Zweite S-Bahn Stammstrecke [Bauthread]

  • Während der Bauzeit allerdings – das kann ich zumindest aus Stuttgart berichten – gibt es erstmal massive Verschlechterungen.

    Ich denke da kann man S21 und die 2. Stamm inkl Neubau Hauptbahnhofvorgebäude in München nicht vergleichen. Stuttgart hat wesentlich mehr Verschlechterungen in der Bauphase als München. Zwar wird auch in München am Hauptbahnhof viel rumgebaut, aber halt nicht dort wo die Züge halten.

  • Das mag schon stimmen, zumindest sind die Eingriffen in den laufenden Bahnverkehr in München nicht so gravierend. Trotzdem, unterschätzen würde ich das nicht, für nur kleine Verbesserungen macht das keinen Sinn. Tangential Verbindungen oder ein Ring würde mehr bringen und weniger Eingriffe in den laufenden Betrieb bedeuten.

  • Persönlich für mich wäre ein Nordring besser als die aktuell gebaute Stamm 2. Absehbar ist es auch, dass die Innenstadt in Zukunft einiges an Attraktivität als Einkaufsstandort verliert.

    Aber ich denke das Hauptproblem ist, dass in diesem Land etwas fundamental falsch läuft mit Grossplanungen.

    Und das nicht nur bei der Bahn sondern fast überall. Alleine wie lange grössere Bauprojekte bei der Stadt brauchen..


    Auch ein Nordring braucht wohl 30+ Jahre.

  • Evtl. gibt es ja die Möglichkeit, den bisher erreichten Baufortschritt zu sichern und zu erhalten. D. h., das Projekt nicht aufzugeben, aber es einigermaßen unbeschadet auf "stop" bzw. auf "pause" zu setzen, sodass man es ggf. zu einem späteren Zeitpunkt weiterbauen kann. Gleichzeitig könnte man sich mit allen Mitteln auf den Ausbau von Nord- und Südring konzentrieren, was für die nächsten Jahrzehnte wohl wirklich vernünftiger wäre und deutlich mehr Nutzen verspricht.

  • Aber ich denke das Hauptproblem ist, dass in diesem Land etwas fundamental falsch läuft mit Grossplanungen.

    Unter anderem ist ein Problem, daß es dazu ein klares Bekenntnis zu sinnvollem Wachstum der Städte geben müßte.


    In München wäre ein zweites Zentrum entlang des Nordringes – in vergleichbarer Dichte wie das jetzigen Zentrum zwischen Ostbahnhof und Donnesrberger Brücke – würde der Stadt und dem Umland dienlich sein.


    Ich hoffe ich rede jetzt keinen Unsinn über Stuttgart: In Stuttgart wäre an Stelle der aktuellen Planungen auch ein neues Stadtzentrum samt oberirdischem Bahnhof zwischen Stuttgart, Bad Cannstatt und Feuerbach ein mutiger und richtiger Schritt nach vorne gewesen mit gleichzeitig weniger Beeinträchtigung des laufenden Verkehrs.


    Leider ist jeder Gedanke an Wachstum in Deutschland durch einer Reihe von anti-kapitalistischen, "anthroposophischen", ökologischen Vorurteilen dämonisiert. Ja, es kann zwar kein ewiges Wachstum geben. Davon sind wir aber auch weit entfernt. In ökonomisch starken Regionen ist qualitatives Wachstum durchaus auch ökologisch sinnvoll, während in schwächeren Regionen auch mal entschlossener Rückbau und Schrumpfung gewagt werden kann.

  • Ob die Kostensteigerungen und Bauverzögerungen in diesem Fall etwas mit zunehmender Wachstumsskepsis zu tun haben? -- Das glaube ich eher nicht. Aber ich glaube, das wolltest du auch nicht ausdrücken. Wenn Baukosten und Bauzeiten schon dermaßen explodieren, wäre eine Netzerweiterung in Kombination mit städtebaulicher Verdichtung auf den ohnehin bereits versiegelten Flächen entlang des Nord- (und Südringes) in jedem Fall ganz im Sinne der Nachhaltigkeit und würde gleichzeitig auf "vernünftige" Art und Weise Wachstum ermöglichen.

  • ^^

    Wenn ich Dich korrekt verstehe, dann bin ich Deiner Meinung:

    Bezogen auf Ffm. könnte man Deinen Gedanken ggf. formulieren wie folgt:

    Warum (wie konkret angedacht) den bestehenden HBF mit mehreren unterirdischen Röhren quer durch die Innenstadt zum Durchgangs-HBF umbauen (unter Beibehaltung der heutigen keinesfalls voll befriedigenden städtebaulichen Strukturen in Ffm City-West).

    Man könnte auch grossräumiger planen und den HBF an anderer Stelle innenstadt-nah neu konzipieren - und zwar oberirdisch (habe ich im Ffm-Forum grob beschrieben).

    Das wäre natürlich eine "Grossplanung" in Deinen Sinne, weil eine Vielzahl von weiteren Belangen abgestimmt bzw. umgeplant werden müssten. Aber ich finde, diese Mühe (und planerische Verzögerung) wäre es für Ffm. wert.


