Freiraumgestaltung Berliner Schloss/Humboldt-Forum

  • O.K., ich relativiere! Aber was wären die Welt, die Natur, die Städte, die Menschen ohne Schönheit? Sei´s drum. Jedenfalls spielt die "Schönheit" der Gestaltung des Berliner Zentrums bei unseren Diskussionen im Forum doch eine sehr wichtige Rolle oder nicht?

  • Obwohl oder gerade weil sie so schwer objektivierbar, so subjektiv empfunden, so emotional und so umstritten sein kann?

    Da liegt der Hase im Pfeffer: Solange hier über Schönheit in einer Form diskutiert wird, die das Subjektive an ihr anerkennt (und entsprechend auch die Sichtweise der anderen), finde ich das fruchtbar. Zu häufig geht es mir aber in die Richtung, dass eine bestimmte Gestaltung (wie etwa Neptunbrunnen auf dem Schlossplatz) als objektiv schön und zudem historisch richtig definiert wird, abweichende Positionen dagegen als "ideologisch", "modernistisch", "masochistisch", "selbstgeißlerisch" oder sonstwas gelten.


    Ich finde den Schlossplatz, wie er heute ist, tatsächlich schön – die gepflasterte Weite vor der Schlossfassade hat in meinen Augen etwas Erhabenes. Bin ich also Opfer einer "modernistischen" Ideologie? Nein, denn bis ins späte 19. Jahrhundert sah der Platz nicht anders aus (hier ein Gemälde aus den 1840ern).

    Viele finden die wilhelminische Gestaltung mit Begasbrunnen und Grünflächen schöner; ich kann mit der damaligen Mode, jeden urbanen Platz als kleinen Park zu gestalten, wenig anfangen – gilt ebenso für die wilhelminische Fassung des Opernplatzes oder des Gendarmenmarkts.


    Nichts dagegen, wenn hier Vorlieben dargelegt und mit früheren Zuständen begründet werden. Schwierig wird es, wenn ein bestimmter historischer Zustand als letztgültig und objektiv richtig definiert wird – und alles andere als verblendet verworfen.

  • ... Ich denke einfach, die Angst bei den Schlossbefürwortern (zu denen ich mich zähle), ist groß, dass moderne Architekten wieder nach einem "mutigen Bruch" oder ähnliches suchen und einen Brunnen vor das Schloss stellen der diesem nicht gerade schmeichelt. ....

    --- mir ist gerade kein Brunnen geläufig der von einem Architekten gestaltet oder irgendwohin gestellt wurde. Die Brunnen, die ich kenne wurden von Künstlern, meist Bildhauern gestaltet und/oder von Landschaftsgestaltern behutsam in die Landschaft eingefügt.

  • Ich empfinde den Bebelplatz auch viel stimmiger, so wie er heute ist und würde eine Entsiegelung und Verparkung sehr bedauern. Steinerne Plätze mit historischen steinernen Fassaden haben etwas Itialienisches, Römisches im besten Sinne an sich. Besonders mit einem steinernen Brunnen. Ich finde Berlin und Potsdam brauchen ein paar solcher Orte, auch wenn es gerade überall sprießen soll, was ja auch richtig ist.

  • Ich bin auch - obwohl leider nicht mehr zeitgemäß - ein großer Freund von steinernen Plätzen. Mir geht es da wie Architektenkind. Ich empfinde sie als besonders städtisch und auch in der Leere besonders urban, weil der leere Raum das städtische Leben ermöglicht oder mindestens imaginiert. Mit dem Bebelplatz Rotes Rathaus (den ich auch ganz toll finde) ist der Schloßplatz aber nicht wirklich vergleichbar. Zum einen ist der Schloßplatz deutlich größer und zum anderen fehlt dem Schloßplatz der durchlaufende Belag. Das halte ich für das eigentliche Problem. Nicht die Gestaltung oder Möblierung, sondern diese absurd verschränkte Straße, die dem Platz seine Raumkante zum Marstall nimmt. Damit wird der Platz zum Schloßvorplatz und ein Brunnen wird das auch nicht ändern.

  • Noch eine Bemerkung zum Thema “Schönheit“, bitte nicht als schulmeisterlich auslegen:

    Oft wird gesagt: Schönheit sei rein subjektiv, über Geschmack lässe sich nicht streiten. Das stimmt nicht ganz.
    Über Schönheit von Bildwerken, Skulpturen, Objekten, Architektur usw. ist wissenschaftlich viel geforscht worden. „Schönheit“ lässt sich großenteils auf objektive Kriterien und Konventionen zurückführen wie: Harmonie, Symmetrie, Ausgewogenheit, Ebenmaß, Gleichklang, Farb- und Materialabstimmung, Funktionalität, Wertbeständigkeit, Zeitlosigkeit (Gegensatz: aufgeregt, effekthaschend, spektakulär, provokativ, kurzlebig, unecht, schrill, billig wirkend, modisch). Zum Teil außerhalb der Bandbreite allgemein gültiger, langlebiger Konventionen liegen dazu die individuellen Geschmäcker.


    Deshalb galten in der Architektur über Jahrhunderte die aus der Antike entlehnten Maßstäbe Palladios. Heute, im Zeitalter von Beton, Stahl und Glas gelten im Grunde dieselben Kriterien, aber material- und technikgerecht angepasst. Deshalb halte ich die neuen Hochhäuser am Alexanderplatz für zurückhaltend schön. Als Ausnahme wirkt auf mich das Gehry-Hochhaus mit sinnlos verdrehten Stockwerken und nutzlos, unruhig schräg geknickten Fassaden und Glasflächen. Das wirkt auf mich als Effekthascherei und ist mindestens Geschmacksache. Die Ostfassade des Humboldt-Forums wirkt auf mich dagegen in der ruhigen, großzügigen Ausstrahlung und Materialwahl und in den an die Barockfassaden angelehnten Proportionen als edel, als zeitlos „schön“.

  • --- mir ist gerade kein Brunnen geläufig der von einem Architekten gestaltet oder irgendwohin gestellt wurde. Die Brunnen, die ich kenne wurden von Künstlern, meist Bildhauern gestaltet und/oder von Landschaftsgestaltern behutsam in die Landschaft eingefügt.

    Ich gehe davon aus, die meisten sind sich nicht sicher ob zeitgenössische "Künstler" einen besseren job machen...

  • Vielleicht gibt es ja sogar einen Kompromiss zwischen Steinplätzen und Hitzeresilienz.


    In diesem Artikel auf spektrum.de vom 24. Mai wird beschrieben, dass bewachsene Fugen das Pflaster kühlen und die Temperatur um bis zu 28 Grad absenken können. Aus ästhetischen Gründen werden Fugen aber immer noch viel zu oft "gesäubert", obwohl sie sich auch positiv auf den Wasserhaushalt auswirken. Botaniker der Universität von Santiago de Compostela untersuchen, welche Fugenpflanzen besonders geeignet sind. Spannendes Thema.