Oper und Schauspiel: neuer Standort / Alternativlösungen?

  • Und vom alten Schauspielhaus spricht natuerlich keiner.

    Doch, ich denke dass vom alten Schauspielhaus sehr viel gesprochen oder eher geschrieben wird – und zwar in dem Gutachten zur Frage "Sanierung oder Abriss?" das in #497 verlinkt ist.


    So wie ich das lese, sind die Reste des alten Schauspielhauses, da sie Fixpunkte der Gebäudeproportionen vorgeben, in vielen Bereichen die Ursache dafür, dass sich der Abriss rechnet: Raumangebot, Raumhöhen und damit Möglichkeit Brandschutz und Lüftung zeitgemäß zu Ertüchtigen, Notwendigkeit für Treppen und Rampen und ein grundsätzlicher Mangel an Barrierefreiheit. All das ist nicht behebbar, ohne auf die aus dem Altbau übernommenen Strukturen zu verzichten.


    Wenn jetzt noch die "neue" Fassade unter Denkmalschutz gestellt ist, dann gibt wohl keine Möglichkeit mehr, das was an einem noch existierenden Altbau schutzwürdig gewesen wäre, seine Fassade, in einen Neubau äußerlich zu integrieren. Was bleiben wird, ist die Integration von Spolien aus heute noch verdeckt existierenden Fassadenteilen in einen neuen Innenbereich.


    Ob das Dir ausreicht und mir gefällt?

  • Und vom alten Schauspielhaus spricht natuerlich keiner.


    Und davon, dass die Doppelanlage von einem früheren NS-Architekten aus Speers Wiederaufbaustab mit gebaut wurde, spricht natürlich auch keiner. Wenn diese Mottenkiste für das "neue, demokratische Selbstverständnis Westdeutschlands nach 1945" stehen soll, dann gute Nacht.

  • Interessant ist, dass die ursprüngliche Mit-Unterschutzstellung des historischen Baus, nun völlig weggelassen wurde. 2016 hieß es im Zusammenhang mit dem Landesdenkmalpfleger Wionski noch: "Als weiteren denkmalwerten Bestandteil der Gesamtanlage stellte Konservator Wionski die baulichen Überreste des alten, 1902 eröffneten Schauspielhauses heraus, auf dessen Fundamenten die Theater-Doppelanlage errichtet worden war. Dazu zählten etwa zwei Treppenanlagen, die originalen Keller des Schauspielhauses mit Brandschutztüren aus dem Jahre 1903 mit zahlreichen baulichen Details. „All das ist denkmalwert.“ https://www.fr.de/frankfurt/op…utz-buehnen-11078160.html

  • Die Frage ist immer wieder, was man erreichen will: Ein Museum der Theatertechnik, in dem man schöne Überreste vergangener Zeiten ausstellen will, oder einen bespielbaren Theaterstandort, in dem das Publikum sich barrierefrei, sicher und ungefährdet bewegen kann. Beides gleichzeitig hat Frankfurt jetzt eine Zeitlang unfreiwillig versucht und ist inzwischen an dem Punkt angekommen, dass der zweite Teil der Auflistung derjenige ist, um dessentwillen man das Ganze betreibt.


    Dass sich der Denkmalschutz jetzt hier als ebenso - nennen wir es mal: pragmatisch - erweist, wie in vielen anderen Situationen braucht jetzt niemanden wirklich zu überraschen. Lieber das schützen, was was noch verwert-/nutzbar ist, als mit Maximalforderungen erreichen, dass ein Neubau an anderem Standort und eine nur wirtschaftliche Verwertung des Baus (Fassade und Foyer als Hochhausblockrand) auch das was man als erhaltenswert sah, der Öffentlichkeit entzieht.