    Problem:

    Das ist mit dem heutigen Zeitgeist nicht zu machen.

  • Vielen Dank für die Kommentare. Ihr habt mich genau richtig verstanden.


    Wir erleben viele Umbrüche. Die Mobilität insgesamt wird sich in den kommenden Jahrzehnten stark verändern. Anstatt dies zu antizipieren und entlang bestehender Infrastruktur zu verdichten investiert (verbuddelt) man Milliarden und vetrödelt Jahrzehnte um die gegenwärtige Struktur zu erhalten.


    Interessant, daß Ffm vor demselben Problem steht. Gerade Frankfurt, München und Stuttgart sollten als prosperierende Großstädte hier voran gehen.

  • Ich hoffe ich rede jetzt keinen Unsinn über Stuttgart: In Stuttgart wäre an Stelle der aktuellen Planungen auch ein neues Stadtzentrum samt oberirdischem Bahnhof zwischen Stuttgart, Bad Cannstatt und Feuerbach ein mutiger und richtiger Schritt nach vorne gewesen mit gleichzeitig weniger Beeinträchtigung des laufenden Verkehrs.

    Tatsächlich gab es diese Überlegung. Das hätte allerdings weitere Probleme mit sich gebracht. Zum einen wäre ein neuer Hauptbahnhof erst einmal vom Nahverkehr abgehängt gewesen, da in Stuttgart die meisten ÖNV-Linien über den Hauptbahnhof laufen. Zweitens wollte man den Hauptbahnhof im Stadtzentrum behalten und letztlich spielt die Stuttgarter Topografie da auch nicht wirklich mit. In Frage gekommen wäre eigentlich nur der Standort am Rosensteinpark wo nach Fertigstellung des neuen Hauptbahnhofs das Rosensteinviertel entstehen soll – aktuell liegen da noch die Gleisanlagen zum Hauptbahnhof und ein Abstellbahnhof. Ein alternativer, oberirdischer Bahnhof zu Stuttgart 21 hätte also nicht mehr sondern eher weniger neuen Städtebau bedeutet, deswegen legt man bei S21 ja schließlich alles in den Untergrund – was von den Gegnern ja auch als Hauptargument gegen das Projekt angeführt wird.

  • Der Sprecher für Mobilität der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag Markus Büchler fordert eine Bau-Pause. Diese solle genutzt werden, das Projekt auf den Prüfstand zu stellen und dabei auch Alternativen zum zweiten Altstadt-Tunnel zu untersuchen. Verkehrsminister Christian Bernreiter von der CSU lehnt eine Unterbrechung der Baumaßnahmen ab, weil das weitere 2 Milliarden Euro zusätzlich zu den ohnehin schon aus dem Ruder gelaufenen Kosten verschlingen würde. Offenbar will nun aber auch das Verkehrsministerium untersuchen ob und wie ein Ausbau von Nord- und Südring als Ergänzung zur Zweiten Stammstrecke sinnvoll wären.


    https://www.br.de/nachrichten/…fordern-bau-pause,TIFuiSd

  • Ein verordneter Baustopp. Vollkommen weltfremd. Geht mal gern von kosten von 200 oder 300 T € pro Tag aus, die die beiden Argen West und Mitte problemlos durch alle Instanzen bestätigt bekommen würden. Und dann nach 100 Tagen Baustopp? Was dann? Zuschütten und nochmal neu planen? Lächerliche Politik in Deutschland

  • Ich lese immer nur von Untersuchungen, Studien und Plänen. Verantwortung will und wird wie so oft aber wohl niemand übernehmen. Wenn ich an die zahlreichen Nebenbeschäftigungen vieler MdLs denke, Maskendeals, Anti-SEM und HH-Kampagnen etc. dann wundert es mich jedoch nicht mehr wirklich, dass da so "unwichtige" Themen wie eine 10 jährige Verzögerung untergehen und der Öffentlichkeit verschwiegen werden. So hoffe ich auf einen Untersuchungsausschuss im Landtag mit Konsequenzen bei der Wahl 2023.


    Der Vorschlag der Grünen geht mir nicht weit genug. Kein temporärer Baustopp, sondern bitte ein Bauende mit Schrecken (besser als ein Schrecken ohne Ende).


    Persönlich brauche ich keine Stamm-2, da ich mangels Zuverlässigkeit so gut wie keine S-Bahn mehr fahre, aber die Vorstellung, dass wir noch 15 Jahre eine Dauerbaustelle anstelle unseres HBFs haben, der Entwurf dann 30 Jahre alt sein wird, die U9 damit quasi ins nächste Jahrhundert rückt, der Marienhof eingezäunt bleibt, Baustelleneinrichtungsflächen noch viel länger als geplant nicht bebaut werden können... ich schreib lieber nichts mehr... <X:gaah:

  • Jedem tut das Dilemma weh! Dir vielleicht noch am allerwenigsten. Gibt aber zig Hunderttausende in und um München, die davon betroffen sind, Dennoch, was bring es, jetzt beleidigt aufzuhören? Auch diese Frage der Verantwortung: Was bringt das. Unsere Politiker-Kaste wird dadurch nicht beeindruckt. Was passiert denn? Haftung aus Privatvermögen? Öffentliche Ächtung? Gefängnis?


