Kudamm-Tower auf dem Karstadt-Areal

  • Insofern überrascht ihre Haltung zu Hochhäusern - denn die waren ja wichtiger Teil der Bau- und Städtebauphilosophie dieser Zeit.

    Nachdem ich den von Katzenstein in Beitrag #138 verlinkten MoPo-Artikel geöffnet habe, bin ich durch Zufall in der MoPo auf einen anderen Artikel gestoßen, der in diesem Zusammenhang sehr interessant ist:


    https://www.morgenpost.de/berl…ochhaeuser-in-Berlin.html


    Demnach soll es in Zukunft beim Bau von Hochhäusern keine Höhenbegrenzung mehr geben. Verantwortlich für diesen Hochhaus-freundlichen Kurswechsel ist .... Frau Lüscher. Der Artikel stammt von Juli 2019. Von diesem Verzicht auf Höhenbeschränkungen war mir bisher nichts bekannt. Ich halte diese Sache für erwähnenswert, da Frau Lüscher durch die Entwicklungen im Fall Signa & Kudamm als Hochhaus-Bremserin gilt.

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    Das ist kein "hochhausfreundlicher Kurswechsel", im Gegenteil, die Aufhebung der Höhenbegrenzung ist ein rein theoretisches Konstrukt, das nie ausgeschöpft werden wird, weil es gleich eine ganze Breitseite an neuen Anforderungen und Zwangsbeteiligungen gibt, die Investoren derart wenig Spielraum lassen, dass ein Bau von Hochhäusern von mehr als 60m um gleich mehrere Dimensionen verkompliziert wird.


    a) Das neue Verbot, die obersten Geschosse für "Luxuswohnungen" zu planen.

    -Die teuersten Wohnungen sind immer ganz oben und teil der Mischkalkulation, ohne sie verliert das ganze Investment an Attraktivität

    b) Das neue Gebot, eine öffentl. zugängliche Aussichtsplatform und öffentl. zugäng. Eingangsbereich zu schaffen.

    -jedes(!) Hochhaus ü60m muss das von nun an erfüllen, egal wo es steht und wie scheiße die Aussicht dort ist. Ein Wohngebäude, durch/in das öffentliches Publikum rein und rausspaziert, sinkt stark im Vermietungswert und zieht u.U. Kriminalität an. Bürogebäude verlieren sicherheitsempfindliche Mieter wie Kanzleien, Fintech usw. oder/bzw. es müssen teure Sicherheitsbarrieren installiert werden. Normalerweise wird so etwas nur an wichtigen neuralgischen Punkten einer Stadt ins Forderungsheft geschrieben, bzw. bei besonderen Vorhaben, nicht pauschal für die gesamte Stadt.

    c) Der neue Zwang, Mischnutzungen zu bauen, also immer min. 2 Nutzungen (Hotel/Wohn/Büro) in einem Turm.

    -Macht teilweise Sinn und wird auch schon freiwillig so gebaut, wenig Sinn macht es das für ganz Berlin so festzulegen. Nicht überall findet man genügend Mietpotential, um zwei Nutzungen in einem Turm unter zu bringen. Reine Wohntürme sind damit quasi ausgeschlossen, ebenso wie reine Bürotürme. Wo das Potential ist, wird es bereits so gemacht. Es verändert wenig in Ballungsräumen, verhindert aber einiges in Randlagen. (Der Estrel-Turm wäre damit z.B. unmöglich)

    d) Ein Drittel (30%) der Wohnungen, müssen sozialgebunden und für einkommensschwache sein.

    - Durch den Zwang auf Mischnutzung, Zwang auf öffentliche Plattform und den Zwang auf Verzicht des obersten Stockwerks entfallen bereits viele Vermietungsoptionen im Wohungsbereich. Dass der Investor von diesem Rest auch noch ein Drittel quasi "für lau" mitvermieten muss, wird sämtliche Art von "Luxustürmen" verhindern und zwingt die Investoren fast dazu auf niedrigem Standart zu bauen.

    e) Neues Einbeziehen der Anwohner in den Planungsprozess

    -Impulse Richtung mehr Höhe oder besserer Architektur sind von Anwohnern kaum zu erwarten. Ihnen fehlt nicht nur die Kompetenz, um stadtplanerisches Handeln nachvollziehen zu können, sie sind auch völlig einseitig befangen, idr darauf aus, dass sich möglichst wenig (für sie selbst) verändert.

