mit interessantem Handels- und Gastronomiemix incl. Öffnung kleinerer Einheiten nach außen (insbesondere zum Preußergäßchen) könnte ich mir erfolgreich vorstellen - vorausgesetzt, die Mietpreise ufern nicht aus. Letzteres dürfte das Problem werden.
    In den oberen Etagen Kanzleien, Büros und/oder hochwertige Gastronomie (falls man irgendwie Außensitzplätze zu einer attraktiven Seite hinbekommt) - die vermietbare Fläche dürfte aufgrund des Lichthofs gar nicht so groß sein wie es auf den ersten Blick wirkt.
    Es dürfte auf jeden Fall weder einfach noch anfänglich kostendeckend werden. Ich bin gespannt, ob sich der Eigentümer auf Experimente einlässt oder auf Krampf versucht, die x-te Passage mit "Premium-Ketten" zu erstellen.

  • ^ einen Umbau zur Passage könnte ich mir auch gut vorstellen. Es wäre noch der einzige positive Punkt an dieser Entwicklung.

  • Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man das ehemalige Warenhaus umbauen könnte, wenn der Einzelhandel den Schwerpunkt bildet:


    1. Umbau zum Shoppingcenter. Die Tiefgarage, ein Innenhof und drei Ein-/Ausgänge zu den Malls sind vorhanden. Um den Innenhof herum gibt es mehrere Geschäfte. Lediglich zwei Geschäfte wären auch von Außen zugänglich, nämlich an der Petersstraße. Das Ganze erstreckt sich vom Untergeschoss zum dritten oder vierten Obergeschoss. Wahlweise im vierten Obergeschoss Büros oder Wohnen, sofern die Mindest-20 %-Wohnraum-Regelung beim neuen B-Plan kommen sollte.


    2. Umbau mit Einzelhandel, Büro-/Wohnen und Sonstiges. Tiefgarage vorhanden. Innenhof bleibt bis zum vierten Obergeschoss oder wird geteilt. Untergeschoss, Erdgeschoss und erstes Obergeschoss Einzelhandel - erreichbar von Petersstraße, Preußergässchen und Neumarkt sowie vereinzelt vom Innenhof über drei bisherige Zugänge bzw. Aufhebung des Zugangs bei Peek&Cloppenburg. Zweites Obergeschoss Ausstellungsflächen. Drittes und viertes Obergeschoss Büroräume und Restaurants. Bzw. viertes Obergeschoss Wohnraum, sofern die Mindest-20 %-Wohnraum-Regelung beim neuen B-Plan kommen sollte. Vorstellen kann ich mir auch ein Tagungs- und Bankettbereich.


    Ich denke, wir sind uns fast alle einig, dass möglichst viele Läden nach Außen hin geöffnet sein müssen.


    Und namentlich vielleicht "Althoff-Hof". :D Benannt nach dem Althoff-Warenhaus, bis es 1920 von Karstadt übernommen wurde, und Bauherr an dieser Stelle war - wenn auch nicht mehr viel übrig geblieben ist. Oder Althoff-Eck, Althoff-Passage. Eine Neumarkt-Galerie haben wir noch nicht. :daumen: Darf dann aber nicht so chaotisch wie die Altmarkt-Galerie in Dresden aussehen.

  • Lt. Bild gibt es neue Pläne. Mit dem Arbeitsnamen "N30" sollen auf rund 16.800 Quadratmetern moderne Büros entstehen. Für die restliche Fläche ist Einzelhandel (12.000qm), Gastronomie (3000qm) und Fitness (1000qm) vorgesehen.


    Die Vermietung soll im 2.Quartal 2020 starten.

  • Modhinweis Cowboy: Beitrag aus dem Innenstadt-Thread hierhin verschoben.

    Neues Leben im N30 - ähm im Karstadt Warenhaus

    EvenCapital vermarktet das ehemalige Warenhaus unter dem Namen N30, das für die Adresse Neumarkt 30 steht. Ab dem 2. Quartal 2020 soll die Vermietung für Gastronomie, Einzelhandel, Fitness (wer hätte es gedacht) und Büros starten. Die Eröffnung ist dann für Ende 2021 vorgesehen. So vermeldet es die Bild, siehe https://www.bild.de/regional/l…rstadt-66251946.bild.html.


    Auch die Textilwirtschaft berichtet, allerdings hinter der Bezahlschranke, siehe https://www.textilwirtschaft.d…das-n30-222694?crefresh=1.


    Immerhin bringt der MDR etwas kostenfreies: https://www.mdr.de/sachsen/lei…zig-neue-nutzung-100.html.


    Und auf http://www.n30-leipzig.de können wir uns künftig über den Stand der Dinge informieren.

  • VERMELDET wird, dass die Arbeiten im ehemaligen Karstadt-Haus noch ein Jahr andauern werden. Einzelhandel, Gastronomie etc. wird es nur im Erdgeschoss und im Untergeschoss geben. Die oberen Etagen werden zu Büroflächen umgebaut. Daher wurden die Rolltreppen ausgebaut. Für 30% der Flächen sollen zum jetzigen Zeitpunkt Mieter gefunden worden sein.

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    ...nachdem längere Zeit links hinterm Merkur-Haus lediglich ein Baugerüst mit Plane dezent beleuchtet wurde,

    werden nunmehr wieder die Säulen des Ex-Kaufhausneubaus sowie weitere Fassadenelemente angestrahlt...