    Das Ding hat den Kern von München bereits aufgeschnitten. Unzählige Projekte sind daran geknüpft von U9 bis zum Hauptbahnhofneubau. Buttert die 10 Mrd. bis 2038 rein und Schluss. Das Geld ist bis dahin sowieso nur noch einen Bruchteil wert. Und wenn ich daran denke, wie diese 10 Mrd. unsere Politiker anderweitig ausgeben würden: Gute Nacht!

  • So mal komplett als Laie gefragt, warum werden jetzt keine Taskforces gegründet, die alles Rechtliche innerhalb der nächsten 12-18 Monate unter Dach und Fach bringen?


    Es wirkt auf mich so, als würde der Dampfer mehr oder weniger komplett ungesteuert vor sich hin treiben, jeder schiebt den anderen den schwarzen Peter zu, aber keiner will wirklich anpacken. Ich meine, da könnte man sich mit etwas Geschick und Glück als Macher profilieren.


    Und dann stellt sich mir die Frage der Bauzeit... die Kosten laufen bereits aus dem Ruder... könnte man blöd gesagt für 500mio bis 1 Mrd zusätzlich, die Bauzeit merklich verkürzen?


    Wie gesagt, auf mich wirkt es gerade so, als würde man dieses Schicksal als Gottgegeben ansehen...


    Dieser dämliche Tunnel stellt selbst den BER in den Schatten und das ist ein (Entschuldigung) fucking Flughafen...

  • Ich behaupte mal, dass durch Rücknahme der 3. Röhre die Bauzeit als auch die Baukaosten gesenkt werden können. Wird das thematisiert? Nein. Ist ja etwas, dass die Eintretenswahescheiblichkeit Todesfall durch Brand von 10^-11 auf 10^-13 verringert. Ist so ungefähr wie der Weiterbetrieb der AKW. Das sind politische Tabuthemen.


    Und die Kosten allein dürfen es nicht sein. Bauen ist energie- und rohstoffintensiv. Die Politiker haben kein Problem uns mit gegenüber 1 Jahr um 100% teuren Energiekosten und 50% teuren Lebensmittelkosten zu belasten. Obendrein: der Staat hat mit der Inflation das geringste Problem. Seine Einnahmen skalieren sich ohne Zutun.

  • Es hat für mich den Anschein als wenn die Gegner der 2. Stammstrecke absolut bewusst alles daran setzen die Bauzeit zu verlängern und die Kosten in die Höhe zu treiben. Damit wird versucht Politik zu machen und ist absolut verantwortungslos. Dem ist wahrscheinlich auch diese extreme Sicherheitsstufe geschuldet, die man erreichen will. Jedigliche Überprüfung der Pläne kann auch parallel passieren.

    Zumindest der Nordring soll doch ebenso zusätzlich zur 2. Stammstrecke kommen. Dann sollen die Beteiligten doch endlich mal in die Gänge kommen und das ganze mal umsetzen.

    Diese extreme Bauzeit bis weit rein in 30iger Jahre lässt sich für mich auch nicht mit übertriebener Sicherheit erklären. Wenn der politische Wille da wäre, könnte man das sicher beschleunigen.

  • Als unverbesserlicher Optimist erwarte ich nun, daß der Ausbau von Nord- und Südring nun stark beschleunigt wir (und die zweite Stammstrecke für alle überraschend auch doch noch 2030 fertig wird :)). So hat die Sache auch noch ihr Gutes.

  • Wie kompliziert in Ausführung , Zeitrahmen und Kostenrahmen ist im Vergleich hierzu der Eastside Access von der LIRR zum GCT , das ist doch auch ein Großprojekt ?

  • Lieber Schachbrett,

    Lese schon einige Zeit diesen Thread, als Grundlage um so manches besser zu verstehen wäre es aber schön wenn nicht so viel mit Kürzeln geschrieben würde.

    Es ist mir nicht bekannt was LIRR-GCT bedeutet.

    Zur Sache, ich glaube doch das Mia. Es richtig gesagt hat, wenn es jetzt wirklich mit den Zahlen und der Zeit so sein soll dann ist es nur Sinnvoll alles auf Null zurück und anderes planen. Wir sollten uns in der BRD solange damit abfinden dass ein vernünftiges Bauen mit angemessenen Kosten und Zeit nicht mehr möglich ist.

    Zuviel Gesetze, Richtlinien, Vorschriften, Bürgereinwendungen, immer wieder neue Gutachten und Gegengutachten stehen im Weg.

    Das gesamte System sollte geändert werden, es muss alles was in den Behörden, Planbüros und anderen Stellen getan oder entschieden wird mindestens um die Hälfte vereinfacht werden.

    Solange das nichts wird, können wir einfach nichts mehr großes.