Leipzig: Astoria-Areal (Bauphase)

  • ...eigentlich Teil einer kleinen Doku über Hotels zu DDR-Zeiten.


    Diese Doku ist in der MDR-Mediathek noch verfügbar. Die drei Beiträge zum Astoria (Minute 5:43 bis 19:08, Minute 47:38 bis 50:34 und ab Minute 1:25:40) sind durchaus interessant. Dabei kommt u.a. das verantwortliche Architekturbüro zu Wort. Gezeigt wird folgendes Modell des urspr. geplanten Hochhauses (ca. 80 Meter) an Stelle des LWB-Blocks:

    astorialwb-block188jo6.jpg


    astorialwb-block2dgkah.jpg

    https://www.mdr.de/tv/programm/sendung911114.html


    Wie wir wissen befindet sich der umgebende Stadtraum momentan in einem Prozess sehr starker Wandlung. Allein vier Großprojekte (Löwitz Quartier, Astoria, SAB-Zentrale, Hochhäuser Partheufer) werden den Ort in diesem Jahrzehnt tiefgreifend verändern. Akzentuiert wird das Ganze durch die zentrale Lage neben Innenstadt und Hauptbahnhof als Verkehrsdrehscheibe Mitteldeutschlands sowie dem The Westin als 436-Zimmer-Luxusherberge. Das alles führt in Summe zu komplett neuen Rahmenbedingungen ergo auch Möglichkeiten. Weshalb die LWB hier dennoch auf Erhalt des DDR-Blocks setzt ist für Außenstehende wie mich ziemlich merkwürdig wenn nicht gar unverständlich zumal der Bestandsbau keinerlei denkmalrechtlichem Wert unterliegt. Eine Erklärung wäre, dass für das Hochhaus keine adäquaten Nutzer gefunden worden, ein Invest somit nicht tragfähig war. Die LWB setzt daher das Objekt jetzt erstmal in wert um ggf. perspektivisch (also eher in ferner Zukunft) einen Verkauf anzustreben wenn der Nutzungsdruck ausreichend hoch und die Rendite gegeben ist.

  • ^ danke für die Bilder. Es würde dem städtebaulichen Kontext gerecht, an dieser Stelle ein kleineres Hochhaus zu haben. Aber anders als die Studie oben zeigt, wäre dies im Blockrand notwendig. Die Gerberstraße ist Kriegsbedingt so stark aufgeweitet, dass es keine zurückgesetzten Baukörper braucht. Auch nicht, wenn diese etwas in die Höhe gehen. Das schaffen von zurückgesetzten höheren Baukörpern a al Seagram Building und dem Lever House, braucht es hier nicht da der Stadtraum dort sowieso stark aufgelockert ist. Die neue SAB gegenüber schafft ja auch öffentlich Raum.


    Da die komplette Führung bei der LWB gerade aufhört, gibt es vielleicht noch einmal eine Chance diverse Entscheidungen anders zu treffen. Zu hoffen wäre es!

  • Zu den Hoffnungen von hedges oben:
    LVZ.de stellt heute in einem Artikel die aktuellen LWB-Projekte vor. Demnach wird die Modernisierung des LWB-Blocks hinter dem Astoria schon in wenigen Tagen starten, bis Ende 2022 sollen 274 Wohnungen (anstelle der aktuell 256 Wohnungen) bezugsfertig werden. Die Chancen stehen gut, dass der Mittelgangwohnblock noch vor dem Astoria in neuem Glanz erstrahlt.

    https://www.lvz.de/Leipzig/Lok…sse-LWB-startet-Neubauten

  • ^ Die Chancen für das städtebauliche Worst-Case-Szenario stehen wahrlich gut: Während das Astoria weiter vor sich hingammelt und womöglich ganz abgerissen werden muss, "erstrahlt" in einem Jahr ein billig sanierter Riegel mit 274 Wohnzellen. Allein das Luftbild offenbart, welch Unglück hier seinen Lauf nimmt. Irgendwo in Mockau oder sonstewo am Stadtrand ist das sicher noch verschmerzbar, aber mitten im Zentrum ist das Gebaren der LWB schon eine Zumutung. Der Riegel steht ohnehin leer, die Chancen für Abriss und Neubau könnten also besser nicht sein. Aber das wäre nachhaltiger Städtebau, mit dem die LWB natürlich nix am Hut hat. Stattdessen wird der Missstand auf Jahrzehnte hinaus beibehalten.


