Finanzplatz Frankfurt

  • Zur EZB und ihrer Bedeutung für Frankfurt noch ein paar Überlegungen, was den politischen Einfluss Frankreichs anbetrifft...


    Es war Macron, der über den Vorschlag von Frau Von der Leyen als Kommissionspräsidentin auch Frau Lagarde als EZB-Chefin platziert hat. Ich vermute mal ganz stark, dass für ihn die Rolle und Besetzung der EU-Kommissionspräsidentin eher zweitrangig war. Im Kern ging es ihm wahrscheinlich darum, anstatt einem deutschen Bundesbankers Herrn Weidmann eine stark-politisierte und Frankreich sehr wohlgesonnene Spitze in der EZB zu installieren.


    Erinnern möchte ich aber in diesem Zusammenhang an das, vom früheren Finanzminister Schäuble und auch dem ehemaligen Bundesbank-Vorstand Dombret im Zusammenhang um das Wettrennen um die EBA ins Spiel gebrachte, Zusammenlegen von EU-Bankaufsicht (EBA) und des SSM (Bankaufsicht innerhalb des Euro-Raums). Von den Herren wurde dies damals als sehr starkes Argument für den Sitz der EBA in Frankfurt angeführt.


    Leider liest man immer mal wieder, dass in Finanzkreisen in Frankfurt nun befürchtet wird, dass mit genau dieser Argumentation in Zukunft Paris versuchen wird, den SSM an nach Paris zu ziehen. Mit einer Lagarde an der EZB Spitze vielleicht ein nicht ganz unmögliches Unterfangen. Natürlich könnte das die EZB auch nicht alleine in die Wege leiten. Bei den aktuellen Mehrheitsverhältnissen innerhalb der EU, bliebe wahrscheinlich für Deutschland am Ende nur noch ein fauler Kompromiss… der prestigeträchtige Kopf des SSM geht nach Paris und man schafft dort die große EU Super-Banken- und Wertpapieraufsicht (bestehend aus ESMA, EBA, EBA) – der Unterbau des SSM (mehrere hundert Mitarbeiter) bleibt vielleicht erst einmal in Frankfurt – wird aber langsam nach Paris transferiert. Als Trostpreis bliebe die EIOPA (EU Versicherungsaufsicht) in Frankfurt und eine um 1300 Mitarbeiter ärmere EZB. Frankfurt wäre dann der Verlierer… und die EU Hubs die nach dem Brexit insbesondere wegen der Strahlkraft der EZB und des SSM nach Frankfurt gegangen sind, ziehen u.U. ebenfalls nach Paris.


    Glücklicherweise sind hierzu noch keine wirklichen Initiativen zu erkennen. Hoffen wir mal, dass es so auch nicht kommt.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaiser97 ()

  • @ Kaiser97: Ich verstehe die Kritik, dass man in Berlin/Wiesbaden/Frankfurt hätte mehr machen müssen um die EBA nach Frankfurt zu holen. Ich verstehe ebenso, dass die lokale Politik nun aufmerksamer agieren sollte, so dass die EBA nicht zu einem neuen Gegengewicht der EZB aufgebaut wird. Dennoch geht mir die Kritik nun an vielen Stellen zu weit.


