Potsdam: Wiederherstellung historische Mitte - Diskussionsthread

  • Um es nochmal deutlich zu sagen:
    Ich habe grundsätzlich nichts gegen Rekonstruktionen von bedeutenden Gebäuden.


    Aber ich bezweifele sehr, das in Potsdam überhaupt noch Bedarf dafür da ist. Rekonstruktion allein weil gerade nichts besseres einfällt oder weil es früher so viel schöner aussah ist Quatsch!


    Beispiel Friedenskirche: Wenn 28 Jahre nach der Wende diese tolle Kirche immer noch so aussieht, dann braucht man doch keine weitere Kirche (damit ist zufälligerweise gerade die Garnisionskirche gemeint) wieder aufbauen. Dafür gibt es doch gar keine Verwendung (außer das sie halt so schön aussieht)! Wieviel Gottesdienste, Konzerte und Versammlungen will man denn in Potsdam noch veranstalten?
    Und daher ist es auch nicht möglich alle diese schönen Gebäude in gutem Zustand zu halten.
    Ganz Einfach: wenig Nutzung = wenig Einnahmen = wenig Geld für den Erhalt!


    Beispiel Potsdamer Stadtschloss: Das sieht sehr schön aus, aber es ist ein Landtagsgebäude! Das ist erstmal auch in Ordnung, aber leider zeichnen sich Parlamentsgebäude heutzutage dadurch aus, Sicherheitsbereiche zu sein.
    Mir fehlt dort einfach die Öffentlichkeit und selbst der zugängliche Innenhof ist nur steril. Und was wird im Innenhof veranstaltet? Konzerte?


    Besser wäre es gewesen in dem rekonstruierten Schloss, z.B. Teile der FH oder Uni unterzubringen. Dann wäre richtig Leben in der Bude.

  • ^ Es wäre natürlich besser, wenn besonders schöne verlorene Bauten wiederaufgebaut werden und die überlebenden schön renoviert werden. Ich sehe jedoch nicht ein, wieso ein Ausbleiben der Renovierung irgendwo - wo wohl andere Leute zuständig sind - einen Stopp an Rekonstruktionen anderswo begründen sollte.


    Im Frankfirter Unterforum wird gerade über die touristische Attraktivität diskutiert - als besondere Anziehungsmagnete werden die (rekonstruierte) Altstadt und die Skyline angesehen. Wolkenkratzer hat Potsdam nicht und wird auch keine haben, die Stadt kann also nur mit der Altstadt punkten.

  • Das ist ein Widerspruch, der hier konstruiert wird, den es - zumindest in Potsdam - nicht gibt. Die zitierte Friedenskirche wird gerade mit viel Staats- und Privatgeld (Günther Jauch hat gespendet) saniert. Die Stiftung Schlösser und Gärten muss in den nächsten Jahren 400 Millionen Euro aus dem Bundesförderprogramm verbauen - das ist mangels Planern und Baufirmen kaum möglich. An Geld, um es einmal deutlich zu sagen, fehlt es momentan in Potsdam wirklich nicht.


    Auswärtige Empfehlungen zur Nutzung von wiederaufgebauten Gebäuden sind immer charmant, zumal wenn Sie Jahre später kommen. Die Universität aber sitzt schon ein einem Schloß (Neues Palais/Communs) und für die FH ist auf eigenen Wunsch ein eigener Campus an der Pappelallee errichtet worden. Dass die Hochschulen nicht mehr über die ganze Stadt verstreut sein wollten um den Stadtentwicklungsfantasien von Lokalpolitikern zu dienen kann man verstehen. Insofern ist der brandenburgische Landtag auch die richtige Entscheidung - die Besucherzahlen des Hauses geben einem hier Recht.


    Auch kann ich Kritik an irgendwie mangelndem Leben am Alten Markt nicht nachvollziehen. Momentan sind 1/4 der Neubauten rund um den Markt begonnen und weniger als 20 % vollendet. Dafür ist da schon richtig viel los - die ganze Stadt muss ja ihr Zentrum verlegen.Das dauert zurecht.


