Frankfurt - touristischer Anziehungspunkt

  • Der Hauptmangel deines Vorschlags ist, dass er irgendwo zwischen 1800 und 1960 hängengeblieben ist.


    Die Idee, etwas Neues, Unerreichtes, Großartiges zu schaffen, um die Völker der Welt dahin strömen zu lassen, es dorten zu verehren und bewundern, ist in einerr Zeit, in der alles und jedes jederzeit im Internet zu sehen war, schlicht von vorgestern.


    Darüberhinaus haben ja schon einige Foristen bemerkt, dass das was Frankfurt fehlt, die Authentizität ist, das Wahre und Echte im Stadtbild und der Präsentation der gesamten Stadt. Frankfurt hat kein Selbstbewußtsein mehr. Die alte Freie und Reichsstadt ist nicht mehr und den Stolz der Hansestädte, der Domstadt Köln, der vielen "Fachwerkstädte" darauf, dass man schlicht das ist, was man ist, der fehlt.


    Frankfurt kompensiert das ganz gut - aber wird dadurch auch nicht echter oder authentischer. Natürlich ist der (wie absurd das ist, sagt schon der Begriff selbst) "Neubau der Altstadt" sehr nett geraten. Aber was da jetzt steht ist und bleibt eben keine historische Altstadt sondern, einschließlich der Rekonstruktionen, eine moderne Interpretation derselben.


    Frankfurt war immer eine Handelsstadt, nie der Sitz irgendwelcher weltlicher oder kirchlicher Fürsten - niemand wollte hier groß öffentlich repräsentieren und so gibt es noch heute in der Stadt keine einzige der Pracht- und Aufmarschstraßen, die wir aus den europäischen und inländischen (Regional-Hauptstädten kennen. Ob Champs Elysees oder Leopldstraße, so etwas ist immer ein Zeichen absolutistischer Herrschaft, nicht das für Bürgersinn und kaufmännisches Rechnen. Das sieht man übrigens auch an einer zweiten, massiv durch den Handel und ihre frühere Festungsstruktur geprägten Stadt: Köln.


    Und jetzt ein neues touristisches Ziel zu schaffen? Eine weitere Neuinterpretation des Reisenrads im Wiener Prater (London Eye ist schließlich auch nur gut geklaut)? Weißt Du wie viele große Zoos es in Deutschland gibt? Horden von zusätzlichen Touristen zusätzlich zu den schon vorhandenen wieviel-Tausend? Sachsenhausen 2.0?


    Schau Dir an, was Menschen, die nicht zu ihrem Aussehen stehen können oder wollen, mit sich veranstalten - vom Piercing über Tattoos, Haarefärben zu Schönheitoperationen und Selbstverstümmelung - und überlege dann, was davon wir, auf Städtebau übertragen, in Frankfurt und anderswo schon gesehen haben.


    Diese Stadt braucht keine neue Attraktion, sie braucht das Selbstvertrauen, das was schon da ist, zu zeigen. Das Selbstvertrauen zu zeigen, dass Vielfalt funktioniert, dass man das Nebeneinander einer nicht nachhaltig zu unterdrückenden Drogenszene und Flaniermeile aushalten kann, dass Wolkenkratzer und Äcker in Sichtweite keinen Konflikt, sondern das Funktionieren der Stadt zeigen.


    Im Selbstzerfleischen, im Herausheben alles dessen, was schlecht ist und wo es gerade hakt, sind wir richtig gut - aber anzuerkennen, wie vieles einfach funktioniert, das bekommen wir nicht hin.

  • Mir scheint,
    Frankfurt könnte sich nach alledem hauptsächlich als Shopping- und Kulturstandort mit Flughafenanschluss positionieren, ausgestattet mit einer hübschen, aber nicht mehr exzeptionellen Altstadt, einigen typischen Ebbelwoi-Kneipen und einer Metropolen-artigen Skyline. Wen es hier länger hält, der kann sich an Ausflügen in die nahe und fernere Umgebung (s.u.) erfreuen.


    Die internationale Bedeutung der Stadt erschließt sich für die Gäste sofort aufgrund der EZB,
    ein international renommierter und erfolgreicher Sportverein (gerne auch drei: Löwen, Skyliners und SGE) mit repräsentativen Spielstätten, wäre allerdings auch hilfreich für das internationale Image.
    Interessant könnte in diesem Zusammenhang noch werden, dass der DFB hier seine neue Akademie bauen will.