    f) Neue weitreichende Einflussnahme des Baukollegiums auf den Planungsprozess

    - Statt einem öffentlich einsehbaren "Masterplan" der genau ausweist, wo und wie hoch HH entstehen dürfen, wie es in Hamburg, Frankfurt und auch bei uns bislang üblich war (Planwerk Innenstadt für Berlin) gibt es nun keine Rechtssicherheit mehr für Investoren. Sie können nicht etwa ein Grundstück kaufen und wissen von vorne rein "Da kann ich xy hoch bauen" wie es üblich ist im Städtebau, sondern müssen darauf spekulieren, dass sich das Baukollegium überzeugen lässt, an diesem oder jenen Ort ein Hochhaus zuzulassen. Hiermit ist der Weg für Willkürentscheidungen geebnet worden (damit auch für Korruption) weil nun wenige Gremienteilnehmer die Macht haben, zu entscheiden, dass theoretisch überall ein Hochhaus gebaut werden könnte (oder eben nicht). Die einzige offizielle Maßgabe nach der die BK handelt ist, dass das Hochhaus in das Umfeld passen muss. Das ist so vage formuliert, dass man überall Gründe dagegen ins Feld führen kann. Wie wir wissen, definiert sich ein Hochhaus-passendes-Umfeld für die BK so, dass bereits viele HH dort stehen, ... also außer am Hardenbergplatz&Kudamm, da stehen zwar viele, aber das ist jetzt auch wieder egal. Ich sag ja, reine Willkür.

    g) Genehmigungsverfahren von 4-5 Jahren:

    - Wen das alles noch nicht vergrault hat, der darf sich darauf freuen, dass sich die BK heraus nimmt, bis zu 5 Jahre vergehen zu lassen, bis über einen Antrag entschieden wird. Zur Erinnerung: Hines hätte das neue Primark-Gebäude am Zoo auch als HH bauen können, der Bezirk bot es an, wollte aber keine zwei Jahre auf die Neubeantragung (nach den alten Regeln) warten und bevorzugte es, ein Geschäftsgebäude in Traufhöhe zu bauen. Das Ergebnis kennen wir.


    Hochhäuser ü60m, die nach den alten Regeln mit dem Planwerk Innenstadt (Masterplan) beantragt und/oder gebaut wurden:

    [x] Alle, die wir kennen.

    Hochhäuser ü60m, die nach den neuen Regeln mit Einbez. der BK+Anwohner beantragt und/oder gebaut wurden:

    [x] Null


    Auch die IHK übt Kritik, ebenso der bekannte Berliner Achitekt Tobias Nöfer, dem Wortlaut nach wäre es alles andere als eine aktive Hochhauspolitik:

    Siehe: https://www.morgenpost.de/berl…u-an-Grenzen-stoesst.html

  • Verantwortlich für diesen Hochhaus-freundlichen Kurswechsel ist .... Frau Lüscher. Der Artikel stammt von Juli 2019. Von diesem Verzicht auf Höhenbeschränkungen war mir bisher nichts bekannt. Ich halte diese Sache für erwähnenswert, da Frau Lüscher durch die Entwicklungen im Fall Signa & Kudamm als Hochhaus-Bremserin gilt.

    Berlinier hat es schon ausgeführt, aber ich muss nochmal betonen wie absolut irre es ist, Lüscher in dem Fall einen hochhausfreundichen Kurswechsel zu attestieren. Die neuen Pläne sind Ü60m-Verhinderungspläne schlechthin, das weiß auch Lüscher, und jeder der es mitgetragen hat. Und es ist beabsichtigt.


    Übrigens regt mich diese Sexismus-Debatte um Lüscher echt auf. Kaum gibt es Kritik an einer Frau, holt irgendwer den Sexismus-Knüppel raus. Es ist mir und hoffentlich den meisten anderen sowas von egal welches Geschlecht oder welche Geschlechtsidentität diese Person hat. In Frankfurt regt man sich auch über Mike Josef auf, und der hat soweit ich weiß einen Penis und identifiziert sich auch mit dem männlichen Geschlecht.