    Ich wage zu bezweifeln, dass Macron sich ernsthaft mit einem „Anti-Frankfurt Pakt“ beschäftigt und Lagarde eine Art "Trojan Horse" Taktik aus der EZB heraus plant. Das Denkmuster Deutschland (Merkel / Wiedmann) vs. Frankreich (Macron / Lagarde) geht viel zu sehr in die eindimensionale „Us vs. Them“ Sichtweise der Welt. Es ist einfach nicht richtig, dass jede Entscheidung einem generischen Nullsummenspiel oder mittelalterlichem Kirchturmdenken (in diesem Fall – „Officeturm“ Denken) unterfworfen wäre. Hat das deutsch-französische Duo nicht beim 1,8 Billionen EUR schweren Corona-Hilfspaket oder der European Vaccine Initiative (EVI) zuletzt bewiesen, dass es alles andere als zerstritten ist? Letztlich kann man jedem Menschen niedere Machiavellische Instinkte nachsagen, aber die Realität ist, dass Macron als Vollzeit-Corona-Krisenmanager derzeit alle Hände voll zu tun hat und hieran bei den Wahlen in zwei Jahren gemessen werden wird und nicht an Klientelpolitik für Paris, die genau den "urbanen Globalisierungsgewinnern" zugute kommt, die in Frankreich ohnehin schon sehr kritisch gesehen werden.


    Als Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IMF) von 2011 bis 2018 hat Christine Lagarde ihre Unabhängigkeit bereits zu Genüge unter Beweis gestellt und spielte bei der Griechenland-Hilfe eine wichtige Rolle und ermöglichte die umstrittene Austerity-Sparpolitik, die vor allem im Sinne Deutschlands und nicht gerade im Sinne Frankreichs war.


    Die EBA gibt es nun erst seit dem Jahr 2011 und beschäftigt laut ihrer Webseite 159 Angestellte aus 25 Nationen. Diese gerade erst umgezogene Mini-Organisation soll nun den „800 Pound Gorlla“, also den Single Supervisory Mechanism (bzw. EZB-Bankenaufsicht) mit 1.000 Mitarbeitern, schlucken? Selbst wenn hier eine Möglichkeit bestünde, stehen die Chancen auf eine wesentlich leichtere Einverleibung der EBA in den SSM ebenfalls nicht schlecht.

  • Die Kritik an Frankreichs übermäßiger Einfluss und Deutschlands unzureichender Eingriff in EU Finanzen ist durchaus gerechtfertigt. Frankreich ist dabei, Milliarden an Direkleistungen von der EU zu bekommen, und das, ohne jegliche Gegenleistung, indirekt werden sie die Steuer für ihre Unternehmen senken und ihr kostspieliges Sozialsystem finanzieren, unter anderem, damit ihre Arbeitnehmer weiter früh in Rente gehen. Deutschland ist wieder bei weitem der grösste EU Nettozahler. Unter diesen Umständen kann man gut verstehen warum Macron, noch, keinen zu offensichtlicher "Anti-Frankfurt Pakt" wagen kann. Dennoch, sollte die Koronakrise einmal weg sein, die französische Wirtschaft von den grosszügigen deutschen Zugeständnise in der Corona Krise profitieren und Deutschland unter die Demographie und Grünen in der Regierung leiden, es es gut möglich dass Frankfurt stärker an Bedeutung verliert und Frankreich noch mehr Einfluss in der EU durchsetzt.

  • So ein Quatsch! Diesem Blödsinn widerspreche ich entschieden.


    Erstmal zum Grundsätzlichen: alles, was für Frankreich gut ist, ist auch gut für Deutschland. Es ist eine völlig irrige, nationalistische und gestrige Denkweise, dass der Vorteil von einem EU-Mitglied der Nachteil des anderen sein müsse. Das ist schlicht falsch. Ich erinnere nur mal daran, dass Frankreich einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands ist, und dass alle Mitgliedsstaaten für sich genommen in der heutigen globalisierten Welt viel zu klein wären, um irgendetwas (wirtschafts-)politisch allein ausrichten zu können. Das geht nur gemeinsam. Der europäische Binnenmarkt als Ganzes und die enge Beziehung der größten und zweitgrößten Volkswirtschaft Europas untereinander sind die entscheidenden Faktoren für den Wohlstand hierzulande, gerade auch in Frankfurt. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass Frankfurt als Finanzzentrum nur für Deutschland so prächtig dastünde, wie es der Fall ist? Nein? Dann ist es doch nur logisch, sich für ein starkes vereintes Europa einsetzen zu müssen, wenn einem der Finanzplatz Frankfurt wichtig ist! Und dazu zählt natürlich auch ein starkes Frankreich. Wenn unser Nachbarland taumelt, besteht die Gefahr, dass es in einen rechtspopulistischen und antieuropäischen Strudel gerät, und die Folgen davon möchte ich mir gar nicht ausmalen. Also müssen wir Präsident Macron unterstützen, im besten Interesse Europas und Deutschlands.