    Und in 10 Jahren sowie zig Polizeimeldungen später lesen wir dann bei Tante LVZ, dass der Riegel schon wieder saniert werden muss, weil überall gepfuscht wurde.

  • Unter nachhaltigem Städtebau würde ich ja verstehen, dass eine kommunale Wohnungsgesellschaft einen offensichtlich sanierungsfähigen Bestandsbau in zentraler Lage tatsächlich auch saniert, um ihrem Auftrag nachzukommen, vergleichsweise günstige Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Ich halte das auch für deutlich nachhaltiger als Abriss, Entsorgung und Neubau eines Hochhauses, für das es derzeit meines Wissens nicht mal potentielle Nutzer_innen oder überhaupt Nachfrager_innen gibt. Aber "nachhaltig" ist sowieso längst zu einem Containerbegriff geworden, den jede_r nach eigenem Gusto füllen kann.

  • ^ Mit nachhaltigem Städtebau hat die Renovierung meiner Ansicht nach nichts zu tun. Keine Balkone, die Optik bleibt gleich, ergänzt durch eine vermutlich nicht umweltfreundliche Dämmung, Das Erdgeschoss wird noch toter als jetzt schon. Ich sehe null Anzeichen dafür, dass man das Gebäude im Kontext seiner unmittelbar an die Innenstadt angrenzenden Lage konzeptionell entwickeln möchte oder auch nur die Notwendigkeit sieht. Über die Preise reden wir nochmal, wenn es fertig ist. Ich tippe auf 8-12 €, bei den Winzlingswohnungen vielleicht sogar bis 15 €.

  • LE Mon. hist., was die soziale Komponente bei der LWB angeht, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Die gibt es schlicht einfach nicht, zumindest nicht in guten Lagen, wo der Wohnungsmarkt angespannt ist. Stattdessen drängt sich mir der Verdacht auf, dass die LWB hier einmal mehr die Gunst der Stunde nutzt, um auf dem Wohnungsmarkt mit ihren schrottigen Bestandsimmobilien profitabel mitzumischen, wo andere für Neubau wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen müssen (allein schon deswegen, weil sie die Grundstücke teuer erwerben müssen), deutlich mehr Risiko eingehen und am Ende noch 30 Prozent Mietpreisbindung aufgebrummt bekommen.


    Und dieses wettbewerbsverzerrende Verhalten sollte wahrlich nicht Aufgabe einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft sein. Ich lese auch schon die Rechtfertigung der LWB, wenn die Mietpreise gepfeffert sein sollten: Dann heißt es wieder, man müsse schließlich Geld verdienen, damit die Mieten woanders niedrig bleiben können.


    Alles schon gehört...

  • "... und am Ende noch 30 Prozent Mietpreisbindung aufgebrummt bekommen." Für neugebaute Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung bekommen die Eigentümer Fördergeld und zwar die Differenz zwischen fiktiver Angebotsmiete und Fördermiete für die nächsten 15 Jahre.


    Derzeitige Werte für Neubau:


    11,00 €/m² Wohnfläche für die Ortsteile Zentrum-Südost, Zentrum-Nordwest, Zentrum-West, Plagwitz
    Absenkung um 35 %: 3,85 €/m²
    zulässige Fördermiete: 7,15 €/m²
    Bindungszeitraum: 15 Jahre
    Zuschuss: 693,00 €/m²


    10,50 €/m² Wohnfläche für die Ortsteile Zentrum-Ost, Zentrum-Süd, Zentrum-Nord, Neustadt-Neuschönefeld, Stötteritz, Probstheida, Südvorstadt, Connewitz, Schleußig, Gohlis-Süd, Gohlis-Mitte
    Absenkung um 35 %: 3,67 €/m²
    zulässige Fördermiete: 6,83 €/m²
    Zuschuss: 661,50 €/m²