    Regula Lüscher ist hier vielen ein Dorn im Auge, da sie oft gegensätzliche Positionen zu den meisten Forenmitgliedern einnimmt, und darüber hinaus diese oftmals schlicht nicht begründet. Sie muss sich irgendwie ja auch vor niemanden wirklich rechtfertigen. Was für eine unglaubliche "Macht" sie hat, liegt nicht an ihrer Person, sondern an dem Amt. Und dieser wird sie m.E. nicht gerecht, da gerade, wenn man so viel Einfluss auf die Entwicklung des Stadtbildes hat, muss man ständig im Detail erklären und rechtfertigen wieso man so oder so handelt/entscheidet. Und das tut sie eben meist nicht. Daher macht es oft den Eindruck sie verfüge nicht über ausreichend Kompetenz, sondern entscheide nur gerade so wie sie es persönlich will/schön findet. Ich habe mir ein, zweimal diese öffentlichen Baukollegssitzungen angeschaut. Ich fand ihr ganzes Verhalten gegenüber den Architekten und Bauherren teilweise unerträglich; wie so eine Königin die ihre Untertanen zu einer Audienz empfängt und so tut, als würde sie ihnen zuhören. Aber egal. Ich hoffe wirklich, dass sie bald weg ist und der/die NachfolgerIn einen besseren Job macht.

  • Die "hochhausfreundliche Stadt" ist die neue "verkehrsgerechte Stadt".


    Ich fasse diese naive Kritiklosigkeit nicht, mit der hier der Bau von Hochhäusern ersehnt wird und zum Heilsversprechen mutiert ist. Ich komme mir fast schon so vor wie im SkyscraperCity-Forum, wo schon der Name auf die Preisgabe aller qualitativer Kriterien, die eine Stadt lebenswert machen, zugunsten einer "Wolkenkratzerstadt" hinweist, auf die Kapitulation der europäischen Stadt zugunsten von Agglomerationen von Hochhäusern, bei denen nur noch zwei banale quantitative Kriterien zählen: Wer hat die höchsten und meisten Wolkenkratzer.


    War denn niemand von unseren eifrigen Hochhausfans einmal in einer von Hochhäusern dominierten Stadt, die nicht NYC oder Hong Kong war? Ich war mehrfach in den USA, aber auch in China, und für mich gibt es kaum etwas Deprimierendes als diese einförmigen Hochhauswüsten. Und zeichnen sich die schönsten Städte Europas nicht gerade durch das Fehlen oder wenigestens die Einhegung der Hochhäuser in gebührender Entfernung von den hochhausfreien Innenstädten aus?


    Dieses volkommen kritiklose Schmachten nach Hochhäusern, je höher und deregulierter, umso besser, lässt mich erahnen, wie es in der Vergangenheit zu einer Stadtbaupolitik kommen konnte, die wir alle (aber nicht so viele Zeitgenossen) als vollkommen verfehlt anerkennen. Die "hochhausfreundliche Stadt" ist die neue "verkehrsgerechte Stadt". Und in diesem besinnungslos-messianische Warten nach dem Heilsversprechen namens "hochhausfreundlicher Kurswechsel" wird schließlich alles, was dem entgegen stehen könnte oder den Bau von Hochhäusern wenigstens sozial, ästhetisch und urban begleiten und ihnen die Nachteile rauben könnte, mit einen undifferenzierten Zorn verfolgt.

  • ^Genau so abwegig ist doch das kritiklose Schmachten nach Profanbauten mit 5 Stockwerken, die den Platz in der Innenstadt verschwenden, keine Orientierungspunkte schaffen und letztendlich wertvolle Fläche verschwenden. Noch schlimmer: Die Einfamilienhauswüste in den Vorstädten, die massiv Infrastrukturkosten verursachen und eine Zersiedelung des Umlands die letztendlich der Ökologie sowie der Ökonomie im Land schaden zufügen.


    By the way: Haben wir jetzt mittlerweile die "fachlichen Gründe" von Lüscher verstanden die der politischen Vereinbarung mit Signa diametral im Wege stehen? Und jetzt kommt bitte keiner mit es waren ja nur "Hochpunkte" und keine "Hochhäuser" vereinbart. Signa hat sehr konkrete Vorschläge im Vorfeld in die breite Öffentlichkeit getragen, diese wurden hier auch diskutiert.

  • ElleDeBE Volle Zustimmung. Jenseits einiger ganz wenigen Hochhausikonen hat das Nacheifern doch viel Gesichtslosigkeit, Geschmacklosigkeit und Brei hervorgebracht. Schon jenseits NYC sieht in der Neuen Welt eine Stadt aus wie die andere. Es ist selten, dass jenseits schierer Agglomerationsgröße wie in São Paulo oder Tokio Hochhausarchitekturen etwas distinguierendes zum Weichbild beitragen.


