Zukunft des Kempinskis

  • Zukunft des Kempinskis

    Der Tagesspiegel berichtet, dass das 1952 als erstes der gleichnamigen Hotelkette erbaute Kempinski Hotel am Kurfürstendamm, Ecke Fasanenstraße, wohlmöglich vor dem Abriss steht. Es gäbe eine Bauvoranfrage des Eigentümers eines Nachbargrundstücks, der an der Stelle des Kempinski eine Passage zwischen der Uhland- und der Fasanenstraße mit Läden, Lokalen und einem kleineren Hotel errichten möchte.


    Das Kempinski Hotel betont zwar, dass das Hotel nicht zum Verkauf stehe, aus Insiderkreisen heißt es aber, dass das Kempinski schon lange nicht mehr profitabel sei. Stadtrat Schulte scheint dem Bauprojekt offen gegenüber zu stehen und betont, dass auch für den Bezirk die im Raum stehende Passage nicht uninteressant sei, zumal das Hotel keinem Denkmalschutz unterfällt. Die Gerüchte seien jedenfalls "keine Luftnummer" und in der am 24. Juni stattfindenden Ausschusssitzung wolle man mehr über die Gespräche mit dem potenzielle Investor sagen.


    Es bleibt spannend.

  • Das wäre schade. Im Gegensatz zu späteren Nachkriegsbauten haben jene der 50er noch eine gewisse Eleganz. Und wer weiß, was dann kommt...Es ist ja schließlich auch nicht irgendein Hotel.


    Ob der Kudamm bzw. zwei seiner Seitenstraßen eine Passage brauchen, wage ich mal zu bezweifeln. Das Leben soll auf dem Kudamm, nicht innerhalb der Häuserblocks stattfinden. Man kann außerdem auch jetzt schon von der Uhland- in die Fasanenstr., wenngleich es dort nicht viele Geschäfte gibt. Nur muss man durch die Hotel-Lobby, wovor manche vielleicht etwas zögern. Aber es verkürzt immerhin den Weg.

    Einmal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Kudamm ohne Kempinksi? Das wäre ein herber Verlust. Das Kempinski ist nicht nur ein Hotel sondern eine Berliner Institution. Zu Zeiten der Teilung war das Kempinski DAS Hotel schlechthin in West-Berlin. Gehen wir mal gedanklich zurück in die Vorwendezeit. Das alte Adlon war verschwunden, das neue Adlon noch nicht wieder errichtet. Es gab kein Ritz Charlton am Potsdamer Platz, kein Hilton am Gendarmenmarkt, kein Four Seasons, das Esplanade am Landwehrkanal wurde erst Ende der 80er gebaut. Auch das mondäne Grand Hotel in der Friedrichstrasse (heute: Westin Grand) wurde erst Ende der 80 Jahre gebaut. Und so war das Kempinski lange Zeit das einzige echte Luxus-Hotel in dieser Stadt.


    Aber die Entwicklung war leider abzusehen. Wenn ich richtig informiert bin, gehören Hotel Adlon und Hotel Kempinski zusammen. Die Kempinski-Gruppe hat ins neue Adlon investiert. Und das namensgebende Haus am Ku-damm hat man immer mehr absacken lassen. Ich hab mich immer gefragt, warum man das Kempinski nicht wieder aufpeppt. Vermutlich wollte man nicht, daß man sich mit den eigenen Häusern gegenseitig Konkurrenz macht.


    Krass finde ich, daß nicht einmal von einem Ersatz durch eine andere Hotelmarke die Rede ist. Stattdessen Abriss und Passage, also kompletter Verlust des Hotels. Echt schade!

  • … Das ändert aber nichts daran, dass es wohl ein wenig angestaubt ist… das letzte mal war ich 1975 dort um ein Eis zu vertilgen nach der Oper…
    Es sind eine Reihe Berliner Institutionen am Ku'damm und Seitenstraßen verschwunden. Wenn ich z.Bsp. an das Hotel Bogota denke,…
    Schuld daran ist auch das Zupflastern mit Billighotelketten wie speziell am östlichen Ende des Tauentzien und Wittenbergplatz.
    Der Ku'damm hat's überlebt aber sicher es bleibt etwas auf der Strecke.
    Was wir ganz sicher dort nicht brauchen ist eine Einkaufspassage wie Ben schon ganz richtig geschrieben hat.