    Nach dem im ersten Satz Gesagten liegt natürlich auf der Hand, dass ein ansehnliches Opernhaus unabdingbar ist, um diesen Status zu pflegen.
    Eine bessere Anbindung des geplanten Kulturcampus vom Hauptbahnhof her trüge auch nicht wenig dazu bei: Ein Takt über fünf Minuten ist für Metropolen so nahe am Zentrum als absolut unüblich zu bezeichnen, die (verlängerte) U4 müsste dann auch abends wenigstens im 5-Minuten-Takt zwischen Bockenheimer Warte und Hauptbahnhof verkehren.
    Es mutet übrigens auch bizarr an, dass man nach einem CL-Abend, wenn man diesen auf der Berger Straße verbracht hat, bis vor kurzem bis zu 20 Min. auf die U4 warten musste.


    Das Thema Verkehrsanbindung im Allgemeinen und Hauptbahnhof im Speziellen lässt sich am Beispiel eines Tagesausflug nach Heidelberg durchdeklinieren:
    Mit etwas Glück kann man in eineigen Jahren für einen solchen Ausflug auch in "Bahnhofsnähe" wohnen – der Durchgang durch den Bahnhof zur U5 ist dann "genießbar" und man landet mit dieser direkt im Europaviertel vor einem Hotel.
    Durch die Kaiserstraße sollte dafür niemand laufen müssen und das Bahnhofsgebäude selbst muss man in einen annehmbaren Zustand versetzen. Die geplanten Baumaßnahmen könnten sehr dazu beitragen.


    Es ist mMn insgesamt ein Schwachpunkt der heutigen Verkehrsinfrastruktur, dass ausgerechnet am Hauptbahnhof nur eine sehr kurze (U4) und eine kurze U-Bahnlinie (U5) halten, sodass man als Gast den Eindruck gewinnen kann, man müsse in Frankfurt immer zweimal umsteigen, um an ein gewünschtes Ziel zu gelangen, oder zumindest einmal, wenn es immerhin direkt an U1/2/3/6/7/8 liegt. Erst mit der Durchbindung der U4 über den Riedberg entlang der "Ginnheimer Kurve" könnte dieser Eindruck verschwinden – übrigens auch und gerade für Besucher der Frankfurter Universität.



    Kurz gefasst kann man sagen, sind die folgenden Elemente anzustreben:


    1. Erstklassige Kultur in ansprechenden Gebäuden, dazu gehören die Neue Oper, der Kulturcampus, die Museenvielfalt und auch sportliche Wettbewerbsfähigkeit.
    2. Gut ausgebauter ÖPNV, der auch an den neuralgischen Punkten vorzeigbar sein muss.
    3. Gepflegte Einkaufsmeilen für die verschiedenen Zielgruppen.


    Für die internationale Bekanntheit Frankfurts sorgt die EZB (bis auf Weiteres, jedenfalls).

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    Zitat Eagle1:
    In China denken die Leute Frankfurt sei die Hauptstadt von Deutschland


    Das wäre mir neu. Oder meinst du stattdessen vielleicht eher deine Bekannten, die hier eine gewaltige Bildungslücke aufweisen ;)?


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    Wofür steht denn Frankfurt eigentlich? Wofür Hessen? Was ist die Botschaft der Stadt? Was habe ich von einem Besuch? Was ist die Geschichte der Stadt, der Region? Was ist das Einzigartige, was bekomme ich sonst nirgendwo anders? DAS alles will ich als Tourist wissen, DAS soll Lust auf einen Besuch machen.


    Diese Fragen können doch nicht mit irgendwelchen Shoppingtempeln, Flagship-Stores, Riesenrädern oder Hochhäusern beantwortet werden. Wo ist da die Authentizität, das Ikonische, wenn ich all das mittlerweile in fast jeder anderen europäischen Stadt auch geboten bekomme? Irgendwo gibt es noch mehr Hochhäuser, noch größere Shoppingmeilen, noch ausgeflipptere Freizeitattraktionen, noch schönere und urigere Altstädte.


    Touristen wollen Kitsch. Sie wollen Klischees. Sie wollen Geschichte.
    Genau daran hapert es aber allen Anscheins nach noch, wenn jeder zweite hier schreibt, Frankfurt werde nur als kalte Businessstadt wahrgenommen. Gebäude ändern daran wenig, wenn mit diesen kein Kult, nichts Einzigartiges verbunden wird.


    Jemand hat es hier schon angesprochen, Frankfurt ist doch kein seelenloser Klotz, sondern eine lebendige Metropole in einem fünf Millionen Ballungsraum, eine Alpha-City. Baut eure Stadt für die Bewohner, baut eure Stadt für die Zukunft und macht ansonsten einfach mehr Werbung, in der obige Fragen beantwortet werden. Klingt ausgelutscht, ist aber in Zeiten immer heftigerer Schnelllebigkeit mehr Programm denn je und wird Frankfurt auch dann noch touristisch attraktiv machen, wenn Dubai längst verschwunden ist.

