Lange Schatten und weite Gräben. Könnten auf der Museumsinsel durch eine „Friedenspolitik“ aller Verantwortlichen in Politik, Kunst, Städtebau und Architektur einseitig fixierte, konträre Positionen überwunden werden, indem der zeitlosen Ästhetik und Kunst des Ortes bedingungslos Vorrang gegeben wird? Das gilt für Politiker, die einseitig und vorrangig historischen, politischen, ideologischen oder „denkmal-schützenden“ Festlegungen folgen. Es gilt für Architekten, die sich puristisch auf die zeitgemäße Moderne festlegen, es gilt für Architekten, die einseitig konservativ auf Klassik und Rekonstruktionen setzen. Es gilt für Bezirksfürsten, die ihre Macht demonstrieren. Dazu müssten viele über lange Schatten und weite Gräben springen.
Preußennostalgie wäre kein Grund gewesen, ein manieristisch-überdekoriertes Bauwerk unpassend zur Umgebung zu rekonstruieren. DDR-Nostalgie ist kein Grund, die proportionslose Nachkriegsleere im Zentrum zu rekultivieren. „Denkmalschutz“ wäre kein Grund, einen blockartig profillosen, quergestellten und kontaminierten Palastbau wieder aufzubauen. „Denkmalschutz“ ist auch kein Argument, die auf die Schlossfassade abgestimmten wirkungsstarken und hochkarätigen Skulpturen weiter an peripherem Standort (Kleistpark) zu verbannen oder auf der überdimensionierten, bezugslosen Leerfläche (MEF + RF) festzuhalten.
Nach fast einhelliger öffentlicher Meinung passt das Humboldt-Forum (HF) in Ästhetik und Position an seinen Platz. Die Museumsfunktion des HF passt auf die von Museen gefüllte Museumsinsel. Die Ostfassade öffnet sich passend zum modernen Fernsehturm.
Der großzügige Schlossplatz hat gute Chancen. Er hat seine Bewährungsprobe aber noch nicht bestanden: Das gilt für den auf der kahlen, steinigen Südseite fehlenden Begasbrunnen und für die mit Lustgarten und dortigen Kunstwerken korrespondierenden, fehlenden Rossebändiger. Und es gilt für das fremdartige, übergroße, in die Umgebung zerstörend gezwängte Freiheits- und Einheitsdenkmal.
Vieles ist gelungen, manches noch nachrüstbar. Schatten und Gräben sind nicht unüberwindbar.