  • Nur wenige Stunden (oder waren es Minuten) nach der Verkündigung des Denkmalschutzes für das Foyer des Schauspielhauses, gibt es eine gemeinsame von Hartwig, Josef und Gunthersdorf getragene Entscheidung. Die FR schreibt "...Das heutige Wolkenfoyer ... soll in einen künftigen Neubau der Bühnen dort integriert werden. Das hat die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) im Gespräch mit der FR angekündigt. Diese Haltung habe sie gemeinsam mit der städtischen Stabsstelle zur Zukunft der Bühnen und Planungsdezernent Mike Josef (SPD) entwickelt. "

    Außerdem stellt dem FR-Bericht folgend Michael Guntersdorf, der Leiter der Stabsstelle, zurzeit einen internationalen Architekturwettbewerb für einen weitgehenden Neubau der Bühnen vor. Er soll im Frühjahr 2021 ausgeschrieben werden.

    Vor einigen Wochen hatte das Stadtparlament erst den Abriss der Theateranlage beschlossen. Als politischer Laie hätte ich gedacht dass nun eine weittragende Entscheidung wie nun von Kulturdezernentin Hartwig verkündet, zunächst im Stadtparlament diskutiert wird und dort beschlossen wird. Auch die Ausschreibung für Frühjahr 2021 finde ich überraschend. Vor Kurzem verkündete Feldmann und andere Protagonisten noch, dass wegen Corona, alles erstmal auf Eis gelegt ist.

  • Im heutigen analogen HK meldet sich der Jörg Harbrecht (Vorstandsmitglied der Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus) zu Wort. Erwartungsgemäß kommt die Feststellung der Denkmalwürdigkeit durch Landeskonservator Heinz Wionski nicht gut an. Er wirft ihm vor mit "[...] Griffen in die Trickkiste eine denkmalrechtliche Unterschutzstellung des Glasfoyers der Theateranlage durchzudrücken" um den Magistrat mit Hilfe eines "Gefälligkeitsgutachtens" von dem Architekten Ralf Dorn unter Druck zu setzen damit dieser eine Sanierung der Doppelanlage beschließt. Weiter wirft er ihm vor erst jetzt die Denkmalwürdigkeit festzustellen nachdem schon Millionenbeträge für diverse Gutachten ausgegeben wurden. Auch hält er ihm vor seit Juli 2016 zu wissen das 55% vom historischen Jugendstilbau von Seeling noch vorhanden sind und mehr noch Heinz Wionski dessen Denkmalwürdigkeit auch hervorgehoben hat. "Das Landesdenkmalamt hat sich bei seiner Arbeit und seinen Bewertungen neutral zu verhalten", so Jörg Harbrecht. Deshalb hatte die Aktionsgemeinschaft eine "substantielle Dienstaufsichtsbeschwerde", zwei Gegengutachten und eine Beschwerde beim Landesrechnungshof an die Zuständigen gesandt.


    Das Landesdenkmalamt und Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst sehen das jedoch entspannt, d.h. Heinz Wionski kommentiert den Stil und Inhalt des Schreibens als "unfassbar und unwahr". Vielmehr "hat seit August 2016 das Landesdenkmalamt in Abstimmungsgesprächen eingebracht, dass das Foyer die gesetzlichen Voraussetzung eines Kulturdenkmals erfüllt". Und Volker Schmidt meint: "Sollte eine solche Beschwerde vorliegen, wird sie selbstverständlich geprüft".


    Am 10.06.2020 ab 19.00 Uhr gibt’s eine Podiumsdiskussion per Livestream. Wer möchte kann hier Fragen - wahrscheinlich erst am Tag unmittelbar vor der Diskussion - einreichen.
    Nennenswerte Neuigkeiten oder gar eine Kontroverse erwarte ich aufgrund der Diskutanten (Ina Hartwig, Anselm Weber, Torsten Becker und Peter Cachola Schmal) nicht.