    10,00 €/m² Wohnfläche für die Gesamtstadt ohne die vorgenannten Ortsteile

    Absenkung um 35 %: 3,50 €/m²
    zulässige Fördermiete: 6,50 €/m²
    Zuschuss: 630,00 €/m²


    https://www.leipzig.de/bauen-u…ziale-wohnraumfoerderung/

  • Ich kenne mindestens 2 Mensch_en_innen, die sich über die Sanierung freuten: Erich Böhmeund Harry Müller. Immerhin schließt der hier zu recht kritisierte Baublock das Carré im klassischen Sinne.


    Zumindest sind wir einander mit der inflationären Verwendung des Begriffes "nachhaltig" beinahe einig - wobei es städtebaulich sicher längere Zeit andauern könnte, einen angemessenen Ersatzbau zu errichten, als die DDR-Architektur so zu verschlimmbessern, daß - wie Cowboy schreibt - in wenigen Jahrzehnten wieder alles abermals angefaßt werden muß.

  • An Sanierung und späteren Neubau ist nichts nachhaltiger. Dieses Gebäude wird so oder so irgendwann fallen oder zumindest ein zweites mal komplett umgebaut werden müssen – dafür wird der Nutzungsdruck (bzw. die zu erlösende Rendite, hallo LWB!) schon sorgen wenn dann zukünftig alle umliegenden Großprojekte entwickelt sind. Soviel innerstädt. Potentialflächen wie jetzt wird es nicht ewig geben. Es wäre daher sinnvoller einen klaren Schnitt zu machen und neu zu bauen. Neubau muss ja nicht bedeuten, dass man im oberen Luxussegment einsteigt. Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten kann auch hier entstehen dazu eine ansprechend gestaltete gewerbegenutzte EG-Zone und nicht diese Wohnbunkertristesse wie sie sich auch nach Sanierung offenbaren wird. Ein Neubau könnte übrigens auch als Wohnhochhaus realisiert werden bei dem die oberen Stockwerke die unteren finanzieren. Ist alles schon dagewesen und kein Hexenwerk.

  • Unter nachhaltigem Städtebau würde ich ja verstehen, dass eine kommunale Wohnungsgesellschaft einen offensichtlich sanierungsfähigen Bestandsbau in zentraler Lage tatsächlich auch saniert, um ihrem Auftrag nachzukommen, vergleichsweise günstige Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Ich halte das auch für deutlich nachhaltiger als Abriss, Entsorgung und Neubau eines Hochhauses, für das es derzeit meines Wissens nicht mal potentielle Nutzer_innen oder überhaupt Nachfrager_innen gibt. Aber "nachhaltig" ist sowieso längst zu einem Containerbegriff geworden, den jede_r nach eigenem Gusto füllen kann.

    Wir können ja den Begrifflichkeit des "nachhaltigen Städtebaus" dafür nehmen, wofür dieser zumindest gerade steht. Und das ist ein Ansatz der versucht, soziale-, ökonomische-, und ökologische Gesichtspunkte zu vereinen. Vielleicht packen wir in Leipzig noch den Aspekt der wachsenden Stadt dazu.


    Das kann also nicht nur ein Aspekt sein. Und auch ich sehe, wie die Vorredner*innen, keinen Punkt als wirklich schlüssig bei dieser expliziten Planung an. Verfalle dabei auch dem Glauben, man kann diese innerstädtische Immobilie dann mittelfristig wieder "entsorgen".


    Eine stadteigene Baugesellschaft schafft es in keinem der Punkte mit einer entsprechenden Perspektive. In keinem der Punkte. Was wäre denn ein Wohnhochhaus mit diversen sozialen Ebenen? Die Verdichtung eines innerstädtischen Gebiets in bester Anbindung an den ÖPNV sowie Regional- und Fernverkehr? Was wären Teile im Gebäude mit studentischem Wohnen für finanziell schwächere Personen/Familien? Was wäre denn mit öffentlichen Einrichtungen der Stadt oder Co-Working Spaces für stadteigene- oder gemeinnützige/soziale Einrichtungen im unteren Bereich des Gebäudes? Eine zentrale Leihstelle des bekannten Leipziger Bike-Sharing Anbieters für die Stadt? Einen großen "Unverpackt-Supermarkt" mit nur regionalen Produkten der hiesigen Konsum-Genossenschaft? Etc etc.