    Am meisten ärgert mich aber die These es gebe in Potsdam "keinen Bedarf" und rekonstruiere nur weil "einem nichts besseres einfällt". Trotz der lobenswerten Umgestaltung rund um den Alten Markt wird die historische Altstadt noch über Jahrzehnte ein Entwicklungsgebiet sein. Potsdam ist zudem seit 1990 immer auf der Grünen Wiese gewachsen und beginnt nun zögerlich mit der Altstadtverdichtung. Was die Neustadt schon hinter sich - mit glänzendem Erfolg - kommt nun auf die Altstadt zu. Wer sich das Areal zwischen Berliner Tor und Garnisonkirche anschaut, wird die Notwendigkeit schnell erkennen. Hier und hier läßt sich das einfach nachvollziehen.


    Wenn es irgendwo hakt ist es die Politik, die es zur Zeit nicht schafft, die Situation für ihre Projekte zu nutzen.

  • ... Wolkenkratzer hat Potsdam nicht und wird auch keine haben, die Stadt kann also nur mit der Altstadt punkten.


    Das ist mit Verlaub zu tief gestapelt. Ich ahne wie Du es gemeint hast. Ausschlagebend für Attraktivität Potsdams ist doch neben seiner historischen Stadtstruktur und Figur auch seine Lage. Ich kenne keine andere deutsche Stadt die sich so harmonisch in eine künstlich geschaffene Kulturlandschaft ergiesst und eine Einheit mit ihr bildet.
    Die Melange aus Lage zwischen und am Wasser, Anhöhen und der fantastischen Architektur unterschiedlicher Epochen vornehmlich der letzten 300 Jahre erzeugt dieses Spannungsfeld, dass Viele als lebenswert empfinden. In all dem und auch in seiner Funktion als Residenzstadt der preussischen Könige, in seiner Beziehung zu dem etwa 20 km entferntem Berlin ist es übrigens Versailles und dem etwa genausoweit entfernten Paris absolut vergleichbar.
    Es ist also sehr viel mehr was die Attraktivität Potsdams auf nationalem wie internationalem Niveau ausmacht als nur eine teilrekontruierte Altstadt. Und eben darin unterscheidet sich Potsdam von der gerade über den grünen Klee gelobten Frankfurter Situation. Im Frankfurter Forum wird ja auch angemerkt dass die teilrekonstruierte Altstadt nur das Potential von maximal 2 tourististischen „Stops“ hat und ansonsten in Fremdenverkehrstechnischer Hinsicht dort eher tote Hose herrscht.
    Und weil ich gerade lese was der von mir so geschätzte Konstantin schrieb, ja da ist absolut noch sehr viel Potential für schöne aber auch gutgemache und durchdachte Rekonstruktionen. Der Turm der Garnisonkirche gehört durchaus dazu.

  • Naja - bei Lichte betrachtet sind es nur Hochhäuser, keine Wolkenkratzer.
    Aber die Wirkung ist dennoch fatal:
    Wo bleibt aus diesem Blickwinkel die barocke Perle der Mark Brandenburg mit ihren zwei bis dreistöckigen Bürgerhäusern? :confused:

  • Im Grunde bestätigt Konstantin meine "Thesen".
    Obwohl schon so viel rekonstruiert wurde, scheint kein Ende in Sicht und schon gar keine Zufriedenheit bei den Reko-Fans. Das ganze wirkt auf mich wie ein Fass ohne Boden.
    Wenn der Turm der Garnisionskirche erst aufgebaut ist, steht er leider im "Leeren", auch die ganze Kirche wird fast alleine auf einer Freifläche, bzw zwischen DDR-Altbauten stehen. Da man sich bis jetzt nicht getraut hat, was modernes in der Innenstadt zu bauen, wird es dann wohl so weitergehen.


    Tragisch ist, das es heute schon nur noch mit Spenden, Fördermitteln und Stiftungen möglich ist, die bestehenden Gebäude zu erhalten bzw. neue Rekonstruktionen zu verwirklichen.