  • Damen und Herren, es wird spektakulär: In der gedruckten Ausgabe von morgen berichtet die FAZ von Plänen, einen Neubau für die Oper an der Neuen Mainzer Straße zu errichten. Und zwar auf dem südlichen Teil des Areals, auf dem heute der Hauptsitz der Frankfurter Sparkasse steht. Besitzerin des Grundstücks ist die Helaba, die Muttergesellschaft der Frankfurter Sparkasse. Im Gegenzug will die Stadt der Helaba gestatten, nördlich des neuen Opernhauses ein Hochhaus zu bauen. Ein solches steht zwar mit bis zu 130 Metern Höhe bereits im geltenden Bebauungsplan. Doch der Deal sieht deutlich mehr Höhe vor, die Rede ist von 170 bis 200 Metern. Für das Schauspiel soll am gegenwärtigen Standort der Städtischen Bühnen ein Neubau errichtet werden.


    Einen Entwurf, bestimmt lediglich als Gestaltungsvorschlag zu verstehen, gibt es bereits. Er ist von gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner. Eine Ansicht von Osten, links das 115 Meter hohe Japan Center, rechts das mögliche Hochhaus auf dem verbleibenden Areal der Helaba.


    opernhaus-neubau_nms_gmp-entwurf.jpg
    Bild: gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner

  • Super!

    Genügend Tiefe hat das Grundstück, um eine Oper aufzunehmen. Das Hochhaus käme auch noch. Ich denke, die Höhe sollte sich zwischen Japan-Center und neuem Fraspa-Tower orientieren.


    Gute Idee also.

    Was die Zeichnung zeigt: die Oper bräuchte aber wohl noch Räume im Hochhaus.


    Was immer dieser Vorstoss jetzt bedeuten wird: es geht weiter in der Diskussion und Suche.

    Habe aber nicht mal die Wolken sehen können... oder bleiben die dann beim Theater am alten Ort?

  • ^Natürlich bleiben die Wolken am alten Ort, denn sie gehören ja zum denkmalgeschützen Foyer, das erhalten werden soll.

  • Also mit dem Standort kann ich gar nicht warm werden. Hab noch nie verstanden, warum dort immer nur 130Meter erlaubt waren. Das Grundstück bietet locker Platz für 2 bis 3 Türme unterschiedlichster Höhen. Und das wäre in meinen Augen auch weiterhin die sinnvollste Bebauung dort. Für die Oper gibts mehr als genug Alternativstandorte. Und da ihr Neubau ja sowieso höchstwahrscheinlich ein Glasfoyer bekommen wird, kann man die Wolken, wenn man die unbedingt erhalten will, auch problemlos in den Neubau transferieren.

    Dann hat man auch wieder mehr Freiheiten am Theaterplatz, und behält sich die Möglichkeit den Altbau aus seiner furchtbar verschandelnden Nachkriegshülle herauszuholen.

  • Die FAZ-Meldung hat bei mir eingeschlagen wie eine Bombe. Nachdem sich die CDU am Karcher-Areal festbeißt, hätte ich nicht mit solch einer Nachricht gerechnet. Da scheinen die Gespräche schon etwas weiter gediehen als bei der CDU, die unbedingt Karcher rauskaufen will. Standort und erste Entwürfe finde ich super. Auch dei Öffnung zur Wallanlage. Ih hoffe, das wird was!

  • Toller Ansatz und ein herber Schlag für das Selbstverständnis der Frankfurt-CDU als "Macherpartei" - auch und besonders im Blick auf das vorangehende Debakel mit der Multifunktionshalle am Kaiserlei.


    Das Planungsdezernat überrascht mich hingegen diesmal positiv und erinnert in seinem Vorgehen an pragmatischere Frankfurter Zeiten (Höhe anbieten, XYZ bekommen).