    Hochhäuser sind meistens aus der Not geboren, nicht weil jemand gern hoch und teuer baut. Sie reflektieren Platzmangel und Verwertungsdruck. Nicht nur deshalb funktioniert für mich die Juxtaposition von Hochhäusern am Alex und Brache auf KMA 2.0 und Rathausforum nicht.

  • Ich bin ja absolut kein Anhänger der Hochhausmanie, schon gar nicht im Bestand (also am Hfb störts mich 0). Aber solange es sich auf den Bereich um den Breitscheidtplatz beschränkt, kann ich damit leben (aber ebenso drauf verzichten). Der Grundstein ist ja mit dem Europa Center schon lange gelegt worden, als sich West-Berlin wirklich noch irgendwie beweisen musste. In den letzten 25 Jahren folgten viele weitere höhere Häuser. Allerdings denke ich nicht, dass es die Ecke irgendwie architektonisch aufwerten wird. Dazu sind die deutschen/berliner Hochhäuser einfach zu uninteressant. Zu quadratisch-praktisch, zu niedrig...Wird hier nicht naders sein.


    ^^Zur Orientierung gibts übrigens Straßennamen. Denke, die wenigsten kommen mit dem Flugzeug, sondern eher mit der U-Bahn.


    Die Sexismusdebatte ist hier denke ich einfach auf ein etwas überemotionales Spatzenschießen und noch Bezin ins Feuer Geschütte auf Seite 8 entbrannt. "Frau Lüscher" ist doch nichts anderes, als "Herr Müller". Man kann natürlich auch von "Regula Lüscher" reden. Ne Frau wäre sie weiterhin, aber es widerspräche der heutigen PC weniger.

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  • Genau so abwegig ist doch das kritiklose Schmachten nach Profanbauten mit 5 Stockwerken

    Schöner Lapsus: Der Gegensatz zum Profanbau ist die Kirche oder der Tempel. Womit Du ElleDeBEs These vom Hochhaus-Messianismus wunderbar bestätigst.


    Ich schätze am Berliner Stadtbild die Weite und die Flächigkeit. Das prägende Charakteristikum dieser Stadt sind nun mal die ausgedehnten Gründerzeitviertel mit Blockrand und Traufhöhe. Diesen Charakter zu erhalten, finde ich wichtig. Das spricht nicht gegen Hochhauscluster am Alex oder am Breidscheidtplatz, und auch Nöfers Idee eines Hochhausringes kann ich einiges abgewinnen. Sehr wohl spricht es aber gegen eine Haltung, die – wie ElleDeBE so schön beschrieben hat – städtebauliche Qualität mit der Quantität von Hochhäusern in Zahl und Höhe gleichsetzt.


    (Einen Extremfall von Hochhausbegeisterung ohne Rücksicht auf das Umfeld kann man übrigens auf der Fischerinsel bewundern. Die zeitgenössische Variante davon findet man in China.)

  • ^Genau so abwegig ist doch das kritiklose Schmachten nach Profanbauten mit 5 Stockwerken, die den Platz in der Innenstadt verschwenden, keine Orientierungspunkte schaffen und letztendlich wertvolle Fläche verschwenden. Noch schlimmer: Die Einfamilienhauswüste in den Vorstädten, die massiv Infrastrukturkosten verursachen und eine Zersiedelung des Umlands die letztendlich der Ökologie sowie der Ökonomie im Land schaden zufügen.

    Du vergleichst jetzt tatsächlich in einer Diskussion über Hochpunkte in Innenstadtquartieren das Hochhaus mit dem Einfamilienhaus? Wir sprechen hier von Innenstadtlagen mit einer GFZ >3 und nicht von einer Stadtrandlage von einer GFZ <1. Das ist ein klassischer Äpfel und Birnen Vergleich.