  • Billig ist ja ziemlich relativ. Wenn 70 bis 100€ billig sind dann kann man am Tauentzien billig unterkommen.


    Im Interconti, dem Pullmann Scheizer Hof gegenüber, dem Palace im Europacenter oder dem Steigenberger am Los-Angeles Platz wird es aber auch teurer. Ich vermute, dass es diese Hotels auch schon vor der Wende gab.


    Eine der neusten Luxusherbergen in der Gegend ist wohl "Das Stue" an der spanischen Botschaft. Ist eher für den reichen Individualreisenden als für Geschäftsreisende auf Spesenrechnung. Das fängt bei 260€ für die Nacht an.

  • Wenn ich die letzten 10-15 Jahre zurück denke, die ich solche Entwicklungen in Berlin bewusst miterlebt habe, dann muss man schon sagen, dass der "Boom" des hippen Berliner Ostens, sowohl bzgl. dieser "Szenekieze" wie auch bzgl. Pariser Platz o. ä., stark auf Kosten des alten Westberlin ging.


    Aber jeder Niedergang birgt bereits die Saat des nächsten Aufschwunges in sich. Am Zoo sieht man das ja schon recht eindrücklich. Ich hoffe nur, dass der Kudamm nicht noch all zu lange "abbaut", bis sich dort die Entwicklung umkehrt. Es wäre schade, denn der ganze, große Bereich Kudamm/Zoo/Tauentzien kommt dem, was in anderen Städten ein geschlossenes und entwickeltes Stadtzentrum bildet, in ganz Berlin noch am nähesten.


    Denn die zentralen Bereiche des alten Ostberlin erinnern durch die Gestaltung, mit großen Riegeln mit großen Abstandsflächen dazwischen, eher an das Erscheinungsbild einer "Trabantenstadt" der Nachkriegsjahrzehnte, als an ein gewachsenes Zentrum einer europäischen Metropole (=Gründerzeitbauten, Blockrand, Traufhöhe, etc.). Und Polyzentrizität hin oder her, eine Metropole braucht ebenso ein Zentrum, wie eine Kleinstadt, sonst fehlt einfach was. Ich bin kein Hipster oder "Alternativer", ich finde abgerockte Räumlichkeiten nicht "szenig", ich will Speisen nicht in Einmachgläsern serviert bekommen, ich finde Stuckfassaden dann am schönsten, wenn sie frisch gestrichen sind und mag meinen Gehweg sauber und meine Nachbarn möglichst wenig störend, dafür ruhig mal ein höfliches oder gar freundliches Wort wenn man sich trifft. Ich bin auch kein Antikapitalist und oder Vegetarier. Und ich geh lieber in einem gepflegten wilhelminischen Stadtpark spazieren, als auf einem ehemaligen Flughafenrollfeld alias "Tempelhofer Freiheit". Ich bin also einer dieser "Normalos", den die ganzen zugezogenen Hipster und "Alternativen" so sehr verabscheuen, das sie "uns" am liebsten ganz aus der eigenen Stadt werfen würden.


    Hier ist die Stadtentwicklung aber auch einfach gefragt, sich auch um die Interessen von uns (positiv gesagt) "Spießern" zu kümmern und nicht nur um "szenige" Brachen, Ruinenchic, usw.

    2 Mal editiert, zuletzt von Pumpernickel ()

  • ^^
    Nachdem ich deinen Text gelesen hatte habe ich dein Alter auf mindestens 60 eher 70 geschätzt. Dann lese ich links Alter:28. Das ist sehr verblüffend.


