Suhrkamp-Verlagssitz (Rosa-Luxemburg-Platz)

  • Lieber Popper, jetzt schreibst du aber wirklich wie Omma Kasupke.


    Beton ist doch nicht gleich Beton. Und Sichtbeton ist zwar ein sehr alter Hut, aber dennoch lohnt sich vermutlich sogar für dich bei Suhrkamp ein genauer Blick. Nicht nur, weil der Beton bei diesem Bau bewusst besonders fein und qualitätvoll gegossen wurde. Er hat schon hierdurch ganz und gar nicht die ordinäre Anmutung, welche du mit Begriffen wie "Schuppen" und "Garagen" schlecht zu reden versuchst. Zudem erzeugt der hermitsch-plastische Betonteil der Fassade hier einen ästhetisch gut nachvollziehbaren Kontrapunkt zu den stark durchfensterten, silbrig schimmernden Anteilen, die ihn zur Straße hin umklammern. Ich selbst bekomme bei dem ganzen Bau zwar dennoch kein feuchtes Höschen, aber man muss hier schon die Kirche im Dorf lassen.

  • ... cher Georges ich selbst hätte es nicht treffender formulieren können.

    àUnd Popper, ähnlich wie Dir mit Beton geht es anderen mit Styropordekos oder Steintapeten. Wenn es Geschmack betrifft kommt man nicht weit in einer schlüssigen Argumentation.

  • Ja, aber die Assoziation von Popper das es sich bei den Sichtbetonfans zum großen Teil um eine Architekten Bubble handelt, da gehe ich schon mit. Reko-Fans sind außerdem keine Styroporfans nur um das auch nochmal klar zu stellen. Von Dämmvorschriften halten viele "Fans" des 19. Jahrhunderts relativ wenig - sie bevorzugen massive Wände mit hohen Decken. Über Möglichkeiten die Mehrkosten zu refinanzieren wurde hier ja auch schon mehrfach debattiert.

  • zu #441:


    Die Verwendung von "Schuppen" und "Garage" sollte nicht auf einen etwaigen Kontext von "Schäbigkeit" abzielen, sondern mehr auf "Privatheit", weil es sich auf dem eigenen Grundstück, oft *hinter* dem Haus befindet.

    Auf die Eigen- und Feinheiten von Sichtbeton zu achten ist garnicht mal uninteressant und im künstlerischen Kontext ja absolut gerechtferigt, und Sichtbeton-Architektur hat auch an und für sich seine Daseinsberechtigung - genau wie Splatter-Gore-Filme, Death Metal, Ballermann-Schlager, Ärzte-Kitsch-Romane, Kunst von Jonathan Meese usw usf. irgendwie irgendwo ihre Daseinsbrechtigungen haben (auch bei dieser Aufzählung geht es nicht ums "Ordinär-sein", sondern einfach nur um Nischen-Interessen - mir ist auf die schnelle kein Artsy-Fartsy-Regisseur eingefallen.).


    Aber muss man andere Leute dazu zwingen, sich damit zu befassen? Das ist halt in der Architektur der Fall. Es wird gebaut und bleibt dann da stehen, und schlimmstenfalls müssen sich die Leute von gegenüber das jeden Tag reinziehen. Bei bestimmten Anlässen, wie bspw. Staatsempfängen, wir dauch kein Death Metal gespielt. Sondern etwas, worauf sich alle halbwegs einigen können. Kitas, Altenheime, ach generell Wohnungen würden, so es denn finanziell möglich wäre, auch nicht im Stil von HR Giger gebaut werden. Aus bestimmten Gründen. Der Stil von Giger ist an sich toll, aber die Menschen wollen in etwas "Schönem" leben und auch sonst städtebaulich davon umgeben sein.


    Ich bin übrigens überhaupt kein Gegner von moderner Architektur, wie du es unter Umständen mit deiner Omma-Kasupke-Ansprache zu framen versuchst. Aber sie muss halt spannend sein. Also *wirklich* spannend. Wie bspw. der Riegel in der Karl-Liebknecht-Straße, gegenüber dem Fernsehturm, parallel zu den Rathaus-Passagen. An dessen Fassade passiert was. Das ist nicht monoton. Oder der Cube am Hbf. Oder die HafenCity in Hamburg. Das Unilever-Haus - DAS ist gekonnte moderne Architektur, weil spannend, detailverliebt, nicht-monoton (somit nicht trostlos, somit nicht menschenfeindlich), nicht bunker-artig und letzten Endes einfallslos wie das Suhrkamp-Ding hier (jaja ich weiß die Architekten haben sich dabei was gedacht pipapo so wie sich viele andere Künstler gaaanzganz toll sich bei ihren "Kunstwerken" was gedacht haben gähn). Es ist eine graue Wand, die letztlich einfach nach Begrünung schreit. Bei aller Liebe zu den Eigenheiten von Sichtbeton.

  • Ja, aber die Assoziation von Popper das es sich bei den Sichtbetonfans zum großen Teil um eine Architekten Bubble handelt, da gehe ich schon mit.

    Irgendjemand bestellt die Gebäude aber auch. Irgendjemand trifft entscheidungen. Irgendjemand wählt und zahlt diese Entwürfe.


    Ich denke nicht, dass ein Architekten-Kongress über den Kopf des Suhrkamp-Verlags hinweg entschieden hätte, wie der Bau auszusehen hat. Gleiches lässt sich über so ziemlich jeden anderen Bau sagen, welcher zu großen Teilen in Sichtbeton ausgeführt wurde.


    Ja, den Geschmack der Masse mag es nicht unbedingt treffen, die Klagen nehmen hier mit der Zeit aber schon verschwurbelte Ausmaße an - kleine elitäre Zirkel, welche die stilistisch treffsicheren Mehrheit ihrem Geschmack unterjochen...

  • Irgendjemand bestellt die Gebäude aber auch. Irgendjemand trifft entscheidungen. Irgendjemand wählt und zahlt diese Entwürfe.


    ^da hast du absolut Recht. Ich denke nur das auch die Entscheider/Investoren so langsam wechseln. Auf Plattformen wie z.B. Neubau-Kompass lässt sich schon jetzt der Zeitgeistwechsel bei Neubauten verfolgen - es wird wieder mehr Wert gelegt auf Fensterumrahmungen, gestalterische Elemente, etwas höhere Decken etc etc.

    Die Moderne ist bereits jetzt Geschichte. Wir erleben eigentlich nur noch die Ausläufer davon.