Freiraumgestaltung Berliner Schloss/Humboldt-Forum

  • Urban, wenn du jetzt wieder die Diskussion um historische Verwendung und Intention mit Erscheinungsbild verknüpfst, schadet du deinen eigenen Interessen. Das Stadtschloss wird dann schnell zum Glashaus...


    Im übrigen ist das wieder ein Äpfel - Birnen Vergleich und das weißt du auch.

    Die Fassadengliederung ist nur auf den ersten Blick ähnlich. Den wesentlichen und entscheidenden Unterschied macht der über drei Etagen zurückgesetzte Eingang mit dem darüberliegenden freien Feld für den hässlichsten aller Reichsadler.

  • Zeitlos bedeutet für mich etwas anderes. Es bedeutet, das dem Objekt die Herstellungszeit nicht anzusehen ist. ...

    Die Außengestaltung und auch der Ostflügel sind da schon ziemlich in Ordnung, was die Zeitlosigkeit betrifft - anders die großartige Barockfassade und Kuppel mit Schriftzug und Kreuz, das ist nicht zeitlos. Das alte Museum dann schon wieder eher, relativ schlicht und klassizistisch. ...

    Der Berliner Schloss-Fassade ist der zeitbezogene barocke Baustil doch ebenso anzusehen wie dem Alten Museum der zeitbezogene klassizistische Baustil der griechisch-Jonischen Stilepoche. Beide Stile sind gleichermaßen zeitbezogen erkennbar, auch sind beide Bauwerke gleichermaßen großartig in ihrer Art. Man kann doch nicht sagen: "je schlichter und schmuckloser, desto zeitloser, sonst wären viele Nazibauten, Pentagon, Plattenbauten, Bauhaus-Architektur usw. alle zeitlos?

    Deshalb verwende ich den Begriff "zeitlos" nicht für einen eher schmucklosen Stil, der unsem modernen, sachlichen Empfinden nahe kommt, sondern für die zeitunabhängig andauernde hohe künstlerische Wertschätzung hervorragender Beispiele von der Moderne bis hin zu altägyptischen Stühlen.

  • Urban, wenn du jetzt wieder die Diskussion um historische Verwendung und Intention mit Erscheinungsbild verknüpfst, schadet du deinen eigenen Interessen. Das Stadtschloss wird dann schnell zum Glashaus...

    Hab' ich nicht und werd' ich auch nicht. Ich behaupte einfach nur die Nazis hatten schlechten Geschmack. Das haben sie gemeinsam mit dem Ostflügel. Hätten Sie guten Geschmack gehabt, hätte ich wiederum kein Problem den Erhalt dieses Stils zu fordern, weil mir die ideologie hinter einem Stil nämlich wurscht ist. Ich verbinde absolut nichts mit dem Preussischen Militärgehabe. Aber eines muss man ihnen lassen: Sie hatte einfach guten Geschmack. Und um die Kurve zur Außengestaltung wieder zu kratzen: Auch bei der Außengestaltung war es damals keine steinerne Wüste, sondern ein Gesamtensemble, geschmückt von Figuren, Brunnen und diversene weiteren Details wie z.B. passenden Kandelbarn etc.

  • Spielt bei der Abstimmung erstklassiger Kunstwerke, kunstvoller Bauwerke und Ensembles ein „zeitgemäßer“ Stil eine Rolle? Wer unabhängig vom Umfeld „zeitgemäße“ Lösungen fordert, weil er das Neue gegenüber dem Gestrigen als überlegen hält, muss wissen, dass das Moderne morgen oft veraltet wirkt. Im Städtebau kommt es sicher auf die Schönheit einzelner Bauten und Leitbauten an, aber mehr noch auf das harmonische Zusammenspiel eines Ensembles. Wir haben verlernt, schöne Plätze mit hoher Aufenthaltsqualität und harmonischer Raumqualität durch fein abgestimmte Bauformen, Positionen, Fassaden und Materialien zu kombinieren. Bauten, Plätze, Straßen, Kunstwerke werden zu oft isoliert, selbstgefällig, unabgestimmt realisiert. Zu oft werden bewusst Kontrapunkte, Überraschungseffekte, Reize, Provokationen, Überlegenheitssymbole hingestellt. Das ist auf dem Schloßplatz bei einem modernen Brunnen zu befürchten. Ein solcher könnte in Konkurrenz zum Neptunbrunnen entweder völlig aus dem Rahmen fallen oder sehr zurückhaltend, klassisch wertvoll, aber bedeutungslos, langweilig ausfallen.