    Zum Apfel-Apfel Vergleich, der Innenstadtlage: Diese "angeschmachteten Profanbauten mit 5 Stockwerken" haben sich nicht umsonst über Jahrhunderte in der europäischen Stadt in Form des Blockrandes etabliert. Sie schaffen vielerorts sehr wohl in Kreuzungsbereichen Orientierungspunkte und verschwenden auch keine wertvolle Fläche, da der Blockrand das Potential hat in der Innenstadtlage durch seine Dichte und Kompaktheit sehr viel Infrastruktur auf kleinem Raum unterzubringen. Dazu sind diese "fünfstöckigen Profanbauten" in einem dem 'Human Scale' verträglichen Maße (wie z.B. dem Verhältnis Straßenraum - Gebäudekubatur- und Höhe) dimensioniert.

    Was meinst du überhaupt mit wertvoller Fläche?

  • Schöner Lapsus: Der Gegensatz zum Profanbau ist die Kirche oder der Tempel. Womit Du ElleDeBEs These vom Hochhaus-Messianismus wunderbar bestätigst.

    Architektenkind: Ich wüsste nicht was daran ein Lapsus sein soll: Ja, die "Tempel" der heutigen Zeit und Orientierungspunkte sind sicherlich heutige Hochhäuser. Und wenn man ein Hochhaus baut, sollte es auch einem gewissen architektonischen Anspruch gerecht werden. Hättest du denn gerne eine Gründerzeitstadt ohne solche Hochpunkte, die damals eben in Form von Kirchen und Kuppeln gegeben war?

    Das prägende Charakteristikum dieser Stadt sind nun mal die ausgedehnten Gründerzeitviertel mit Blockrand und Traufhöhe. Diesen Charakter zu erhalten, finde ich wichtig.

    Das finde ich spannend. Denn das du für Gründerzeitviertel mit Ornament und Verzierung bist, ist mir ja komplett neu. Deine ganze Argumentation erscheint mir völlig inkonsistent. Ich liebe Gründerzeitviertel - eine Kombination aus Gründerzeit und einzelnen Hochhausclustern bzw. Orientierungspunkten sehe ich als das ideale europäische anzustrebende Stadtbild. Was dein Ideal-Bild einer europäischen Stadt ist? Gleichförmige Bauhaus-Quader in gleicher Höhe zu günstigen Mietpreisen? Ich weiß es nicht - korrigiere mich gerne und gebe uns eine Vision deiner Ideal-Vorstellung.

  • Denn das du für Gründerzeitviertel mit Ornament und Verzierung bist, ist mir ja komplett neu.

    Was Du hier machst, ist entweder unredlich oder ein krasser Fall von selektiver Wahrnehmung. Entweder Du schreibst hier wider besseres Wissen, oder Du bist wirklich nur in der Lage, Dir genau das zu merken, was Dir in den Kram (Deine "Zwei-Lager-Theorie") passt. Wir beide waren hier mehrfach an Debatten beteiligt, in denen ich die Vorzüge der Gründerzeit hervorgehoben habe. Nur ein Beispiel hier. Zitat von mir:


    Im sanierten Zustand und mit 20 Prozent der Einwohnerdichte wie vor 100 Jahren lässt es sich im Gründerzeitquartier aber großartig leben. Ich kenne das aus Braunschweig, aus Frankfurt und aus Berlin, und ich würde das Gründerzeit-Friedrichshain nicht gegen das Zeilenbauten-Friedrichshain tauschen wollen. Geschlossene Blöcke, Traufhöhe und auch Hinterhöfe gefallen mir, solange Licht, Luft und Platz da sind (das war früher das Problem).


    Also erzähl hier keinen Quark. Und Deine Adelung von Bürotürmen zu Sakralbauten ist einfach ein schlechter Witz.

  • Uff. Es gibt doch nicht nur die zwei Positionen "keine Hochhäuser" vs. "dystopische Hochhausmetropole mit viel Smog und Kriminalität".


    Das bisherige Planwerk Innere Stadt bzw. Innenstadt hat, bei allen Schwächen, durch die Fixierung auf den Zoo bzw. den Alexanderplatz zwei mögliche Hochhauscluster vorgegeben, die a) Planungssicherheit für die Stadt und Investoren bieten und b) die beiden Hauptzentren Berlins optisch wie städtebaulich betonen. Eine Nummer darunter standen Hauptbahnhof und Potsdamer Platz.