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    Noch ein kurzer Blick zum Merkur...


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    ...und dann weiter in die Petersstraße:


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    ...im Inneren werden letzte Spuren des Karstadt-"Managements" beseitigt:


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    Zusammen mit Peek & Cloppenburg:


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  • Seit dem heutigen Tage dürfen wieder Kaufsüchtige das Objekt betreten...





    Im Inneren folgt man einfach dem Weg des Goldes...





    ...und gelangt alsbald in den Lichthof des Hauses.








    Unter der Weihnachtsdeko versteckt befindet sich ein alter Brunnen. an dessen tiefem Grunde Braunkohle zu Gold gesponnen wird...



    Daneben ein REWE.



    (das Logo von 1927 wirkt deutlich sympathischer als das aktuelle)



    In der Obst- und Gemüseabteilung stehen kompetente BeraterInnen zur Verfügung,

    wobei es von Vorteil ist, wenn man neben sächsisch auch ein wenig Binärcode sprechen kann.



    Ansonsten ist es halt ein REWE, der mit ein paar Motiven aus dem alten Warenhaus aufgehübscht wurde.



    Im EG befindet sich ebenfalls eine kleine Bildergalerie zur Geschichte des Hauses.



    Allerdings wäre es kein Fehler gewesen, mit deren Ausführung Profis zu beauftragen.

    Hier das Bild des Althoff-Lichthofes im Original.






    Im Vergleich zur Visu ist das Ergebnis deutlich... dunkler. Wobei auch so schon zu erkennen ist, dass der Raum durch den Ausbau der Rolltreppen wesentlich großzügiger wirkt...





  • (das Logo von 1927 wirkt deutlich sympathischer als das aktuelle)

    Die Innenarchitektur des einstigen Kaufhaus Althoff wirkt ebenfalls deutlich sympathischer, aber das ist ja sonnenklar und nicht anders zu erwarten.


    Von der Farbgebung muss ich mich in natura überzeugen lassen (oder auch nicht), aber zumindest hat man sich Gedanken gemacht. Die Atmosphäre wird wohl ähnlich wie in den Höfen am Brühl sein, angeblich schick. Das grüne Lametta hat man dort nach der Erprobung weggespart, hier beim Neo gleich von Anfang an. Wer nimmt das in Visualisierungen überhaupt noch ernst (außer vielleicht Jurys)? Die überdimensionalen Schaukästen in die Rotunde sind hingegen sehr viel überzeugender als von mir erwartet.


    Der REWE muss mit 2.500 m² riesig sein. Es ist der erste Vollsortimentler in der Innenstadt und der vorherige Standort im Merkurhaus war wirklich eine Zumutung. Ich hoffe, dieser Ankermieter ermöglicht eine Mischkalkulation mit weniger profitablen Läden ab 2024. Andererseits haben auch Supermärkte es nicht mehr ganz leicht, siehe Edeka in den Höfen. Auch z. B. der Rewe im Paunsdorf Center schließt trotz guter Frequentierung, weil einfach die Mieten zu hoch sind, selbst dort. Ich bin gespannt, ob das Neo ohne Leerstand davonkommt.

  • In Bezug zu den Mieten muss man allerdings sagen, dass Lebensmittelhändler früher gar nicht in solche Lagen gegangen sind, weil die Mieten zu hoch waren. Das hat sich in den letzten Jahren nicht nur in Leipzig geändert und es wurden vor allem Lösungen im Untergeschoss gefunden. Kann mich noch erinnern, dass es in der Leipziger Innenstadt abseits von LIDL im Petersbogen nur noch Netto in den Strohsack-Passagen sowie einen kleinen Konsum an der Uni gab.


    Ich war am Freitag zur Eröffnung da und im Vergleich zum Galeria Kaufhof ist das schon sehr schick, was sich dann sicherlich auch in den Mieten im Erdgeschoss widerspiegeln wird. Ist ja der gleiche Eigentümer wie beim Petersbogen und der ist sehr anspruchsvoll, was die Mieten angeht und lässt eine Fläche im Zweifelsfall lieber mal länger leer stehen, um dann einen höheren Mietvertrag abzuschließen. Nicht anders ist es zu erklären, dass die frühere Fläche von Desigual weiter leer steht oder die beiden Gastronomieflächen am Burgplatz noch immer keinen Mieter haben.

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    Ob der Leerstand im Petersbogen daran liegt? Da habe ich so meine Zweifel. Stark frequentiert ist dort nur das Untergeschoss. Oben sehe ich immer zu, dass ich da schnellstmöglich wieder raus komme. Die ganze Passage wirkt kühl und überhaupt nicht gemütlich. Nicht mal, wenn da irgendwelche Dekoelemente stehen. Das man darin auch noch raucht/rauchen darf, tut sein übriges. Und der teilweise jahrelange Leerstand wirkt auf Besucher jetzt auch nicht unbedingt förderlich.

  • Also die Fläche von Desigual an der frequentierten Petersstraße ist attraktiv und auch die beiden Gastronomieflächen zum Burgplatz mit Freisitz. Die Vermietung des Untergeschosses ist im Normalfall wegen der geringeren Frequenz schwieriger. Wie gesagt, ist eben am Ende alles eine Frage der Erwartungen an den Mietpreis und bisher kommt man da offenbar nicht zusammen. Würde mich nicht überraschen, wenn das bei der Karstadt-Immobilie bei der Vermietung länger dauert als wir erwarten.