    Dann zur Coronakrise und die Reaktion der EU darauf: es war völlig richtig, eine gemeinsame europäische Antwort auf die massiven wirtschaftlichen Einbrüche als Folge der unverschuldeten Gesundheitskrise zu geben. Dafür fließt aber kein Geld vom deutschen Steuerzahler! Das sind Fake News. Die EU-Kommission begibt vielmehr gemeinsame europäische Anleihen am Kapitalmarkt für die Aufbaubauhilfe nach der Krise - und zwar insbesondere für die Themen Nachhaltigkeit (Green Deal) und Digitalisierung. Beides enorm wichtige Politikbereiche. Die Mitgliedstaaten haften gemeinsam für die Schulden, aber es fließt eben kein Steuergeld von einem Land ins andere. Wer das behauptet, lügt bewusst oder hat es einfach nicht verstanden. Diese Mittel zur Krisenbewältigung aus den neuen EU-Anleihen werden an alle EU-Länder vergeben, aber natürlich fließen sinnvollerweise prozentual die meisten Mittel an die Länder, die auch am stärksten von der Krise betroffen sind - nochmal, unverschuldet. Italien, Frankreich und Spanien haben es sich nicht ausgesucht, dass sie die meisten Opfer zu beklagen haben und die Einschränkungen des Wirtschaftslebens am härtesten ausfielen. Was die Rückzahlung dieser neuen Anleihen angeht, so wird ein Teil über die Mitgliedsbeiträge in den EU-Haushalt zurückgezahlt, d.h. es handelt sich um Kredite. Der andere Teil sind direkte Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Trotzdem muss aber natürlich irgendjemand dafür aufkommen, denn auch die Anleihegläubiger vom Kapitalmarkt wollen irgendwann ihr Geld zurück - und aufkommen werden die Mitgliedsländer über den EU-Haushalt und auch, das ist neu, die EU selbst über eigene Steuern. Bislang ist eine Abgabe auf nicht wiederverwerteten Plastikmüll geplant, eine Digitalsteuer für die dominanten US-Konzerne könnte dazukommen.


    Zum Nachlesen hier entlang, und zur weiteren Vertiefung eine sehr unterstützeswerte Idee.


    Nochmal: es macht einen Unterschied, ob die Mitgliedstaaten gemeinsam die Garantie für die europäischen Anleihen entsprechend ihrem Beitrag zum EU-Haushalt übernehmen, oder ob Steuergelder von einem Land ins andere fließen. Letzteres ist nicht der Fall. Und dass Deutschland natürlich weiterhin (wie bisher auch) der größte Nettozahler für den EU-Haushalt ist und prozentual für das größte Volumen der europäischen Anleihen haftet, versteht sich von selbst, oder? Irgendein Land muss ja der größe Nettozahler sein, und sinnvollerweise ist das dann das größte Land mit der größten Volkswirtschaft in der EU. Wer denn sonst? Und worin genau sollte der "übermäßige" Einfluß Frankreichs bestehen?