    Charmant daran fand/finde ich, dass somit auch einer völligen Zergliederung Berlins Einhalt geboten wird. Eben deshalb schreiben wir ja hier und nicht nur bei Skyscrapercity, weil ein Hochhaus per se zwar eine bessere Flächenausnutzung bietet, aber dadurch nicht automatisch ein Gewinn für die Stadt ist. Insofern ist es auch logisch, dass das Baukollegium sich dieser Vorhaben explizit annimmt. Wenn jedoch, durch den Hochhausentwicklungsplan, grundsätzlich überall Hochhäuser möglich sind, aber nicht die bestehenden oder in Bestehung befindlichen Cluster stärken, dann führt es doch die ganze Diskussion ab absurdum und man kann sich den Plan auch schenken.


    Ansonsten: Deutschland ist seit über 100 Jahren Teil des weltweiten Hochhausbaus. Dies nun auf die USA, China oder Dubai zu reduzieren, ist genauso einseitig, wie jedes Hochhaus als bloßen Selbstzweck zu glorifizieren.

  • Ich fasse diese naive Kritiklosigkeit nicht, mit der hier der Bau von Hochhäusern ersehnt wird und zum Heilsversprechen mutiert ist.

    ElleDeBE

    Deine Kritik ist wenig differenziert. Niemand fordert, in Berlin immer und überall Hochhäuser zu bauen. Vielmehr geht es darum, Hochhäuser an bestimmten Stellen als Hochhaus-Cluster zu bündeln.


    Am Breitscheidplatz stehen Upper West, Zoofenster und das alte Europa-Center. Hier ist ein Anfang gemacht, um ein Cluster zu bilden. Frau Lüschers Entscheidung zu Sigma führt allerdings dazu, dass nicht einmal dort Hochhäuser gebaut werden dürfen, wo bereits zarte Anfänge für ein Cluster vorhanden sind.


    Berlinier

    Danke für deine ausführlichen Erklärungen in Beitrag #163! :thumbup:

  • ^ Ich kann es gerne auch etwas differenzierter artikulieren:


    Wenn hier ein Konsens darüber besteht, dass weder keine Hochhäuser noch eine laissez-construiere-Haltung sinnvoll sein kann, dann muss der Hochhausbau auf bestimmte passende Gebiete eingeschränkt werden, bestimmten Kriterien genügen und entsprechend politisch begleitet und reguliert werden.

    Dann aber ist es kontraproduktiv, sämtliche Kriterien, die man für den Hochhausbau anlegt und die die Position der Stadt in den Verhandlungen mit finanzstarken und entsprechend einfussreichen Investoren (denn um solche handelt es sich beim Hochhausbau) stärken können, negativ als Zwangsmaßnahmen und potentielle Investitionshemmnisse zu framen. Und ebensowenig scheint es mir dann sinnvoll, das relativ klaine, demokratisch besetzte und kontrollierte Baukollegium als übermächtige Zwangsanstalt zu portraitieren, ständig zu beschießen und die amtierende Baustadträtin ad personam zu delegitimieren.


    Eine solche pauschale und polemische Kritik, die genau jene demokratisch legitimierte und nicht sonderlich mächtige Institution schwächt und sturmreif schießt, betreibt, gewollt oder nicht, das Geschäft eben jener, für die sich grundsätzlich politische Regulierung ausschließlich auf Investionsfeindlichkeit reimt und für die städtebauliche und soziale Belange sowieso keine Rolle spielen.

  • Dann aber ist es kontraproduktiv, sämtliche Kriterien, die man für den Hochhausbau anlegt ...

    Sämtliche Kriterien führen nur dummerweise dazu, dass im Cluster am Breitscheidplatz gar keine Hochhäuser mehr gebaut werden.


    Wenn der Breitscheidplatz als Hochhhaus-Standort ausgewählt worden ist, dann macht es keinen Sinn, dort den Bau von Hochhäusern mit dem Argument zu verbieten, dass der Kudamm nicht zugeklatscht werden dürfe. Ja was denn jetzt? Ist der Breitscheidplatz jetzt ein Hochhhaus-Standort oder nicht?

  • Eine solche pauschale und polemische Kritik, die genau jene demokratisch legitimierte und nicht sonderlich mächtige Institution schwächt und sturmreif schießt, betreibt, gewollt oder nicht, das Geschäft eben jener, für die sich grundsätzlich politische Regulierung ausschließlich auf Investionsfeindlichkeit reimt und für die städtebauliche und soziale Belange sowieso keine Rolle spielen.