    Was das Verhältnis von Zugezogenen zu Eingeborenen angeht gibt es bei der Morgenpost eine eindrucksvolle grafische Darstellung. Innerhalb des S-Bahnrings ist nur jeder Dritte in Berlin geboren. Wenn du unter mehrheitlich Eingeborenen leben möchtest musst du nach draußen ziehen. Seit der Wende sind 2,9 Millionen Menschen nach Berlin gezogen und 2,7 Millionen weggezogen.


    http://interaktiv.morgenpost.d…erlin/#12/52.5139/13.4026


    Da Berlin vielfach größer ist als alle anderen deutschen Städte kann ich keine Notwendigkeit für nur ein Zentrum erkennen. Dein Posting klingt für mich auch nicht so als wärest du schon mal am Prenzlauer Berg oder im Scheunenviertel usw. spazieren gegangen. Das ist doch alles durchsaniert und frisch gestrichen. Den angeblichen Niedergang am Kudamm sehe ich aber auch nicht. Das ist doch die Luxuseinkaufsmeile in Berlin.

  • ... Und so war das Kempinski lange Zeit das einzige echte Luxus-Hotel in dieser Stadt. ...


    Nicht ganz richtig. Das Interconti in der Budapester Straße und das Palace Hotel am Europacenter gehören seit Jahrzehnten ebenso der fünf Sterne Kategorie an. Das Interconti war lange Jahre das führende Haus in Berlin, zumal es einen eigenen Hochsicherheitsbereich für potentiell gefährdete Gäste aufweist. Das Interconti ist heute noch eines der Berliner Top Hotels, würde ich nicht unbedingt hinter das Adlon anstellen wollen.


    Vor einigen Jahren gab es doch schon einmal Ärger um das Bristol Hotel wegen hohen Mietrückständen. Die Zwangsräumung konnte damals noch abewendet werden.
    Und Kempinski ist, soviel ich weiss, nur noch per Management Vertrag dort tätig, dass heisst der Betreiber ist ein anderer, der Eigentümer des Hauses sowieso. Ich war vor ~ 2 Jahren das letzte Mal im Grillrestaurant und ein paar Wochen vorher zum Brunch im Hotelrestaurant. Ist empfehlenswert, vor allem das Restaurant wirkte auf mich aber etwas abgenutzt.


    Architektonisch interessanter als beim Kempinski finde ich im Übrigen den Lobbybereich des Hotel Sylter Hof.


    Für einen Abriss wäre ich offen, auch wenn ich ihn nicht herbeisehne.

  • Das Kempinski ist ein Geschichtsträchtiges, allerdings ziemlich unscheinbares Gebäude. Vielleicht könnte man das Gebäude auch Erhalten, indem man die Fassade ein wenig Ansprechender gestaltet. Im Vergleich zu neuen Luxusherbergen wie dem Adlon fehlt dem haus schon äußerlich das besondere, dass die Gäste in der gehobenen Preiskategorie erwarten. Insofern ist es auch nicht so überraschend, wenn das Haus nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben ist. Und die Konkurrenz in der Umgebung wird bekanntlich auch nicht weniger, siehe Upper West.
    Bedingt durch die Teilung hat sich Berlin nun auf Kosten des alten Westberliner Zentrums nun Polyzentrisch entwickelt. Allerdings kann man an den Investitionen in den Vergangenen Jahren gut erkennen, dass der Westen rund um Kudamm und Tauentzien wieder an Attraktivität gewinnt. Aus meiner Sicht keine schlechte Entwicklung.

  • Nicht ganz richtig. Das Interconti in der Budapester Straße und das Palace Hotel am Europacenter gehören seit Jahrzehnten ebenso der fünf Sterne Kategorie an. Das Interconti war lange Jahre das führende Haus in Berlin


    Siehe Wikipedia-Artikel zum Kempinksi: http://de.wikipedia.org/wiki/Kempinski_Hotel_Bristol_Berlin
    Unter dem Abschnitt "Geschichte" ist zu lesen, daß das Kempinski bis zum Ende der 70er Jahre das einzige Hotel der Luxusklasse in Berlin gewesen ist.


    Das Kempinski war immer viel schillernder und glamouröser als das Interconti. In den 50er und 60er Jahren sind die großen Filmstars wie Sophia Loren und Curd Jürgens im Kempinski abgestiegen. Und das sage ich nicht, weil es auf Wikipedia steht, sondern weil ich es selbst gewußt habe.


    Zugegeben, die US-Präsidenten wie Obama und Clinton waren im Interconti zu Gast, weil es den von dir genannten Hochsicherheitsbereich besitzt. Aber ansonsten ist das Interconti doch eher ein wenig glamouröses Hotel für Geschäftsreisende.