    Abschließend zum angeblichen "Anti-Frankfurt-Pakt": wenn Mercedes-Benz eine Werbekampagne für sich macht, ist das dann ein Anti-BMW-Pakt? Blödsinn. Es herrscht natürlich ein Standort-Wettbewerb, innerhalb der EU genauso wie innerhalb Deutschlands. Das ist gesund und willkommen. Es herrscht auch Wettbewerb zwischen anderen Finanzzentren in Europa, Luxembourg, Amsterdam oder Dublin zum Beispiel. Beteiligen die sich auch an diesem ominösen Pakt? Einen Pakt müssen ja immer mehrere Parteien schließen, sonst ist es kein Pakt. Wie kommt man auf solche abstrusen Ideen? Ich persönlich freue mich jedenfalls über ein neues Hochhaus in Paris (in La Defense) genauso wie über einen neuen Turm in Frankfurt. Ich rufe an dieser Stelle dazu auf, stärker europäisch zu denken. Gerade hier in Frankfurt, im Herzen von Europa. Das besingen wir bei jedem Spiel der Eintracht im Waldstadion, also handeln wir auch danach!

  • @Anti-Frankfurt-Pakt:


    Es ist seit Langem bekannt, wie das gelaufen ist ;):


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  • Miguel: Sorry, aber das ist doch komplett weltfremd. Außer uns Deutschen schaut jeder - und da ganz besonders die Franzosen - zuallererst ausschließlich auf den eigenen Nutzen. Das war schon immer so und wird auch immer so sein. Ist auch nix schlimmes dran, macht einen wenigstens auch berechenbar. Nur wir Deutschen wollen in unserem immer noch vorhandenen Selbsthass diese Tatsache nicht anerkennen, sondern träumen uns eine sonst wie schöne Welt zurecht. Eine funktionierende EU bedeutete für Frankreich schon immer dass Frankreich bestimmt, und Deutschland zahlt. Was glaubst du wer beispielsweise Kohl seinerzeit dazu regelrecht gezwungen hat, der Einführung dieser völlig vermurksten Währungsunion zuzustimmen, und diesen Unfug seinem Volk zu verkaufen? Die Franzosen hätten sonst nie dem 2+4-Vertrag zugestimmt.

    Und natürlich sind diese gemeinsamen Anleihen, heißt man sie jetzt Euro-Bonds oder Corona-Bonds nichts anderes als Schuldenvergemeinschaftung, und damit ein Verstoß gegen so ziemlich sämtliche EU-Verträge. Was glaubst du denn wer im Fall des Ausfalls dafür haftet, und wo dann am meisten zu holen ist? Die Staaten könnten sich das Geld (mal abgesehen davon dass allein schon die schiere Summe die die EU-Kommission da anpeilt weit jenseits von gut und böse ist) alternativ auch selbst besorgen, Deutschland zu deutlich niedrigeren Zinsen, die Italiener zu deutlich höheren. Letztlich gehts doch nur darum mal wieder Marktmechanismen außer Kraft zu setzen, die den Staaten noch wenigstens Ansätze von Haushaltsdisziplin abverlangt haben. Zu diesen zusätzlich geplanten EU-Steuern um diese Anleihen zu bedienen gehört übrigens auch eine Finanztransaktionssteuer. Die aber fieserweise nicht bei Derivaten oder Hochfrequenzhandel ansetzen soll, sondern beim normalen Bürger der versucht sich mit Aktien seine (in Deutschland aufgrund der ewigen Verschleppung einer anständigen Komplettreform dieses zukunftsunfähigen Systems) erwartbar niedrige Rente wenigstens etwas aufzubessern. Den Italienern oder Franzosen mit ihren extrem üppigen Pensionssystemen (ein wichtiger Grund für ihre enorm hohen Staatsschulden) kann das natürlich egal sein.


    Und natürlich versucht Macron so viel wie möglich für Paris herauszuholen, gerade auch im Finanzsektor. Ist völlig legitim. Problematisch ist nur dass die deutsche Bundesregierung sich seit ca 10 Jahren nicht mehr im geringsten für die deutsche (und damit vor Allem Frankfurter) Finanzindustrie zu interessieren scheint. Da die Stellen nicht doppelt besetzt werden, und der wichtigste Konkurrent Frankfurt ist, ist es auch klar, dass eine Stärkung von Paris in den meisten Fällen zwangsläufig eine Schwächung von Frankfurt zur Folge hat.