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    Nein, da hat Eagle1 Recht !
    Die internationale Bekanntheit - speziell der dt. Metropolen - schwankt enorm je nach Kulturkreis.
    Speziell in China, Indien etc. ist Frankfurt (!) die bekannteste Deutsche Metropole (wegen Flughafen, EZB, Messe etc.).


    Erstaunlich hingegen, wie krass wenig sich Chinesen oder Inder z.B. für Berlin interessieren - so gut wie gar nicht. Das liegt an der Soziologie dieser Kulturkreise. Dort gibt es eine AUFSTREBENDE Mittelschicht, die sich vor allem für modernen Städtebau und Shopping interessiert. Mit dem "authentischen" Charme eines Post-Mauer-Berlin kannst Du denen nicht kommen. Null Interesse !

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    Dafür kannst du sicherlich noch eine seriöse Quellenangabe liefern?


    Schade, Xalinais Beitrag wäre ein schöner Schlusspunkt für den Thread gewesen.

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    Sehr gerne kann ich folgende Belege liefern:


    Bzgl. Indien:
    Ich erinnere mich an diesen flügellahmen Artikel in der Berliner Morgenpost aus 2014: https://www.morgenpost.de/berl…-fuer-sich-entdecken.html
    Da kam eine Delegation indischer Tourismusmanager nach Berlin um sich von den "Vorzügen" Berlins für indische Touristen zu überzeugen. Das Ergebnis war - ehrlich gesagt - ziemlich bescheiden. Lese selbst.
    O-Töne:
    - "Der Alexanderplatz ist grau und hässlich"
    - die Bedienung im Fernsehturm-Restaurant wie generell das Klima in der Stadt nicht sehr freundlich.
    - Die (angeblich) tolle Club- und Startup-Szene sei in Indien noch nicht bekannt (das Scheitern des BER allerdings
    zum Glück auch nicht).


    Bzgl. China:
    In einem FAZ-Artikel vor ca. 1 Jahr (muss ich noch suchen, falls überhaupt online gewesen) stand wie folgt:
    Primäres Interesse von Chinesen in Dtl. sei (neben Shoppen) wie folgt:
    Nachdem man zunächst in Ffm. gelandet ist (wo denn sonst ?!), will man nach München, Heidelberg und die zahlreichen Auto-Museen in Süddeutschland (!) besuchen. Vor dem Rückflug (aus Ffm.) sehr gerne nochmal shoppen durch die hiesige Innenstadt. Nur wenn man "extra Zeit" hat, dann ggf. auch noch ein Abstecher nach Hamburg und Berlin.



    Fazit:
    Rund die Halbe Menschheit interessiert sich nicht für die Deutsche Hauptstadt, weiß aber sehr wohl, was Ffm. ist und wo es liegt. Das sollte doch mal eine Basis für die touristische Zukunft Frankfurts sein !

    3 Mal editiert, zuletzt von m.Ro80 ()

  • ^Eben. Frankfurt sollte sich auf seine Stärken konzentrieren. Das Frankfurt in Asien die bekannteste deutsche Stadt ist habe ich auch gehört. Generell ist die Wahrnehmung Frankfurts weltweit höchst unterschiedlich. Im Westen eher negativ, in Deutschland extrem negativ und im nahen und fernen Osten eher positiv (wenn auch nicht uneingeschränkt).


    PS.: Warum soll der Strang verschwinden? Hier wurde mit Halbwissen begonnen, aber nach und nach nähert man sich der Wahrheit oder nicht?

  • Nein, da hat Eagle1 Recht !


    Das Frankfurt in Asien die bekannteste deutsche Stadt ist habe ich auch gehört.


    Speziell in China, Indien etc. ist Frankfurt (!) die bekannteste Deutsche Metropole (wegen Flughafen, EZB, Messe etc.).


    Dort gibt es eine AUFSTREBENDE Mittelschicht, die sich vor allem für modernen Städtebau und Shopping interessiert.


    Wow, also entweder die Mehrheit der Chinesen und Inder ist einfach zu blöd, sich beizubringen, welche Stadt die deutsche Hauptstadt ist, was ich allerdings für höchst fragwürdig halte. Oder aber, ihr verwechselt hier eigene Erfahrung und Hörensagen mit belastbaren, seriösen Untersuchungen. Dürfte schwierig sein, hier fündig zu werden.
    Also behaupte ich einfach mal, Frankfurt ist nicht die bekannteste deutsche Stadt in China, da ich beruflich viel mit Chinesen zu tun habe und jeder von denen weiß, dass Berlin unsere Hauptstadt ist bzw. jeder Chinese einfach nur gwamperte Bayern in Lederhosn und Maßkrug in der Hand vor Schloss Neuschwanstein oder in der BMW-Welt sehen will. Was nun?
    Es ist doch Blödsinn von Einzelpersonen auf die Gesamtheit zu schließen.