    Vergleiche mit Frankfurt am Main sind fehl am Platz, dort werden jetzt, wie auch schon in den 80er Jahren Bürgerhäuser (teil-) rekonstruiert und evtl noch die Rathaustürme, aber halt keine Schlösser oder Militärkirchen.
    Ansonsten gibt es dort auch viel mehr innerstädtische Neubauprojekte und die Rekos sind nur schöne Ergänzungen.


    Ebenso braucht Potsdam bestimmt keine Hochhaus-Diskussion!

  • Du meine Güte!


    Gummersbach scheint doch arg weit entfernt zu liegen und von jeglicher Form von Medien abgeschnitten zu sein. Bei Ausführungen dieser Art weiß ich gar nicht, wo ich mit dem Korrigieren anfangen soll. Besser, ich lasse es bleiben. Das wäre sonst meinem Gemütszustand an diesem Feiertag abträglich.


    Um es zu verkürzen: Vielleicht begnügst Du Dich einfach mal nach Potsdam und schaust Dir an, was dort in jüngsten Jahren alles an modernen Bauten entstanden ist, bevor Du hier weiterhin die obligatorische "Reko-Fan-Keule" schwingst und von Militärkirchen schwadronierst.

  • Tragisch ist, das es heute schon nur noch mit Spenden, Fördermitteln und Stiftungen möglich ist, die bestehenden Gebäude zu erhalten bzw. neue Rekonstruktionen zu verwirklichen.


    Das ist nicht tragisch, sondern folgerichtig. Potsdam war Residenzstadt. Die im Unterhalt teuren Schlösser und Gärten hat nicht die Stadt sondern der König, also der Staat gebaut. Es ist nur folgerichtig, dass er auch für den Unterhalt aufkommt.

    keine Schlösser


    Palais Thurn und Taxis?
    Ich frag mich, was eigentlich dein Problem ist. In Potsdam wird sehr viel gebaut. Das meiste natürlich modern. In der Innenstadt wird auf wiederhergestelltem Stadtgrundriss gebaut. Die Mehrzahl der Neubauten werden auch da keine Rekonstruktionen sein. Falls es sich beruhigt, große Teile der ehemaligen Altstadt Potsdams sind und bleiben mit Plattenbauten überbaut.

  • Hä? In dem Beitrag aus Gummersbach stimmt wirklich nichts.


    1. Wenn die GK rekonstruiert ist steht sie bewußt im Leeren, sie braucht den Platz nach hinten (Plantage)


    2. Um die GK herum steht gar keine DDR-Architektur (bis aus das Rechenzentrum, dessen Grundriss sich mit der GK überlappt und das abgerissen wird). Sonst stehen da das Waisenhaus, die Hiller-Brandtschen Häuser und die DDR-Fassung des Ochsenkopfhauses, die kaum auffällt.


    3. Natürlich ist mit Privatmitteln möglich schöne Häuser und auch Rekos zu bauen. Die Tragik erschliesst sich mir nicht.


    4. Was soll denn "ein Faß ohne Boden" sein? Städte nach solchen Verheerungen wie dem 20. Jahrhundert wieder aufzubauen dauert Generationen.

  • Danke Saxonia, Palais Thurn und Taxis ist ein schönes Beispiel:


    Eine schöne Rekonstruktion mit öffentlicher Nutzung und Gewerbe.
    Zukünftige Renovierungen, Reparaturen und Instandhaltungen werden wohl Nutzer und Eigetümer erwirtschftet werden, da braucht es keine Spendengelder o.ä.


    Aber die Art der Reko - veränderte Fassaden, veränderter und verkleinerter Grundriss - würde den Potsdamer Reko-Fans den Blutdruck steigen lassen ;)


    Ich hab doch grundsätzlich gar nicht gegen Rekos, aber es macht für mich einfach keinen Sinn weitere historische Gebäude zu rekonstruieren wenn man noch nicht mal alle bestehenden fertig renoviert hat und eine sinnvolle Nutzung dafür hat. Und nach 10 bis 15 Jahren müssen dei Neuen auch schon wieder gestrichen werden.

  • Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Was hat ein sanierungsbedüftiges Baudenkmal irgendwo in Potsdam mit der Errichtung von Neubauten zu tun? Wenn der Investor statt die Fassade zu rekonstruieren, modern baut, stehen doch nicht plötzlich mehr Gelder zum Erhalt von Baudenkmalen zur Verfügung.


    Und nach 10 bis 15 Jahren müssen dei Neuen auch schon wieder gestrichen werden.


    Also soll man das bauen jetzt komplett einstellen oder wie soll man das verstehen? Es brauchen ja nicht nur Rekonstruktionen von Zeit zu Zeit Neuanstriche, grade in Zeiten des Styroporismus.

  • Saxonia, wir reden doch von Rekonstruktionen, oder?


    Natürlich bleibt das rekonstruierte Stadtschloss nicht so schön rosa, schon gar nicht an dieser Straße. ich gehe halt davon aus, dass das Schloss in vielleicht 10 Jahren wieder einen Anstrich u.a.braucht, während andere alte Baudenkmäler noch nicht einmal richtig fertiggestellt wurden.


    Z.B. auch das Neue Palais. Da hätte man schon seit 20 Jahren eine angemessene (Teil-) Nutzung im Hauptgebäude einrichten können, (nicht nur als Museum, bzw der Communs) und könnte dadurch einen Teil der Erhaltungskosten erwirtschaften.
    Dann wäre man nicht nur auf Fördergelder und Spender angewiesen.


    Das was in Potsdam mit den Baudenkmälern geschieht ist leider weder effektiv noch effizient. Und mit jedem weiteren Projekt, welches sich nicht ansatzweise selber trägt, also seine Kosten erwirtschaftet, verschärft sich das Problem.

  • ich gehe halt davon aus, dass das Schloss in vielleicht 10 Jahren wieder einen Anstrich u.a.braucht, während andere alte Baudenkmäler noch nicht einmal richtig fertiggestellt wurden


    Scharfsinnige Analyse. Und nun? Sollte man jetzt deiner Ansicht nach Baugenemigungen zurückhalten, wenn die geplante Fassadenfarbe zu kurzlebig ist? Wo genau wäre denn da die korrekte Grenze?

  • Tarsis:
    "Das Stadtschloss derer zu Thurn und Taxis" ist schon was dick aufgetragen, und entspricht auch nicht der Bedeutung des Gebäudes, wie man dem Wikipedia Artikel schön entnehmen kann! "Sitz des Deutschen Bundestages 1816 bis 1866". Das rechtfertigt auch die Rekonstruktion.


    Akustiker:
    Nun, das ist das was ich seit Anfang dieser Diskussionsrunde vertrete. Solange es in Potsdam noch Baudenkmäler gibt, für die entweder kein Geld da ist um sie zu sanieren oder keine sinnvolle Nutzung in Aussicht steht, sollte mit weiteren Rekonstruktionen gewartet werden. Das würde jeder private Investor auch so machen (siehe Hochhauspläne am Alexanderplatz).
    Natürlich bezieht sich das nicht auf jetzt gerade begonnene Projekte, ich bin auch sehr froh, dass die FH endlich weg kommt. Es bezieht sich aber auf das, was nach dem Aufbau des Turms der Garnisionskirche kommt.

  • Du plädierst also dafür die Stadtgestaltung so zu gestalten wie private Unternehmen ihre Geschäfte?
    Oder so?
    Neue Schulen erst wenn alte renoviert sind?
    Neue Fabriken erst wenn alte wieder laufen?
    Neue Kinder erst wenn die älteren keine Probleme mehr machen?


    Ich überspitze, klar, aber die Logik, ist sie nicht die Gleiche?


    Übrigens: die Kirche heisst Garnisonkirche.

  • Na ja man kann es sich dann auch immer so hindrehen wie man es gerne haben möchte wenn dort Argumente auftauchen, die das soeben Verkündete negieren.


    Also doch Stadtschloss rekonstruieren, weil hier ist es ja was Anderes . .;-) In FFM war ja auch der Bundestag drin - neben dem Adel, in Potsdam ja nur der alte Fritz und Co.


    *gg*


    Famos !