  • Laut FAZ führt der Brexit dazu, dass Bilanzpositionen i.H.v. 675 Milliarden Euro von London nach Frankfurt verschoben werden. Vor allem die großen Banken haben nach Schätzungen der Bundesbank bis Juni 2020 bereits 213 Milliarden Euro nach Frankfurt verlagert. Bis zum Ende des Jahres 2020 werden vermutlich weitere Verlagerungen i.H.V. 397 Milliarden Euro nach Frankfurt stattfinden.


    Link: https://www.faz.net/aktuell/fi…iarden-euro-17032194.html


    Allein JPMorgan verlagert 200 Milliarden Euro von London nach Frankfurt.


    Link: https://www.faz.net/aktuell/fi…h-frankfurt-16967622.html


    Goldman Sachs verlagert Bilanzpositionen i.H.v. 40 bis 60 Milliarden Dollar von London nach Frankfurt.


    Link: https://www.handelsblatt.com/f…h-frankfurt/26598896.html

  • JPMorgan hat sich nun für eine einzige juristische Einheit mit Sitz in Frankfurt entschieden (J.P. Morgan S.E.) unter der alle 3 EU Banktöchter zusammenfasst sind. Ursprünglich sahen die Pläne 3 EU Hubs (als 3 juristisch selbstständige Einheiten in Dublin, Luxemburg und Frankfurt) vor.


    https://www.fondsprofessionell…rankfurt-zusammen-202701/


    Diesen Weg hatten bekanntlich schon Goldman Sachs und UBS gewählt.


    Primär geht es um die rechtliche Konstruktion des Europageschäfts; d.h. die 3 operativen Schwerpunkte in Dublin, Luxemburg und Frankfurt und die Geschäftsfeldverteilungen bleiben wohl insoweit unverändert. Trotzdem ist dies neben der - in früheren Beiträgen gemeldeten - Verlagerungen von rund 230 Milliarden US-Dollar an Assets von Großbritannien nach Frankfurt wieder eine sehr starke Entscheidung von JPMorgan für den Finanzplatz Frankfurt und unterstreicht seine Stellung als führender EU Finanzplatz.

  • Kloepfel Corporate Finance GmbH, eine international tätige M&A- und Corporate-Finance-Beratung eröffnet ein Büro in Frankfurt.


    https://www.pressetext.com/new…-roger-von-schilling.html


    CMC, einem der weltweit führenden Anbieter von Online-Trading mit Hauptsitz in London, wird sein Europageschäft aus Frankfurt steuern.


    https://wirtschaft.pr-gateway.…eft-aus-frankfurt-heraus/


    Bernet international, ein global operierender Finanzberater und –Dienstleister plant seine globale Präsenz durch ein Büro in Frankfurt zu erweitern.


    https://www.globenewswire.com/…Bold-Expansion-Plans.html


    ... lt. diesem und vieler anderer aktueller Presseberichte hat sich Frankfurt im Rennen um die Banken ganz gut geschlagen


    https://www.straitstimes.com/w…urt-attracts-london-banks

  • ^ Da sicherlich die wenigsten die Artikel ganz gelesen haben erlaube ich mir aus dem letzten den Satz zu posten mit welchem dieser schließt, einfach weil ich ihn so schön finde.

    "When you are posted to Frankfurt, you cry twice," Mr Vaeth chuckled. "Once you're posted there, and once you're posted out."


  • Es sieht nach ersten Meldungen so aus, als sei Frankfurt wieder in die top10 der weltweit wichtigsten Finanzplätze vorgestoßen [(gem. Global Financial Centres Index (GFCI)]


    https://uk.finance.yahoo.com/a…PYg2mYXCVjM5-8CKgUiEo0Fdp


    Frankfurt hat sich von Platz 15 auf 9 verbessert (steht vor Zürich). Die Positionierung vor Zürich ist mit Blick auf die letzten Jahre sehr bemerkenswert.