    Es ist völlig klar, dass das die LWB nicht alleine leisten kann. Es braucht dazu einfach knackige Konzepte mit der Stadt und lokalen/regionalen Akteur*innen. Aber man erkennt bisher eher wenig von dem großen Pluspunkt eines öffentlichen Trägers. Fragt sich nur, wer hier der Blinde ist - die LWB oder Stadt oder beide im Zusammenspiel?

  • Die vielen ablehnenden Meinungen zur Sanierung sind aus der Ferne interessant. Es mag etliche gute Gründe für einen Abriss und einen Neubau geben - ästhetische, stadtplanerische, sogar wirtschaftliche. Aber 274 Wohnungen wird man dort mit einem Neubau nicht mehr unterbringen können, und schon gar nicht in der Kürze der Zeit wie durch diese Sanierung. Wer die Sanierung ablehnt, stellt auch die häufig und lautstark beklagte Wohnungsnot in Leipzig in Frage - ohne das jetzt selber beurteilen zu können oder zu wollen.

  • 274 Wohnungen bei knapp 11.000 m² Nutzfläche macht im Schnitt 40m² pro Wohnung, von Balkonen les ich nichts. Weiß nicht so recht, für wen das attraktiv sein soll.

  • 274 Wohnungen bei knapp 11.000 m² Nutzfläche macht im Schnitt 40m² pro Wohnung, von Balkonen les ich nichts. Weiß nicht so recht, für wen das attraktiv sein soll.

    Rund 40 Prozent der Leipziger Haushalte sind Single-Haushalte - passt doch. Will man wirklich einen Balkon bei dem Schallpegel in der Ecke?

  • ^ Mit 40 Quadratmeter lockst du heutzutage nicht mehr viele Singles. Die Ansprüche haben sich diesbezüglich deutlich geändert. Und für Studenten, Auszubildende oder auch Berufseinsteiger dürften die Mieten zu hoch sein.


    ^^ Das ist die Frage, die abgesehen von unserem Forum keiner stellt und die die LWB bislang auch nicht beantwortet. Angesichts dessen, dass 274 Wohnungen entstehen, ist es ein Witz, nicht weiter zu erläutern, welche Zielgruppe die LWB eigentlich im Auge hat.


    Wer in Gottes Namen soll dort einziehen? In 40qm kleine Wohnungen, ohne Balkon, ohne Hof, ohne irgendeine Qualität?


    Irgendwo weiter vorn meinte ein User, das wäre doch was für Rentner und alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern. Ernsthaft?


    Und es gibt in Leipzig keine Wohnungsnot und keine Rechtfertigung, einfach drauf loszubauen und dafür alle anderen Aspekte unter den Tisch fallen zu lassen. Das sollte auch in Städten mit echter Wohnungsnot nicht der Fall sein.

  • ^ Das dürfte ein Mix aus 50qm (2ZKB) und 25qm (1ZKB) sein, dieser Gebäudetyp ist ja doch häufiger vertreten... Sicher nicht familiengeignet. Singles, Paare, Wochenpendler. Attraktiv sind drei Dinge: Location, Location, Location.

  • Unabhängig von der Diskussion um Schönheit, Nutzen und Bewohnerpotential - Tätigkeiten im Gebäude konnte ich vorige Woche beobachten: es wird bereits gearbeitet und vermutlich mit der Entrümpelung begonnen, im Eingang einer offenen Tür lag viel frisch zugeschnittenes Holz - wozu auch immer dies dient... :/

  • Für das HOTEL ASTORIA soll eine überarbeitete Baugenehmigung erteilt worden sein. Der Investor Vivion will weiter planen und dann bauen. Wann das erfolgen soll und wann das Hotel Astoria dann eröffnet werden kann, ist völlig offen.