    Nun, meine Kritik an dem neuen HH-Leitplan habe ich recht ausführlich und ausdifferenziert dargestellt. Dass ich daran keinen einzigen Aspekt loben kann, liegt daran, dass es nicht einen Einzigen lobenswerten gibt. Deine Betrachtung greift zu kurz, bzw. geht am Kern vorbei. Eine politische Regulierung hatten wir auch vor Frau Lüscher, es ist mitnichten so, dass in Berlin die "totale Investorenfreiheit" gegolten hat, bevor Frau Lüscher ihr Amt angetreten ist. Der Kern der Kritik zielt auch nicht darauf ab, dass es weitreichende Regulierungen für den Bau von HH gibt (die gab es wie gesagt, auch vorher) sondern, dass die neuen Leitlinien eine im Vergleich mit allen anderen Städten inklusive vor-Lüscher-Berlins, geradezu absurden Forderungskatalog aufsummieren, der in seiner Summe nur eine Folge hat und haben kann, den Bau von HH über 60m zu verunmöglichen. Die Trennline in Berlin verläuft also nicht irgendwo zwischen "moderater Entwicklung von Clustern", "Hochhausringen" oder einzelnen Hochpunkten, sondern der Hochbau ü60m soll komplett zum Erliegen kommen.


    Es geht nicht um das "Sturmreif schießen" unserer Institutionen, wir sind nicht im Krieg mit Investoren, wir brauchen sie um unsere Stadt entwickeln zu können. Es ist auch unfair, die zaghaften Versuche Berlins, sich eine ausdifferenziertere Skyline zuzulegen, die den Stadtraum optisch diversifiziert und individualisiert, mit düsteren Metropolis-Dystopien niederzubügeln, so als müssten wir befürchten, dass sich Berlin nach wenigen Jahren "Investorenfreiheit" plötzlich in Gotham City verwandelt hat. In Paris werden bald 323m gebaut, in Madrid 330m. Beide Städte sind in ihrer historischen Struktur weitaus(!) kongruenter als Berlin, haben aber erkannt, dass die Zeit nicht stehen bleibt und dass ein Turm von einem Starachitekten auch eine in ihrer historischen Substanz großartige Stadt noch aufwerten kann. In Hamburg wird der Elbtower gebaut (245m) und in Frankfurt entsteht ein weiterer 260er. Selbst das bidere München plant jetzt 2x155m Türme. Berlin* stellt Plattenbauten unter Denkmalschutz, erklärt Investoren zu Feinden und stellt Hochhausverhinderungspläne auf, die jeder Beschreibung spotten. Das ist die Situation.


    *immerhin ist der Senat mittlerweile offenbar in der Frage geteilt.

    Einmal editiert, zuletzt von Berlinier ()

  • Dass ich daran keinen einzigen Aspekt loben kann, liegt daran, dass es nicht einen Einzigen lobenswerten gibt.

    Das ist die Situation.

    1. wäre es schon einmal hilfreich, auf solche dogmatischen Fehlschlüsse zu verzichten, sie erschweren nur den Austausch.


    2. ist der Verweis auf andere Städte müßig, jede Stadt hat ihre eigenen Anforderungen und muss darauf antworten.


    3. sehe ich nicht, warum die formulierten Kriterien Hochhäuser verhindern.


    4. redest Du von "wenigen Jahren "Investorenfreiheit". Was meinst Du damit? Wenn es das ist, was Du anstrebst, dann ist es genau das, was ich meinte: Dass die Kritik an den Baustadtrat und an Lüscher gar nicht auf bestimme Regulierungsversuche beschränkt ist, sondern die Institution selbst abschaffen will, weil sie eine radikale Deregulierung anstrebt und deswegen alles ablehnt, was nach Regulierung aussieht.

  • Berlinier ...besser und sachlicher kann man das Desaster in Berlin nicht beschreiben und belegen. Wenn Berlin erfolgreich ist, dann trotz des Handelns der Landes- und Lokalpolitik. Aber nicht wegen ihr. Und das gilt leider nicht nur in der Stadtentwicklung. Sondern reicht von Bildung bis Gesundheit - und inzwischen sogar in eine der ehemals größten Stärken Berlins: Die Kultur. Besonders traurig anzusehen ist die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt: Lieber einen Mangel verwalten (Mietendeckel) als ihn zu beheben (Mehr und günstigeren Neubau ermöglichen). Und nebenbei/„versehentlich“ das Angebot an günstigen Wohnungen innerhalb der letzten 12 Monate fast halbieren (Auswertungen von ImmoScout).