    Paris ist von Platz 18 auf 25 abgerutscht.


    https://www.longfinance.net/me…eport_2021.03.17_v1.1.pdf

  • @Kaiser97: 40 Jobs, ist das wirklich eine Meldung wert?

    Pictet ist schon laenger in FFM vertreten.

    Wenn man sich die Meldungen von den vergangenen 24 Monaten betrachtet muss man eher feststellen, dass die optimistischen Szenarien aus der Brexit Anfangseuphorie leider nicht eingetreten sind.


    Damit Frankfurt langfristig profitiert muss die Stadt attraktiver fuer die Finanzindustrie und alle anderen Dienstleistungsbereiche werden (insbesondere auch fuer grosse Technologiefirmen, wie z.B. Google, Apple, usw.).


    Jedoch ist mein Eindruck, dass die Stadtverwaltung und die Buerger (nicht alle) dazu nicht bereit sind.

    Um international attraktiver zu werden, muss die Stadt noch deutlich expandieren und einige Hausaufgaben erledigen!


    Ich habe folgende "subjektive" Problemfelder erfasst:

    • Wirtschaftsfoerderung & Industriepolitik:
      1. zu wenig politischer Support beim Werben um internationale Unternehmen fuer FFM (Lokal-, Landes- und Bundesebene).
      2. Politisches Spektrum sehr fragmentiert, wenig Gemeinsamkeiten, keine wahlperiodenuebergreifende strategische Planung und teils nicht wirtschaftsfoerdernde Einstellung.
      3. Unzureichend ausgebildetes & motiviertes politisches Personal (wenig bis keine internationale Erfahrung). Die Stadtfuehrung hat nicht die noetige strategische Weitsicht, den Willen und das Knowhow um die Stadt international zu positionieren.
    • Wohnungsbaupolitik & Infrastruktur:
      1. endlose Dramen um neue Bauprojekte & neue Stadtteile.
      2. doerfliches Denken & hohe regionale Fragmentierung.
      3. hohe Konzentration von NIMBYs in und um Frankfurt herum (Egoismus einzelner Gruppen)
      4. zu viel Mitbestimmung/Macht einzelner Gruppierungen um Vorhaben zu Verzoegern/Verhindern, usw. -> Planungsdauer und Risiken fuer Investoren zu hoch.
    • Hochhausbau
      1. Hochhausrahmenplan (hat keine hohe Prioritaet)
      2. Weitere repraesentative Addressen werden benoetigt um internationale Firmen anzuziehen
      3. Zu wenige attraktive mittel- und hochpreisige Wohnhochhaeuser in Bankennaehe (Projekte "Four" und "Grand Tower" reichen da nicht aus)
    • International attraktive Kultureinrichtungen und Freizeitangebot
      1. attraktive, international ansprechende Kultureinrichtungen fehlen (ein "Aushaengeschild" wies es Hamburg hat wuerde FFM gut tun)
      2. nicht deutschsprachiges Kulturangebot aktuell ueberschaubar (Frankfurt ist noch zu langweilig im Verglich zu London).



    Wenn man sich aktiv um die Verbesserung der oben genannten Punkte bemueht, dann kommen auch automatisch mehr Jobs, Assets und neue Steuerzahler.

  • amateur: ich bin hinsichtlich der von Dir aufgezeigten Problemfelder ganz Deiner Meinung.

    Umso erfreulicher ist, dass in der Wahrnehmung der Finanzmarktakteure Frankfurt global eine sehr wichtige Position einnimmt. Zuletzt hat sich dies durch den neuen GIFC-Index bewiesen, in dem Frankfurt einen deutlichen Satz nach vorne gemacht hat.