  • Ja, ja, jeder Schritt nach vorn bedeutet auch immer ein Risiko...


    Diesen Wunsch lieber was zu rekonstruieren, auch wenn das immer nur ein Bruchstück sein kann, anstatt gute neue Lösungen zu suchen, bleibt mir suspekt.

  • Ja, ja, jeder Schritt nach vorn bedeutet auch immer ein Risiko...

    Diesen Wunsch lieber was zu rekonstruieren, auch wenn das immer nur ein Bruchstück sein kann, anstatt gute neue Lösungen zu suchen, bleibt mir suspekt.

    Das ist wohl falsch verstanden. „Rekonstruieren“ sollte man nur zerstörte hochwertige Leitbauten von historischer, politischer oder künstlerischer Bedeutung, oder auch weniger herausstechende Bauten, die einen Ort prägen und die passgenau eine Lücke in einem beschädigten Ensemble wieder schließen. In solchen Fällen ist Rekonstruktion kein Rückschritt, sondern sinnvolle und notwendige Rettung und Sicherung eines Teiles unserer Kulturgeschichte, selbst dann, wenn es nicht mehr komplett möglich ist. „Mutige, neue, experimentelle Lösungen müssen nicht an den sensibelsten Stellen des historischen Stadtraumes ausprobiert werden. Es gibt in den Städten Deutschlands mehr als genug Gelegenheiten, erstklassige moderne Architektur und Kunstwerke aufzustellen. Solche Chancen werden leider mehr als oft aus kommerziellen oder unachtsamen Gründen versäumt.

  • Aber der Brunnen, und darum ging es, dient doch nicht als Leitbau? Er war höchstens zusätzlicher Schmuck fürs Schloss. Außerdem ist er nicht zerstört, sondern hat einen anderen, womöglich besseren Platz gefunden.

    Dass das Schloss mit seinen Barockfassaden, ein Bau von herausragender architektonischer Bedeutung war, steht außer Frage, daher auch die völlig richtige Entscheidung, die Barockfassaden und die Kuppel, originalgetreu zu rekonstruieren. Alles darüber hinaus, kann aber muss nicht.

  • Baukörper

    Einverstanden, ein „Leitbau“ ist der Neptunbrunnen nicht. Aber er ist ein in der Kunstwelt anerkanntes, hochwertiges Kunstwerk, nicht nur "höchstens ein zusätzlicher Schmuck für das Schloss“. Dieser glücklicherweise erhaltene Brunnen war und könnte wieder sein das zentrale und perfekt passende Schmuckstück für das Schloss und für den gesamten Schlossplatz. Er wäre ein wichtiger Teil des Ensembles, zu dem auch der Neue Marstall, jetzt das Ex-Staatsratsgebäude und (bei gutem Ausbau) auch die Breite Straße gehören. Das gilt aktuell fast zwingend, nachdem man erkannt und beschlossen hat, dass hier „ein Brunnen“ fehlt und hingehört.


    Dass der Neptunbrunnen auf dem gegenwärtigen Standplatz nicht einen „womöglich besseren Platz“ gefunden hat und dass dort in der baulich ungefassten weitläufigen Umgebung ein großzügiger kindergerechter Brunnen besser wäre als der empfindliche und oft beschädigte Neptunbrunnen, habe ich bereits ausführlich argumentiert.

    Nichts muss sein wenn Wille und Einsicht fehlen.

  • Mal ein paar Gedanken, halb geordnet:

    • Die meisten stimmen wohl darin überein, dass auf dem Gelände vor der Südfassade so, wie es jetzt ist, etwas fehlt.
      • Ein Brunnen macht sich für viele gut auf solchen Flächen.
        • Der Neptunbrunnen würde gut dorthin passen, aus historischen wie aus ästhetischen Gründen.
        • Auch andere Brunnen oder Gestaltungselemente könnten dort gut passen. Auch moderne. Aber viele moderne Brunnen / Gestaltungselemente würden auch nicht passen, daher gibt es die sehr berechtigte Sorge, dass das Gelände / die Gesamtwirkung bei einem modernen Brunnen / Gestaltungselement verhunzt werden
      • Manche finden den Neptunbrunnen an seinem jetzigen Standort gut. Diese Leute wollen vermutlich eher nicht, dass er an die Südseite verlegt wird.
      • Manche finden den Neptunbrunnen an seinem jetzigen Standort nicht gut oder zumindest nicht so gut, wie es sein könnte, weil es in Deutschland aufgrund der Kriegszerstörungen vergleichsweise wenige größere Ensembles aus einer historischen Zeit gibt. Diese Leute wollen vermutlich eher, dass er an die Südseite verlegt wird. (Ich finde den Neptunbrunnen an seinem jetzigen Standort wie ein Glas
        Crémant zu einer Currywurst. Das macht das Glas Crémant nicht schlecht, erzeugt aber insgesamt kein besonders rundes Erlebnis).
      • Man kann sich auch diese Frage stellen: Was geht auf dem modernen Rathausforum verloren, wenn dort ein moderner Brunnen hinkommt? Die Freunde der Moderne werden gegen einen modernen Brunnen ganz sicher keine Einwände haben. Wenn man hier (plötzlich) mit "Tradition" argumentiert, dann muss die Frage geklärt werden, warum diese Tradition höher zu bewerten ist, als die Tradition des ursprünglichen Standorts. (Mir persönlich ist Tradition so lange egal, so lange das Ergebnis gut aussieht.)
    • Ich habe den Eindruck, dass es im Kern um politisch-ideologische Fragen geht: Der Brunnen als Trophäe, als Triumph des Sozialismus über den Wilhelmismus / die Gründerzeit / traditionellen Geschmack .... Und / oder: Die Rückkehr des Brunnens als Niederlage im Kampf gegen Rekonstruktion.
    • Meine Empfehlung: Der Brunnen kommt an seinen alten Platz zurück, dafür wird auf dem Rathausforum eine Brunnen im sozialistische Stil errrichtet. So kann sich jedes Lager in seiner Ecke austoben.
  • Ich würde mich freuen wenn Mal jemand Vorschläge, die tollen Berliner Brunnen der Moderne auf den Platz vor dem Rathaus zu stellen. So fände ich den Brunnen der Völkerfreundschaft vom Alexanderplatz angemessen, eventuell eine Kopie davon, so passt es zum sozialistischen Ensemble und dem modernen Geist der Gegend. Wenn man etwas symbolischeres für die Versöhnung von Ost und West möchte könnte man stattdessen den Wasserklops vom Europa-Center nachbauen. Wäre sogar echte gleichheit, weil so beide Teile der Stadt an diesem modernen Brunnen Freude haben können.


    Der Neptunbrunnen könnte dann endlich weg.

  • Sorry, aber das gut zusammengefasst aber die Schlussfolgerung ist Quatsch. Es geht nicht um Trophäen und auch nicht um sozialistische Brunnen.

    Ich wage mal zu behaupten, keiner hier im Forum kann sich erinnern, an die Zeit, als der Brunnen vorm Schloss stand. Für die allermeisten ist er optisch verbunden mit dem Rathaus, der Marienkirche und natürlich auch mit dem Fernsehturm.

    Auch dies ist ein Ensemble und die, hier so gern ins Feld geführte Mehrheit, hat nunmal entschieden, dass es so bleiben soll.


    Schlussendlich, dort wo er stand, kann er so nicht mehr hin zurück, da er schon damals in die Flucht der Rathausstraße hineinragte.

    Wer also die Rückfuhrung möchte, sollte erst die Straßenführung und die Wirkung das Brunnens, neben der Straße bzw. eine Verschiebung näher zum Schloss, klären.

    Das alles bleibt aus ...

  • Ich finde dieses Festbeißen an einer vermeintlichen „politisch-ideologischen“ (Blabla) Verfechtung des Sozialismus so bizarr. Klar gibt es Stimmen, die aus einer solchen Motivation heraus agieren, aber das ist doch nicht die Mehrheit…


    Ich persönlich habe nichts mit Sozialismus oder der DDR am Hut, gehöre aber auch zu denen, die gegen ein Umstellen des Brunnens sind. Für mich ist er am heutigen Standort fest etabliert. Für mich ist der heutige Platz der „richtige“ Platz. Warum sollte man einen solch prachtvollen und geschichtsträchtigen Brunnen an einem Ort verstecken, der effektiv die Rückseite des Schlosses darstellt? Warum sollte man im von Dauerbaustellen geplagten Zentrum noch weitere Baustellen eröffnen? Eine Umstellung würde einen ganzen Rattenschwanz an Neu- und Umplanungen, Ausschreibungen und Bautätigkeiten mit sich bringen.