  • Ich nehme das mal als Kompliment, mich besonders stereotyp "altersgemäß" zu geben war mir noch nie wichtig.


    Überdies ist mir der "Bevölkerungsaustausch" natürlich bewusst, ich habe das ja versucht etwas launig anzureißen - aus Berlin sind v. a. einheimische "Normalos" fortgezogen und v. a. "Lebenskünstler" aus der Provinz zugezogen, denen ihr altes Heimatnest zu klein und eng war und die jetzt in Berlin richtig aufblühen, wenn man ein pauschales Fazit ziehen möchte. Ist ja auch schön und gut, jeder soll seinen Platz finden. Aber Berlin ist eben nicht nur das Hype-Berlin irgendwelcher szenigen Straßenfestivals usw., sondern es gibt eben auch noch ein anderes Berlin und auch uns "Normalos" (durchaus auch mit gutem Einkommen und gewissen Ansprüchen an eine Stadt, also eher "Herrenausstatter" als "Bread and Butter").


    Und für uns, die vielleicht immer noch größere Masse, wird in der Stadtentwicklung einfach zu wenig gemacht. Alles soll immer auf der Welle des "szenigen Berlin" reiten und im Zweifel sind auch die Touri-Ansprüche an erster Stelle - also die Erfüllung der Touri-Erwartungshaltung: nämlich das billige, schmutzige und "szenige" Berlin des gängigen Klischees anzutreffen, statt der Bürgerlichkeit die sie schon von zuhause kennen.


    Ich bin eigentlich ein klassischer Sozialdemokrat, im politischen Denken und auch bei meinen Wahlentscheidungen. Aber meine Güte, ich liebäugle ernsthaft damit, 2016 in Berlin zum ersten Mal CDU zu wählen, damit auch die bürgerlichen Aspekte in der Stadtentwicklung wieder eine Stimme bekommen. Der alte Westen, das Zentrum des ehemaligen Westberlin, ist in meinen Augen auch deshalb in die zweite Reihe gerückt, weil es eben so bürgerlich ist - Charlottenburg hat ja auch mehr mit Düsseldorf oder München gemein, als mit der Gemüseschlacht auf der Oberbaumbrücke oder "Deutschland verrecke"-Antifas.


    Und gerade weil Berlin mehr als eine bestimmte Monokultur ist, gerade deshalb muss das bürgerliche Berlin auch mal wieder gefördert und weiterentwickelt werden.

  • ^^
    Bread & Butter-Gründer Karl-Heinz Müller hat ja seinen 14oz Laden im Haus Cumberland am Kurfürstendamm. Als ich da mal hineingegangen bin, sagten die Verkäufer hinter mir ich sehe im Gegensatz zu den anderen Gästen wenigstens so aus als könne ich mir ihre Sachen leisten.


    Jungkonservative Männer im Maßanzug vom Herrenausstatter sind nun ganz gewiss nicht in der Mehrheit oder Normalos und wollen das ja auch gar nicht sein, sondern sich von der schnöden Masse abheben. Neigen aber vermutlich auch nicht dazu sich zu kurz gekommen zu fühlen.


    In der "Stadtentwicklung" werden innerhalb des S-Bahnrings vorwiegend Wohnungen im hohen und höchsten Marktsegment gebaut. Sicherlich auch in Charlottenburg. Es sind eher die "einfachen Menschen" die dabei zu kurz kommen. Wowereit sagte dazu "es gibt kein Recht auf Wohnen in der Innenstadt".

    Einmal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • Das sehe ich als Sozialdemokrat anders und ich bin bestimmt kein "Jungkonservativer" (ich passe höchstens nicht in deine Schubladen, so sehr du dich auch mühst eine vorhandene Schublade für mich zu finden). Natürlich gibt es das Recht des Bürgers, dass die Politik für soziale Durchmischung der Wohngegenden sorgt - noch haben wir kein Zensuswahlrecht und somit hat die Politik gegenüber dem einzelnen Bürger stets die selbe Verantwortung und Verpflichtung.