  • Das ist doch ziemlich genau das, was ich sagte:
    In Ffm. landen (Stichwort: "Bekanntheit") und dann ab nach Süddeutschland (Stichwort: "Interesse") und ganz zum Schluss aus Ffm. wieder weg (Stichwort: "Bekanntheit").
    HH und Berlin besucht man als Chinese nur, wenn man noch reichlich Extra-Zeit hat - oder eben nicht (Stichwort: "Interesse" bzw. "Bekanntheit").


    Paßt doch !

  • Der 0815 Reisegruppen-Chinese hat da aber keine Ahnung. Deutschland ist dafür politisch viel zu unwichtig, die wollen nur einige unserer Produkte kaufen... Die Argumente mit Umland und Kultur ziehen auch nicht. Nur Staedte wie Kapstadt, Vancouver usw haben Weltklasse Sceneries, da ist das Frankfurter Umland maximal für Deutsche Reisegruppen interessant. Frankfurt kann kulturell leider auch nicht mit tier 2 cities wie Amsterdam oder Brüssel mithalten. Frankfurts einzige Chance ist eine untypisch Deutsche Metropole zu sein, ein Funktionaler Aufenthaltsort wo man Internationale Angebote (idealerweise auch Sonntags) sowie Lokale Angebote nutzen kann, dh Hotels, Shopping und Bars usw sowie auch die Altstadt, Markthalle und das Mainufer. Frankfurts Rolle ist wie Bangkok in Thailand, Sao Paolo in Brasilien oder Johannesburg in Südafrika. Ein Ort an dem man eine Deutschland oder Europareise startet oder beendet und man funktionale Dinge wie Shopping erledigt und das eben in einer coolen, kompakten Metropole mit vielen Internationalen und Lokalen Angeboten. Man kann locker an 1-2 Tagen ohne grossen Aufwand seine Reise ausklingen lassen bevor es dann wieder nach China, Japan oder sonstwo hingeht. Die Gäste sollten dabei Frankfurt als moderne, Internationale Stadt in Erinnerung haben. Nicht mehr und nicht weniger.

  • Sehr gerne kann ich folgende Belege liefern:


    Der von dir verlinkte Artikel scheint mir für deine Thesen nicht wirklich zuträglich zu sein. Da steht bspw. auch drin, dass Berlin schon sehr "Inderfreundlich" sei.
    Naja, und Berlin im Winter ist tatsächlich auch grauer als in wärmeren Zeiten. Aber das dürfte auf die meisten deutschen Städte zutreffen.
    Bzgl. Touristen aus China: die Gästezahlen stiegen in 2016 um 9% (Quelle Tagesspiegel). Könnte mir einen weiteren Anstieg in 2017 vorstellen. Interessant dabei: junge Chinesen setzten vermehrt auf Individualreisen und kämen wegen der Mode und der Clubs her. Und auch die Geschichte der Stadt wecke deren Interesse.


    Ich finde es etwas müßig im FFM-Forum Berlin verteidigen zu müssen da mich die Stadt in vielerlei Hinsicht selbst ziemlich nervt, aber bei so viel halbgaren Herumgemeine und pauschalem Abgewatsche fällt es mir schwer die Finger still zu halten.

  • Zitat m.Ro80:
    Paßt doch !


    Na eben nicht. Denn - ich wiederhole mich:


    Es ist doch Blödsinn von Einzelpersonen auf die Gesamtheit zu schließen.


    Mein Beispiel mit Bayern sollte das ausführen. Der Punkt ist doch: Ich bin wie Du und alle anderen hier keine wissenschaftliche Quelle und niemand hier kann mit solidem, seriösen Zahlenmaterial aufwarten, wie viele Chinesen Frankfurt nun für die deutsche Hauptstadt halten oder welche deutsche Stadt den Chinesen nun am bekanntesten sei. Durch obig zitierte Aussagen (u.a. "In China denken die Leute Frankfurt sei die Hauptstadt von Deutschland") wird nicht nur Gegenteiliges behauptet, sondern ganze Länder werden für den eigenen Zweck indirekt für dumm verkauft (siehe auch "Der 0815 Reisegruppen-Chinese hat da aber keine Ahnung").

  • Loopings von und mit Fernost, das Niveau nicht weit oberhalb des Kellers. Gerne lasse ich mich per PN davon überzeugen, dass eine Fortführung dieses Strangs sinnvoll sein könnte. So lange ist hier zu.