    Wenn Finanzdienstleister dann ihr headquarters nach ffm verlagern, ist dies positiv und verdient eine Meldung. Das hier „nur“ 40 Mitarbeiter umziehen, ist uU nur ein Anfang. Es kann sein, dass zukünftig weitere Stellen eben am Headquarters entstehen und nicht in Luxemburg. Je mehr Entscheidungen solcher Art getroffen werden, umso attraktiver wird Frankfurt auch für andere Akteure, wie Google usw. Auch hier gab es gerade in jüngster Vergangenheit seitens Google eine wichtige Anmietung im CBD.


    Insgesamt sind dies alles erfreuliche Entwicklungen für Frankfurt.

  • Klar sind 40 neue hochbezahlte Jobs in Frankfurt beim Branchenschwergewicht Pictet und die neue Funktion der Frankfurter Niederlassung eine Meldung wert. Zumal diese Funktion Dienstleister beschäftigen wird und weitere Jobs produziert.


    Klarer Prestige- und Wertschöpfungsgewinn für Frankfurt.


    Und Pictet sind widrige lokale politische Verhältnisse in ihrem Genfer Hauptquartier auch nicht fremd .....

  • Und noch 3 Neuzugänge für Frankfurt:


    Planixs (leading provider of real-time cash, collateral and liquidity management solutions) eröffnet eine Niederlassung für DACH und Kontinentaleuropa; hört sich für mich nach einem EU-Hub an.


    https://www.finextra.com/press…xs-opens-frankfurt-office


    Von Anfang März dann noch eine Nachricht, wonach Tikehau Capital, ein Asset Manager, ebenfalls ein Büro in Frankfurt eröffnet.


    https://www.privateequitywire.…al-opens-frankfurt-office

    Schließlich noch eine Meldung zur Schweizer Privatbank Union Bancaire Privee; ihre Asset Management Einheit lässt sich ebenfalls in Frankfurt nieder.


    https://www.dasinvestment.com/…ffnet-buero-in-frankfurt/

    2 Mal editiert, zuletzt von Kaiser97 ()

  • Werbetrommel im Bundesrat


    Im Bundesrat war heute unter dem Top 13 "Entschließung des Bundesrates - Folgen des Brexits für Deutschland - Europäischen Standortwettbewerb annehmen" die Hessische Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, Lucia Puttrich, zu Wort gekommen. Sie bezog sich in ihren Aussagen vornehmlich auf den Finanzplatz Deutschland als Ganzes, aber an vielerlei Stellen explizit auf Frankfurt in diesem Kontext. Laut ihren Worten sind als Folge des Brexits u. a. 33 Ansiedlungen von Banken sowie 30 weiteren Finanzdienstleistungsunternehmen in Frankfurt zu verzeichnen. Sie wirbt in ihrer Rede eindringlich für die Unterstützung zur Ansiedlung von neuen internationalen Behörden, wie bspw. der Anti-Geldwäschebehörde (AMLA), welche bereits durch die Bundesregierung, dem Bundesministerium der Finanzen und der Hessischen Landesregierung Zuspruch bei der Bewerbung findet.


    Randbemerkung: Auch als Standort für das neu zu gründende International Sustainability Standards Board (ISSB) hat Frankfurt seine Bewerbung in den Ring geworfen, unterstützt auf Bundesebene durch das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Insgesamt haben sich 185 Unternehmen und Organisationen für die Vergabe des Sitzes des ISSB an Frankfurt stark gemacht.

  • https://www.bloomberg.com/news…eat-to-the-city-of-london


    Im Artikel wird untersucht, wie die EU Finanzstädte vom Brexit bis jetzt profitiert haben.