    Davon abgesehen, vieles, was in Berlin als "Luxussanierung" gilt, ist in anderen Großstädten Westdeutschlands 0815 Neubaustandard. Richtig ist sicherlich, dass der Wohnungsbestand in Berlin, auch im Westteil, früher so sehr auf Verschleiß gefahren wurde, dass der Sprung auf den Stand der Technik und den Stand des Wohnens Westdeutschlands da wie "Luxus" erscheint. Als Beispiel hierfür, wie auch bei Neubauprojekten im alten Westberlin am Standard gegeizt wurde, nehme ich zahlreiche Wohnhochhäuser, bei denen folgendes Vorgehen üblich war: gemäß den Bauvorschriften wurde für die Bewohner der höchsten Etagen ein Personenaufzug eingebaut.


    Dieser Aufzugsschacht verlief natürlich einmal vertikal durch das ganze Gebäude - nutzbar war dieser Aufzug aber tatsächlich auch nur für die Bewohner dieser höchsten Etagen, die anderen Etagen hatten dort, wo der Aufzugschacht verlief, nämlich lediglich eine geschlossene Wand und keine Aufzugtüren. Obwohl es im Grunde ohne nennenswerte Mehrkosten möglich gewesen wäre, sämtliche Bewohner in den Genuss des Aufzuges kommen zu lassen, hat man keinen Deut mehr gemacht, als zwingend Vorschrift war.


    Auch gab es in Berlin zahlreiche Kuriositäten, beispielsweise im Bereich der Badezimmer-Installation, die man so auch nirgendwo anders in Westdeutschland fand. Wenn ich da an meine erste, noch "unsanierte", Wohnung in einem Hinterhaus im Wedding denke, da hat man irgendwann in den 70ern beschlossen Bäder in den einzelnen Wohnungen nachzurüsten und weil man (Auskunft des alten Hausmeisters) zu geizig war, eines der dafür hergenommenen "Schlauchzimmer" gänzlich zu kacheln, hat man einfach auf der halben Raumtiefe eine schulterhohe Trockenmauer eingezogen, die vordere Raumhälfte gekachelt und eine Stehdusche eingebaut und der Raum hinter diesem Mauerchen diente als Stellplatz für den Warmwasserboiler und wurde dann von Mieter zu Mieter mit immer mehr Unrat zugekippt, an das Fenster kam man natürlich auch nicht mehr hin, z. B. zum Putzen, das alles hat mehr an eine derbe, improvisierte Stalldusche erinnert, als an ein Badezimmer. Nicht zu vergessen auch die tollen Bodendielen, an deren herausstehenden Nägeln und Dielenkanten ich mir unzählige Fußwunden gerißen habe, frühmorgens und die schimmeligen, undichten Holzfenster in Einfachverglasung, die im Winter voller Eisblumen waren. Das ist keine Erzählung aus Opas Tagen, sondern so wohnte ich noch Anno 2005 inmitten von Berlin!


    Zwischenzeitlich wurde dieses Gebäude "luxus saniert", wie ich bemerkte als ich einmal in meiner alten Nachbarschaft war. Sprich: es ist jetzt zeitgemäß und hat Wohnwert. Teurer geworden? Sicherlich. Am billigsten ist immer noch ein Pappkarton unter der Brücke - gutes Wohnen hat eben auch einen gewissen Preis. Sozial Schwache müssen zusätzlich gefördert werden - aber für sozial Schwache von vorneherein einfach Wohnungen niedrigen Standards vorzusehen/zu erhalten halte ich für ein seltsames Verständnis von sozialer Wohnungspolitik. "Krieg den Hütten, Paläste für alle!" müsste eigentlich gerade das Motto von "Linken" sein.


    Wenn man sich dieses niedrige Ausgangsniveau des Wohnungsbestandes in Berlin vor Augen hält, dann relativiert sich manche als "Luxussanierung" empfundene Modernisierung der letzten Jahre doch stark.