    Man darf hier ruhig mal pragmatisch entscheiden und eine Berliner Sehenswürdigkeit an ihrem etablierten Standort belassen.

  • ^kann ich sehr gut nachvollziehen deinen Punkt. Ich denke einfach, die Angst bei den Schlossbefürwortern (zu denen ich mich zähle), ist groß, dass moderne Architekten wieder nach einem "mutigen Bruch" oder ähnliches suchen und einen Brunnen vor das Schloss stellen der diesem nicht gerade schmeichelt. Das Vertrauen darin, dass zeitgenössische Architekten etwas harmonisch, zeitloses schaffen können ist mittlerweile einfach gleich 0...

  • Es geht offenbar nicht um Trophäen und um Sozialismus, sondern um eine langjährig festgenagelte Gewohnheit für diejenigen, die am gegenwärtigen Standort festhalten, .

    Dabei sollte man sich nicht auf ein eindeutig nicht vorhandenes „Ensemble“ beziehungslos entfernter Bauten oder auf unklare "Mehrheitsentscheidung" angesichts der am Schloßplatz offenen, unkonkreten Brunnenplanung berufen.

    Man sollte auch nicht den gesamten Schlossplatz zur zweitrangigen Schloss-Rückseite erklären, wo der „prachtvolle und geschichtsträchtige Brunnen“ nicht „versteckt“ werden soll.

    Wenn dieser Brunnen prachtvoll und geschichtsträchtig ist (da stimme ich zu), wo sonst könnte er dann stehen, wenn nicht perfekt abgestimmt an der prachtvoll geschichtsträchtigen Schlossfassade? Der zu sanierende, ohnehin wieder aufzustellende Brunnen kann ohne aufgebauscht drohende Rattenschwänze von Neu-, Umplanung, Ausschreibung und Bautätigkeit am Schloßplatz mit einer Brunnenschale in früherer Originalmaße einfach eingemessen werden, eventuell mit geringer Verschiebung zu Portal II und leichter Straßenverschwenkung.

    Es wird immer deutlicher: Es geht hier lediglich um die Auseinandersetzung zwischen:

    • beharrenden Gewohnheiten an der heute gesichtslosen, überdimensionalen, ohnehin neu zu planenden Fläche
    • und der Wiedergewinnung des prachtvollen und geschichtsträchtigen Schloßplatz-Ensembles.

    Ich plädiere für mehr abgestimmte Schönheit und Asthetik im Stadtraum, statt für das Festhalten an Gewohnheiten.

  • Das mit der Schönheit hatten wir hier schon, bleibt nur zu hoffen, das die Schönheit dann auch schön genug ist, sollte es so schön weit kommen.

    Festzustellen bleibt auch, dass Rekonstruktion selten schön genug ist um die richtigen Rekonstruktions- und Schönheitsbefürworter richtig schön zufrieden zu stellen. Irgendwas ist dann doch nicht schön genug.

    Schöne Grüße!

  • Warum diese herablassende Ironie, Baukörper? Ist nicht Schönheit das mächtigste und bewegendste Leitmotiv im Architekturforum ebenso wie überall sonst? Obwohl oder gerade weil sie so schwer objektivierbar, so subjektiv empfunden, so emotional und so umstritten sein kann?

  • Ich denke einfach, die Angst bei den Schlossbefürwortern (zu denen ich mich zähle), ist groß, dass moderne Architekten wieder nach einem "mutigen Bruch" oder ähnliches suchen und einen Brunnen vor das Schloss stellen der diesem nicht gerade schmeichelt.

    Ja… das ist ebenfalls nachvollziehbar. Ich bin mir nicht ganz sicher, wer da jetzt konkret an der Entscheidungsfindung beteiligt sein wird, aber unter den gegebenen Rahmenbedingungen, mit Kahlfeldt, neuer Senat etc., sollte man doch optimistisch sein können oder?


    Ich plädiere für mehr abgestimmte Schönheit und Asthetik im Stadtraum, statt für das Festhalten an Gewohnheiten.

    Der Kreis schließt sich.

  • O.K., ich relativiere! Aber was wären die Welt, die Natur, die Städte, die Menschen ohne Schönheit? Sei´s drum. Jedenfalls spielt die "Schönheit" der Gestaltung des Berliner Zentrums bei unseren Diskussionen im Forum doch eine sehr wichtige Rolle oder nicht?