    Paris wird schon als deutlicher Sieger vor Frankfurt und der Konkurrenz dargestellt, vor allem was trading und investment angeht, man muss sich schon darauf nur freuen und es akzeptieren, schliesslich gibt es kein anderes Land das zurzeit EU freundlicher ist, vor allem seitdem Macron gewählt wurde. Die Franzosen haben auch die richtigen Massnahmen zur richtigen Zeit ergriffen um die französische Finanzindustrie zu stärken, Deutschland und Merkel hat nur halbherzig für Frankfurt gekämpft wenn überhaupt und ein Kanzler Scholz wird daran nichts ändern, vermutlich wird Frankfurt für die neue Regierung eher noch weniger relevant und das wird bei vielen gut angesehen wie manche user auch in diesem forum zeigen.


    Man muss sich auch darauf freuen dass Frankfurt zumindest vorübergehend den zweiten Platz nimmt wenn es um neue Finanzarbeitsplätze geht, Paris steht deutlich vorn aber schliesslich konnte Frankfurt nach der Einführung des Euro, wenn London als Finanzmentropole der EU aufgestiegen ist, sehr gut gedeihen, vielleicht kann es auch jetzt als zweite oder dritte Finanzstadt der EU auch.

  • ^

    In diesem Artikel werden ja die Stärken (und Schwächen) der verschiedenen europäischen Finanzmetropolen vorgestellt. Zu Frankfurt wird geschrieben, dass es die Beschäftigten hier schwer haben, die nicht deutsch sprechen (Zitat: "Non-German speakers can struggle ..."). Diese Aussage kann ich nicht nachvollziehen. Denn in Paris müssten die Beschäftigten doch viel mehr Probleme haben, wenn sie nicht die französische Landessprache sprechen. In Paris wird man auf der Straße einfach stehen gelassen, wenn man die Leute auf englisch anspricht. Im Artikel ist aber keine Rede von "Non-French speakers can struggle in Paris ..."


    In den internationalen Medien wurde in der Vergangenheit immer wieder behauptet, Frankfurt wäre nicht weltstädtisch genug. Amsterdam ist nicht viel größer als Frankfurt bezüglich der Einwohnerzahl. Dublin hat dagegen deutlich weniger Einwohner als Frankfurt. Daher frage ich mich, warum der Finanzplatz Dublin nicht mit dem Argument konfrontiert wird, dass Dublin nicht weltstädtisch genug sei? Im Vergleich mit London ist Frankfurt angeblich zu klein, aber für Dublin und Amsterdam gilt dieses Argument nicht?

  • Im Artikel werden klar die Gruende fuer Paris aufgezaehlt:

    1. Steuergeschenke/anreize an die Grossbanken sich in Paris niederzulassen und deren Expats.

    2. Lobbyarbeit von President Macron

    3. die Naehe zu London und die direkte Verbindung in die City of London via Eurostar.

    4. Lebendsqualitaet


    Als Negativ wurde die Spache bewertet.


    Gegen Frankfurt wird aufgefuehrt:

    1. Schwer lokale Bekanntschaften zu schliessen bzw. integriert zu werden.

    2. nicht genuegend international ansprechendes Freizeitangebot.

    3. nicht ausreichende Schulplatze in geeigneten internationalen Schulen.


    Als positive wurde vor allen der Standort der EZB und die Industriekonzerne im Umfeld gesehen.


    Ich kann die drei Gegenargumente sehr gut nachvollziehen. Hier im Forum wird oft ueber das Hickhack mit der Europaeischen Schule diskutiert. Frankfurt hat auch wenig internationales Flair und mit "Einheimischen" warm zu werden ist auch schwieriger als in London.

    Der Wohnungsmangel duerfte hier auch eine Rolle spielen.

    Zudem ist Frankfurt auf die "langweiligeren" Bereiche der Finanzwelt spezialisiert: Compliance, Governance, Law.


    Tja, wenn man keine Lobbyarbeit macht und grundsaetzlich immer Politik gegen den Finanzmarkt macht, kommen auch keine sexy Trading Jobs und kaum IPOs...

    Die Konkurrenz schlaeft nicht.

    Hat man in DE nur nicht verstanden.