  • Zukunft des Kempinskis

    Der Tagesspiegel schreibt heute, daß die Bezirksverordnetenversammlung, neben dem Kempinski, auch das Haus in der Fasanenstraße 62 retten möchte. Der Ausschuss und der bezirkliche Denkmalbeirat verlangen einstimmig, daß das Haus unter Denkmalschutz gestellt werden soll. Das Landesdenkmalamt prüft wohl schon. Damit wäre das Haus das erstes Gebäude aus den 80ern in Berlin, welches unter Denkmalschutz gestellt würde. Das Vorhaben ist allerdings zweifelhaft, da das Bauamt bereits im März den Abriss genehmigt hat.

  • Die frage ist doch eher warum sollte mann das Hotel Keminski-Gebäude nicht abreißen?? Aus falsch verstandener Westberlinnostalgie??Das Haus ist kein Schönheitspreisgewinner und nix besonderes. Da gibt es schönere Zeugnisse der 50er bis 70er Moderne die erhaltenswert sind.

  • ^ Ich finde das Kempinski auch nicht sonderlich beeindruckend, und m.E. wäre sein Verlust viel leichter zu verschmerzen als z.B. der der Fasanenstraße 62. Aber das mit der "falsch verstandenen Nostalgie" ist so eine Sache – gibt es denn auch eine richtig verstandene oder ist Nostalgie nicht einfach immer Nostalgie? Will sagen: Das Haus war vor vierzig, fünfzig Jahren ein zentraler Bezugspunkt im Leben der Westberliner Gesellschaft. Ist es verwerflich, wenn vor allem ältere Leute sich wünschen, dass es stehen bleibt, weil es für sie "Seele" hat?


    Und wenn man es etwas objektiver zu fassen versucht als mit dem Nostalgie-Begriff – könnte man das Kempinski nicht tatsächlich als herausragendes Beispiel für einen wichtigen Abschnitt der Stadtgeschichte betrachten? Damit käme ihm ob seiner Geschichte dann doch so etwas wie ein Denkmalcharakter zu, den es alleine aufgrund seiner Architektur noch nicht besitzt. Womit ich nun andererseits nicht behaupten will, dass Denkmalschutz und Erhalt in diesem Falle unbedingt notwendig wären – ich finde es aber legitim, darüber zu diskutieren und ggf. auch so zu entscheiden.

  • ^ Das sehe ich ganz ähnlich. Für mich als gebürtigen West-Berliner hat der Name Kempinski jedenfalls einen besonderen klang. Das Haus kann architektonisch zwar nicht wirklich mithalten, aber es ist auch kein städtebauliches Problem. Denkmalschutz wäre denke ich ok, da der Bau genau das ist: ein Denkmal für das vergangene West-Berlin. Wenn nicht, kann ich damit auch leben.

  • Zum Kempinski: ich finde das Gebäude sogar sehr schön - die abgerundete Ecke, die Fensterrahmen aus Baubronze oder zumindest Messing und den Restaurantvorbau (Reinhardts) in schwarz und Messing. Das Gebäude steht für die elegante Seite der 50er und ist für mich fast so ästhetisch wie das Kieperthaus am Ernst-Reuter-Platz oder das Höchsthaus am Steinplatz. Nostalgie ist hierbei keine Argumentationsgrundlage, es war einfach ein wie ich finde sehr ästhetisches Jahrzehnt was Repräsentationsbauten anging. Beim alten Ku'Damm-Eck aus den 70ern war ich heilfroh als es wegkam, das war ja auch sehr prägend für "Berlin (West)" und damit verbundene Nostalgie.
    Der Ku'Damm hat sehr hochwertige 50er-Bauten, wo man sieht dass den Bauherren und Architekten wohl bewusst war, dass sie an einer repräsentativen Straße bauen. Beispiele von vielen: Bayerhaus am Olivaer Platz, das Gebäude mit der konkaven Fassade (White & Case Schriftzug auf dem Dach) an der Ecke Uhland usw.

  • ^ In Berlin wird schon viel zuviel stadtbildprägende Architektur der letzten Jahrzehnte abgerissen, von daher ist die Unterdenkmalschutzstellung einer Westberliner Ikone nur zu begrüßen! Es sind eben nicht nur architektonische sondern auch sentimentale Gründe die dafür sprechen.
    Ein Stuttgarter wie Sie sollte das wenn schon nicht verstehen zumindest akzeptieren!