  • Weiteres Bildmaterial folgt nun. Zuerst der Übersichtsplan der Variante 1 (meiner persönlich favorisierten), groß klickbar:

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    Blick aus den Wallanlagen Richtung neuer Oper und neuem Hochhaus:


    103748063_963267527476zk14.jpg



    Bekanntes Rendering:


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    Innenraum der neuen Oper mit Blick auf die Wallanlagen:


    103413964_96326772413y0j7o.jpg


    Blick auf das neue Schauspielhaus:


    103133871_96326774413vvk5j.jpg


    Variante 2, die Spiegellösung:


    103424946_96328413080jpklr.jpg


    Blick vom neuen Schauspielhaus in Richtung neuer Oper:


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    Alle Grafiken, Renderings: gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner

    Einmal editiert, zuletzt von Adama ()

  • Danke Adama. Klar sind das erstmal Platzhalter, aber man kann sehr schön erahnen (gerade bei Variante 1, zweites Bild) was für einen grandiosen Effekt das auf die Wallanlagen haben könnte. Hoffentlich wird es nicht gleich politisch zerredet - irgendjemand fühlt sich ja immer auf den Schlips getreten.

  • Ich hatte mir ja auch schon mal Gedanken gemacht, wie man das Sparkassen-Areal neu gestalten könnte. Das Aufbrechen der Wand zur Grünanlage hin war da auch dabei und ich hätte auch Kultur eingebaut. Aber die OPER?
    Die Bilder mögen sicher spektakulär erscheinen, aber ich finde den Platz ziemlich unpassend dafür. Alles sehr beengt in der Straße und die Öffnung zur Taunusanlage wäre meiner Ansicht nach an der falschen Stelle. Übrigens wurde in der ersten Grafik (wie so oft) schon sehr geschönt, denn links am JapanCenter befindet sich noch deren TG-Einfahrt. Die hat man aus optischen Gründen mal nett wegretuschiert und hat schwups einen netten Vorplatz zur Oper.


    (Danke@tscheibörd für den Hinweis. Ich meinte natürlich das Japan Center und nicht den Taunusturm)

    Einmal editiert, zuletzt von ChriSto ()

  • ^


    Deine Meinung teile ich nicht ganz. Ich fände auch eine Öffnung an dieser Stelle sehr gut.

    Allerdings bin ich mir auch nicht sicher, ob du den neuen Ort der Oper richtig einordnest: Der Taunusturm wäre nicht an die Oper angrenzend, sondern einen Block weiter südlich. Dort ist nur das Japan Center und in der Tat deren Einfahrt.

    Also, etwas geschönt: Ja. Aber ich sehe nicht, warum es schwieriger sein sollte diese Einfahrt baulich besser zu verstecken als etwa den U-Bahneingang am Willy.

  • Ich bin absolut begeistert von diesem Standort für die Oper!

    Ich würde allerdings einen anderen Architekturstil für diesen Komplex wählen. Weniger Modern, mehr klassisch, theatralisch, monumental! Wagnerianisch! Nach oben strebend in einer Mischung aus Art Deco und Jugendstil inspirierter Gestaltung, und hier richtig in die Vollen gehen. Gotham City meets Völkerschlachtdenkmal. Mit Statuen, Säulengängen, Torbögen, ornamentalen Steinmetzarbeiten. Eine Tannhäuser Ouvertüre aus Stahlbeton! Der Wolkenkratzer der sich über das Opernhaus erhebt könnte ein Wohnturm sein der einen Namen wie "Parzival" trägt.

    Ich weiß, sowas wird nie passieren, aber man wird ja wohl nochmal träumen dürfen.

  • Interessanter Punkt Wolfman-Al und du begeisterst mich sofort: In Frankfurt ist Jugendstil im Stadtbild vollkommen unsichtbar. Die Oper wäre eine super Gelegenheit, diesen Stil an prominenter Stelle ins Stadtbild zu holen.

    Ich wäre auch für ein Postmodernes Opernhaus zu begeistern - aber hier im Forum löst diese Idee wahrscheinlich heftige Opposition aus, wie ich die Foristen einschätze.

    Etwa in dieser Richtung – ohne Wasser.


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    Quelle: Rob Koster / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)